Alex - eine Kinderwunschgeschichte
Moderator: Züri Mami
Teil 20
Doch diese Verstimmtheit hielt nicht lange an, denn Matthias erklärte Alex auf Nachfrage im eigenen Autos, dass er sich natürlich nie ein solches Auto kaufen würde, sondern dass er nur dem Verkäufer eine Freude machen wollte, und natürlich fand auch er den Bus viel schöner, der hätte ja auch genügend PS und wäre so bequem, und er würde auch viel weniger verbrauchen, und der Wiederverkaufswert sei ja auch viel besser. Alex war besänftigt, sie hatte sich in Matthias doch getäuscht, und es war ja ihre Schuld, dass sie so dünnhäutig war in der letzten Zeit.
Kurzum, keine 10 Minuten nach Tieflage in ihrer Laune strahlte Alex schon wieder, und als sie die gemeinsame Wohnungstür hinter sich verschlossen hatten, nutzten beide die Gunst der Stunde und begaben sich schnurstracks ins Schlafzimmer; allerdings bemühte sich Alex, keinen so starken Orgasmus zu haben, um die Kontraktionen in der Gebärmutter möglichst gering zu halten. Die Einnistungsblutung hatte sich zwar nicht weiter gezeigt, aber egal.
Eng angekuschelt an ihre Mann, lauschte sie seinen Worten als er anhob: “Alex, ich wollte dir noch sagen, dass ich mich in der letzten Zeit ein wenig aus unserer Zukunft herausgehalten habe, und ich habe dir die ganze Last dafür übertragen. Das war nicht in Ordnung von mir, das weiß ich jetzt. Zukunft ist etwas Gemeinsames, mein Schatz, findest du nicht auch?“ Zärtlich massierte Matthias in der von ihr geliebten Art der Fruchtbarkeitsmassage über ihren Bauch, immer von unten nach oben und sanft von rechts nach links. Das sollte die Eierstöcke anregen und die Arbeit der Gebärmutter beim Aufbau der Gebärmutterschleimhaut unterstützen. Und außerdem war es noch hochgradig angenehm. Alex begann förmlich zu schnurren, und sie pflichtete ihm bei: „Du glaubst gar nicht, wie erleichtert ich bin, dass du das gemerkt hast. Es war wirklich zu viel für mich, und ich möchte auch nicht die gesamte Last für alles tragen. Ich wollte mit dir ohnehin schon lange darüber sprechen…“
„Ich auch, Schatz. Weißt du, wenn du dann ein Kind hast, dann möchte ich auch, dass du die Möglichkeit hast, frei von finanziellen Schwierigkeiten zunächst zuhause zu bleiben, das ist doch auch in deinem Sinne, oder?“ Matthias strahlte, er stellte sich gerade vor, wie seine hübsche Frau in ein paar Jahren mit einem schönen Kinderwagen durch die Gegend schob, und wenn er nach Hause kam, wurde ihm sein Sprössling – für ihn stand eigentlich fest, dass das erste Kind ein Junge sein würde – so gut riechend gereicht. Hach, er freute sich schon darauf, seinen Sohn auf dem Arm zu halten und ihm PS-Zahlen ins Ohr zu wispern.
„Ach Matthias, ich freue mich schon so sehr darauf, und ich sehe an deinen Augen, dass es dir auch Freude machen wird.“ Alex schwebte im siebten Himmel. ENDLICH war die gemeinsame Perspektive wieder da, so lange Monate war sie ihr aus den Händen geglitten, und jetzt merkte sie, wie sie darunter gelitten hatte, mehr, als sie sich hatte eingestehen wollen, denn sie war ja mit sich und ihrem Körper durchaus ganztags beschäftigt gewesen.
„Ich würde gerne dann für zwei oder drei Jahre zuhause bleiben und dann auf halbtags gehen, wenn dann nicht ein zweites da ist.“
„Dann sollte ich auf jeden Fall jede Chance nutzen, mehr Geld zu verdienen, meinst du nicht, Alex?“
„Klar“, lachte Alex, „ jeder Cent wird dann wichtig, damit ich gaaanz viele süße Strampler kaufen kann.“
„Ich wusste ja, dass wir am gleichen Strang ziehen.“ Matthias gab Alex einen zärtlichen Kuss auf die Nase. „Ich hole uns mal die Flasche Sekt, das müssen wir feiern.“ Summend vor Glück verließ Matthias das Bett, summend vor Glück lag Alex noch darin und kuschelte sich ein. Vielleicht würde es ja schon in ein paar Tagen so sein, wie sie es sich vorgestellt hatte, und sie konnte die kleinen Babyschuhe oder den süßen Teddy oder irgendetwas aus ihrer Kiste gemeinsam mit dem positiven Test dort deponieren, wo Matthias es auf jeden Fall finden würde! Die Augen fest zu kuschelte sie sich noch ein wenig tiefer, im Hintergrund hörte sie ihren Mann, der Frank Sinatras New York im CD-Player eingelegt hatte. Das passte doch zu Frankfurt, oder? A number One!!! ER würde A number One werden! Und dass Alex so einfach mitziehen würde, das hätte er nicht gedacht, aber wie oft schon hatte er sich getäuscht!
„Naja, die karrieregeile Meier werden sie mir nicht vorziehen, die ist 34 und kann ja auch noch Kinder bekommen, der werden sie so einen Posten nicht geben…Stell dir mal vor, eine Marketingdirektorin mit Kleinkind!“ Matthias kicherte vor sich hin.
„Wieso die Meier, was hast du denn mit der zu tun?“ fragte Alex aus den Tiefen der Kissen und richtete sich müde auf, um das Glas Sekt zu trinken. So ganz klar war ihr nicht geworden, was ihr Mann gerade meinte, aber es interessierte sie auch nicht so recht, denn sie wollte jetzt nicht an den Job denken, weder an ihren noch an seinen. Ihre Priorität waren die Kinder, und sie liebte sie jetzt schon und sah sich mit einem neuen Kinderwagen durch die Gegend schieben. Nur die Organisation des Arbeitsplatzes würde schwierig werden, aber da musste Matthias eben seinen Beitrag leisten.
„Und Frankfurt hat ja auch sehr schöne Ecken…“ sagte Matthias in diesen Augenblick.
Doch diese Verstimmtheit hielt nicht lange an, denn Matthias erklärte Alex auf Nachfrage im eigenen Autos, dass er sich natürlich nie ein solches Auto kaufen würde, sondern dass er nur dem Verkäufer eine Freude machen wollte, und natürlich fand auch er den Bus viel schöner, der hätte ja auch genügend PS und wäre so bequem, und er würde auch viel weniger verbrauchen, und der Wiederverkaufswert sei ja auch viel besser. Alex war besänftigt, sie hatte sich in Matthias doch getäuscht, und es war ja ihre Schuld, dass sie so dünnhäutig war in der letzten Zeit.
Kurzum, keine 10 Minuten nach Tieflage in ihrer Laune strahlte Alex schon wieder, und als sie die gemeinsame Wohnungstür hinter sich verschlossen hatten, nutzten beide die Gunst der Stunde und begaben sich schnurstracks ins Schlafzimmer; allerdings bemühte sich Alex, keinen so starken Orgasmus zu haben, um die Kontraktionen in der Gebärmutter möglichst gering zu halten. Die Einnistungsblutung hatte sich zwar nicht weiter gezeigt, aber egal.
Eng angekuschelt an ihre Mann, lauschte sie seinen Worten als er anhob: “Alex, ich wollte dir noch sagen, dass ich mich in der letzten Zeit ein wenig aus unserer Zukunft herausgehalten habe, und ich habe dir die ganze Last dafür übertragen. Das war nicht in Ordnung von mir, das weiß ich jetzt. Zukunft ist etwas Gemeinsames, mein Schatz, findest du nicht auch?“ Zärtlich massierte Matthias in der von ihr geliebten Art der Fruchtbarkeitsmassage über ihren Bauch, immer von unten nach oben und sanft von rechts nach links. Das sollte die Eierstöcke anregen und die Arbeit der Gebärmutter beim Aufbau der Gebärmutterschleimhaut unterstützen. Und außerdem war es noch hochgradig angenehm. Alex begann förmlich zu schnurren, und sie pflichtete ihm bei: „Du glaubst gar nicht, wie erleichtert ich bin, dass du das gemerkt hast. Es war wirklich zu viel für mich, und ich möchte auch nicht die gesamte Last für alles tragen. Ich wollte mit dir ohnehin schon lange darüber sprechen…“
„Ich auch, Schatz. Weißt du, wenn du dann ein Kind hast, dann möchte ich auch, dass du die Möglichkeit hast, frei von finanziellen Schwierigkeiten zunächst zuhause zu bleiben, das ist doch auch in deinem Sinne, oder?“ Matthias strahlte, er stellte sich gerade vor, wie seine hübsche Frau in ein paar Jahren mit einem schönen Kinderwagen durch die Gegend schob, und wenn er nach Hause kam, wurde ihm sein Sprössling – für ihn stand eigentlich fest, dass das erste Kind ein Junge sein würde – so gut riechend gereicht. Hach, er freute sich schon darauf, seinen Sohn auf dem Arm zu halten und ihm PS-Zahlen ins Ohr zu wispern.
„Ach Matthias, ich freue mich schon so sehr darauf, und ich sehe an deinen Augen, dass es dir auch Freude machen wird.“ Alex schwebte im siebten Himmel. ENDLICH war die gemeinsame Perspektive wieder da, so lange Monate war sie ihr aus den Händen geglitten, und jetzt merkte sie, wie sie darunter gelitten hatte, mehr, als sie sich hatte eingestehen wollen, denn sie war ja mit sich und ihrem Körper durchaus ganztags beschäftigt gewesen.
„Ich würde gerne dann für zwei oder drei Jahre zuhause bleiben und dann auf halbtags gehen, wenn dann nicht ein zweites da ist.“
„Dann sollte ich auf jeden Fall jede Chance nutzen, mehr Geld zu verdienen, meinst du nicht, Alex?“
„Klar“, lachte Alex, „ jeder Cent wird dann wichtig, damit ich gaaanz viele süße Strampler kaufen kann.“
„Ich wusste ja, dass wir am gleichen Strang ziehen.“ Matthias gab Alex einen zärtlichen Kuss auf die Nase. „Ich hole uns mal die Flasche Sekt, das müssen wir feiern.“ Summend vor Glück verließ Matthias das Bett, summend vor Glück lag Alex noch darin und kuschelte sich ein. Vielleicht würde es ja schon in ein paar Tagen so sein, wie sie es sich vorgestellt hatte, und sie konnte die kleinen Babyschuhe oder den süßen Teddy oder irgendetwas aus ihrer Kiste gemeinsam mit dem positiven Test dort deponieren, wo Matthias es auf jeden Fall finden würde! Die Augen fest zu kuschelte sie sich noch ein wenig tiefer, im Hintergrund hörte sie ihren Mann, der Frank Sinatras New York im CD-Player eingelegt hatte. Das passte doch zu Frankfurt, oder? A number One!!! ER würde A number One werden! Und dass Alex so einfach mitziehen würde, das hätte er nicht gedacht, aber wie oft schon hatte er sich getäuscht!
„Naja, die karrieregeile Meier werden sie mir nicht vorziehen, die ist 34 und kann ja auch noch Kinder bekommen, der werden sie so einen Posten nicht geben…Stell dir mal vor, eine Marketingdirektorin mit Kleinkind!“ Matthias kicherte vor sich hin.
„Wieso die Meier, was hast du denn mit der zu tun?“ fragte Alex aus den Tiefen der Kissen und richtete sich müde auf, um das Glas Sekt zu trinken. So ganz klar war ihr nicht geworden, was ihr Mann gerade meinte, aber es interessierte sie auch nicht so recht, denn sie wollte jetzt nicht an den Job denken, weder an ihren noch an seinen. Ihre Priorität waren die Kinder, und sie liebte sie jetzt schon und sah sich mit einem neuen Kinderwagen durch die Gegend schieben. Nur die Organisation des Arbeitsplatzes würde schwierig werden, aber da musste Matthias eben seinen Beitrag leisten.
„Und Frankfurt hat ja auch sehr schöne Ecken…“ sagte Matthias in diesen Augenblick.
Teil 21
„Wieso Frankfurt? Was ist denn damit?“
„Habe ich dir doch gesagt, die neue Stelle ist in Frankfurt.“
„Moment mal, welche neue Stelle?“ Alex hatte sich abrupt im Bett aufgesetzt und versuchte ziemlich verzweifelt, Ordnung in die Bruchstücke von Sätzen, die sie aufnahm, zu bringen. Matthias hatte definitiv nichts von Frankfurt gesagt, das hätte sie gewusst, denn sie hasste große Städte wie diese Metropole, und die Möglichkeit des Appelwoi-Trinkens machte es nicht richtig besser. „Kannst du mir mal erklären, wovon du redest?“ Ihr war flau im Magen, der Sekt schmeckte schal und die Schönheit des Tages war wieder wie weggeblasen.
Schon früher hatte Matthias manche Entscheidung ohne sie getroffen, und sie hatten danach erbitterte Kämpfe darum geführt, wie Entscheidungen in einer Partnerschaft zustande kommen. Immer hatte Matthias hinterher gesagt, er würde das nie wieder tun, und immer war alles unter dem Deckmäntelchen des „Ich tue es doch nur für uns beide“ geschehen, aber ebenso regelmäßig war sie zutiefst verletzt gewesen, und der Riß, der durch ihre Ehe ging, war nur schwer zu kitten gewesen. Im Prinzip war er nur gekittet worden, weil sie es so wollte.
„Aber ich tue das doch nur für uns beide, mein Schatz“, fügte Matthias an. Da war es wieder, er hatte etwas entschieden, ohne sie zu fragen. Sie wusste zwar immer noch nicht genau, was es war, aber sie kannte ja diesen verlogenen Satz, denn Matthias Zukunft wäre ja genauso verlaufen, wenn es sie nicht gäbe, er hätte genauso eifrig nach der nächsten Möglichkeit zur Beförderung gegriffen. Auch alleine. Und dass das Mehr an Geld für sie beide positiv war, das war ja klar. Alex fiel ins Bodenlose, sie war so tief verletzt, dass sie mit Mühe die Fassung beheilt. Es war dieses absolute Gefühl der Ohnmacht, das Gefühl, dass sie sich gegen ihren Willen zu etwas entscheiden musste, vielleicht auch das Gefühl, einfach keinen Wert für ihren Mann zu haben und benutzt zu werden. Leise sagte sie: „Erklär mir mal, wovon du redest, aber überleg dir gut, was du mir da auftischst.“ Das Glas mit dem Sekt stellte sie zur Seite, und die Bettdecke zog sie bis zur Schulter, um ihre Blöße zu bedecken, die ihr in diesen Augenblick irgendwie peinlich war.
Matthias setzte sich vertraulich auf ihren Bettrand und erzählte: „Hab’ ich doch gerade erzählt, die Stelle des Marketingdirektors wird frei, und ich bin ganz oben im Rennen. Das Büro ist in Frankfurt, zunächst muss ich mir da ein Zimmer nehmen, und dann nehmen wir uns eine kleine Wohnung, die sind ja so teuer da, und du suchst dir da was Neues. Du findest bestimmt was, bist ja `ne Supergute in deinem Job.“ „Hast du nicht gerade in bezug auf die Meier gesagt, die bekommt den Job nicht, weil sie noch Kinder kriegen kann? Meinst du, das wäre bei mir anders? Und ich will ja auch sofort Kinder, das ist dir klar, oder? Und deinen Chauvi-Spruch von vorhin mit der Meier, den hättest du dich auch sparen können…“
Alex war nun wutentbrannt, sie riß die Decke zur Seite und wühlte sich aus dem Bett an Matthias vorbei. In der Tür zum Bad drehte sie sich noch einmal um: „Denk’ `mal darüber nach, was du gerade gesagt und getan hast, du hast eine Entscheidung getroffen, ohne mich zu fragen, weil du wusstest, dass ich nein sage, aber nicht mit mir! So funktioniert das mit mir nicht, ist dir das klar? Wir können über alles reden, und vielleicht ist es sogar die beste Lösung, gemeinsam nach Frankfurt zu gehen, aber du hast mich ja gar nicht gefragt. Du wolltest meine Meinung dazu gar nicht. Und ich habe schon verstanden, was du mir sagen willst: Kinder ja, aber nicht gegen meine Karriere, also nicht jetzt, sonst stimmt die Kohle nicht, weil deine süße Frau ja mitverdienen muss, damit der Standard stimmt. Und wenn die sich erst einen Job suchen muss, dann heißt das Geldverlust, und danach kann sie ja nicht sofort wieder schwanger werden, stimmt’s ? Weil man Frauen ja eigentlich sowieso keinen guten Jobs geben darf, denn die werden ja schwanger und fallen dann aus, oder?“
Das war zwar etwas unzusammenhängend, aber ihre Fassung war erschöpft, und sie rauschte ins Badezimmer, schloss die Tür und fing auf dem Klodeckel sitzend an, haltlos zu weinen. Beiläufig aber entschlossen warf sie alle Utensilien weg, die auch nur im Entferntesten an den Kinderwunsch erinnerten, den Persona, die Teststäbchen, die Packung Schwangerschaftstests, das Thermometer, das Paracetamol, einfach alles. Matthias klopfte ein paar Mal zaghaft an die Tür, aber sie brüllte ihn nur – und wie sie fand verdientermaßen – an, er solle sie in Ruhe lassen. „Und von dem wollte ich Kinder!“ schrie sie innerlich und heulte erneut laut auf.
„Wieso Frankfurt? Was ist denn damit?“
„Habe ich dir doch gesagt, die neue Stelle ist in Frankfurt.“
„Moment mal, welche neue Stelle?“ Alex hatte sich abrupt im Bett aufgesetzt und versuchte ziemlich verzweifelt, Ordnung in die Bruchstücke von Sätzen, die sie aufnahm, zu bringen. Matthias hatte definitiv nichts von Frankfurt gesagt, das hätte sie gewusst, denn sie hasste große Städte wie diese Metropole, und die Möglichkeit des Appelwoi-Trinkens machte es nicht richtig besser. „Kannst du mir mal erklären, wovon du redest?“ Ihr war flau im Magen, der Sekt schmeckte schal und die Schönheit des Tages war wieder wie weggeblasen.
Schon früher hatte Matthias manche Entscheidung ohne sie getroffen, und sie hatten danach erbitterte Kämpfe darum geführt, wie Entscheidungen in einer Partnerschaft zustande kommen. Immer hatte Matthias hinterher gesagt, er würde das nie wieder tun, und immer war alles unter dem Deckmäntelchen des „Ich tue es doch nur für uns beide“ geschehen, aber ebenso regelmäßig war sie zutiefst verletzt gewesen, und der Riß, der durch ihre Ehe ging, war nur schwer zu kitten gewesen. Im Prinzip war er nur gekittet worden, weil sie es so wollte.
„Aber ich tue das doch nur für uns beide, mein Schatz“, fügte Matthias an. Da war es wieder, er hatte etwas entschieden, ohne sie zu fragen. Sie wusste zwar immer noch nicht genau, was es war, aber sie kannte ja diesen verlogenen Satz, denn Matthias Zukunft wäre ja genauso verlaufen, wenn es sie nicht gäbe, er hätte genauso eifrig nach der nächsten Möglichkeit zur Beförderung gegriffen. Auch alleine. Und dass das Mehr an Geld für sie beide positiv war, das war ja klar. Alex fiel ins Bodenlose, sie war so tief verletzt, dass sie mit Mühe die Fassung beheilt. Es war dieses absolute Gefühl der Ohnmacht, das Gefühl, dass sie sich gegen ihren Willen zu etwas entscheiden musste, vielleicht auch das Gefühl, einfach keinen Wert für ihren Mann zu haben und benutzt zu werden. Leise sagte sie: „Erklär mir mal, wovon du redest, aber überleg dir gut, was du mir da auftischst.“ Das Glas mit dem Sekt stellte sie zur Seite, und die Bettdecke zog sie bis zur Schulter, um ihre Blöße zu bedecken, die ihr in diesen Augenblick irgendwie peinlich war.
Matthias setzte sich vertraulich auf ihren Bettrand und erzählte: „Hab’ ich doch gerade erzählt, die Stelle des Marketingdirektors wird frei, und ich bin ganz oben im Rennen. Das Büro ist in Frankfurt, zunächst muss ich mir da ein Zimmer nehmen, und dann nehmen wir uns eine kleine Wohnung, die sind ja so teuer da, und du suchst dir da was Neues. Du findest bestimmt was, bist ja `ne Supergute in deinem Job.“ „Hast du nicht gerade in bezug auf die Meier gesagt, die bekommt den Job nicht, weil sie noch Kinder kriegen kann? Meinst du, das wäre bei mir anders? Und ich will ja auch sofort Kinder, das ist dir klar, oder? Und deinen Chauvi-Spruch von vorhin mit der Meier, den hättest du dich auch sparen können…“
Alex war nun wutentbrannt, sie riß die Decke zur Seite und wühlte sich aus dem Bett an Matthias vorbei. In der Tür zum Bad drehte sie sich noch einmal um: „Denk’ `mal darüber nach, was du gerade gesagt und getan hast, du hast eine Entscheidung getroffen, ohne mich zu fragen, weil du wusstest, dass ich nein sage, aber nicht mit mir! So funktioniert das mit mir nicht, ist dir das klar? Wir können über alles reden, und vielleicht ist es sogar die beste Lösung, gemeinsam nach Frankfurt zu gehen, aber du hast mich ja gar nicht gefragt. Du wolltest meine Meinung dazu gar nicht. Und ich habe schon verstanden, was du mir sagen willst: Kinder ja, aber nicht gegen meine Karriere, also nicht jetzt, sonst stimmt die Kohle nicht, weil deine süße Frau ja mitverdienen muss, damit der Standard stimmt. Und wenn die sich erst einen Job suchen muss, dann heißt das Geldverlust, und danach kann sie ja nicht sofort wieder schwanger werden, stimmt’s ? Weil man Frauen ja eigentlich sowieso keinen guten Jobs geben darf, denn die werden ja schwanger und fallen dann aus, oder?“
Das war zwar etwas unzusammenhängend, aber ihre Fassung war erschöpft, und sie rauschte ins Badezimmer, schloss die Tür und fing auf dem Klodeckel sitzend an, haltlos zu weinen. Beiläufig aber entschlossen warf sie alle Utensilien weg, die auch nur im Entferntesten an den Kinderwunsch erinnerten, den Persona, die Teststäbchen, die Packung Schwangerschaftstests, das Thermometer, das Paracetamol, einfach alles. Matthias klopfte ein paar Mal zaghaft an die Tür, aber sie brüllte ihn nur – und wie sie fand verdientermaßen – an, er solle sie in Ruhe lassen. „Und von dem wollte ich Kinder!“ schrie sie innerlich und heulte erneut laut auf.
Teil 22
Wie das immer so ist, beruhigt auch die aufgebrachteste Frau sich irgendwann einmal. Vor der Tür hörte Alex nur ein leises Kratzen, aber das konnte unmöglich Matthias sein, eher war es Phoebe, die noch kein abendliches Futter bekommen hatte. Alex schloss also die Tür zum Bad auf und horchte in die Wohnung. Nichts war zu hören außer dem Atmen ihrer Katze und deren Krallen auf dem Parkett. Matthias hatte sich entweder zurückgezogen, vermutlich schraubte er gänzlich sauer an einer seiner Maschinen.
Das ließ Alex zuhause freie Bahn. Sie würde ihrem Mann – von dem sie noch nicht wusste, ob bzw. wielange er noch ihr Mann bleiben würde – nicht so leicht vergeben. Entschlossen marschierte sie zunächst in den Anschlussraum, in dem Waschmaschine und Trockner standen. Dort wurde ihre Wäsche von der männlichen säuberlich getrennt. Waschen würde sie für ihn nicht mehr, das war klar. Dann ging sie zur Graderobe und legte die Zettel der Reinigung auf den kleinen Garderobentisch: Sachen von der Reinigung abholen konnte er selbst. Den Zettel, auf dem er ihr aufgeschrieben hatte, was er alles aus der Stadt benötigte, legte sie feinsäuberlich zerrissen neben seine Unterlagen für den morgigen Tag. Dann öffnete sie ihren Laptop und kopierte seine Dateien – ups, da waren auch ein paar wichtige – auf CD und löschte das Original auf der Festplatte. So ging sie von Zimmer zu Zimmer und trennte ihre Sachen von denen ihres Mannes. Innerhalb von kurzer Zeit waren ihre Bilder im Arbeitsraum, der sich immer mehr zu einem Alex-Raum verwandelte, und je mehr sie umräumte, desto besser gefiel es ihr. Kurzum, sie zog aus dem gemeinsamen Schlafzimmer aus und richtete sich ihr eigenes ein. Ebenso brachte sie seine alten Sachen – zum Teil aus Kisten und Kästen im Keller - im Schlafzimmer schön arrangiert unter. Zu guter Letzt schrieb sie sich noch einen Zettel, der sie am nächsten Morgen daran erinnern sollte, ihm die Vollmacht für ihr Bankkonto zu entziehen. Alle notwendigen Papiere hatte sie schon zu sich ins Zimmer geholt, um im Zweifel die Scheidung einreichen zu können.
„So, sieh zu, wie du ohne mich klar kommst“, dachte sie erbost. Und um ihm sein Alleinsein noch deutlicher zu machen, räumte sie zudem den Kühlschrank aus (im Keller gab es eine zweiten, aber an den würde er bestimmt nicht denken) und nahm das Telefon in ihr Zimmer. Und dann wollte sie in aller Ruhe einen Schlachtplan für die nächsten Wochen entwerfen.
Als Matthias nach hause kam, fand er trügerische Ruhe vor. Nur Phoebe schnurrte um ihn herum, Alex war nicht zu hören. „Zum Glück ist die Schlafzimmertür nicht abgeschlossen“, dachte er erleichtert, als er die Klinke heruntergedrückt hatte und sich die Tür öffnete.
“Schatzi?“ fragte er, als er über einen Karton stolperte. Er konnte sich in der Dunkelheit gerade noch abfangen und machte schnell das Licht an. Was er dann sah, war kaum zu fassen. Alex hatte alle Dinge aus seiner Junggesellenbude genauso aufgebaut, wie er es etliche Jahre zuvor zusammengestellt hatte, nur wirkte es nun doch recht unwirklich, denn das Bett war eben unverkennbar das Ehebett, und das war leer, zumindest auf der einen Seite, auf seiner Seite fanden sich all die Dinge, deren Existenz er über Jahre zu vergessen gesucht hatte, das Plüschkissen im Schalke-Motiv, die Gabel einer seltenen Kawa über dem Bett (allerdings nur notdürftig befestigt, sie würde ihm unweigerlich bei der ersten starken Bewegung im Bett auf den Kopf fallen), ein Elefantenzahn, den sein Onkel ihm einmal geschenkt hatte, und den er heute wegen der rigiden Artenschutzbestimmungen nicht mehr loswerden konnte, ohne sich strafbar zu machen, diverse alte kultige Cola Dosen und sogar eine Reihe alter Jeans, in die er bestimmt nun nicht mehr passte. Und auch seine Daumendecke war AufSchalke!
Alex war also weg! Mit dieser Reaktion hatte er überhaupt nicht gerechnet, bisher hatten sie doch an einem Strang gezogen, und der Tag war so perfekt gewesen. Was war denn verkehrt gelaufen? Matthias kramte in seinem Schrank und holte sich das männliche Allheilmittel Nr. 1 heraus: Whisky, eine alte Flasche, die er dort für harte Zeiten gebunkert hatte. Er musste seine Situation genau durchdenken. Doch je mehr er trank, desto stärker wurde das Gefühl, dass Alex, seine Alex, ihn im Stich gelassen hatte. Oder hatte er was Falsches gesagt? Ja, okay, er hatte ihr das mit Frankfurt nicht so recht sensibel gesagt, aber sie wollte doch abgesichert sein, oder? Obwohl er das kleine Teufelchen „Gewissen“ durch Alkohol zu betäuben suchte, gelang es ihm nicht, im Gegenteil, je mehr er trank, desto deutlicher wurde das Gefühl, dass er das Ganze ziemlich verpatzt hatte. Aber er konnte nicht sagen, was genau er anders hätte machen sollen. Aber ohne Alex Leben, das wollte er doch auch nicht… in Selbstmitleid und schlechtem Gewissen versunken schlief auch Matthias irgendwann ein, während Alex die ganze Zeit gelauscht hatte, ob er vielleicht zumindest den Versuch machen würde, zu ihr zu kommen. Und sich vielleicht sogar zu entschuldigen, auch wenn sie die Entschuldigung natürlich auf keine Fall angenommen hätte.
Wie das immer so ist, beruhigt auch die aufgebrachteste Frau sich irgendwann einmal. Vor der Tür hörte Alex nur ein leises Kratzen, aber das konnte unmöglich Matthias sein, eher war es Phoebe, die noch kein abendliches Futter bekommen hatte. Alex schloss also die Tür zum Bad auf und horchte in die Wohnung. Nichts war zu hören außer dem Atmen ihrer Katze und deren Krallen auf dem Parkett. Matthias hatte sich entweder zurückgezogen, vermutlich schraubte er gänzlich sauer an einer seiner Maschinen.
Das ließ Alex zuhause freie Bahn. Sie würde ihrem Mann – von dem sie noch nicht wusste, ob bzw. wielange er noch ihr Mann bleiben würde – nicht so leicht vergeben. Entschlossen marschierte sie zunächst in den Anschlussraum, in dem Waschmaschine und Trockner standen. Dort wurde ihre Wäsche von der männlichen säuberlich getrennt. Waschen würde sie für ihn nicht mehr, das war klar. Dann ging sie zur Graderobe und legte die Zettel der Reinigung auf den kleinen Garderobentisch: Sachen von der Reinigung abholen konnte er selbst. Den Zettel, auf dem er ihr aufgeschrieben hatte, was er alles aus der Stadt benötigte, legte sie feinsäuberlich zerrissen neben seine Unterlagen für den morgigen Tag. Dann öffnete sie ihren Laptop und kopierte seine Dateien – ups, da waren auch ein paar wichtige – auf CD und löschte das Original auf der Festplatte. So ging sie von Zimmer zu Zimmer und trennte ihre Sachen von denen ihres Mannes. Innerhalb von kurzer Zeit waren ihre Bilder im Arbeitsraum, der sich immer mehr zu einem Alex-Raum verwandelte, und je mehr sie umräumte, desto besser gefiel es ihr. Kurzum, sie zog aus dem gemeinsamen Schlafzimmer aus und richtete sich ihr eigenes ein. Ebenso brachte sie seine alten Sachen – zum Teil aus Kisten und Kästen im Keller - im Schlafzimmer schön arrangiert unter. Zu guter Letzt schrieb sie sich noch einen Zettel, der sie am nächsten Morgen daran erinnern sollte, ihm die Vollmacht für ihr Bankkonto zu entziehen. Alle notwendigen Papiere hatte sie schon zu sich ins Zimmer geholt, um im Zweifel die Scheidung einreichen zu können.
„So, sieh zu, wie du ohne mich klar kommst“, dachte sie erbost. Und um ihm sein Alleinsein noch deutlicher zu machen, räumte sie zudem den Kühlschrank aus (im Keller gab es eine zweiten, aber an den würde er bestimmt nicht denken) und nahm das Telefon in ihr Zimmer. Und dann wollte sie in aller Ruhe einen Schlachtplan für die nächsten Wochen entwerfen.
Als Matthias nach hause kam, fand er trügerische Ruhe vor. Nur Phoebe schnurrte um ihn herum, Alex war nicht zu hören. „Zum Glück ist die Schlafzimmertür nicht abgeschlossen“, dachte er erleichtert, als er die Klinke heruntergedrückt hatte und sich die Tür öffnete.
“Schatzi?“ fragte er, als er über einen Karton stolperte. Er konnte sich in der Dunkelheit gerade noch abfangen und machte schnell das Licht an. Was er dann sah, war kaum zu fassen. Alex hatte alle Dinge aus seiner Junggesellenbude genauso aufgebaut, wie er es etliche Jahre zuvor zusammengestellt hatte, nur wirkte es nun doch recht unwirklich, denn das Bett war eben unverkennbar das Ehebett, und das war leer, zumindest auf der einen Seite, auf seiner Seite fanden sich all die Dinge, deren Existenz er über Jahre zu vergessen gesucht hatte, das Plüschkissen im Schalke-Motiv, die Gabel einer seltenen Kawa über dem Bett (allerdings nur notdürftig befestigt, sie würde ihm unweigerlich bei der ersten starken Bewegung im Bett auf den Kopf fallen), ein Elefantenzahn, den sein Onkel ihm einmal geschenkt hatte, und den er heute wegen der rigiden Artenschutzbestimmungen nicht mehr loswerden konnte, ohne sich strafbar zu machen, diverse alte kultige Cola Dosen und sogar eine Reihe alter Jeans, in die er bestimmt nun nicht mehr passte. Und auch seine Daumendecke war AufSchalke!
Alex war also weg! Mit dieser Reaktion hatte er überhaupt nicht gerechnet, bisher hatten sie doch an einem Strang gezogen, und der Tag war so perfekt gewesen. Was war denn verkehrt gelaufen? Matthias kramte in seinem Schrank und holte sich das männliche Allheilmittel Nr. 1 heraus: Whisky, eine alte Flasche, die er dort für harte Zeiten gebunkert hatte. Er musste seine Situation genau durchdenken. Doch je mehr er trank, desto stärker wurde das Gefühl, dass Alex, seine Alex, ihn im Stich gelassen hatte. Oder hatte er was Falsches gesagt? Ja, okay, er hatte ihr das mit Frankfurt nicht so recht sensibel gesagt, aber sie wollte doch abgesichert sein, oder? Obwohl er das kleine Teufelchen „Gewissen“ durch Alkohol zu betäuben suchte, gelang es ihm nicht, im Gegenteil, je mehr er trank, desto deutlicher wurde das Gefühl, dass er das Ganze ziemlich verpatzt hatte. Aber er konnte nicht sagen, was genau er anders hätte machen sollen. Aber ohne Alex Leben, das wollte er doch auch nicht… in Selbstmitleid und schlechtem Gewissen versunken schlief auch Matthias irgendwann ein, während Alex die ganze Zeit gelauscht hatte, ob er vielleicht zumindest den Versuch machen würde, zu ihr zu kommen. Und sich vielleicht sogar zu entschuldigen, auch wenn sie die Entschuldigung natürlich auf keine Fall angenommen hätte.
Teil 23
Alex hatte letztendlich in der Nacht ihre Tür geöffnet, um zumindest Phoebe die Möglichkeit zu geben, in ihr Bett zu kriechen; sie sehnte sich nach Zuspruch, und der einer Katze war im Prinzip besser als der des eigenen Mannes – zumindest derzeit. Ziemlich pünktlich um 5 Uhr warf Phoebe dann ihren kleinen Schnurrmotor an und schaute ihrer Dosenöffnerin tief in die geschlossenen Augen. Das hatte bisher nie die Wirkung verfehlt, im Zweifel wurde es durch Verkürzung der Entfernung und Einsatz der Schnurrhaare an Alex Gesicht verstärkt. Aber Alex war ohnehin schnell wach, oder zumindest öffnete sie die Augen und murmelte „Na, meine Schöne“, um dann mechanisch Phoebe zu kraulen. Schon mancher Mann hatte zu Alex gesagt, dass er bei ihr Katze sein wollte, aber der Hinweis, dass das unweigerlich mit einer Kastration verbunden sei, ließ sie dann doch zurückschrecken „Obwohl, das wäre jetzt genau richtig für Matthias, er will ja eh nur rein theoretisch Kinder.“ Der Ärger war nicht verraucht, Matthias hatte heute keine Chance.
„Feigling“, schnaubte Alex, als sie ins Bad ging und dabei das Alkoholschnarchen ihres Noch-Ehemannes hörte oder besser hören musste. Nach dem ersten Blick in den Spiegel (nicht so richtig erbaulich, fand Alex) folgte ein Pieseln ohne LH-Test, Alex war bockig. Dennoch sammelte sie alle Utensilien aus dem Mülleimer feinsäuberlich wieder heraus, den Persona würde sie jetzt ja zur Verhütung nehmen. Aber nicht mit Matthias, das stand fest. „Jawollja“, sprach Alex in Gedanken mit sich selbst. Weiterer Gedanken war sie noch nicht fähig, aber wie ferngesteuert konnte sie zumindest in der Küche einen Kaffee aufsetzen. Und zwar genau soviel, dass Matthias später denken würde, er hätte noch eine ganze Tasse, und dann war es eben nur eine Dritteltasse. Sie kannte ihn, er würde sich ärgern. Und genau diese kleinen Gehässigkeiten gefielen Alex heute. Zur Vorsicht versteckte sie aber noch den Zucker; zwei Stückchen lagen ja noch auf der Fensterbank, sollte er die doch nehmen, der Storch brauchte sie ja nicht mehr.
Ganz leise, denn sie wollte Matthias auf keinen Fall über den Weg laufen, machte sich Alex fertig und fuhr viel zu früh ins Büro. Immerhin konnte sie ab 6 Uhr einstempeln, das kam schon hin. Und dort würde sie zunächst den Schlachtplan vom Vorabend weiterentwickeln.
Matthias hingegen wurde durch ein Geräusch geweckt, das ihn an Big Ben erinnerte, und das ebenso dröhnte: sein Wecker. Als er die Augen ansatzweise – jede Bewegung fiel ihm massiv schwer – öffnete, blieb sein Blick an Fußballutensilien hängen. Oh Gott, bestimmt kommt gleich Ilse durch die Tür und er ist wieder 16 und er träumt das Ganze nur. Aber er war schon wach, das merkte er am bohrenden Kopfschmerz. Die Hände an die Schläfen gedrückt wankte Matthias ins Bad, um sich die Misere im Spiegel anzusehen. Der Anblick war erschreckend, und so langsam kam die Erinnerung zurück, dass er einen heftigen Streit mit Alex gehabt hatte. Und Alex war weg.
Matthias sank auf dem Klodeckel, der sonst Alex als seelische und körperliche Stütze diente, zusammen und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Er musste was tun, und gestern mit Hilfe von Jack Daniels war das auch alles klar gewesen, aber heute? Was musste er tun? Wie spät war es überhaupt. Ein Blick auf die Uhr beruhigte ihn, er konnte aber nicht ahnen, dass Alex diese Uhr, die- weil Matthias Zeiten immer bis zum Ende ausreizte – immer 30 Minuten vorging, auf Normalzeit gestellt hatte, und so war es eigentlich zwar die richtige Zeit, die angezeigt wurde, für Matthias aber eine halbe Stunde später als sonst. Okay, noch Zeit für einen Kaffee, den hatte er dringend nötig.
Erfreut stellte er fest, dass Alex doch dagewesen sein musste, denn es war frischer Kaffee in der Thermoskanne, doch als er sich beherzt den üblichen Becher eingießen wollte, tröpfelte dieser gerade bis zur Drittelmarke ins Porzellan. Auch die Suche nach seinem lebensnotwendig Zucker war wenig erfolgreich, und da Matthias Kaffee ohne Zucker haßte, er ihn aber heute zwangsläufig benötigte, schleppte er sich doch tatsächlich zum Fenster und nahm den Zucker von der Fensterbank. „Ist ja krank“, murmelte er und ließ die grauen Teilchen in die Kaffeebrühe plumpsen. Dann inspizierte er die Wohnung: Das Arbeitszimmer war verschlossen, aber ein Blick durch das Schlüsselloch ließ ihn erahnen, dass Alex hier Zuflucht genommen hatte. Das war ein gutes Zeichen, immerhin wohnte sie weiter in der gemeinsamen Wohnung! Irgendwie war er darüber erleichtert, auch wenn er gleichzeitig dachte, dass sie sich doch allzu sehr anstellte.
Wäsche, Reinigungszettel und Einkaufsschnipsel ignorierend machte sich Matthias auf ins Büro, nachdem er mehr Zeit als sonst für das Aufbereiten seiner Selbst gebraucht hatte. Und gut war seine Laune auch nicht. Im Büro erwartete ihn dann auch noch der Kampf gegen Frau Meier, und genau dazu hatte er nun am heutigen Tag gar keine Lust. Der Wortwechsel diesbezüglich hatte ihm zumindest etwas zu denken gegeben, und wenn er fair war, so mußte er zugeben, dass Frau Meier nicht nur attraktiv, sondern auch noch auffallend gut in ihrem Job war, ohne dies irgendjemanden unangenehm merken zu lassen. Und eine nette Kollegin war sie auch, seine Beschreibung von ihr war demnach völlig ungerecht gewesen.
Matthias war mit seinen Gedanken also bei verschiedenen Frauen, als sein Blick auf die große Uhr an einer Apotheke fiel. Er war eine halbe Stunde zu spät, und das, wo er ein wichtiges Meeting hatte. Hektisch versuchte er, inmitten des recht starken Verkehrs durch Überholen Zeit aufzuholen, als ein Wagen vor ihm abrupt stoppen musste.
Alex hatte letztendlich in der Nacht ihre Tür geöffnet, um zumindest Phoebe die Möglichkeit zu geben, in ihr Bett zu kriechen; sie sehnte sich nach Zuspruch, und der einer Katze war im Prinzip besser als der des eigenen Mannes – zumindest derzeit. Ziemlich pünktlich um 5 Uhr warf Phoebe dann ihren kleinen Schnurrmotor an und schaute ihrer Dosenöffnerin tief in die geschlossenen Augen. Das hatte bisher nie die Wirkung verfehlt, im Zweifel wurde es durch Verkürzung der Entfernung und Einsatz der Schnurrhaare an Alex Gesicht verstärkt. Aber Alex war ohnehin schnell wach, oder zumindest öffnete sie die Augen und murmelte „Na, meine Schöne“, um dann mechanisch Phoebe zu kraulen. Schon mancher Mann hatte zu Alex gesagt, dass er bei ihr Katze sein wollte, aber der Hinweis, dass das unweigerlich mit einer Kastration verbunden sei, ließ sie dann doch zurückschrecken „Obwohl, das wäre jetzt genau richtig für Matthias, er will ja eh nur rein theoretisch Kinder.“ Der Ärger war nicht verraucht, Matthias hatte heute keine Chance.
„Feigling“, schnaubte Alex, als sie ins Bad ging und dabei das Alkoholschnarchen ihres Noch-Ehemannes hörte oder besser hören musste. Nach dem ersten Blick in den Spiegel (nicht so richtig erbaulich, fand Alex) folgte ein Pieseln ohne LH-Test, Alex war bockig. Dennoch sammelte sie alle Utensilien aus dem Mülleimer feinsäuberlich wieder heraus, den Persona würde sie jetzt ja zur Verhütung nehmen. Aber nicht mit Matthias, das stand fest. „Jawollja“, sprach Alex in Gedanken mit sich selbst. Weiterer Gedanken war sie noch nicht fähig, aber wie ferngesteuert konnte sie zumindest in der Küche einen Kaffee aufsetzen. Und zwar genau soviel, dass Matthias später denken würde, er hätte noch eine ganze Tasse, und dann war es eben nur eine Dritteltasse. Sie kannte ihn, er würde sich ärgern. Und genau diese kleinen Gehässigkeiten gefielen Alex heute. Zur Vorsicht versteckte sie aber noch den Zucker; zwei Stückchen lagen ja noch auf der Fensterbank, sollte er die doch nehmen, der Storch brauchte sie ja nicht mehr.
Ganz leise, denn sie wollte Matthias auf keinen Fall über den Weg laufen, machte sich Alex fertig und fuhr viel zu früh ins Büro. Immerhin konnte sie ab 6 Uhr einstempeln, das kam schon hin. Und dort würde sie zunächst den Schlachtplan vom Vorabend weiterentwickeln.
Matthias hingegen wurde durch ein Geräusch geweckt, das ihn an Big Ben erinnerte, und das ebenso dröhnte: sein Wecker. Als er die Augen ansatzweise – jede Bewegung fiel ihm massiv schwer – öffnete, blieb sein Blick an Fußballutensilien hängen. Oh Gott, bestimmt kommt gleich Ilse durch die Tür und er ist wieder 16 und er träumt das Ganze nur. Aber er war schon wach, das merkte er am bohrenden Kopfschmerz. Die Hände an die Schläfen gedrückt wankte Matthias ins Bad, um sich die Misere im Spiegel anzusehen. Der Anblick war erschreckend, und so langsam kam die Erinnerung zurück, dass er einen heftigen Streit mit Alex gehabt hatte. Und Alex war weg.
Matthias sank auf dem Klodeckel, der sonst Alex als seelische und körperliche Stütze diente, zusammen und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Er musste was tun, und gestern mit Hilfe von Jack Daniels war das auch alles klar gewesen, aber heute? Was musste er tun? Wie spät war es überhaupt. Ein Blick auf die Uhr beruhigte ihn, er konnte aber nicht ahnen, dass Alex diese Uhr, die- weil Matthias Zeiten immer bis zum Ende ausreizte – immer 30 Minuten vorging, auf Normalzeit gestellt hatte, und so war es eigentlich zwar die richtige Zeit, die angezeigt wurde, für Matthias aber eine halbe Stunde später als sonst. Okay, noch Zeit für einen Kaffee, den hatte er dringend nötig.
Erfreut stellte er fest, dass Alex doch dagewesen sein musste, denn es war frischer Kaffee in der Thermoskanne, doch als er sich beherzt den üblichen Becher eingießen wollte, tröpfelte dieser gerade bis zur Drittelmarke ins Porzellan. Auch die Suche nach seinem lebensnotwendig Zucker war wenig erfolgreich, und da Matthias Kaffee ohne Zucker haßte, er ihn aber heute zwangsläufig benötigte, schleppte er sich doch tatsächlich zum Fenster und nahm den Zucker von der Fensterbank. „Ist ja krank“, murmelte er und ließ die grauen Teilchen in die Kaffeebrühe plumpsen. Dann inspizierte er die Wohnung: Das Arbeitszimmer war verschlossen, aber ein Blick durch das Schlüsselloch ließ ihn erahnen, dass Alex hier Zuflucht genommen hatte. Das war ein gutes Zeichen, immerhin wohnte sie weiter in der gemeinsamen Wohnung! Irgendwie war er darüber erleichtert, auch wenn er gleichzeitig dachte, dass sie sich doch allzu sehr anstellte.
Wäsche, Reinigungszettel und Einkaufsschnipsel ignorierend machte sich Matthias auf ins Büro, nachdem er mehr Zeit als sonst für das Aufbereiten seiner Selbst gebraucht hatte. Und gut war seine Laune auch nicht. Im Büro erwartete ihn dann auch noch der Kampf gegen Frau Meier, und genau dazu hatte er nun am heutigen Tag gar keine Lust. Der Wortwechsel diesbezüglich hatte ihm zumindest etwas zu denken gegeben, und wenn er fair war, so mußte er zugeben, dass Frau Meier nicht nur attraktiv, sondern auch noch auffallend gut in ihrem Job war, ohne dies irgendjemanden unangenehm merken zu lassen. Und eine nette Kollegin war sie auch, seine Beschreibung von ihr war demnach völlig ungerecht gewesen.
Matthias war mit seinen Gedanken also bei verschiedenen Frauen, als sein Blick auf die große Uhr an einer Apotheke fiel. Er war eine halbe Stunde zu spät, und das, wo er ein wichtiges Meeting hatte. Hektisch versuchte er, inmitten des recht starken Verkehrs durch Überholen Zeit aufzuholen, als ein Wagen vor ihm abrupt stoppen musste.
Teil 24
Alex hingegen hatte den Morgen recht entspannt verbracht. Im Büro angekommen, wo sie ihre 150 kg schwere männliche Vorzimmerelfe beim Lesen der Lisa zutiefst erschreckte (Chefs dürfen generell nicht vor 8 Uhr erscheinen, aber diese Regel hatte Alex heute aus gegebenem Anlass gebrochen), hatte sie die Tür hinter sich zugezogen – so immerhin hatten beide Ruhe – und im Internet zunächst nützliche Seiten gesucht. Als ersten Suchbegriff hatte sie das Wort „Scheidung“ eingegeben und neben zahlreichen Anwalts-Homepages auch eine psychologische Betreuung einer Klinik gefunden: „Während die Scheidung selbst - juristisch gesehen - nur ein Ereignis ist, ist sie aus sozialwissenschaftlicher oder therapeutischer Sicht Teil eines komplexen, mehrdimensionalen und dynamischen Veränderungsprozesses. Dieser Prozess kann zwei und mehr Jahre dauern.
Nach Textor … gliedert sich dieser Prozess in mehrere Phasen: nämlich
die Vorscheidungsphase,
die Scheidung sphase und
die Nachscheidungsphase.
Die Vorscheidungsphase wiederum lässt sich in eine Phase der wachsenden Unzufriedenheit und eine Phase des Entscheidungskonfliktes einteilen. Sie kann zwischen einigen Wochen und 5 oder mehr Jahren dauern.“ „Aha, dachte Alex, in 5 Wochen bin ich also doch ein ganzes Stück weiter!“ Immer noch grimmig las sie alle Informationen. „Der erste Teil dieser Phase ist der Zeitraum der Verschlechterung der Ehebeziehung. ..Positive Gefühle wie Liebe, Zuneigung, Vertrauen und Achtung schwinden und die Ehegatten sehen ihre Beziehung zunehmend in einem schlechten Licht. ...In der eigenen Ehe wird in der Hauptsache das Negative und bei den anderen Ehen das Positive gesehen. In dieser Phase nimmt die Zahl der ungelösten Konflikte zu; entweder durch Vermeidung – man spricht nicht mehr miteinander – oder man streitet, aber die Kompromissbereitschaft nimmt rapide ab. Stattdessen sind die vorherrschenden Gefühle inzwischen Unzufriedenheit, Ärger, Enttäuschung, Resignation.“
Bei den typischen Konfliktthemen fand sich Alex erneut wieder: “Da geht es um die Beteiligung an der Hausarbeit, um das Ausfüllen der Elternrolle, um die Präsenz als Gesprächs- Freizeit- und Sexualpartner. Unerwartete finanzielle und berufliche Probleme können erschwerend hinzukommen…Verfügt das Paar über gute Möglichkeiten miteinander zu kommunizieren und gute Konfliktlösungsstrategien, so lässt sich eine Entwicklung, die unter Umständen in Scheidung endet, vermeiden.“
Alex sank das Herz; so ganz war sie von der Scheidung nicht überzeugt, und dass sie keine kommunikativen Fähigkeiten haben sollte, wollte sie auch nicht eingestehen. Dennoch war eines klar: Sie würde das Gespräch mit Matthias nicht beginnen, soviel stand fest, er war am Zuge.
Nie war er so richtig für sie da, und die Verantwortung für die Beziehung hatte er ihr schon lange überlassen. Siedendheiß fiel Alex ein, dass sie nun so lange versucht hatte, schwanger zu werden, nun aber eine Schwangerschaft für sie nicht infrage kam, wo das Ende ihrer Ehe bevorstand. Und was wäre wenn? Wie angestochen nahm sie ihre Tasche, raunte ihrem Vorzimmermann zu „Ich bring mal eben Tee weg“ und verschwand. Sie hatte vor zwei Tagen einen Schwangerschaftstest in die Handtasche getan, und den nutzte sie nun auf der Damentoilette des Bürogebäudes.
Gott sei Dank, negativ! Aber sie wusste genau, dass es noch ein Wende der Dinge geben konnte, und zum ersten Mal seit Monaten wünschte sie, sie hätte diesen Monat verhütet. Innerlich schüttelte sie den Kopf, „Bestimmt sind es die Hormone, die mich so durcheinander bringen. Natürlich würde ich auch alleine ein Kind groß bekommen.“ beruhigte sie sich, aber dann: “Welche Hormone?!“. So ganz wohl war ihr in ihrer Haut nicht, und die Unsicherheit, nicht schwanger zu sein, es aber zu wollen, hatte sich wirklich über Nacht in eine Unsicherheit, eventuell schwanger zu sein, und es nicht zu wollen, geändert.
Als sie in ihr Büro zurückgekehrt war, hörte sie, wie ihr Vorzimmermann offensichtlich mit Matthias sprach. Schon aus der Ferne schüttelte sie den Kopf, sie wollte ihn nicht sprechen. „Nein, tut mir leid, Ihre Frau ist gerade nicht am Platz….Ja, das kann sein, okay, ich sage es ihr.“ Kurze Zeit später war Matthias wieder in der Leitung, doch diesmal nahm Alex den Hörer auf: „Manthei, guten Tag.“ Matthias erzählte etwas von einem Unfall und dass er nun von ihr abgeholt werden wollte, aber da er sie in derselben Situation vor drei Jahren im Stich gelassen hatte, weil seine Büromöbel kommen sollten, reagierte Alex nur folgendermaßen: “Matthias, bist du es? Hallo…. Krrrrrrr….tssssse…. die Verbindung ist so schl… hallo, bist du tsssse….krrrrrrrrrr….hallo? Hallo?“ und legte befriedigt auf. Sollte er doch sehen, wie er ohne sie zurecht kam, verletzt war er offensichtlich ja nicht.
Alex hingegen hatte den Morgen recht entspannt verbracht. Im Büro angekommen, wo sie ihre 150 kg schwere männliche Vorzimmerelfe beim Lesen der Lisa zutiefst erschreckte (Chefs dürfen generell nicht vor 8 Uhr erscheinen, aber diese Regel hatte Alex heute aus gegebenem Anlass gebrochen), hatte sie die Tür hinter sich zugezogen – so immerhin hatten beide Ruhe – und im Internet zunächst nützliche Seiten gesucht. Als ersten Suchbegriff hatte sie das Wort „Scheidung“ eingegeben und neben zahlreichen Anwalts-Homepages auch eine psychologische Betreuung einer Klinik gefunden: „Während die Scheidung selbst - juristisch gesehen - nur ein Ereignis ist, ist sie aus sozialwissenschaftlicher oder therapeutischer Sicht Teil eines komplexen, mehrdimensionalen und dynamischen Veränderungsprozesses. Dieser Prozess kann zwei und mehr Jahre dauern.
Nach Textor … gliedert sich dieser Prozess in mehrere Phasen: nämlich
die Vorscheidungsphase,
die Scheidung sphase und
die Nachscheidungsphase.
Die Vorscheidungsphase wiederum lässt sich in eine Phase der wachsenden Unzufriedenheit und eine Phase des Entscheidungskonfliktes einteilen. Sie kann zwischen einigen Wochen und 5 oder mehr Jahren dauern.“ „Aha, dachte Alex, in 5 Wochen bin ich also doch ein ganzes Stück weiter!“ Immer noch grimmig las sie alle Informationen. „Der erste Teil dieser Phase ist der Zeitraum der Verschlechterung der Ehebeziehung. ..Positive Gefühle wie Liebe, Zuneigung, Vertrauen und Achtung schwinden und die Ehegatten sehen ihre Beziehung zunehmend in einem schlechten Licht. ...In der eigenen Ehe wird in der Hauptsache das Negative und bei den anderen Ehen das Positive gesehen. In dieser Phase nimmt die Zahl der ungelösten Konflikte zu; entweder durch Vermeidung – man spricht nicht mehr miteinander – oder man streitet, aber die Kompromissbereitschaft nimmt rapide ab. Stattdessen sind die vorherrschenden Gefühle inzwischen Unzufriedenheit, Ärger, Enttäuschung, Resignation.“
Bei den typischen Konfliktthemen fand sich Alex erneut wieder: “Da geht es um die Beteiligung an der Hausarbeit, um das Ausfüllen der Elternrolle, um die Präsenz als Gesprächs- Freizeit- und Sexualpartner. Unerwartete finanzielle und berufliche Probleme können erschwerend hinzukommen…Verfügt das Paar über gute Möglichkeiten miteinander zu kommunizieren und gute Konfliktlösungsstrategien, so lässt sich eine Entwicklung, die unter Umständen in Scheidung endet, vermeiden.“
Alex sank das Herz; so ganz war sie von der Scheidung nicht überzeugt, und dass sie keine kommunikativen Fähigkeiten haben sollte, wollte sie auch nicht eingestehen. Dennoch war eines klar: Sie würde das Gespräch mit Matthias nicht beginnen, soviel stand fest, er war am Zuge.
Nie war er so richtig für sie da, und die Verantwortung für die Beziehung hatte er ihr schon lange überlassen. Siedendheiß fiel Alex ein, dass sie nun so lange versucht hatte, schwanger zu werden, nun aber eine Schwangerschaft für sie nicht infrage kam, wo das Ende ihrer Ehe bevorstand. Und was wäre wenn? Wie angestochen nahm sie ihre Tasche, raunte ihrem Vorzimmermann zu „Ich bring mal eben Tee weg“ und verschwand. Sie hatte vor zwei Tagen einen Schwangerschaftstest in die Handtasche getan, und den nutzte sie nun auf der Damentoilette des Bürogebäudes.
Gott sei Dank, negativ! Aber sie wusste genau, dass es noch ein Wende der Dinge geben konnte, und zum ersten Mal seit Monaten wünschte sie, sie hätte diesen Monat verhütet. Innerlich schüttelte sie den Kopf, „Bestimmt sind es die Hormone, die mich so durcheinander bringen. Natürlich würde ich auch alleine ein Kind groß bekommen.“ beruhigte sie sich, aber dann: “Welche Hormone?!“. So ganz wohl war ihr in ihrer Haut nicht, und die Unsicherheit, nicht schwanger zu sein, es aber zu wollen, hatte sich wirklich über Nacht in eine Unsicherheit, eventuell schwanger zu sein, und es nicht zu wollen, geändert.
Als sie in ihr Büro zurückgekehrt war, hörte sie, wie ihr Vorzimmermann offensichtlich mit Matthias sprach. Schon aus der Ferne schüttelte sie den Kopf, sie wollte ihn nicht sprechen. „Nein, tut mir leid, Ihre Frau ist gerade nicht am Platz….Ja, das kann sein, okay, ich sage es ihr.“ Kurze Zeit später war Matthias wieder in der Leitung, doch diesmal nahm Alex den Hörer auf: „Manthei, guten Tag.“ Matthias erzählte etwas von einem Unfall und dass er nun von ihr abgeholt werden wollte, aber da er sie in derselben Situation vor drei Jahren im Stich gelassen hatte, weil seine Büromöbel kommen sollten, reagierte Alex nur folgendermaßen: “Matthias, bist du es? Hallo…. Krrrrrrr….tssssse…. die Verbindung ist so schl… hallo, bist du tsssse….krrrrrrrrrr….hallo? Hallo?“ und legte befriedigt auf. Sollte er doch sehen, wie er ohne sie zurecht kam, verletzt war er offensichtlich ja nicht.
Teil 25
Matthias rief nicht wieder an, allerdings hätte er seine Frau auch gar nicht erreicht, denn diese hatte nun endlich die Wartezeit beendet, bis sie Hanna würde anrufen können. Wie in alten Zeiten erzählte Alex ihrer Freundin in epischer weiblicher Breite und brühwarm alle Details der Auseinandersetzung mit ihrem Mann, und solidarisch wie Freundinnen nun mal sind oder zumindest sein sollen, fand Hanna die richtigen Worte zur Unterstützung wie „So ein Schuft“ oder „Genau“ oder „ Das gibt es ja wohl nicht, das hat er gesagt?“ Alex fühlte sich nun wieder wohler. Das kleine Detail ihrer Überlegung, ob sie nun dennoch Kinder haben wollte mit dem „was wäre wenn ausgerechnet jetzt“ unterließ sie zu erzählen.
Nach dem Gespräch vertiefte sich Alex halbherzig in ihre Arbeit, stapelweise lagen die Vorgänge vor ihr auf dem Schreibtisch, doch so recht wollte ihr nichts gelingen. Eigentlich hatte sie für alles ihre eigenen Routinen entwickelt, so dass sie sichere und schnelle Entscheidungen vorbereiten oder treffen konnte. Gedanklich schlug sie im Wörterbuch nach: „Rou|ti|ne [ru– f. –nur Sg.] Übung, durch Übung und Erfahrung gewonnene Fertigkeit; R. in etwas haben [frz., urspr. ”Gewohnheit, sich auf gebahnten Wegen zu halten“, dann auch ”Wegekundigkeit, Wissen um den richtigen Weg“, zu Route]“. „Wunderbar, das Wissen um den richtigen weg, ja, das fehlt mir gerade“, dachte Alex.
Im Prinzip war es in ihrer Ehe auch nichts anderes, für alle Reaktion eines Partners hat der andere eine immer gleich bleibende Art der Entgegnung. Das Wörterbuch hatte es gesagt, es war Gewohnheit geworden. Wenn sie sich stritten, ging Matthias schrauben usw. Und so ändert sich nichts, es wird aber auch nicht hinterfragt, weil das System ja funktioniert. „Vermutlich ist das für Matthias auch so, wenn ich sauer bin, weiß er, dass ich das nicht lange aushalte, und irgendwann lenke ich ein, und er ist damit durchgekommen. Aber ich fühle mich dann weiter unwohl“, sinnierte sie vor sich hin. Vor Jahren hatte sie bei einem Seminar einmal gehört „Man ändert ein System nur, indem man sich selbst ändert“. Sie hatte das zunächst nicht verstanden, sie meinte ja, dass ihre Reaktionen korrekt sind, doch jetzt verstand sie es. Solange sie im System mitmachte, würde sich nie etwas ändern. Schon gar nicht Matthias.
Sie war noch in Gedanken versunken und trank beiläufig ihren Tee der zweiten Zyklushälfte. Auch das war eine ihrer Routinen geworden. Manchmal fragte sich Alex, wie ihr Leben vor dem Kinderwunsch ausgesehen hatte? Was hatte da ihren Tag bestimmt? Heute war es der Gedanke an den Zyklustag, der Gedanke an die Tests zuhause, die Tees oder die Tropfen und Globuli, der Verzicht auf die zweite Tasse Kaffee an den Tagen nach dem Eisprung, alles drehte sich um das Thema Kinderwunsch. Und die Zeit eine Woche nach dem Eisprung war besonders anstrengend, schwebend zwischen Hoffnung und Verzweifelung.
Auch ihr Verhalten zu Frauen hatte sich geändert: Frauen wurden von ihr oft kategorisiert in Frauen, die Kinder hatten, und solche, von denen sie meinte, sie wollten eventuell noch Kinder, dies waren potentielle Rivalinnen um die ungeborenen Kinder. Obwohl sie wusste, dass es völliger Unsinn war, hatte sie manchmal das Gefühl, dass mit jeder Schwangerschaft, von der sie Kenntnis bekam, der „Fundus“ an potentiellen Kindern kleiner wurde, als sei es ein nicht nachwachsendes Gut, und damit schwände ihre Chance auf ein Kind auch jedes Mal. Am einfachsten waren für sie die Frauen, die jenseits der Wechseljahre waren, mit ihnen konnte sie ungezwungen umgehen, weil sie mit keiner unangenehmen Überraschung zu rechnen hatte. Diese Frauen waren ja genauso unfähig, wie sie sich oft fühlte, und sie war ihnen einerseits näher, andererseits hatte sie ab und zu ein kleines Gefühl der Überlegenheit ihnen gegenüber, denn sie selbst würde ja noch Kinder bekommen-. Oder musste sie sich irgendwann damit abfinden, selbst kinderlos zu bleiben?
Sie sehnte die Zeit zurück, in der diese Überlegungen für sie keine Rolle gespielt hatten, und sie empfand sich selbst als schlecht. Sie wusste genau, dass ihre Gedanken über die Frauen, denen es letztendlich nicht anders gegangen war als es ihr vielleicht gehen konnte, bitter ungerecht waren, sie wusste, dass sie genauso war, aber den eigenen Spiegel vorgehalten zu bekommen war eben nie angenehm, und Alex ließ es auch nur selten zu. Und wenn sie dies tat, dann bewunderte sie diese Frauen, denen das eigene Schicksal ihren Kinderwunsch nicht erfüllte, die aber nach vielen Jahren mit einer so großartigen Gelassenheit mit dem Thema Kind umgehen konnten, von der sie nur Träumen konnte. „Was für eine Kraft in diesen Frauen steckt!“ dachte sie häufig bewundernd und hielt sich ihre eigene Tante Ingeborg vor Augen, die immer gerne Kinder gehabt hätte, dies aber nie erleben durfte, und durch ihre innere Weisheit der Ansprechpartner aller ihrer Nichten und später Großnichten geworden war.
Alex schüttelte unbewusst den Kopf, sie hätte nie gedacht, dass ihr das auch passieren könnte. Aber derzeit machte sie sich über ihr Leben Gedanken, und sie war sich ziemlich sicher, dass der Weg, den sie derzeit einschlug – nämlich diese Abhängigkeit ihrer selbst vom Kinderwunsch – langfristig nicht der richtige war.
„Macht aber nichts“, richtete sie sich schnell wieder auf wandte den Blick zur Zukunft. Und mit einem beherzten Schluck Zyklustee entschied sie, diesen Monat schwanger geworden zu sein – mit oder ohne Matthias.
Matthias rief nicht wieder an, allerdings hätte er seine Frau auch gar nicht erreicht, denn diese hatte nun endlich die Wartezeit beendet, bis sie Hanna würde anrufen können. Wie in alten Zeiten erzählte Alex ihrer Freundin in epischer weiblicher Breite und brühwarm alle Details der Auseinandersetzung mit ihrem Mann, und solidarisch wie Freundinnen nun mal sind oder zumindest sein sollen, fand Hanna die richtigen Worte zur Unterstützung wie „So ein Schuft“ oder „Genau“ oder „ Das gibt es ja wohl nicht, das hat er gesagt?“ Alex fühlte sich nun wieder wohler. Das kleine Detail ihrer Überlegung, ob sie nun dennoch Kinder haben wollte mit dem „was wäre wenn ausgerechnet jetzt“ unterließ sie zu erzählen.
Nach dem Gespräch vertiefte sich Alex halbherzig in ihre Arbeit, stapelweise lagen die Vorgänge vor ihr auf dem Schreibtisch, doch so recht wollte ihr nichts gelingen. Eigentlich hatte sie für alles ihre eigenen Routinen entwickelt, so dass sie sichere und schnelle Entscheidungen vorbereiten oder treffen konnte. Gedanklich schlug sie im Wörterbuch nach: „Rou|ti|ne [ru– f. –nur Sg.] Übung, durch Übung und Erfahrung gewonnene Fertigkeit; R. in etwas haben [frz., urspr. ”Gewohnheit, sich auf gebahnten Wegen zu halten“, dann auch ”Wegekundigkeit, Wissen um den richtigen Weg“, zu Route]“. „Wunderbar, das Wissen um den richtigen weg, ja, das fehlt mir gerade“, dachte Alex.
Im Prinzip war es in ihrer Ehe auch nichts anderes, für alle Reaktion eines Partners hat der andere eine immer gleich bleibende Art der Entgegnung. Das Wörterbuch hatte es gesagt, es war Gewohnheit geworden. Wenn sie sich stritten, ging Matthias schrauben usw. Und so ändert sich nichts, es wird aber auch nicht hinterfragt, weil das System ja funktioniert. „Vermutlich ist das für Matthias auch so, wenn ich sauer bin, weiß er, dass ich das nicht lange aushalte, und irgendwann lenke ich ein, und er ist damit durchgekommen. Aber ich fühle mich dann weiter unwohl“, sinnierte sie vor sich hin. Vor Jahren hatte sie bei einem Seminar einmal gehört „Man ändert ein System nur, indem man sich selbst ändert“. Sie hatte das zunächst nicht verstanden, sie meinte ja, dass ihre Reaktionen korrekt sind, doch jetzt verstand sie es. Solange sie im System mitmachte, würde sich nie etwas ändern. Schon gar nicht Matthias.
Sie war noch in Gedanken versunken und trank beiläufig ihren Tee der zweiten Zyklushälfte. Auch das war eine ihrer Routinen geworden. Manchmal fragte sich Alex, wie ihr Leben vor dem Kinderwunsch ausgesehen hatte? Was hatte da ihren Tag bestimmt? Heute war es der Gedanke an den Zyklustag, der Gedanke an die Tests zuhause, die Tees oder die Tropfen und Globuli, der Verzicht auf die zweite Tasse Kaffee an den Tagen nach dem Eisprung, alles drehte sich um das Thema Kinderwunsch. Und die Zeit eine Woche nach dem Eisprung war besonders anstrengend, schwebend zwischen Hoffnung und Verzweifelung.
Auch ihr Verhalten zu Frauen hatte sich geändert: Frauen wurden von ihr oft kategorisiert in Frauen, die Kinder hatten, und solche, von denen sie meinte, sie wollten eventuell noch Kinder, dies waren potentielle Rivalinnen um die ungeborenen Kinder. Obwohl sie wusste, dass es völliger Unsinn war, hatte sie manchmal das Gefühl, dass mit jeder Schwangerschaft, von der sie Kenntnis bekam, der „Fundus“ an potentiellen Kindern kleiner wurde, als sei es ein nicht nachwachsendes Gut, und damit schwände ihre Chance auf ein Kind auch jedes Mal. Am einfachsten waren für sie die Frauen, die jenseits der Wechseljahre waren, mit ihnen konnte sie ungezwungen umgehen, weil sie mit keiner unangenehmen Überraschung zu rechnen hatte. Diese Frauen waren ja genauso unfähig, wie sie sich oft fühlte, und sie war ihnen einerseits näher, andererseits hatte sie ab und zu ein kleines Gefühl der Überlegenheit ihnen gegenüber, denn sie selbst würde ja noch Kinder bekommen-. Oder musste sie sich irgendwann damit abfinden, selbst kinderlos zu bleiben?
Sie sehnte die Zeit zurück, in der diese Überlegungen für sie keine Rolle gespielt hatten, und sie empfand sich selbst als schlecht. Sie wusste genau, dass ihre Gedanken über die Frauen, denen es letztendlich nicht anders gegangen war als es ihr vielleicht gehen konnte, bitter ungerecht waren, sie wusste, dass sie genauso war, aber den eigenen Spiegel vorgehalten zu bekommen war eben nie angenehm, und Alex ließ es auch nur selten zu. Und wenn sie dies tat, dann bewunderte sie diese Frauen, denen das eigene Schicksal ihren Kinderwunsch nicht erfüllte, die aber nach vielen Jahren mit einer so großartigen Gelassenheit mit dem Thema Kind umgehen konnten, von der sie nur Träumen konnte. „Was für eine Kraft in diesen Frauen steckt!“ dachte sie häufig bewundernd und hielt sich ihre eigene Tante Ingeborg vor Augen, die immer gerne Kinder gehabt hätte, dies aber nie erleben durfte, und durch ihre innere Weisheit der Ansprechpartner aller ihrer Nichten und später Großnichten geworden war.
Alex schüttelte unbewusst den Kopf, sie hätte nie gedacht, dass ihr das auch passieren könnte. Aber derzeit machte sie sich über ihr Leben Gedanken, und sie war sich ziemlich sicher, dass der Weg, den sie derzeit einschlug – nämlich diese Abhängigkeit ihrer selbst vom Kinderwunsch – langfristig nicht der richtige war.
„Macht aber nichts“, richtete sie sich schnell wieder auf wandte den Blick zur Zukunft. Und mit einem beherzten Schluck Zyklustee entschied sie, diesen Monat schwanger geworden zu sein – mit oder ohne Matthias.
Teil 26
Nachdem Alex den Tee zum berühmten Örtchen gebracht hatte – nicht ohne eine Einnistungsblutung zu prüfen – klopfte es an ihre Bürotür. „Frau Manthei? Kann ich kurz stören?“ Eine ihrer Mitarbeiterinnen bat um ein kurzes Gespräch, und an ihrem Gesichtausdruck merkte Alex, dass es ihr nicht leicht viel, das Thema anzuschneiden. Sie holte tief Luft: „Ich muss Ihnen mitteilen, dass ich schwanger bin…“ Alex spürte einen Klumpen in ihrem Bauch, aber sie wusste, dass Frau Berthold sich schon lange ein Kind gewünscht hatte, insbesondere, da ihre Mutter erst kürzlich schwer erkrankt war, und deshalb konnte sie sich trotz ihres eigenen Kinderwunsches für sie freuen : “Das ist ja wunderbar, Frau Berthold, ich freue mich für Sie. Wie weit sind Sie denn?“ Und zu ihrer Erleichterung merkte sie, dass sie sich wirklich freuen konnte, und dass die negativen Gedanken der letzten Stunde wohl nur Ausfluss der fast schlaflosen Nacht gewesen waren. „13. Woche, ich wollte mir ganz sicher sein, so einfach ist das ja manchmal nicht“, sagte Frau Berthold, und bei den letzten Worten wurde ihre Stimme etwas leiser. „Nein, da haben Sie recht, es scheint immer einfach, aber das ist es oft nicht“, entgegnete Alex und schaute Frau Berthold in die Augen, und beide wussten, dass jede von ihnen mehr bei diesem Blick von der anderen verstand als je zuvor.
„Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, ob Sie danach wieder mit dem Arbeiten anfangen wollen? Und wenn ja, wann? Sie haben doch gerade ein Haus gekauft, oder? Haben Sie sich schon über das Erziehungsgeld Informationen eingeholt? Ich meine, wissen Sie, ob Sie mit dem Geld hinkommen, wenn Sie zuhause bleiben? Ich jedenfalls würde mich freuen, wenn Sie wieder kommen, und vielleicht können wir frühzeitig anleiern, dass Sie einen Telearbeitsplatz bekommen können, wenn Sie wollen?“ Alex war ganz Feuer und Flamme, sie hatte sich immer geärgert, dass viele Chefs es ihren Mitarbeiterinnen schwer machten, mit einem Kind zu arbeiten, dabei war doch alles nur ein Frage der Organisation. Beide Frauen diskutierten noch eine Weile die Möglichkeiten, die sich in Zukunft in bezug auf den Arbeitsplatz von Frau Berthold ergeben könnten, und Frau Berthold verließ das Zimmer sichtlich erleichtert.
„Und in ein paar Monaten sage ich es meinem Chef.“ Wie es ihre Art war, schob sie den Kiefer entschlossen etwas vor. Und dann machte sie Pläne für die nächste Zeit: Sie schlief ja nicht mehr mit im Schlafzimmer, aber sie hatte ja fast drei Wochen bis zum nächsten Eisprung Zeit, das zu regeln. Und einen Heimtrainer würde sie sich holen, denn da sie in der Zeit nach dem Eisprung keinen regelmäßigen Sport mehr machte, lohnte es sich eigentlich nicht, weiter im Sportverein zu bleiben. Allerdings boten die Kinderturnen an. Naja, vielleicht sollte sie zunächst einmal schauen, wo Elefantenturnen für Schwangere angeboten wird, denn das musste sie ja wissen, wenn es soweit wäre, und anmelden muss sie sich dann ja auch. „Ob ich Matthias dazu bekommen kann, mitzukommen?“ dachte sie bei sich, um sich schnell zu korrigieren „Quatsch. Matthias, wer ist eigentlich Matthias?“ Und sie schnaubte dabei wie in der Reklame von „Du darfst“ mit Paul.
Sie würde ihr Leben ändern, das stand für sie fest. Zunächst würde sie ein Wellness-Wochenende einlegen, am besten mit Hanna. Sie hatte bereits gesehen, dass einige Kurbäder Moorbäder anboten, die bei Kinderwunsch Abhilfe schaffen konnten, da die Moorsubstanz den Hormonhaushalt ankurbeln soll. Hmmm… Karlsbad? Soll ja toll sein, und von Preis her ging das auch. Alex studierte ihren Kalender. Sollte es diesen Monat nicht geklappt haben, so war dann die Zeit um den nächsten Eisprung ja am besten, aber es musste so getimed werden, dass sie zum Eisprung selbst zuhause sein würde. Auf Gefriersperma von Matthias wollte sie dann doch nicht zurückgreifen. Leider lag ihr nächster Eisprung ungünstig an einem Samstag, und wenn sie ein Wochenende in Karlsbad bleiben würde, dann konnte das schon ungünstig sein, entweder zu früh oder zu spät. Also auf nächsten Monat geschaut – und natürlich abchecken, ob man solche Bäder auch als Schwangere in der Frühschwangerschaft machen durfte.
Nach kurzer Rücksprache mit Hanna buchte sie tatsächlich in 6 Wochen ein Wellness-Wochenende, aber sie nahm nicht das Rundumsorglospaket mit Champagner auf dem Zimmer, sonder sie buchte Fruchtsäfte und Moorbäder. Nur für alle Fälle…
Alex merkte, dass sie Matthias immer noch in ihre Zukunft einbezog, und auch wenn ihre Schwäche sie ärgerte, beruhigte es sie doch ein wenig. Sie würde mit ihm sprechen, wenn er den ersten Schritt tat, sie würde ihn nicht tun. Und dabei wollte sie bleiben.
Nachdem Alex den Tee zum berühmten Örtchen gebracht hatte – nicht ohne eine Einnistungsblutung zu prüfen – klopfte es an ihre Bürotür. „Frau Manthei? Kann ich kurz stören?“ Eine ihrer Mitarbeiterinnen bat um ein kurzes Gespräch, und an ihrem Gesichtausdruck merkte Alex, dass es ihr nicht leicht viel, das Thema anzuschneiden. Sie holte tief Luft: „Ich muss Ihnen mitteilen, dass ich schwanger bin…“ Alex spürte einen Klumpen in ihrem Bauch, aber sie wusste, dass Frau Berthold sich schon lange ein Kind gewünscht hatte, insbesondere, da ihre Mutter erst kürzlich schwer erkrankt war, und deshalb konnte sie sich trotz ihres eigenen Kinderwunsches für sie freuen : “Das ist ja wunderbar, Frau Berthold, ich freue mich für Sie. Wie weit sind Sie denn?“ Und zu ihrer Erleichterung merkte sie, dass sie sich wirklich freuen konnte, und dass die negativen Gedanken der letzten Stunde wohl nur Ausfluss der fast schlaflosen Nacht gewesen waren. „13. Woche, ich wollte mir ganz sicher sein, so einfach ist das ja manchmal nicht“, sagte Frau Berthold, und bei den letzten Worten wurde ihre Stimme etwas leiser. „Nein, da haben Sie recht, es scheint immer einfach, aber das ist es oft nicht“, entgegnete Alex und schaute Frau Berthold in die Augen, und beide wussten, dass jede von ihnen mehr bei diesem Blick von der anderen verstand als je zuvor.
„Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, ob Sie danach wieder mit dem Arbeiten anfangen wollen? Und wenn ja, wann? Sie haben doch gerade ein Haus gekauft, oder? Haben Sie sich schon über das Erziehungsgeld Informationen eingeholt? Ich meine, wissen Sie, ob Sie mit dem Geld hinkommen, wenn Sie zuhause bleiben? Ich jedenfalls würde mich freuen, wenn Sie wieder kommen, und vielleicht können wir frühzeitig anleiern, dass Sie einen Telearbeitsplatz bekommen können, wenn Sie wollen?“ Alex war ganz Feuer und Flamme, sie hatte sich immer geärgert, dass viele Chefs es ihren Mitarbeiterinnen schwer machten, mit einem Kind zu arbeiten, dabei war doch alles nur ein Frage der Organisation. Beide Frauen diskutierten noch eine Weile die Möglichkeiten, die sich in Zukunft in bezug auf den Arbeitsplatz von Frau Berthold ergeben könnten, und Frau Berthold verließ das Zimmer sichtlich erleichtert.
„Und in ein paar Monaten sage ich es meinem Chef.“ Wie es ihre Art war, schob sie den Kiefer entschlossen etwas vor. Und dann machte sie Pläne für die nächste Zeit: Sie schlief ja nicht mehr mit im Schlafzimmer, aber sie hatte ja fast drei Wochen bis zum nächsten Eisprung Zeit, das zu regeln. Und einen Heimtrainer würde sie sich holen, denn da sie in der Zeit nach dem Eisprung keinen regelmäßigen Sport mehr machte, lohnte es sich eigentlich nicht, weiter im Sportverein zu bleiben. Allerdings boten die Kinderturnen an. Naja, vielleicht sollte sie zunächst einmal schauen, wo Elefantenturnen für Schwangere angeboten wird, denn das musste sie ja wissen, wenn es soweit wäre, und anmelden muss sie sich dann ja auch. „Ob ich Matthias dazu bekommen kann, mitzukommen?“ dachte sie bei sich, um sich schnell zu korrigieren „Quatsch. Matthias, wer ist eigentlich Matthias?“ Und sie schnaubte dabei wie in der Reklame von „Du darfst“ mit Paul.
Sie würde ihr Leben ändern, das stand für sie fest. Zunächst würde sie ein Wellness-Wochenende einlegen, am besten mit Hanna. Sie hatte bereits gesehen, dass einige Kurbäder Moorbäder anboten, die bei Kinderwunsch Abhilfe schaffen konnten, da die Moorsubstanz den Hormonhaushalt ankurbeln soll. Hmmm… Karlsbad? Soll ja toll sein, und von Preis her ging das auch. Alex studierte ihren Kalender. Sollte es diesen Monat nicht geklappt haben, so war dann die Zeit um den nächsten Eisprung ja am besten, aber es musste so getimed werden, dass sie zum Eisprung selbst zuhause sein würde. Auf Gefriersperma von Matthias wollte sie dann doch nicht zurückgreifen. Leider lag ihr nächster Eisprung ungünstig an einem Samstag, und wenn sie ein Wochenende in Karlsbad bleiben würde, dann konnte das schon ungünstig sein, entweder zu früh oder zu spät. Also auf nächsten Monat geschaut – und natürlich abchecken, ob man solche Bäder auch als Schwangere in der Frühschwangerschaft machen durfte.
Nach kurzer Rücksprache mit Hanna buchte sie tatsächlich in 6 Wochen ein Wellness-Wochenende, aber sie nahm nicht das Rundumsorglospaket mit Champagner auf dem Zimmer, sonder sie buchte Fruchtsäfte und Moorbäder. Nur für alle Fälle…
Alex merkte, dass sie Matthias immer noch in ihre Zukunft einbezog, und auch wenn ihre Schwäche sie ärgerte, beruhigte es sie doch ein wenig. Sie würde mit ihm sprechen, wenn er den ersten Schritt tat, sie würde ihn nicht tun. Und dabei wollte sie bleiben.
Alex 27
Die Aussicht auf ein Wellness-Wochenende, an dem sie ungeniert mit Hanna über den Kinderwunsch würde sprechen können, verbesserte ihre Laune unglaublich. Diese Geheimnistuerei ging ihr auch manchmal auf die Nerven, die einstudierten Antworten auf neugierige Fragen oder der Blick des Apothekers, wenn sie Medikamente wie Bryophyllum kaufte.
Hatte sich irgendjemand, der dieses Medikament wegen des Kinderwunsches nahm, einmal die Mühe gemacht, den sogenannten Waschzettel zu lesen? Da bekam man nämlich das Gefühl, völlig verblödet oder hysterisch zu sein, das half ja sogar bei Depressionen, und dabei wollte sie lediglich ihre Einnistung stabilisieren. Und der Apotheker in ihrer Apotheke schob ihr das Zeug immer ganz verschämt über den Tresen und hatte dann diesen tieftraurigen verständnisvollen Blick. Bei der Bestellung ihrer Zyklustees hatte er sie beim ersten Mal sogar in ein kleines Hinterzimmer gebeten, das vermutlich eine umgenutzte Besenkammer gewesen war, und hatte ihr dann mit gedämpfter Stimme zu jeder Ingredienz die Wirkung vorgebetet.
„Und dass Sie bitte Ihren Mann davon abhalten, diesen Tee zu trinken, Sie wissen ja, Himbeerblätter und Salbei enthalten östrogenartige Substanzen…“ Sein verschwörerischer Blick ließ sie daran zweifeln, ob er nicht gerne eine Frau hatte sein wollen.
„Also dann kein Saltimbocca für meinen Mann?“ Er schaute sie diesmal verständnislos an, daher fügte sie nur schnell „Keine Angst, war ein Scherz“ und nahm die Teebeutel. Seitdem sah sie eher zu, dass sie von einer Frau bedient wurde, die sie als deutlich verschwiegener kannte. Und in ihrer Apotheke vor Ort kaufte sie das ganze ohnehin nicht, da holte sie höchstens Folsäure, und auch das ungern, denn es konnte sie ja verraten.
Einfach den ganzen Tag darüber Philosophieren, was eine befruchtete Eizelle am Tag 4 nach dem Eisprung macht, oder ob vormittags oder nachmittags vorwiegend „geeisprungt“ wird, mit wem konnte man denn diese Dinge, die eine Frau doch interessierten, ansprechen? Bestimmt nicht mit einem Mann, das stand fest. Und dennoch war das doch bedauerlich, oder? Hatte Matthias auch nur ein einziges Mal gefragt, wie ihr Persona funktionierte oder gemerkt, dass es kein Insulingerät war? Aber ehrlicherweise musste sie zugeben, dass sie keinen Mann kannte, der sich für die monatlichen Wandlungen, die mit seiner Frau vonstatten gingen, mehr als notwendig interessierte, und dieses „Notwendig“ bezog sich zumeist eher auf die Tage der Tage, die dann zu tolerieren waren.
Alex besann sich auf ihren Körper. Sandte er heute gar keine Zeichen aus? Acht Tage nach dem Eisprung hatte sie sonst schon erstes Kribbeln hier und Ziehen da, und ein Spannen im gesamten Unterbauch und diesmal? Sie horchte in sich hinein. War das nun wie immer, oder war es nicht rechts ein wenig stärker als sonst? Und warm war ihr auch, bestimmt hatte sich die Temperatur schon erhöht. Vielleicht hätte sie das Temperaturmessen doch nicht aufgeben sollen, sinnierte sie. Aber morgens als erstes statt an Kaffee an das Thermometer zu denken, das war ihr dann doch zu viel gewesen.
Irgendwie wurde sie immer um diese Zeit im Zyklus unruhig, am ersten Zyklustag war sie ja nur schlecht gelaunt, aber das war dann fast nichts gegen die Phase eine Woche vor der Regel, in der sie alle möglichen Anzeichen, von der Farbe des Urins bis zum Jucken am rechten Bein bewertete und sich fragte, ob es denn endlich geklappt hatte. Und alle Anzeichen, die auf die Mens hindeuteten, wurden mit einem „war ja klar, das konnte ja nicht gutgehen“ kommentiert, alles andere ungläubig gespeichert. Alex hatte mittlerweile das Gefühl, dass sie selbst schon gar nicht mehr an den positiven Test glaubte, sondern dass sie an einen lang angelegten Spiel mitmachte, an dessen glücklichen Ausgang sie nicht glaubte, bei dem sie aber die Teilnahme zugesagt hatte. Wie würde es bloß sein, wenn es tatsächlich noch klappte? An Tagen wie heute konnte sie sich kaum vorstellen, dass das jemals eintreten würde.
Alex beschloss, eine lange Mittagspause zu machen, sie musste sich die Beine vertreten und etwas anderes sehen. Vielleicht sollte sie auch wieder einen Termin beim Frisör machen? Ihre Haare konnten einen neuen Schnitt und ein wenig Farbauffrischung gebrauchen. Aber jetzt? So kurz vor der Mens, die hoffentlich ausblieb? Spontan war da gar nichts zu machen, Montag oder Dienstag in einer Woche wäre gut….
Den Kopf in den Nacken verließ Alex erhobenen Hauptes das Büro. Wenn es ihr nicht gut ging, dann musste das ja die anderen noch lange nicht sehen! „Hallo Alex, na, siehst ja so erholt aus nach dem Wochenende!“ „Danke, Klaus, es geht mir auch super!“ strahlte Alex und nahm wieder einmal zur Kenntnis, dass auch enge Kollegen sie doch überhaupt nicht kannten.
Die Aussicht auf ein Wellness-Wochenende, an dem sie ungeniert mit Hanna über den Kinderwunsch würde sprechen können, verbesserte ihre Laune unglaublich. Diese Geheimnistuerei ging ihr auch manchmal auf die Nerven, die einstudierten Antworten auf neugierige Fragen oder der Blick des Apothekers, wenn sie Medikamente wie Bryophyllum kaufte.
Hatte sich irgendjemand, der dieses Medikament wegen des Kinderwunsches nahm, einmal die Mühe gemacht, den sogenannten Waschzettel zu lesen? Da bekam man nämlich das Gefühl, völlig verblödet oder hysterisch zu sein, das half ja sogar bei Depressionen, und dabei wollte sie lediglich ihre Einnistung stabilisieren. Und der Apotheker in ihrer Apotheke schob ihr das Zeug immer ganz verschämt über den Tresen und hatte dann diesen tieftraurigen verständnisvollen Blick. Bei der Bestellung ihrer Zyklustees hatte er sie beim ersten Mal sogar in ein kleines Hinterzimmer gebeten, das vermutlich eine umgenutzte Besenkammer gewesen war, und hatte ihr dann mit gedämpfter Stimme zu jeder Ingredienz die Wirkung vorgebetet.
„Und dass Sie bitte Ihren Mann davon abhalten, diesen Tee zu trinken, Sie wissen ja, Himbeerblätter und Salbei enthalten östrogenartige Substanzen…“ Sein verschwörerischer Blick ließ sie daran zweifeln, ob er nicht gerne eine Frau hatte sein wollen.
„Also dann kein Saltimbocca für meinen Mann?“ Er schaute sie diesmal verständnislos an, daher fügte sie nur schnell „Keine Angst, war ein Scherz“ und nahm die Teebeutel. Seitdem sah sie eher zu, dass sie von einer Frau bedient wurde, die sie als deutlich verschwiegener kannte. Und in ihrer Apotheke vor Ort kaufte sie das ganze ohnehin nicht, da holte sie höchstens Folsäure, und auch das ungern, denn es konnte sie ja verraten.
Einfach den ganzen Tag darüber Philosophieren, was eine befruchtete Eizelle am Tag 4 nach dem Eisprung macht, oder ob vormittags oder nachmittags vorwiegend „geeisprungt“ wird, mit wem konnte man denn diese Dinge, die eine Frau doch interessierten, ansprechen? Bestimmt nicht mit einem Mann, das stand fest. Und dennoch war das doch bedauerlich, oder? Hatte Matthias auch nur ein einziges Mal gefragt, wie ihr Persona funktionierte oder gemerkt, dass es kein Insulingerät war? Aber ehrlicherweise musste sie zugeben, dass sie keinen Mann kannte, der sich für die monatlichen Wandlungen, die mit seiner Frau vonstatten gingen, mehr als notwendig interessierte, und dieses „Notwendig“ bezog sich zumeist eher auf die Tage der Tage, die dann zu tolerieren waren.
Alex besann sich auf ihren Körper. Sandte er heute gar keine Zeichen aus? Acht Tage nach dem Eisprung hatte sie sonst schon erstes Kribbeln hier und Ziehen da, und ein Spannen im gesamten Unterbauch und diesmal? Sie horchte in sich hinein. War das nun wie immer, oder war es nicht rechts ein wenig stärker als sonst? Und warm war ihr auch, bestimmt hatte sich die Temperatur schon erhöht. Vielleicht hätte sie das Temperaturmessen doch nicht aufgeben sollen, sinnierte sie. Aber morgens als erstes statt an Kaffee an das Thermometer zu denken, das war ihr dann doch zu viel gewesen.
Irgendwie wurde sie immer um diese Zeit im Zyklus unruhig, am ersten Zyklustag war sie ja nur schlecht gelaunt, aber das war dann fast nichts gegen die Phase eine Woche vor der Regel, in der sie alle möglichen Anzeichen, von der Farbe des Urins bis zum Jucken am rechten Bein bewertete und sich fragte, ob es denn endlich geklappt hatte. Und alle Anzeichen, die auf die Mens hindeuteten, wurden mit einem „war ja klar, das konnte ja nicht gutgehen“ kommentiert, alles andere ungläubig gespeichert. Alex hatte mittlerweile das Gefühl, dass sie selbst schon gar nicht mehr an den positiven Test glaubte, sondern dass sie an einen lang angelegten Spiel mitmachte, an dessen glücklichen Ausgang sie nicht glaubte, bei dem sie aber die Teilnahme zugesagt hatte. Wie würde es bloß sein, wenn es tatsächlich noch klappte? An Tagen wie heute konnte sie sich kaum vorstellen, dass das jemals eintreten würde.
Alex beschloss, eine lange Mittagspause zu machen, sie musste sich die Beine vertreten und etwas anderes sehen. Vielleicht sollte sie auch wieder einen Termin beim Frisör machen? Ihre Haare konnten einen neuen Schnitt und ein wenig Farbauffrischung gebrauchen. Aber jetzt? So kurz vor der Mens, die hoffentlich ausblieb? Spontan war da gar nichts zu machen, Montag oder Dienstag in einer Woche wäre gut….
Den Kopf in den Nacken verließ Alex erhobenen Hauptes das Büro. Wenn es ihr nicht gut ging, dann musste das ja die anderen noch lange nicht sehen! „Hallo Alex, na, siehst ja so erholt aus nach dem Wochenende!“ „Danke, Klaus, es geht mir auch super!“ strahlte Alex und nahm wieder einmal zur Kenntnis, dass auch enge Kollegen sie doch überhaupt nicht kannten.
Alex 28
Draußen sog sie die kühle Luft bewusst ein. Ein-Aus-Ein-Aus, besonders in den Unterbauch, um die Gebärmutter besser zu durchbluten. Das hatte sie irgendwo gelesen, und es sollte helfen, eine Einnistung zu verbessern.
Recht entschlossen ging sie in Richtung der kleinen Markthalle in der Stadt, ein Glasgebäude der 90er Jahre. Ihr Entschluss, etwas für ihre Figur zu tun, stand noch immer fest, und deshalb sollte es wieder ein Salat sein. Wie etwa 2-3 Mal in der Woche, geholfen hatte es zwar bisher nicht, aber es beruhigte die Nerven ungemein, wenn man sich nicht auch noch mittags kulinarischer Sünden hingab. Abends war es schon schlimm genug…
„Junge Frau?“ hörte sie mit muffligem Ton sagen. Der gesamte Satz sollte heißen „Junge Dame, was kann ich Ihnen geben?“, aber das brachte der unfreundliche Mann hinter dem Tresen nicht zwischen seinen Zähnen heraus. Und Alex war sauer; sie war ohnehin nicht sonnigster Laune gewesen, doch dass sie seit nunmehr vier Jahren fast jeden Mittag hierher kam, und er dennoch so lustlos fragte, obwohl sie immer dasselbe bestellte, brachte ihr Blut in Wallung.
„Einen gemischten Salat mit Thunfisch und Joghurtsoße zum Mitnehmen.“
„Knoblauch?“ Das nun wieder sollte heißen „Möchten Sie Knoblauchsoße?“, und sie hatte noch nie Knoblauchsoße genommen, da sie zahlreiche Termine hatte, und sie den Geruch dem jeweiligen Gegenüber nicht zumuten wollte.
„Joghurt, wie ich bereits sagte“, zischte sie, da ihr nun endgültig die Galle hochkochte, und fügte im entsprechenden Ton an. „A: Ich bin keine junge Frau, wobei der Begriff „Frau“ allein schon – abgeleitet aus dem mittelhochdeutschen – unzulässig wäre, zudem entspricht es nicht meinem Alter und ist somit schlichtweg falsch. B: Ich nehme NIE Knoblauchsoße, sondern seit mehr als vier Jahren Joghurt, den Grund dafür habe ich Ihnen mehrfach gesagt.“ Alex lächelte den verständnislosen Mann grimmig an.
„Zwei Euro siebzig“, und reichte den eingepackten Salat herüber. Nur seine Frau im Hintergrund konnte sich ein verständnisvolles Grinsen nicht verkneifen und verdrehte mit Deutung auf ihren Mann die Augen.
Alex schnappte sich den Salat und ging mit mahlendem Unterkiefer davon. Das war auch so eine ungute Eigenschaft, sie gehörte zu den Stressbeißern, und je nach Stärke des Stresses taten ihr morgens die Kiefergelenke weh. Jeder Biß wurde zur Tortur, und ihre Zähne waren dementsprechend empfindlich, zum Teil zogen sie den ganzen Tag, als hätte sie kariöse Zähne. „Ich muss viel ruhiger werden“, sagte sich Alex und entspannte den Kiefer. Diese Übung hatte sie von ihrer chinesischen Ärztin bekommen, und er half in der Regel sehr gut. Nur dieser Tage war es erhöhter Aufwand oder eine zusätzliche Anstrengung, sich zu entspannen. Aber einen Termin beim Zahnarzt sollte sie dennoch vereinbaren, sicher ist sicher. Allerdings würde sie zuvor erst einmal den Terminkalender studieren, um im Falle einer Schwangerschaft nicht leichtsinnig zu sein.
Sie suchte sich einen sonnigen Platz auf einer Parkbank, um dort in Ruhe den Salat zu essen. Es war ein kleiner Park mit Buchsbaum umstandenen Rasenkompartimenten, die im Sommer durch Sommerblumen und Kübelpflanzen ergänzt wurden. Alex freute sich schon auf den Sommer, vielleicht würde sie dann hier mit dickem Bauch sitzen und alles ganz anders genießen können. „Immer den Blick in die Zukunft, es kann nur besser werden“, beschwor sie sich selbst.
In der Mitte der Anlage stand ein alter Pavillon, in dem ein Geiger musizierte. Alex entspannte sich und nahm die Lieder in sich auf. Sie liebte derartige Stimmungen, und gerade heute konnte sie Schönes gut gebrauchen. Denn der Streit mit Matthias nahm sie natürlich sehr mit, das war ja selbstverständlich. Auch wenn sie nicht nachgeben wollte, dachte sie schon den ganzen Tag darüber nach, wie es nun weitergehen sollte. Und die vorwiegend barocken Klänge stimmten sie versöhnlicher, und fast war es so, als würde sie das „TzzzzeeeeeeKrrrrrr“ von heute Morgen bereuen.
Vor dem Geiger baute sich ein älteres Ehepaar auf, und während er versonnen der Musik lauschte, wurde sie unruhig.
„Nun gib’ ihm schon einen Euro und komm’ endlich.“ Mit diesen Worten ging sie entschlossen los, ihr Mann blieb stehen, sichtlich hin- und hergerissen zwischen Musikgenuss und ehelicher Verantwortung.
Alex beobachtete die Szene: Schönes gemeinsam genießen zu können, das war offensichtlich ein Schlüssel unter mehreren, um eine gute Partnerschaft zu führen, und das hatten Matthias und sie eigentlich immer gekonnt. „Eigentlich“, wiederholte sie unsicher. Vielleicht war es nur zeitlich begrenzt, dass sie verschiedener Wege gingen, vielleicht auch nicht, das war die Chance. Und das kleine partnerschaftliche Spektakel, das sie eben hatte erleben dürfen, hatte ihr eines deutlich werden lassen: Ihre Ehe würde nur erfolgreich sein, wenn Matthias und sie sich grundsätzlich wieder finden würden, denn so wie diese beiden dort wollte sie ihr gemeinsames Leben nicht führen. Denn es erschien ihr geradezu symptomatisch für ihre Zuknuft: Einer wollte verweilen, der andere sagt unwirsch „nun komm schon…“ und ging, ohne sich umzublicken, weiter…
Draußen sog sie die kühle Luft bewusst ein. Ein-Aus-Ein-Aus, besonders in den Unterbauch, um die Gebärmutter besser zu durchbluten. Das hatte sie irgendwo gelesen, und es sollte helfen, eine Einnistung zu verbessern.
Recht entschlossen ging sie in Richtung der kleinen Markthalle in der Stadt, ein Glasgebäude der 90er Jahre. Ihr Entschluss, etwas für ihre Figur zu tun, stand noch immer fest, und deshalb sollte es wieder ein Salat sein. Wie etwa 2-3 Mal in der Woche, geholfen hatte es zwar bisher nicht, aber es beruhigte die Nerven ungemein, wenn man sich nicht auch noch mittags kulinarischer Sünden hingab. Abends war es schon schlimm genug…
„Junge Frau?“ hörte sie mit muffligem Ton sagen. Der gesamte Satz sollte heißen „Junge Dame, was kann ich Ihnen geben?“, aber das brachte der unfreundliche Mann hinter dem Tresen nicht zwischen seinen Zähnen heraus. Und Alex war sauer; sie war ohnehin nicht sonnigster Laune gewesen, doch dass sie seit nunmehr vier Jahren fast jeden Mittag hierher kam, und er dennoch so lustlos fragte, obwohl sie immer dasselbe bestellte, brachte ihr Blut in Wallung.
„Einen gemischten Salat mit Thunfisch und Joghurtsoße zum Mitnehmen.“
„Knoblauch?“ Das nun wieder sollte heißen „Möchten Sie Knoblauchsoße?“, und sie hatte noch nie Knoblauchsoße genommen, da sie zahlreiche Termine hatte, und sie den Geruch dem jeweiligen Gegenüber nicht zumuten wollte.
„Joghurt, wie ich bereits sagte“, zischte sie, da ihr nun endgültig die Galle hochkochte, und fügte im entsprechenden Ton an. „A: Ich bin keine junge Frau, wobei der Begriff „Frau“ allein schon – abgeleitet aus dem mittelhochdeutschen – unzulässig wäre, zudem entspricht es nicht meinem Alter und ist somit schlichtweg falsch. B: Ich nehme NIE Knoblauchsoße, sondern seit mehr als vier Jahren Joghurt, den Grund dafür habe ich Ihnen mehrfach gesagt.“ Alex lächelte den verständnislosen Mann grimmig an.
„Zwei Euro siebzig“, und reichte den eingepackten Salat herüber. Nur seine Frau im Hintergrund konnte sich ein verständnisvolles Grinsen nicht verkneifen und verdrehte mit Deutung auf ihren Mann die Augen.
Alex schnappte sich den Salat und ging mit mahlendem Unterkiefer davon. Das war auch so eine ungute Eigenschaft, sie gehörte zu den Stressbeißern, und je nach Stärke des Stresses taten ihr morgens die Kiefergelenke weh. Jeder Biß wurde zur Tortur, und ihre Zähne waren dementsprechend empfindlich, zum Teil zogen sie den ganzen Tag, als hätte sie kariöse Zähne. „Ich muss viel ruhiger werden“, sagte sich Alex und entspannte den Kiefer. Diese Übung hatte sie von ihrer chinesischen Ärztin bekommen, und er half in der Regel sehr gut. Nur dieser Tage war es erhöhter Aufwand oder eine zusätzliche Anstrengung, sich zu entspannen. Aber einen Termin beim Zahnarzt sollte sie dennoch vereinbaren, sicher ist sicher. Allerdings würde sie zuvor erst einmal den Terminkalender studieren, um im Falle einer Schwangerschaft nicht leichtsinnig zu sein.
Sie suchte sich einen sonnigen Platz auf einer Parkbank, um dort in Ruhe den Salat zu essen. Es war ein kleiner Park mit Buchsbaum umstandenen Rasenkompartimenten, die im Sommer durch Sommerblumen und Kübelpflanzen ergänzt wurden. Alex freute sich schon auf den Sommer, vielleicht würde sie dann hier mit dickem Bauch sitzen und alles ganz anders genießen können. „Immer den Blick in die Zukunft, es kann nur besser werden“, beschwor sie sich selbst.
In der Mitte der Anlage stand ein alter Pavillon, in dem ein Geiger musizierte. Alex entspannte sich und nahm die Lieder in sich auf. Sie liebte derartige Stimmungen, und gerade heute konnte sie Schönes gut gebrauchen. Denn der Streit mit Matthias nahm sie natürlich sehr mit, das war ja selbstverständlich. Auch wenn sie nicht nachgeben wollte, dachte sie schon den ganzen Tag darüber nach, wie es nun weitergehen sollte. Und die vorwiegend barocken Klänge stimmten sie versöhnlicher, und fast war es so, als würde sie das „TzzzzeeeeeeKrrrrrr“ von heute Morgen bereuen.
Vor dem Geiger baute sich ein älteres Ehepaar auf, und während er versonnen der Musik lauschte, wurde sie unruhig.
„Nun gib’ ihm schon einen Euro und komm’ endlich.“ Mit diesen Worten ging sie entschlossen los, ihr Mann blieb stehen, sichtlich hin- und hergerissen zwischen Musikgenuss und ehelicher Verantwortung.
Alex beobachtete die Szene: Schönes gemeinsam genießen zu können, das war offensichtlich ein Schlüssel unter mehreren, um eine gute Partnerschaft zu führen, und das hatten Matthias und sie eigentlich immer gekonnt. „Eigentlich“, wiederholte sie unsicher. Vielleicht war es nur zeitlich begrenzt, dass sie verschiedener Wege gingen, vielleicht auch nicht, das war die Chance. Und das kleine partnerschaftliche Spektakel, das sie eben hatte erleben dürfen, hatte ihr eines deutlich werden lassen: Ihre Ehe würde nur erfolgreich sein, wenn Matthias und sie sich grundsätzlich wieder finden würden, denn so wie diese beiden dort wollte sie ihr gemeinsames Leben nicht führen. Denn es erschien ihr geradezu symptomatisch für ihre Zuknuft: Einer wollte verweilen, der andere sagt unwirsch „nun komm schon…“ und ging, ohne sich umzublicken, weiter…
Alex 29
Angenehm gestärkt machte sich Alex auf den Weg in ihr kleines Café, um sich dort noch einen Milchkaffee zu gönnen. Manchmal waren dies ihre kleinen Aus-Zeiten, die sie sich nahm, wenn der Druck zu groß wurde. Aber jetzt war sie deutlich gelassener als am Morgen, denn ihre Gedanken hatten sich geklärt.
Leider war das Café zu dieser Zeit recht voll, und sie konnte gerade noch einen Platz an einem Tisch bekommen, den sie nun mit einem Ehepaar an der Rentenaltersgrenze teilten. Beiden vertieften ihre Köpfe in eine Zeitschrift, er braungebrannt und gutaussehend, sie eher der zurückhaltende unscheinbare Typ, aber mit wachen Augen und wissenden Lachfalten um die Augen. „Einfach ein süßes Paar“, dachte Alex neidisch. Neugierig versuchte sie, den offensichtlich interessanten Inhalt der Zeitschrift zu lesen. Die Astro-Woche! Alex war Schütze, und genau das Horoskop war sichtbar, nur konnte sie die Erläuterungen nicht lesen.
„Wollen Sie auch mal reinschauen“, schaute da der ältere Herr belustigt auf.
„Ich bin schon immer dabei, mir den Hals zu verdrehen…“, lachte Alex und nahm gerne die Zeitung. Alle drei versenkten nun ihre Köpfe über dem Inhalt.
„Was sind Sie denn für ein Sternzeichen“, begann der Herr.
„Schütze.“
„Hmm…. Das ist gut. Und Aszendent.“
Zögernd sagte Alex „Ich weiß nicht genau, Zwilling oder Löwe.“
„Naja, ist ja nicht so wichtig. Hier, schauen Sie mal zwei Seiten Schütze.“ Und er fügte sinnierend an „ein gutes Sternzeichen, stark, unbeugsam, zuverlässig…“
„Und heißblütig, was?“ Alex hatte gute Laune…“Jetzt merke ich das erst, wieso kennen Sie sich denn mit der Schützefrau so gut aus?“
Auch er lachte, und seine Frau hob ab und zu sichtlich amüsiert ihren Kopf aus der Lektüre. „Ich hatte da mal eine, lange her, die war Dozentin an der Uni, tolle Frau…“ und er versank in offensichtlich überaus angenehme Gedanken.
„Ging wohl länger, oder?“
„Ja, und war schon schön.“ Noch immer lächelte seine Frau wissend vor sich hin, sie war ganz die Ruhe und sich seiner Liebe sicher. Alex fragte sich zurecht, welches Sternzeichen sie wohl hatte…
„Eigentlich brauche ich nur den Montag, da entscheidet sich was für mich.“ Die Zeitschrift ging nämlich von Montag bis Sonntag, und am Montag würde der erste Tag des nächsten Zyklus sein, in Fachkreisen des Kinderwunsches, wie sie wusste, NMT genannt, also Nicht-Mens-Termin. „Die Sterne stehen günstig, am Montag bekommen sie eine gute Nachricht, aber Vorsicht: Diese Nachricht wird Konsequenzen für ihr weiteres Leben haben.“ Alex las nun laut und genoss jedes Wort.
„Na, da haben Sie ja einen schönen Wochenanfang!“ freute sich die ältere Dame mit ihr. Ihre Augen waren dabei von einem freundlichen Kranz von kleinen Falten umzogen.
„Ja, am Montag brauche ich auch Glück!“ Ja, am Montag brauchte sie Glück. Nun lächelte Alex versonnen.
„Und Sie, was ist bei Ihnen nächste Woche los?“
Er las sich den für ihn bestimmten Text durch und lachend brach es aus ihm heraus: „Ich sollte nächste Woche gleich im Bett bleiben, nur schlechte Nachrichten, aber am Mittwochabend gibt es einen magischen Abend, bei dem ich mich vorsehen muss.“ Mit diesen Worten drehte er sich zu seiner Frau um und fragte “Schatz, hast du da schon was vor oder können wir die Magie gemeinsam nutzen?“
„Wie bei „Schlaflos in Seattle“…“ dachte Alex und war mit ihnen glücklich.
Angenehm gestärkt machte sich Alex auf den Weg in ihr kleines Café, um sich dort noch einen Milchkaffee zu gönnen. Manchmal waren dies ihre kleinen Aus-Zeiten, die sie sich nahm, wenn der Druck zu groß wurde. Aber jetzt war sie deutlich gelassener als am Morgen, denn ihre Gedanken hatten sich geklärt.
Leider war das Café zu dieser Zeit recht voll, und sie konnte gerade noch einen Platz an einem Tisch bekommen, den sie nun mit einem Ehepaar an der Rentenaltersgrenze teilten. Beiden vertieften ihre Köpfe in eine Zeitschrift, er braungebrannt und gutaussehend, sie eher der zurückhaltende unscheinbare Typ, aber mit wachen Augen und wissenden Lachfalten um die Augen. „Einfach ein süßes Paar“, dachte Alex neidisch. Neugierig versuchte sie, den offensichtlich interessanten Inhalt der Zeitschrift zu lesen. Die Astro-Woche! Alex war Schütze, und genau das Horoskop war sichtbar, nur konnte sie die Erläuterungen nicht lesen.
„Wollen Sie auch mal reinschauen“, schaute da der ältere Herr belustigt auf.
„Ich bin schon immer dabei, mir den Hals zu verdrehen…“, lachte Alex und nahm gerne die Zeitung. Alle drei versenkten nun ihre Köpfe über dem Inhalt.
„Was sind Sie denn für ein Sternzeichen“, begann der Herr.
„Schütze.“
„Hmm…. Das ist gut. Und Aszendent.“
Zögernd sagte Alex „Ich weiß nicht genau, Zwilling oder Löwe.“
„Naja, ist ja nicht so wichtig. Hier, schauen Sie mal zwei Seiten Schütze.“ Und er fügte sinnierend an „ein gutes Sternzeichen, stark, unbeugsam, zuverlässig…“
„Und heißblütig, was?“ Alex hatte gute Laune…“Jetzt merke ich das erst, wieso kennen Sie sich denn mit der Schützefrau so gut aus?“
Auch er lachte, und seine Frau hob ab und zu sichtlich amüsiert ihren Kopf aus der Lektüre. „Ich hatte da mal eine, lange her, die war Dozentin an der Uni, tolle Frau…“ und er versank in offensichtlich überaus angenehme Gedanken.
„Ging wohl länger, oder?“
„Ja, und war schon schön.“ Noch immer lächelte seine Frau wissend vor sich hin, sie war ganz die Ruhe und sich seiner Liebe sicher. Alex fragte sich zurecht, welches Sternzeichen sie wohl hatte…
„Eigentlich brauche ich nur den Montag, da entscheidet sich was für mich.“ Die Zeitschrift ging nämlich von Montag bis Sonntag, und am Montag würde der erste Tag des nächsten Zyklus sein, in Fachkreisen des Kinderwunsches, wie sie wusste, NMT genannt, also Nicht-Mens-Termin. „Die Sterne stehen günstig, am Montag bekommen sie eine gute Nachricht, aber Vorsicht: Diese Nachricht wird Konsequenzen für ihr weiteres Leben haben.“ Alex las nun laut und genoss jedes Wort.
„Na, da haben Sie ja einen schönen Wochenanfang!“ freute sich die ältere Dame mit ihr. Ihre Augen waren dabei von einem freundlichen Kranz von kleinen Falten umzogen.
„Ja, am Montag brauche ich auch Glück!“ Ja, am Montag brauchte sie Glück. Nun lächelte Alex versonnen.
„Und Sie, was ist bei Ihnen nächste Woche los?“
Er las sich den für ihn bestimmten Text durch und lachend brach es aus ihm heraus: „Ich sollte nächste Woche gleich im Bett bleiben, nur schlechte Nachrichten, aber am Mittwochabend gibt es einen magischen Abend, bei dem ich mich vorsehen muss.“ Mit diesen Worten drehte er sich zu seiner Frau um und fragte “Schatz, hast du da schon was vor oder können wir die Magie gemeinsam nutzen?“
„Wie bei „Schlaflos in Seattle“…“ dachte Alex und war mit ihnen glücklich.
Teil 30
„Montag wird definitiv mein Tag“, dachte sie beschwingt, als sie zurück ins Büro ging. Jeder Frau, die ihr auf dem Weg entgegenkam, schaute sie instinktiv zunächst auf den Bauch und versuchte sich auszumachen, ob sie schwanger war oder nicht. Das war seit langer Zeit so eine Angewohnheit von ihr geworden, der allerdings in kühlen Monaten nur etwas eingeschränkt nachzugehen war. Dennoch konnte sie auch auf diesem Weg wieder eine Schwangere entdecken, und während sie normalerweise ein kleines Teufelchen auf der Schulter sitzen hatte, das immer sagte „Warum die, warum nicht du???“ raunte ihr nun scheinbar ein kleines Engelchen zu „Wie schön für sie, und ab Montag gehöre auch ich dazu.“ Ja, dazugehören wollte sie auch unbedingt, nicht eine der Aussenstehenden sein, der niemand etwas zutraute, schon gar nicht Meinungen über Schwangerschaft oder Kindererziehung „Du hast ja keine Ahnung, du hast ja keine Kinder!“ diesen Satz hatte sie schon zu oft gehört, aber bei dem Gedanken daran dachte sie diesmal, das sie einfach lächeln wird und dann sagt „Naja, wer weiß, was nicht ist, das kann ja noch werden“… und dann wird sie die anderen einfach rätselnd stehen lassen. Und sie nahm sich fest vor, wenn sie einmal Mutter sein würde, nie so mit anderen zu sprechen, denn sie wusste dann ja, wie sehr derartige Sprüche treffen. Und die anderen, die sich bisher das Maul zerrissen hatten, dass ihre Ehe noch kinderlos geblieben war, die würden staunen. Besonders der angeheiratete Mann ihrer Cousine, der war besonders eklig zu ihr gewesen, selbst mit fast 55 später Vater hatte er letztens doch glatt eine Bemerkung gemacht, sie müsse sich nun einmal etwas beeilen, sonst wäre sie zu alt. Das war eine Unverschämtheit gewesen, für die sich dann ihre Cousine noch entschuldigt hatte, aber der Stachel saß tief.
Die nächste Frau, die ihr mit einem kleinen Kind entgegenkam, wurde sowohl auf Schwangerschaft als auch auf ihr Alter überprüft. Leider war sie blutjung, hübsch und ohne Zweifel auch noch gepflegt, also konnte sich Alex nicht einmal dem Klischee der jungen abgewrackten Mutter mit Zigarette im Mund und quietschenden Kinderwagenrädern hingeben. Nein, diese Mutter war einfach nur zu beneiden, und sie freute sich sichtlich an ihrem Sprössling.
„Ist ja auch egal, Montag sage ich nur“, sprach Alex nun laut mit sich. “Und wenn es Montag nicht geklappt hat, erschiesse ich mich. Oder den Frauenarzt oder wen auch immer…“ brabbelte sie wie eine Frau mit enormen Kinderwunschstress vor sich hin. Immerhin musste sie selbst schon über sich lachen. Der Tag war doch eigentlich schön gewesen, also sollte er auch weiter so gehen.
Im Büro schloss sie erneut die Zimmertür, war Ihren Vorzimmermann dazu veranlasste, sie wieder zu öffnen und mitleidig zu fragen: „Ist was los?“ Möchten Sie einen Tee?“ Alex lächelte befreit und sagte „Nein, alles wunderbar. Danke, Tee wäre klasse. Machen Sie die Tür wieder zu? Ich muss etwa konzentriert arbeiten.“
Die Tür schloss sich, und Alex suchte im Internet Mutterschutzbestimmungen. Ihren voraussichtlichen Entbindungstermin hatte sie bereits ausgerechnet, dafür gab es ja praktische Rechner im Netz, und Bilder der Schwangerschaft in 3D konnte man sich da auch ansehen. „Einfach toll, wie das so geht!“ freute sich Alex und schaute zu, wie sich ihre Gebärmutter durch einen winzigen Punkt durchlöchert darstellte. „Soweit bin ich jetzt - wenn es geklappt hat“, setzte sie reumütig hinzu, sie wollte ihr fragiles Glück ja nicht aufs Spiel setzen. Und 6 Wochen vor dem Termin würde sie aufhören zu arbeiten, und wenn sie jetzt keinen Urlaub mehr nahm, dann könnte sie den dann hinten dranhängen und länger von der Arbeit fernbleiben. Oder sollte sie Matthias dann für alle drei arbeiten lassen? Schön wäre das schon, wenn sie 3 Jahre zuhause bleiben könnte, aber was würde dann ihr Arbeitgeber sagen? Und wann sollte sie es ihm sagen? Im 4. Monat? Stand da irgendwo was drüber, wann man es sagen musste? Alex stöberte noch im Netz, als ihr Telefon klingelte
„Montag wird definitiv mein Tag“, dachte sie beschwingt, als sie zurück ins Büro ging. Jeder Frau, die ihr auf dem Weg entgegenkam, schaute sie instinktiv zunächst auf den Bauch und versuchte sich auszumachen, ob sie schwanger war oder nicht. Das war seit langer Zeit so eine Angewohnheit von ihr geworden, der allerdings in kühlen Monaten nur etwas eingeschränkt nachzugehen war. Dennoch konnte sie auch auf diesem Weg wieder eine Schwangere entdecken, und während sie normalerweise ein kleines Teufelchen auf der Schulter sitzen hatte, das immer sagte „Warum die, warum nicht du???“ raunte ihr nun scheinbar ein kleines Engelchen zu „Wie schön für sie, und ab Montag gehöre auch ich dazu.“ Ja, dazugehören wollte sie auch unbedingt, nicht eine der Aussenstehenden sein, der niemand etwas zutraute, schon gar nicht Meinungen über Schwangerschaft oder Kindererziehung „Du hast ja keine Ahnung, du hast ja keine Kinder!“ diesen Satz hatte sie schon zu oft gehört, aber bei dem Gedanken daran dachte sie diesmal, das sie einfach lächeln wird und dann sagt „Naja, wer weiß, was nicht ist, das kann ja noch werden“… und dann wird sie die anderen einfach rätselnd stehen lassen. Und sie nahm sich fest vor, wenn sie einmal Mutter sein würde, nie so mit anderen zu sprechen, denn sie wusste dann ja, wie sehr derartige Sprüche treffen. Und die anderen, die sich bisher das Maul zerrissen hatten, dass ihre Ehe noch kinderlos geblieben war, die würden staunen. Besonders der angeheiratete Mann ihrer Cousine, der war besonders eklig zu ihr gewesen, selbst mit fast 55 später Vater hatte er letztens doch glatt eine Bemerkung gemacht, sie müsse sich nun einmal etwas beeilen, sonst wäre sie zu alt. Das war eine Unverschämtheit gewesen, für die sich dann ihre Cousine noch entschuldigt hatte, aber der Stachel saß tief.
Die nächste Frau, die ihr mit einem kleinen Kind entgegenkam, wurde sowohl auf Schwangerschaft als auch auf ihr Alter überprüft. Leider war sie blutjung, hübsch und ohne Zweifel auch noch gepflegt, also konnte sich Alex nicht einmal dem Klischee der jungen abgewrackten Mutter mit Zigarette im Mund und quietschenden Kinderwagenrädern hingeben. Nein, diese Mutter war einfach nur zu beneiden, und sie freute sich sichtlich an ihrem Sprössling.
„Ist ja auch egal, Montag sage ich nur“, sprach Alex nun laut mit sich. “Und wenn es Montag nicht geklappt hat, erschiesse ich mich. Oder den Frauenarzt oder wen auch immer…“ brabbelte sie wie eine Frau mit enormen Kinderwunschstress vor sich hin. Immerhin musste sie selbst schon über sich lachen. Der Tag war doch eigentlich schön gewesen, also sollte er auch weiter so gehen.
Im Büro schloss sie erneut die Zimmertür, war Ihren Vorzimmermann dazu veranlasste, sie wieder zu öffnen und mitleidig zu fragen: „Ist was los?“ Möchten Sie einen Tee?“ Alex lächelte befreit und sagte „Nein, alles wunderbar. Danke, Tee wäre klasse. Machen Sie die Tür wieder zu? Ich muss etwa konzentriert arbeiten.“
Die Tür schloss sich, und Alex suchte im Internet Mutterschutzbestimmungen. Ihren voraussichtlichen Entbindungstermin hatte sie bereits ausgerechnet, dafür gab es ja praktische Rechner im Netz, und Bilder der Schwangerschaft in 3D konnte man sich da auch ansehen. „Einfach toll, wie das so geht!“ freute sich Alex und schaute zu, wie sich ihre Gebärmutter durch einen winzigen Punkt durchlöchert darstellte. „Soweit bin ich jetzt - wenn es geklappt hat“, setzte sie reumütig hinzu, sie wollte ihr fragiles Glück ja nicht aufs Spiel setzen. Und 6 Wochen vor dem Termin würde sie aufhören zu arbeiten, und wenn sie jetzt keinen Urlaub mehr nahm, dann könnte sie den dann hinten dranhängen und länger von der Arbeit fernbleiben. Oder sollte sie Matthias dann für alle drei arbeiten lassen? Schön wäre das schon, wenn sie 3 Jahre zuhause bleiben könnte, aber was würde dann ihr Arbeitgeber sagen? Und wann sollte sie es ihm sagen? Im 4. Monat? Stand da irgendwo was drüber, wann man es sagen musste? Alex stöberte noch im Netz, als ihr Telefon klingelte
Teil 31
Matthias Tag hatte entschieden schlecht angefangen. Beim Aufprall auf den vor ihm bremsenden Wagen war der Airbag so, wie er es sollte, aufgegangen und hatte den Stoß abgefangen, aber da er das Handy in der linken Brustasche hatte, hatte sich dieses schmerzhaft unter dem Gurt an seinen Brustkorb gedrückt. Das Ergebnis war eine schöne Prellung an seiner Heldenbrust. Ansonsten war recht wenig passiert, die Stoßstange des Puntos vor ihm war zwar stark eingedrückt, aber der Rahmen schien auf den ersten Blick unerklärlicherweise nicht beschädigt zu sein. Und bei seinem Auto hinderte ihn nun der Airbag und ein platter Reifen am weiterfahren.
Und Glück hatte er auch gehabt, weil die Fahrerin des Puntos, eine Studentin, die Angelegenheit in aller Ruhe mit ihm regelte. Die Sachlage war ja klar, Matthias war aufgefahren, und somit musste er die Kosten übernehmen. Und ein handfester Grund für das abrupte Bremsen lag auch vor: Ein Ball war über die Straße gerollt, und die Studentin sah einen etwa Sechsjährigen, der schon Anstalten machte, hinterherzulaufen. Dass nichts Ernsthaftes passiert war, war also ihrer Umsicht zu verdanken. Der Junge hatte sich auch schnell verzogen, so dass seine Eltern gar nicht mehr benachrichtigt werden konnten.
Natürlich hatte sich Matthias tüchtig über das Telefonat geärgert, das er mit Alex geführt hatte, bis er merkte, dass sein Handy tatsächlich defekt war, denn er konnte Alex kaum verstehen, und auch ein Anruf bei Jürgen blieb erfolglos.
Und genau, als Matthias sich schlecht gelaunt zu Fuß zum nächsten Taxenstand hatte auf machen wollen, hielt ein Golf neben ihm an.
„Hallo Herr Manthei, kann ich Sie mitnehmen? Ich habe gerade gesehen, dass Sie mit Ihren Wagen nicht mehr fahren können, und da dachte ich, Sie könnten Hilfe gebrauchen.“ Die Frau seines Kollegen Ralph Krüger saß im Auto, und zwar auf dem Weg zum Kindergarten. Dankbar stieg Matthias ein.
„Guten Morgen Frau Krüger, das ist ja wirklich nett von Ihnen, ich hatte eben wirklich Pech. Manche Tage haben es eben in sich… könnten Sie mich ins Büro fahren?“
„Kein Problem, ich bringe Max dann eben etwas später hin, zum Glück bin ich heute recht früh dran. Das ist auch selten…“, sagte Frau Krüger mit einem bedeutungsvollen Blick auf ihre beiden Kinder. Max, der ältere der beiden, war etwa 3 Jahren und schaute nun ganz interessiert Matthias an. Und Meike schlief in ihrem Sitz, sie war erst ein Jahr und nur zur Begleitung mitgekommen.
„Guten Morgen“, begann Matthias etwas unsicher das Gespräch mit Max. „Und du gehst schon in den Kindergarten?“
„Hallo“, brachte Max hervor, beäugte Matthias intensiv und hob seinen Hasen, an dessen Ohr er verlegen spielte.
„Das ist sein Felix“, fügte seine Mutter lächelnd an.
„Hallo Felix“, begrüße Matthias nun den Hasen, der ihn ebenso anzustarren schien wie sein junger Besitzer. „Wie alt ist Ihr Sohn denn?“
„Max ist 3 Jahre und 2 Monate, und Meike ist 13 Monate.“
Max überlegte, das konnte Matthias sehen. Ihn belustigte dieser Gesichtsausdruck, den Kinder vor eine Frage oft haben, allerdings einer Frage, die wohlüberlegt ist. „Hat Auto Aua?“
Matthias schmunzelte. Der Kleine hatte alles wohl gut beobachtet. „Ja, das Auto hat Aua, aber das geht schnell wieder weg.“
Max Augen wurden noch größer. Er war rothaarig mit ganz vielen Locken und Sommersprossen, und eigentlich mochte Matthais Rothaarige nicht so gern, aber der Blick dieses Kleinen war etwas anderes. Er war ganz auf diesen unbekannten Fahrgast konzentriert.
„Sagen Sie, schaut Ihr Sohn immer so interessiert?“
„Ja, leider“, lachte sie, „er ist recht aufgeweckt und nimmt an allem doppelt Anteil.“
„Du auch Aua?“ fragte Max in diesem Augenblick.
„Ja, ich auch, aber nur gaaanz wenig“, erwiderte Matthias wahrheitsgemäß. Max Augen füllten sich leicht mit Tränen und er kramte in seiner Umhängetasche, bis er etwas in Alufolie Eingepacktes erleichtert hervorbrachte. Die ganze Zeit schaute Matthias ihn fasziniert an, denn auf dem Gesicht des Kleinen spiegelte sich die gesamte Palette der Gefühle wider, das Mitgefühl, der Wille zum Helfen, die Idee, wie geholfen werden kann, die Konzentration auf die Suche und der Triumph, das Gesuchte gefunden zu haben.
„Da…“ war Max Statement und bot Matthias ein eingewickeltes Schokoladenosterei an.
Seine Mutter erklärte: „Wenn meine Kinder sich etwas aufgeratscht haben und sie weinen, dann lege ich immer ein Stück Schokolade auf die Stelle, an der es wehtut, und wenn es nicht mehr wehtut, dann dürfen sie es essen. Komischerweise tut es dann ganz schnell nicht mehr weh. Das hat schon meine Mutter mit uns so gemacht, und es funktioniert prima.
„Danke Max, das ist aber lieb, da tut es gar gleich nicht mehr weh“, strahlte Matthias den Kleine an, der erwartungsvoll ob der Wirkung, die er erzielte, in sein Gesicht blickte und dann ein glasreines Kinderstrahlen aufsetzte.
„Na, da haben Sie aber bei ihm einen Stein im Brett, seine Schokolade leibt er nämlich über alles. Meike hätte er das Ei nicht gegeben.“ Unter Max’ kritisch prüfendem Blick wickelte Matthias nun notgedrungen, aber ganz gerührt das etwas angematschte Osterei aus und schob es sich in den Mund.
„Hmmm….ah….. das hat geholfen. Mensch Max, du wirst bestimmt mal Arzt, was?“
Max schüttelte den Kopf: „Bus...“ und zeigte auf einen schönen roten Bus, der gerade vorbeifuhr.
Seine Mutter lachte: „Ein Glück, dass nicht gerade ein Müllfahrzeug vorbei kam, sonst hätte er das fahren wollen als Berufswunsch.“
Matthias war nun dicke befreundet mit Max, und die Beschäftigung mit dem Knirps machte ihm immer mehr Spaß. Bis zum Büro hatten sie sich beide im Rahmen ihrer Möglichkeiten ausgetauscht, während Meike immer noch schlief. Matthias wusste nun, dass der Papa von Max immer erst spät nach Hause kam, dass er gerne Pommes aß, dass er außer Felix noch einen Delphin namens „Willi Welle“ für die Badewanne besaß und dass er gerne in den Kindergarten ging. Die wichtigsten Fakten dieses Kinderlebens waren also ausgetauscht. Und Frau Krüger freute sich, dass ihr Sohn so schön beschäftigt war, und ließ die beiden Herren miteinander philosophieren.
Zum Abschied sagte sie: „ Sie mögen Kinder sehr, Herr Manthei, oder? Dann drücke ich Ihnen die Daumen, dass es klappt, wenn Sie einmal wollen. Bis bald.“ Mit diesen Worten fuhr sie mit ihren beiden süßen in Richtung Kindergarten. Doch obwohl sie Max mit sich nahm, blieb er doch eine Weile bei Matthias.
Matthias Tag hatte entschieden schlecht angefangen. Beim Aufprall auf den vor ihm bremsenden Wagen war der Airbag so, wie er es sollte, aufgegangen und hatte den Stoß abgefangen, aber da er das Handy in der linken Brustasche hatte, hatte sich dieses schmerzhaft unter dem Gurt an seinen Brustkorb gedrückt. Das Ergebnis war eine schöne Prellung an seiner Heldenbrust. Ansonsten war recht wenig passiert, die Stoßstange des Puntos vor ihm war zwar stark eingedrückt, aber der Rahmen schien auf den ersten Blick unerklärlicherweise nicht beschädigt zu sein. Und bei seinem Auto hinderte ihn nun der Airbag und ein platter Reifen am weiterfahren.
Und Glück hatte er auch gehabt, weil die Fahrerin des Puntos, eine Studentin, die Angelegenheit in aller Ruhe mit ihm regelte. Die Sachlage war ja klar, Matthias war aufgefahren, und somit musste er die Kosten übernehmen. Und ein handfester Grund für das abrupte Bremsen lag auch vor: Ein Ball war über die Straße gerollt, und die Studentin sah einen etwa Sechsjährigen, der schon Anstalten machte, hinterherzulaufen. Dass nichts Ernsthaftes passiert war, war also ihrer Umsicht zu verdanken. Der Junge hatte sich auch schnell verzogen, so dass seine Eltern gar nicht mehr benachrichtigt werden konnten.
Natürlich hatte sich Matthias tüchtig über das Telefonat geärgert, das er mit Alex geführt hatte, bis er merkte, dass sein Handy tatsächlich defekt war, denn er konnte Alex kaum verstehen, und auch ein Anruf bei Jürgen blieb erfolglos.
Und genau, als Matthias sich schlecht gelaunt zu Fuß zum nächsten Taxenstand hatte auf machen wollen, hielt ein Golf neben ihm an.
„Hallo Herr Manthei, kann ich Sie mitnehmen? Ich habe gerade gesehen, dass Sie mit Ihren Wagen nicht mehr fahren können, und da dachte ich, Sie könnten Hilfe gebrauchen.“ Die Frau seines Kollegen Ralph Krüger saß im Auto, und zwar auf dem Weg zum Kindergarten. Dankbar stieg Matthias ein.
„Guten Morgen Frau Krüger, das ist ja wirklich nett von Ihnen, ich hatte eben wirklich Pech. Manche Tage haben es eben in sich… könnten Sie mich ins Büro fahren?“
„Kein Problem, ich bringe Max dann eben etwas später hin, zum Glück bin ich heute recht früh dran. Das ist auch selten…“, sagte Frau Krüger mit einem bedeutungsvollen Blick auf ihre beiden Kinder. Max, der ältere der beiden, war etwa 3 Jahren und schaute nun ganz interessiert Matthias an. Und Meike schlief in ihrem Sitz, sie war erst ein Jahr und nur zur Begleitung mitgekommen.
„Guten Morgen“, begann Matthias etwas unsicher das Gespräch mit Max. „Und du gehst schon in den Kindergarten?“
„Hallo“, brachte Max hervor, beäugte Matthias intensiv und hob seinen Hasen, an dessen Ohr er verlegen spielte.
„Das ist sein Felix“, fügte seine Mutter lächelnd an.
„Hallo Felix“, begrüße Matthias nun den Hasen, der ihn ebenso anzustarren schien wie sein junger Besitzer. „Wie alt ist Ihr Sohn denn?“
„Max ist 3 Jahre und 2 Monate, und Meike ist 13 Monate.“
Max überlegte, das konnte Matthias sehen. Ihn belustigte dieser Gesichtsausdruck, den Kinder vor eine Frage oft haben, allerdings einer Frage, die wohlüberlegt ist. „Hat Auto Aua?“
Matthias schmunzelte. Der Kleine hatte alles wohl gut beobachtet. „Ja, das Auto hat Aua, aber das geht schnell wieder weg.“
Max Augen wurden noch größer. Er war rothaarig mit ganz vielen Locken und Sommersprossen, und eigentlich mochte Matthais Rothaarige nicht so gern, aber der Blick dieses Kleinen war etwas anderes. Er war ganz auf diesen unbekannten Fahrgast konzentriert.
„Sagen Sie, schaut Ihr Sohn immer so interessiert?“
„Ja, leider“, lachte sie, „er ist recht aufgeweckt und nimmt an allem doppelt Anteil.“
„Du auch Aua?“ fragte Max in diesem Augenblick.
„Ja, ich auch, aber nur gaaanz wenig“, erwiderte Matthias wahrheitsgemäß. Max Augen füllten sich leicht mit Tränen und er kramte in seiner Umhängetasche, bis er etwas in Alufolie Eingepacktes erleichtert hervorbrachte. Die ganze Zeit schaute Matthias ihn fasziniert an, denn auf dem Gesicht des Kleinen spiegelte sich die gesamte Palette der Gefühle wider, das Mitgefühl, der Wille zum Helfen, die Idee, wie geholfen werden kann, die Konzentration auf die Suche und der Triumph, das Gesuchte gefunden zu haben.
„Da…“ war Max Statement und bot Matthias ein eingewickeltes Schokoladenosterei an.
Seine Mutter erklärte: „Wenn meine Kinder sich etwas aufgeratscht haben und sie weinen, dann lege ich immer ein Stück Schokolade auf die Stelle, an der es wehtut, und wenn es nicht mehr wehtut, dann dürfen sie es essen. Komischerweise tut es dann ganz schnell nicht mehr weh. Das hat schon meine Mutter mit uns so gemacht, und es funktioniert prima.
„Danke Max, das ist aber lieb, da tut es gar gleich nicht mehr weh“, strahlte Matthias den Kleine an, der erwartungsvoll ob der Wirkung, die er erzielte, in sein Gesicht blickte und dann ein glasreines Kinderstrahlen aufsetzte.
„Na, da haben Sie aber bei ihm einen Stein im Brett, seine Schokolade leibt er nämlich über alles. Meike hätte er das Ei nicht gegeben.“ Unter Max’ kritisch prüfendem Blick wickelte Matthias nun notgedrungen, aber ganz gerührt das etwas angematschte Osterei aus und schob es sich in den Mund.
„Hmmm….ah….. das hat geholfen. Mensch Max, du wirst bestimmt mal Arzt, was?“
Max schüttelte den Kopf: „Bus...“ und zeigte auf einen schönen roten Bus, der gerade vorbeifuhr.
Seine Mutter lachte: „Ein Glück, dass nicht gerade ein Müllfahrzeug vorbei kam, sonst hätte er das fahren wollen als Berufswunsch.“
Matthias war nun dicke befreundet mit Max, und die Beschäftigung mit dem Knirps machte ihm immer mehr Spaß. Bis zum Büro hatten sie sich beide im Rahmen ihrer Möglichkeiten ausgetauscht, während Meike immer noch schlief. Matthias wusste nun, dass der Papa von Max immer erst spät nach Hause kam, dass er gerne Pommes aß, dass er außer Felix noch einen Delphin namens „Willi Welle“ für die Badewanne besaß und dass er gerne in den Kindergarten ging. Die wichtigsten Fakten dieses Kinderlebens waren also ausgetauscht. Und Frau Krüger freute sich, dass ihr Sohn so schön beschäftigt war, und ließ die beiden Herren miteinander philosophieren.
Zum Abschied sagte sie: „ Sie mögen Kinder sehr, Herr Manthei, oder? Dann drücke ich Ihnen die Daumen, dass es klappt, wenn Sie einmal wollen. Bis bald.“ Mit diesen Worten fuhr sie mit ihren beiden süßen in Richtung Kindergarten. Doch obwohl sie Max mit sich nahm, blieb er doch eine Weile bei Matthias.
Teil 32
Bevor Matthias aber über die Worte von Frau Krüger nachdenken konnte, holte ihn auch schon der Alltag ein: Bereits im Flur kam ihm sein Chef entgegen.
„Ja Herr Manthei, um Gottes willen, wo waren Sie denn?“ Sein Ton klang mehr besorgt als vorwurfsvoll.
„Entschuldigen Sie, dass ich jetzt erst komme, ich hatte einen kleinen Autounfall, und dabei wurde mein Handy beschädigt.“
„Ja, das hatten wir schon vermutet, nur gut, dass Ihnen nichts Ernsthaftes passiert ist, oder? Und Ihre Präsentation war große Klasse, Ihr Glück, dass wir an die Dateien herankamen.“
„Oh....danke....dann scheint ja alles gutgegangen zu sein.“ Matthias lächelte etwas verwirrt.
„Zum Glück! Als Sie nicht rechtzeitig hier waren und Sie auch zu hause nicht erreichbar waren, hat Herr Krüger die Unterlagen schon vorbereitet, und Frau Meyer hat dann in Ihrem Namen die Präsentation vorgestellt. Sie hat – das muss ich fairerweise zugeben – gleich vermutet, dass Ihnen etwas zugestossen sein musste, denn anders kennen wir Sie ja auch nicht. Ja, und Ihre Arbeit ist gut angekommen. Aber für mich war es fast erfreulicher zu sehen, wie Ihr gesamtes Team zusammengearbeitet hat. DAS sind echte Qualitäten, großes Lob an Sie, Herr Manthei.“ Mit diesen Worten ließ er Matthias stehen und stürmte davon. Herr Rossberg war immer in Eile und erledigte fast alle Angelegenheiten im Sturmschritt.
Im Büro wartete Ralph Krüger schon auf ihn. „Mensch Matthias, alles okay? Wir haben die Präsentation rechtzeitig vorgenommen, aber du hast ganz schön gefehlt. Kathrin hat alles veranlasst und dann bis auf den letzten Drücker auf dich gewartet, und als du nicht kamst, hat sie dich entschuldigt, du wärest ernsthaft aufgehalten worden, und hat in deinem Namen die Präsentation vorgestellt. Sie war wirklich gut. Und falls du fragen willst: nein, sie hat sich nicht deine Lorbeeren an das Revers geheftet, sondern auf dich verwiesen.“
Matthias hatte nun einiges zu verdauen. Die Handlungsweise seiner konkurrierenden Kollegin hatte ihm nun zusätzliches Lob eingebracht. Vielleicht hatte sie ihm damit zur Stelle in Frankfurt verholfen, die sie selbst doch so gerne haben wollte.
„Was will sie denn damit bezwecken?“ fragte sich Matthias, dem das Verhalten von Frauen nur zu oft ein Rätsel war.
„Herr Manthei?“ Frau Meyer steckte in diesem Augenblick den Kopf zur Tür herein. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung? Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Aber zum Glück war ja alles so vorbereitet, dass jeder Idiot die Präsentation hätte vorführen können. Und in diesem Fall war ich der Idiot. Aber, um es kurz zu machen, Sie haben vermutlich schon gehört, dass alles gut verlaufen ist.“ Frau Meyer schaute ihn mit offenem Blick an.
„Ja, und ich habe schon ein dickes Lob dafür bekommen, und auch für mein Team. Ich glaube, ich muss mich bei Ihnen bedanken, dass Sie den Karren aus dem Dreck gezogen haben, ich hatte tatsächlich einen Autounfall. Aber nichts Ernstes, nur so, dass ich nicht rechtzeitig kommen konnte und auch nicht telefonieren konnte.“ Und mit einem Blick auf seinen Kollegen Ralph setzte er hinzu: “Aber ich hatte dann ganz viel Hilfe beim Verdauen der Situation...“ schmunzelte er vor sich hin. Alles schien ja ohne ihn gut gelaufen zu sein, und Abbruch hatte es seiner Karriere nicht getan.
Matthias machte eine einladende Handbewegung, mit der er Frau Meyer und Ralph Krüger zum Hinsetzen aufforderte. Dann begann er eine kleine Zusammenfassung des Morgens, allerdings unter Auslassung seines vorabendlichen Alkoholkonsums und des Streites mit Alex. Das gehörte nicht hierher, wohl aber die Beschreibung der diversen Schäden am Auto und des Aussehens der Studentin.
„Ja, Ralph, und dann lernte ich jemanden kennen, von dessen Familie ich jetzt eine Menge weiß, nämlich dass der Papa immer erst so spät nach Hause kommt, dass der Sohn schon im Bett liegt, und dass der Kleine so gerne mal mit dem Papa in den Zoo gehen will, aber Papa dazu kaum Zeit hat.“
Ralph schaute verständnislos, während Frau Meyer trocken fragte: „Wie alt ist denn dein Sohn, Ralph?“, was Herrn Krüger völlig aus der Fassung brachte. „Wieso Max, was hat der denn damit zu tun?“
„Weil ich ihn heute zufällig kennengelernt habe, und er mir schon fast Felix leihen wollte – Felix ist nämlich der Stoffhase von Max“, erklärte er Frau Meyer, „wir sind nämlich jetzt ganz dicke Freunde.“ Aus seiner Stimme war so etwas wie Stolz zu herauszuhören. Und dann erzählte er endlich, auch für Ralph nachvollziehbar, wie er Max kennengelernt hatte und wieso er nun alles über ihn wusste.
„Ja, Max ist schon ein toller Bursche“, kommentierte sein Vater mit Vaterstolz und schlechtem Gewissen. „Ich habe nur leider so wenig Zeit für ihn.“
„Zeit hat man, man muss sie sich nur nehmen“, hörte sich Matthias plötzlich sagen. Innerlich musste er schon fast selbst den Kopf über sich schütteln.
„Du hast gut reden, du hast ja keine Kinder“, maulte Ralph vorwurfsvoll, und zum ersten Mal im Leben spürte Matthias diesen kleinen Stich der Eifersucht.
„Nein, habe ich nicht, aber denken kann ich trotzdem,“ entgegnete er leicht pikiert.
Frau Meyer hatte sich diesen Schlagabtausch leicht amüsiert aber kommentarlos angehört. Um die Situation aufzulösen, bot sie nun an: „Wie wäre es, wenn wir jetzt gemeinsam einen Kaffee trinken und wir dabei über unser Team einmal sprächen? Offensichtlich haben wir ja alle mehr gemeinsam, als wir bisher dachten.“
Und beide Männer nahmen erleichtert die Ablenkung von einem jeweils unbehaglichen Thema an.
Bevor Matthias aber über die Worte von Frau Krüger nachdenken konnte, holte ihn auch schon der Alltag ein: Bereits im Flur kam ihm sein Chef entgegen.
„Ja Herr Manthei, um Gottes willen, wo waren Sie denn?“ Sein Ton klang mehr besorgt als vorwurfsvoll.
„Entschuldigen Sie, dass ich jetzt erst komme, ich hatte einen kleinen Autounfall, und dabei wurde mein Handy beschädigt.“
„Ja, das hatten wir schon vermutet, nur gut, dass Ihnen nichts Ernsthaftes passiert ist, oder? Und Ihre Präsentation war große Klasse, Ihr Glück, dass wir an die Dateien herankamen.“
„Oh....danke....dann scheint ja alles gutgegangen zu sein.“ Matthias lächelte etwas verwirrt.
„Zum Glück! Als Sie nicht rechtzeitig hier waren und Sie auch zu hause nicht erreichbar waren, hat Herr Krüger die Unterlagen schon vorbereitet, und Frau Meyer hat dann in Ihrem Namen die Präsentation vorgestellt. Sie hat – das muss ich fairerweise zugeben – gleich vermutet, dass Ihnen etwas zugestossen sein musste, denn anders kennen wir Sie ja auch nicht. Ja, und Ihre Arbeit ist gut angekommen. Aber für mich war es fast erfreulicher zu sehen, wie Ihr gesamtes Team zusammengearbeitet hat. DAS sind echte Qualitäten, großes Lob an Sie, Herr Manthei.“ Mit diesen Worten ließ er Matthias stehen und stürmte davon. Herr Rossberg war immer in Eile und erledigte fast alle Angelegenheiten im Sturmschritt.
Im Büro wartete Ralph Krüger schon auf ihn. „Mensch Matthias, alles okay? Wir haben die Präsentation rechtzeitig vorgenommen, aber du hast ganz schön gefehlt. Kathrin hat alles veranlasst und dann bis auf den letzten Drücker auf dich gewartet, und als du nicht kamst, hat sie dich entschuldigt, du wärest ernsthaft aufgehalten worden, und hat in deinem Namen die Präsentation vorgestellt. Sie war wirklich gut. Und falls du fragen willst: nein, sie hat sich nicht deine Lorbeeren an das Revers geheftet, sondern auf dich verwiesen.“
Matthias hatte nun einiges zu verdauen. Die Handlungsweise seiner konkurrierenden Kollegin hatte ihm nun zusätzliches Lob eingebracht. Vielleicht hatte sie ihm damit zur Stelle in Frankfurt verholfen, die sie selbst doch so gerne haben wollte.
„Was will sie denn damit bezwecken?“ fragte sich Matthias, dem das Verhalten von Frauen nur zu oft ein Rätsel war.
„Herr Manthei?“ Frau Meyer steckte in diesem Augenblick den Kopf zur Tür herein. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung? Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Aber zum Glück war ja alles so vorbereitet, dass jeder Idiot die Präsentation hätte vorführen können. Und in diesem Fall war ich der Idiot. Aber, um es kurz zu machen, Sie haben vermutlich schon gehört, dass alles gut verlaufen ist.“ Frau Meyer schaute ihn mit offenem Blick an.
„Ja, und ich habe schon ein dickes Lob dafür bekommen, und auch für mein Team. Ich glaube, ich muss mich bei Ihnen bedanken, dass Sie den Karren aus dem Dreck gezogen haben, ich hatte tatsächlich einen Autounfall. Aber nichts Ernstes, nur so, dass ich nicht rechtzeitig kommen konnte und auch nicht telefonieren konnte.“ Und mit einem Blick auf seinen Kollegen Ralph setzte er hinzu: “Aber ich hatte dann ganz viel Hilfe beim Verdauen der Situation...“ schmunzelte er vor sich hin. Alles schien ja ohne ihn gut gelaufen zu sein, und Abbruch hatte es seiner Karriere nicht getan.
Matthias machte eine einladende Handbewegung, mit der er Frau Meyer und Ralph Krüger zum Hinsetzen aufforderte. Dann begann er eine kleine Zusammenfassung des Morgens, allerdings unter Auslassung seines vorabendlichen Alkoholkonsums und des Streites mit Alex. Das gehörte nicht hierher, wohl aber die Beschreibung der diversen Schäden am Auto und des Aussehens der Studentin.
„Ja, Ralph, und dann lernte ich jemanden kennen, von dessen Familie ich jetzt eine Menge weiß, nämlich dass der Papa immer erst so spät nach Hause kommt, dass der Sohn schon im Bett liegt, und dass der Kleine so gerne mal mit dem Papa in den Zoo gehen will, aber Papa dazu kaum Zeit hat.“
Ralph schaute verständnislos, während Frau Meyer trocken fragte: „Wie alt ist denn dein Sohn, Ralph?“, was Herrn Krüger völlig aus der Fassung brachte. „Wieso Max, was hat der denn damit zu tun?“
„Weil ich ihn heute zufällig kennengelernt habe, und er mir schon fast Felix leihen wollte – Felix ist nämlich der Stoffhase von Max“, erklärte er Frau Meyer, „wir sind nämlich jetzt ganz dicke Freunde.“ Aus seiner Stimme war so etwas wie Stolz zu herauszuhören. Und dann erzählte er endlich, auch für Ralph nachvollziehbar, wie er Max kennengelernt hatte und wieso er nun alles über ihn wusste.
„Ja, Max ist schon ein toller Bursche“, kommentierte sein Vater mit Vaterstolz und schlechtem Gewissen. „Ich habe nur leider so wenig Zeit für ihn.“
„Zeit hat man, man muss sie sich nur nehmen“, hörte sich Matthias plötzlich sagen. Innerlich musste er schon fast selbst den Kopf über sich schütteln.
„Du hast gut reden, du hast ja keine Kinder“, maulte Ralph vorwurfsvoll, und zum ersten Mal im Leben spürte Matthias diesen kleinen Stich der Eifersucht.
„Nein, habe ich nicht, aber denken kann ich trotzdem,“ entgegnete er leicht pikiert.
Frau Meyer hatte sich diesen Schlagabtausch leicht amüsiert aber kommentarlos angehört. Um die Situation aufzulösen, bot sie nun an: „Wie wäre es, wenn wir jetzt gemeinsam einen Kaffee trinken und wir dabei über unser Team einmal sprächen? Offensichtlich haben wir ja alle mehr gemeinsam, als wir bisher dachten.“
Und beide Männer nahmen erleichtert die Ablenkung von einem jeweils unbehaglichen Thema an.
Alex 30
„Montag wird definitiv mein Tag“, dachte sie beschwingt, als sie zurück ins Büro ging. Jeder Frau, die ihr auf dem Weg entgegenkam, schaute sie instinktiv zunächst auf den Bauch und versuchte sich auszumachen, ob sie schwanger war oder nicht. Das war seit langer Zeit so eine Angewohnheit von ihr geworden, der allerdings in kühlen Monaten nur etwas eingeschränkt nachzugehen war. Dennoch konnte sie auch auf diesem Weg wieder eine Schwangere entdecken, und während sie normalerweise ein kleines Teufelchen auf der Schulter sitzen hatte, das immer sagte „Warum die, warum nicht du???“ raunte ihr nun scheinbar ein kleines Engelchen zu „Wie schön für sie, und ab Montag gehöre auch ich dazu.“ Ja, dazugehören wollte sie auch unbedingt, nicht eine der Aussenstehenden sein, der niemand etwas zutraute, schon gar nicht Meinungen über Schwangerschaft oder Kindererziehung „Du hast ja keine Ahnung, du hast ja keine Kinder!“ diesen Satz hatte sie schon zu oft gehört, aber bei dem Gedanken daran dachte sie diesmal, das sie einfach lächeln wird und dann sagt „Naja, wer weiß, was nicht ist, das kann ja noch werden“… und dann wird sie die anderen einfach rätselnd stehen lassen. Und sie nahm sich fest vor, wenn sie einmal Mutter sein würde, nie so mit anderen zu sprechen, denn sie wusste dann ja, wie sehr derartige Sprüche treffen. Und die anderen, die sich bisher das Maul zerrissen hatten, dass ihre Ehe noch kinderlos geblieben war, die würden staunen. Besonders der angeheiratete Mann ihrer Cousine, der war besonders eklig zu ihr gewesen, selbst mit fast 55 später Vater hatte er letztens doch glatt eine Bemerkung gemacht, sie müsse sich nun einmal etwas beeilen, sonst wäre sie zu alt. Das war eine Unverschämtheit gewesen, für die sich dann ihre Cousine noch entschuldigt hatte, aber der Stachel saß tief.
Die nächste Frau, die ihr mit einem kleinen Kind entgegenkam, wurde sowohl auf Schwangerschaft als auch auf ihr Alter überprüft. Leider war sie blutjung, hübsch und ohne Zweifel auch noch gepflegt, also konnte sich Alex nicht einmal dem Klischee der jungen abgewrackten Mutter mit Zigarette im Mund und quietschenden Kinderwagenrädern hingeben. Nein, diese Mutter war einfach nur zu beneiden, und sie freute sich sichtlich an ihrem Sprössling.
„Ist ja auch egal, Montag sage ich nur“, sprach Alex nun laut mit sich. “Und wenn es Montag nicht geklappt hat, erschiesse ich mich. Oder den Frauenarzt oder wen auch immer…“ brabbelte sie wie eine Frau mit enormen Kinderwunschstress vor sich hin. Immerhin musste sie selbst schon über sich lachen. Der Tag war doch eigentlich schön gewesen, also sollte er auch weiter so gehen.
Im Büro schloss sie erneut die Zimmertür, war Ihren Vorzimmermann dazu veranlasste, sie wieder zu öffnen und mitleidig zu fragen: „Ist was los?“ Möchten Sie einen Tee?“ Alex lächelte befreit und sagte „Nein, alles wunderbar. Danke, Tee wäre klasse. Machen Sie die Tür wieder zu? Ich muss etwa konzentriert arbeiten.“
Die Tür schloss sich, und Alex suchte im Internet Mutterschutzbestimmungen. Ihren voraussichtlichen Entbindungstermin hatte sie bereits ausgerechnet, dafür gab es ja praktische Rechner im Netz, und Bilder der Schwangerschaft in 3D konnte man sich da auch ansehen. „Einfach toll, wie das so geht!“ freute sich Alex und schaute zu, wie sich ihre Gebärmutter durch einen winzigen Punkt durchlöchert darstellte. „Soweit bin ich jetzt - wenn es geklappt hat“, setzte sie reumütig hinzu, sie wollte ihr fragiles Glück ja nicht aufs Spiel setzen. Und 6 Wochen vor dem Termin würde sie aufhören zu arbeiten, und wenn sie jetzt keinen Urlaub mehr nahm, dann könnte sie den dann hinten dranhängen und länger von der Arbeit fernbleiben. Oder sollte sie Matthias dann für alle drei arbeiten lassen? Schön wäre das schon, wenn sie 3 Jahre zuhause bleiben könnte, aber was würde dann ihr Arbeitgeber sagen? Und wann sollte sie es ihm sagen? Im 4. Monat? Stand da irgendwo was drüber, wann man es sagen musste? Alex stöberte noch im Netz, als ihr Telefon klingelte.
„Montag wird definitiv mein Tag“, dachte sie beschwingt, als sie zurück ins Büro ging. Jeder Frau, die ihr auf dem Weg entgegenkam, schaute sie instinktiv zunächst auf den Bauch und versuchte sich auszumachen, ob sie schwanger war oder nicht. Das war seit langer Zeit so eine Angewohnheit von ihr geworden, der allerdings in kühlen Monaten nur etwas eingeschränkt nachzugehen war. Dennoch konnte sie auch auf diesem Weg wieder eine Schwangere entdecken, und während sie normalerweise ein kleines Teufelchen auf der Schulter sitzen hatte, das immer sagte „Warum die, warum nicht du???“ raunte ihr nun scheinbar ein kleines Engelchen zu „Wie schön für sie, und ab Montag gehöre auch ich dazu.“ Ja, dazugehören wollte sie auch unbedingt, nicht eine der Aussenstehenden sein, der niemand etwas zutraute, schon gar nicht Meinungen über Schwangerschaft oder Kindererziehung „Du hast ja keine Ahnung, du hast ja keine Kinder!“ diesen Satz hatte sie schon zu oft gehört, aber bei dem Gedanken daran dachte sie diesmal, das sie einfach lächeln wird und dann sagt „Naja, wer weiß, was nicht ist, das kann ja noch werden“… und dann wird sie die anderen einfach rätselnd stehen lassen. Und sie nahm sich fest vor, wenn sie einmal Mutter sein würde, nie so mit anderen zu sprechen, denn sie wusste dann ja, wie sehr derartige Sprüche treffen. Und die anderen, die sich bisher das Maul zerrissen hatten, dass ihre Ehe noch kinderlos geblieben war, die würden staunen. Besonders der angeheiratete Mann ihrer Cousine, der war besonders eklig zu ihr gewesen, selbst mit fast 55 später Vater hatte er letztens doch glatt eine Bemerkung gemacht, sie müsse sich nun einmal etwas beeilen, sonst wäre sie zu alt. Das war eine Unverschämtheit gewesen, für die sich dann ihre Cousine noch entschuldigt hatte, aber der Stachel saß tief.
Die nächste Frau, die ihr mit einem kleinen Kind entgegenkam, wurde sowohl auf Schwangerschaft als auch auf ihr Alter überprüft. Leider war sie blutjung, hübsch und ohne Zweifel auch noch gepflegt, also konnte sich Alex nicht einmal dem Klischee der jungen abgewrackten Mutter mit Zigarette im Mund und quietschenden Kinderwagenrädern hingeben. Nein, diese Mutter war einfach nur zu beneiden, und sie freute sich sichtlich an ihrem Sprössling.
„Ist ja auch egal, Montag sage ich nur“, sprach Alex nun laut mit sich. “Und wenn es Montag nicht geklappt hat, erschiesse ich mich. Oder den Frauenarzt oder wen auch immer…“ brabbelte sie wie eine Frau mit enormen Kinderwunschstress vor sich hin. Immerhin musste sie selbst schon über sich lachen. Der Tag war doch eigentlich schön gewesen, also sollte er auch weiter so gehen.
Im Büro schloss sie erneut die Zimmertür, war Ihren Vorzimmermann dazu veranlasste, sie wieder zu öffnen und mitleidig zu fragen: „Ist was los?“ Möchten Sie einen Tee?“ Alex lächelte befreit und sagte „Nein, alles wunderbar. Danke, Tee wäre klasse. Machen Sie die Tür wieder zu? Ich muss etwa konzentriert arbeiten.“
Die Tür schloss sich, und Alex suchte im Internet Mutterschutzbestimmungen. Ihren voraussichtlichen Entbindungstermin hatte sie bereits ausgerechnet, dafür gab es ja praktische Rechner im Netz, und Bilder der Schwangerschaft in 3D konnte man sich da auch ansehen. „Einfach toll, wie das so geht!“ freute sich Alex und schaute zu, wie sich ihre Gebärmutter durch einen winzigen Punkt durchlöchert darstellte. „Soweit bin ich jetzt - wenn es geklappt hat“, setzte sie reumütig hinzu, sie wollte ihr fragiles Glück ja nicht aufs Spiel setzen. Und 6 Wochen vor dem Termin würde sie aufhören zu arbeiten, und wenn sie jetzt keinen Urlaub mehr nahm, dann könnte sie den dann hinten dranhängen und länger von der Arbeit fernbleiben. Oder sollte sie Matthias dann für alle drei arbeiten lassen? Schön wäre das schon, wenn sie 3 Jahre zuhause bleiben könnte, aber was würde dann ihr Arbeitgeber sagen? Und wann sollte sie es ihm sagen? Im 4. Monat? Stand da irgendwo was drüber, wann man es sagen musste? Alex stöberte noch im Netz, als ihr Telefon klingelte.
Alex 31
Matthias Tag hatte entschieden schlecht angefangen. Beim Aufprall auf den vor ihm bremsenden Wagen war der Airbag so, wie er es sollte, aufgegangen und hatte den Stoß abgefangen, aber da er das Handy in der linken Brustasche hatte, hatte sich dieses schmerzhaft unter dem Gurt an seinen Brustkorb gedrückt. Das Ergebnis war eine schöne Prellung an seiner Heldenbrust. Ansonsten war recht wenig passiert, die Stoßstange des Puntos vor ihm war zwar stark eingedrückt, aber der Rahmen schien auf den ersten Blick unerklärlicherweise nicht beschädigt zu sein. Und bei seinem Auto hinderte ihn nun der Airbag und ein platter Reifen am weiterfahren.
Und Glück hatte er auch gehabt, weil die Fahrerin des Puntos, eine Studentin, die Angelegenheit in aller Ruhe mit ihm regelte. Die Sachlage war ja klar, Matthias war aufgefahren, und somit musste er die Kosten übernehmen. Und ein handfester Grund für das abrupte Bremsen lag auch vor: Ein Ball war über die Straße gerollt, und die Studentin sah einen etwa Sechsjährigen, der schon Anstalten machte, hinterherzulaufen. Dass nichts Ernsthaftes passiert war, war also ihrer Umsicht zu verdanken. Der Junge hatte sich auch schnell verzogen, so dass seine Eltern gar nicht mehr benachrichtigt werden konnten.
Natürlich hatte sich Matthias tüchtig über das Telefonat geärgert, das er mit Alex geführt hatte, bis er merkte, dass sein Handy tatsächlich defekt war, denn er konnte Alex kaum verstehen, und auch ein Anruf bei Jürgen blieb erfolglos.
Und genau, als Matthias sich schlecht gelaunt zu Fuß zum nächsten Taxenstand hatte auf machen wollen, hielt ein Golf neben ihm an.
„Hallo Herr Manthei, kann ich Sie mitnehmen? Ich habe gerade gesehen, dass Sie mit Ihren Wagen nicht mehr fahren können, und da dachte ich, Sie könnten Hilfe gebrauchen.“ Die Frau seines Kollegen Ralph Krüger saß im Auto, und zwar auf dem Weg zum Kindergarten. Dankbar stieg Matthias ein.
„Guten Morgen Frau Krüger, das ist ja wirklich nett von Ihnen, ich hatte eben wirklich Pech. Manche Tage haben es eben in sich… könnten Sie mich ins Büro fahren?“
„Kein Problem, ich bringe Max dann eben etwas später hin, zum Glück bin ich heute recht früh dran. Das ist auch selten…“, sagte Frau Krüger mit einem bedeutungsvollen Blick auf ihre beiden Kinder. Max, der ältere der beiden, war etwa 3 Jahren und schaute nun ganz interessiert Matthias an. Und Meike schlief in ihrem Sitz, sie war erst ein Jahr und nur zur Begleitung mitgekommen.
„Guten Morgen“, begann Matthias etwas unsicher das Gespräch mit Max. „Und du gehst schon in den Kindergarten?“
„Hallo“, brachte Max hervor, beäugte Matthias intensiv und hob seinen Hasen, an dessen Ohr er verlegen spielte.
„Das ist sein Felix“, fügte seine Mutter lächelnd an.
„Hallo Felix“, begrüße Matthias nun den Hasen, der ihn ebenso anzustarren schien wie sein junger Besitzer. „Wie alt ist Ihr Sohn denn?“
„Max ist 3 Jahre und 2 Monate, und Meike ist 13 Monate.“
Max überlegte, das konnte Matthias sehen. Ihn belustigte dieser Gesichtsausdruck, den Kinder vor eine Frage oft haben, allerdings einer Frage, die wohlüberlegt ist. „Hat Auto Aua?“
Matthias schmunzelte. Der Kleine hatte alles wohl gut beobachtet. „Ja, das Auto hat Aua, aber das geht schnell wieder weg.“
Max Augen wurden noch größer. Er war rothaarig mit ganz vielen Locken und Sommersprossen, und eigentlich mochte Matthais Rothaarige nicht so gern, aber der Blick dieses Kleinen war etwas anderes. Er war ganz auf diesen unbekannten Fahrgast konzentriert.
„Sagen Sie, schaut Ihr Sohn immer so interessiert?“
„Ja, leider“, lachte sie, „er ist recht aufgeweckt und nimmt an allem doppelt Anteil.“
„Du auch Aua?“ fragte Max in diesem Augenblick.
„Ja, ich auch, aber nur gaaanz wenig“, erwiderte Matthias wahrheitsgemäß. Max Augen füllten sich leicht mit Tränen und er kramte in seiner Umhängetasche, bis er etwas in Alufolie Eingepacktes erleichtert hervorbrachte. Die ganze Zeit schaute Matthias ihn fasziniert an, denn auf dem Gesicht des Kleinen spiegelte sich die gesamte Palette der Gefühle wider, das Mitgefühl, der Wille zum Helfen, die Idee, wie geholfen werden kann, die Konzentration auf die Suche und der Triumph, das Gesuchte gefunden zu haben.
„Da…“ war Max Statement und bot Matthias ein eingewickeltes Schokoladenosterei an.
Seine Mutter erklärte: „Wenn meine Kinder sich etwas aufgeratscht haben und sie weinen, dann lege ich immer ein Stück Schokolade auf die Stelle, an der es wehtut, und wenn es nicht mehr wehtut, dann dürfen sie es essen. Komischerweise tut es dann ganz schnell nicht mehr weh. Das hat schon meine Mutter mit uns so gemacht, und es funktioniert prima.
„Danke Max, das ist aber lieb, da tut es gar gleich nicht mehr weh“, strahlte Matthias den Kleine an, der erwartungsvoll ob der Wirkung, die er erzielte, in sein Gesicht blickte und dann ein glasreines Kinderstrahlen aufsetzte.
„Na, da haben Sie aber bei ihm einen Stein im Brett, seine Schokolade leibt er nämlich über alles. Meike hätte er das Ei nicht gegeben.“ Unter Max’ kritisch prüfendem Blick wickelte Matthias nun notgedrungen, aber ganz gerührt das etwas angematschte Osterei aus und schob es sich in den Mund.
„Hmmm….ah….. das hat geholfen. Mensch Max, du wirst bestimmt mal Arzt, was?“
Max schüttelte den Kopf: „Bus...“ und zeigte auf einen schönen roten Bus, der gerade vorbeifuhr.
Seine Mutter lachte: „Ein Glück, dass nicht gerade ein Müllfahrzeug vorbei kam, sonst hätte er das fahren wollen als Berufswunsch.“
Matthias war nun dicke befreundet mit Max, und die Beschäftigung mit dem Knirps machte ihm immer mehr Spaß. Bis zum Büro hatten sie sich beide im Rahmen ihrer Möglichkeiten ausgetauscht, während Meike immer noch schlief. Matthias wusste nun, dass der Papa von Max immer erst spät nach Hause kam, dass er gerne Pommes aß, dass er außer Felix noch einen Delphin namens „Willi Welle“ für die Badewanne besaß und dass er gerne in den Kindergarten ging. Die wichtigsten Fakten dieses Kinderlebens waren also ausgetauscht. Und Frau Krüger freute sich, dass ihr Sohn so schön beschäftigt war, und ließ die beiden Herren miteinander philosophieren.
Zum Abschied sagte sie: „ Sie mögen Kinder sehr, Herr Manthei, oder? Dann drücke ich Ihnen die Daumen, dass es klappt, wenn Sie einmal wollen. Bis bald.“ Mit diesen Worten fuhr sie mit ihren beiden süßen in Richtung Kindergarten. Doch obwohl sie Max mit sich nahm, blieb er doch eine Weile bei Matthias.
Matthias Tag hatte entschieden schlecht angefangen. Beim Aufprall auf den vor ihm bremsenden Wagen war der Airbag so, wie er es sollte, aufgegangen und hatte den Stoß abgefangen, aber da er das Handy in der linken Brustasche hatte, hatte sich dieses schmerzhaft unter dem Gurt an seinen Brustkorb gedrückt. Das Ergebnis war eine schöne Prellung an seiner Heldenbrust. Ansonsten war recht wenig passiert, die Stoßstange des Puntos vor ihm war zwar stark eingedrückt, aber der Rahmen schien auf den ersten Blick unerklärlicherweise nicht beschädigt zu sein. Und bei seinem Auto hinderte ihn nun der Airbag und ein platter Reifen am weiterfahren.
Und Glück hatte er auch gehabt, weil die Fahrerin des Puntos, eine Studentin, die Angelegenheit in aller Ruhe mit ihm regelte. Die Sachlage war ja klar, Matthias war aufgefahren, und somit musste er die Kosten übernehmen. Und ein handfester Grund für das abrupte Bremsen lag auch vor: Ein Ball war über die Straße gerollt, und die Studentin sah einen etwa Sechsjährigen, der schon Anstalten machte, hinterherzulaufen. Dass nichts Ernsthaftes passiert war, war also ihrer Umsicht zu verdanken. Der Junge hatte sich auch schnell verzogen, so dass seine Eltern gar nicht mehr benachrichtigt werden konnten.
Natürlich hatte sich Matthias tüchtig über das Telefonat geärgert, das er mit Alex geführt hatte, bis er merkte, dass sein Handy tatsächlich defekt war, denn er konnte Alex kaum verstehen, und auch ein Anruf bei Jürgen blieb erfolglos.
Und genau, als Matthias sich schlecht gelaunt zu Fuß zum nächsten Taxenstand hatte auf machen wollen, hielt ein Golf neben ihm an.
„Hallo Herr Manthei, kann ich Sie mitnehmen? Ich habe gerade gesehen, dass Sie mit Ihren Wagen nicht mehr fahren können, und da dachte ich, Sie könnten Hilfe gebrauchen.“ Die Frau seines Kollegen Ralph Krüger saß im Auto, und zwar auf dem Weg zum Kindergarten. Dankbar stieg Matthias ein.
„Guten Morgen Frau Krüger, das ist ja wirklich nett von Ihnen, ich hatte eben wirklich Pech. Manche Tage haben es eben in sich… könnten Sie mich ins Büro fahren?“
„Kein Problem, ich bringe Max dann eben etwas später hin, zum Glück bin ich heute recht früh dran. Das ist auch selten…“, sagte Frau Krüger mit einem bedeutungsvollen Blick auf ihre beiden Kinder. Max, der ältere der beiden, war etwa 3 Jahren und schaute nun ganz interessiert Matthias an. Und Meike schlief in ihrem Sitz, sie war erst ein Jahr und nur zur Begleitung mitgekommen.
„Guten Morgen“, begann Matthias etwas unsicher das Gespräch mit Max. „Und du gehst schon in den Kindergarten?“
„Hallo“, brachte Max hervor, beäugte Matthias intensiv und hob seinen Hasen, an dessen Ohr er verlegen spielte.
„Das ist sein Felix“, fügte seine Mutter lächelnd an.
„Hallo Felix“, begrüße Matthias nun den Hasen, der ihn ebenso anzustarren schien wie sein junger Besitzer. „Wie alt ist Ihr Sohn denn?“
„Max ist 3 Jahre und 2 Monate, und Meike ist 13 Monate.“
Max überlegte, das konnte Matthias sehen. Ihn belustigte dieser Gesichtsausdruck, den Kinder vor eine Frage oft haben, allerdings einer Frage, die wohlüberlegt ist. „Hat Auto Aua?“
Matthias schmunzelte. Der Kleine hatte alles wohl gut beobachtet. „Ja, das Auto hat Aua, aber das geht schnell wieder weg.“
Max Augen wurden noch größer. Er war rothaarig mit ganz vielen Locken und Sommersprossen, und eigentlich mochte Matthais Rothaarige nicht so gern, aber der Blick dieses Kleinen war etwas anderes. Er war ganz auf diesen unbekannten Fahrgast konzentriert.
„Sagen Sie, schaut Ihr Sohn immer so interessiert?“
„Ja, leider“, lachte sie, „er ist recht aufgeweckt und nimmt an allem doppelt Anteil.“
„Du auch Aua?“ fragte Max in diesem Augenblick.
„Ja, ich auch, aber nur gaaanz wenig“, erwiderte Matthias wahrheitsgemäß. Max Augen füllten sich leicht mit Tränen und er kramte in seiner Umhängetasche, bis er etwas in Alufolie Eingepacktes erleichtert hervorbrachte. Die ganze Zeit schaute Matthias ihn fasziniert an, denn auf dem Gesicht des Kleinen spiegelte sich die gesamte Palette der Gefühle wider, das Mitgefühl, der Wille zum Helfen, die Idee, wie geholfen werden kann, die Konzentration auf die Suche und der Triumph, das Gesuchte gefunden zu haben.
„Da…“ war Max Statement und bot Matthias ein eingewickeltes Schokoladenosterei an.
Seine Mutter erklärte: „Wenn meine Kinder sich etwas aufgeratscht haben und sie weinen, dann lege ich immer ein Stück Schokolade auf die Stelle, an der es wehtut, und wenn es nicht mehr wehtut, dann dürfen sie es essen. Komischerweise tut es dann ganz schnell nicht mehr weh. Das hat schon meine Mutter mit uns so gemacht, und es funktioniert prima.
„Danke Max, das ist aber lieb, da tut es gar gleich nicht mehr weh“, strahlte Matthias den Kleine an, der erwartungsvoll ob der Wirkung, die er erzielte, in sein Gesicht blickte und dann ein glasreines Kinderstrahlen aufsetzte.
„Na, da haben Sie aber bei ihm einen Stein im Brett, seine Schokolade leibt er nämlich über alles. Meike hätte er das Ei nicht gegeben.“ Unter Max’ kritisch prüfendem Blick wickelte Matthias nun notgedrungen, aber ganz gerührt das etwas angematschte Osterei aus und schob es sich in den Mund.
„Hmmm….ah….. das hat geholfen. Mensch Max, du wirst bestimmt mal Arzt, was?“
Max schüttelte den Kopf: „Bus...“ und zeigte auf einen schönen roten Bus, der gerade vorbeifuhr.
Seine Mutter lachte: „Ein Glück, dass nicht gerade ein Müllfahrzeug vorbei kam, sonst hätte er das fahren wollen als Berufswunsch.“
Matthias war nun dicke befreundet mit Max, und die Beschäftigung mit dem Knirps machte ihm immer mehr Spaß. Bis zum Büro hatten sie sich beide im Rahmen ihrer Möglichkeiten ausgetauscht, während Meike immer noch schlief. Matthias wusste nun, dass der Papa von Max immer erst spät nach Hause kam, dass er gerne Pommes aß, dass er außer Felix noch einen Delphin namens „Willi Welle“ für die Badewanne besaß und dass er gerne in den Kindergarten ging. Die wichtigsten Fakten dieses Kinderlebens waren also ausgetauscht. Und Frau Krüger freute sich, dass ihr Sohn so schön beschäftigt war, und ließ die beiden Herren miteinander philosophieren.
Zum Abschied sagte sie: „ Sie mögen Kinder sehr, Herr Manthei, oder? Dann drücke ich Ihnen die Daumen, dass es klappt, wenn Sie einmal wollen. Bis bald.“ Mit diesen Worten fuhr sie mit ihren beiden süßen in Richtung Kindergarten. Doch obwohl sie Max mit sich nahm, blieb er doch eine Weile bei Matthias.
Alex 32
Bevor Matthias aber über die Worte von Frau Krüger nachdenken konnte, holte ihn auch schon der Alltag ein: Bereits im Flur kam ihm sein Chef entgegen.
„Ja Herr Manthei, um Gottes willen, wo waren Sie denn?“ Sein Ton klang mehr besorgt als vorwurfsvoll.
„Entschuldigen Sie, dass ich jetzt erst komme, ich hatte einen kleinen Autounfall, und dabei wurde mein Handy beschädigt.“
„Ja, das hatten wir schon vermutet, nur gut, dass Ihnen nichts Ernsthaftes passiert ist, oder? Und Ihre Präsentation war große Klasse, Ihr Glück, dass wir an die Dateien herankamen.“
„Oh....danke....dann scheint ja alles gutgegangen zu sein.“ Matthias lächelte etwas verwirrt.
„Zum Glück! Als Sie nicht rechtzeitig hier waren und Sie auch zu hause nicht erreichbar waren, hat Herr Krüger die Unterlagen schon vorbereitet, und Frau Meyer hat dann in Ihrem Namen die Präsentation vorgestellt. Sie hat – das muss ich fairerweise zugeben – gleich vermutet, dass Ihnen etwas zugestossen sein musste, denn anders kennen wir Sie ja auch nicht. Ja, und Ihre Arbeit ist gut angekommen. Aber für mich war es fast erfreulicher zu sehen, wie Ihr gesamtes Team zusammengearbeitet hat. DAS sind echte Qualitäten, großes Lob an Sie, Herr Manthei.“ Mit diesen Worten ließ er Matthias stehen und stürmte davon. Herr Rossberg war immer in Eile und erledigte fast alle Angelegenheiten im Sturmschritt.
Im Büro wartete Ralph Krüger schon auf ihn. „Mensch Matthias, alles okay? Wir haben die Präsentation rechtzeitig vorgenommen, aber du hast ganz schön gefehlt. Kathrin hat alles veranlasst und dann bis auf den letzten Drücker auf dich gewartet, und als du nicht kamst, hat sie dich entschuldigt, du wärest ernsthaft aufgehalten worden, und hat in deinem Namen die Präsentation vorgestellt. Sie war wirklich gut. Und falls du fragen willst: nein, sie hat sich nicht deine Lorbeeren an das Revers geheftet, sondern auf dich verwiesen.“
Matthias hatte nun einiges zu verdauen. Die Handlungsweise seiner konkurrierenden Kollegin hatte ihm nun zusätzliches Lob eingebracht. Vielleicht hatte sie ihm damit zur Stelle in Frankfurt verholfen, die sie selbst doch so gerne haben wollte.
„Was will sie denn damit bezwecken?“ fragte sich Matthias, dem das Verhalten von Frauen nur zu oft ein Rätsel war.
„Herr Manthei?“ Frau Meyer steckte in diesem Augenblick den Kopf zur Tür herein. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung? Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Aber zum Glück war ja alles so vorbereitet, dass jeder Idiot die Präsentation hätte vorführen können. Und in diesem Fall war ich der Idiot. Aber, um es kurz zu machen, Sie haben vermutlich schon gehört, dass alles gut verlaufen ist.“ Frau Meyer schaute ihn mit offenem Blick an.
„Ja, und ich habe schon ein dickes Lob dafür bekommen, und auch für mein Team. Ich glaube, ich muss mich bei Ihnen bedanken, dass Sie den Karren aus dem Dreck gezogen haben, ich hatte tatsächlich einen Autounfall. Aber nichts Ernstes, nur so, dass ich nicht rechtzeitig kommen konnte und auch nicht telefonieren konnte.“ Und mit einem Blick auf seinen Kollegen Ralph setzte er hinzu: “Aber ich hatte dann ganz viel Hilfe beim Verdauen der Situation...“ schmunzelte er vor sich hin. Alles schien ja ohne ihn gut gelaufen zu sein, und Abbruch hatte es seiner Karriere nicht getan.
Matthias machte eine einladende Handbewegung, mit der er Frau Meyer und Ralph Krüger zum Hinsetzen aufforderte. Dann begann er eine kleine Zusammenfassung des Morgens, allerdings unter Auslassung seines vorabendlichen Alkoholkonsums und des Streites mit Alex. Das gehörte nicht hierher, wohl aber die Beschreibung der diversen Schäden am Auto und des Aussehens der Studentin.
„Ja, Ralph, und dann lernte ich jemanden kennen, von dessen Familie ich jetzt eine Menge weiß, nämlich dass der Papa immer erst so spät nach Hause kommt, dass der Sohn schon im Bett liegt, und dass der Kleine so gerne mal mit dem Papa in den Zoo gehen will, aber Papa dazu kaum Zeit hat.“
Ralph schaute verständnislos, während Frau Meyer trocken fragte: „Wie alt ist denn dein Sohn, Ralph?“, was Herrn Krüger völlig aus der Fassung brachte. „Wieso Max, was hat der denn damit zu tun?“
„Weil ich ihn heute zufällig kennengelernt habe, und er mir schon fast Felix leihen wollte – Felix ist nämlich der Stoffhase von Max“, erklärte er Frau Meyer, „wir sind nämlich jetzt ganz dicke Freunde.“ Aus seiner Stimme war so etwas wie Stolz zu herauszuhören. Und dann erzählte er endlich, auch für Ralph nachvollziehbar, wie er Max kennengelernt hatte und wieso er nun alles über ihn wusste.
„Ja, Max ist schon ein toller Bursche“, kommentierte sein Vater mit Vaterstolz und schlechtem Gewissen. „Ich habe nur leider so wenig Zeit für ihn.“
„Zeit hat man, man muss sie sich nur nehmen“, hörte sich Matthias plötzlich sagen. Innerlich musste er schon fast selbst den Kopf über sich schütteln.
„Du hast gut reden, du hast ja keine Kinder“, maulte Ralph vorwurfsvoll, und zum ersten Mal im Leben spürte Matthias diesen kleinen Stich der Eifersucht.
„Nein, habe ich nicht, aber denken kann ich trotzdem,“ entgegnete er leicht pikiert.
Frau Meyer hatte sich diesen Schlagabtausch leicht amüsiert aber kommentarlos angehört. Um die Situation aufzulösen, bot sie nun an: „Wie wäre es, wenn wir jetzt gemeinsam einen Kaffee trinken und wir dabei über unser Team einmal sprächen? Offensichtlich haben wir ja alle mehr gemeinsam, als wir bisher dachten.“
Und beide Männer nahmen erleichtert die Ablenkung von einem jeweils unbehaglichen Thema an.
Bevor Matthias aber über die Worte von Frau Krüger nachdenken konnte, holte ihn auch schon der Alltag ein: Bereits im Flur kam ihm sein Chef entgegen.
„Ja Herr Manthei, um Gottes willen, wo waren Sie denn?“ Sein Ton klang mehr besorgt als vorwurfsvoll.
„Entschuldigen Sie, dass ich jetzt erst komme, ich hatte einen kleinen Autounfall, und dabei wurde mein Handy beschädigt.“
„Ja, das hatten wir schon vermutet, nur gut, dass Ihnen nichts Ernsthaftes passiert ist, oder? Und Ihre Präsentation war große Klasse, Ihr Glück, dass wir an die Dateien herankamen.“
„Oh....danke....dann scheint ja alles gutgegangen zu sein.“ Matthias lächelte etwas verwirrt.
„Zum Glück! Als Sie nicht rechtzeitig hier waren und Sie auch zu hause nicht erreichbar waren, hat Herr Krüger die Unterlagen schon vorbereitet, und Frau Meyer hat dann in Ihrem Namen die Präsentation vorgestellt. Sie hat – das muss ich fairerweise zugeben – gleich vermutet, dass Ihnen etwas zugestossen sein musste, denn anders kennen wir Sie ja auch nicht. Ja, und Ihre Arbeit ist gut angekommen. Aber für mich war es fast erfreulicher zu sehen, wie Ihr gesamtes Team zusammengearbeitet hat. DAS sind echte Qualitäten, großes Lob an Sie, Herr Manthei.“ Mit diesen Worten ließ er Matthias stehen und stürmte davon. Herr Rossberg war immer in Eile und erledigte fast alle Angelegenheiten im Sturmschritt.
Im Büro wartete Ralph Krüger schon auf ihn. „Mensch Matthias, alles okay? Wir haben die Präsentation rechtzeitig vorgenommen, aber du hast ganz schön gefehlt. Kathrin hat alles veranlasst und dann bis auf den letzten Drücker auf dich gewartet, und als du nicht kamst, hat sie dich entschuldigt, du wärest ernsthaft aufgehalten worden, und hat in deinem Namen die Präsentation vorgestellt. Sie war wirklich gut. Und falls du fragen willst: nein, sie hat sich nicht deine Lorbeeren an das Revers geheftet, sondern auf dich verwiesen.“
Matthias hatte nun einiges zu verdauen. Die Handlungsweise seiner konkurrierenden Kollegin hatte ihm nun zusätzliches Lob eingebracht. Vielleicht hatte sie ihm damit zur Stelle in Frankfurt verholfen, die sie selbst doch so gerne haben wollte.
„Was will sie denn damit bezwecken?“ fragte sich Matthias, dem das Verhalten von Frauen nur zu oft ein Rätsel war.
„Herr Manthei?“ Frau Meyer steckte in diesem Augenblick den Kopf zur Tür herein. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung? Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Aber zum Glück war ja alles so vorbereitet, dass jeder Idiot die Präsentation hätte vorführen können. Und in diesem Fall war ich der Idiot. Aber, um es kurz zu machen, Sie haben vermutlich schon gehört, dass alles gut verlaufen ist.“ Frau Meyer schaute ihn mit offenem Blick an.
„Ja, und ich habe schon ein dickes Lob dafür bekommen, und auch für mein Team. Ich glaube, ich muss mich bei Ihnen bedanken, dass Sie den Karren aus dem Dreck gezogen haben, ich hatte tatsächlich einen Autounfall. Aber nichts Ernstes, nur so, dass ich nicht rechtzeitig kommen konnte und auch nicht telefonieren konnte.“ Und mit einem Blick auf seinen Kollegen Ralph setzte er hinzu: “Aber ich hatte dann ganz viel Hilfe beim Verdauen der Situation...“ schmunzelte er vor sich hin. Alles schien ja ohne ihn gut gelaufen zu sein, und Abbruch hatte es seiner Karriere nicht getan.
Matthias machte eine einladende Handbewegung, mit der er Frau Meyer und Ralph Krüger zum Hinsetzen aufforderte. Dann begann er eine kleine Zusammenfassung des Morgens, allerdings unter Auslassung seines vorabendlichen Alkoholkonsums und des Streites mit Alex. Das gehörte nicht hierher, wohl aber die Beschreibung der diversen Schäden am Auto und des Aussehens der Studentin.
„Ja, Ralph, und dann lernte ich jemanden kennen, von dessen Familie ich jetzt eine Menge weiß, nämlich dass der Papa immer erst so spät nach Hause kommt, dass der Sohn schon im Bett liegt, und dass der Kleine so gerne mal mit dem Papa in den Zoo gehen will, aber Papa dazu kaum Zeit hat.“
Ralph schaute verständnislos, während Frau Meyer trocken fragte: „Wie alt ist denn dein Sohn, Ralph?“, was Herrn Krüger völlig aus der Fassung brachte. „Wieso Max, was hat der denn damit zu tun?“
„Weil ich ihn heute zufällig kennengelernt habe, und er mir schon fast Felix leihen wollte – Felix ist nämlich der Stoffhase von Max“, erklärte er Frau Meyer, „wir sind nämlich jetzt ganz dicke Freunde.“ Aus seiner Stimme war so etwas wie Stolz zu herauszuhören. Und dann erzählte er endlich, auch für Ralph nachvollziehbar, wie er Max kennengelernt hatte und wieso er nun alles über ihn wusste.
„Ja, Max ist schon ein toller Bursche“, kommentierte sein Vater mit Vaterstolz und schlechtem Gewissen. „Ich habe nur leider so wenig Zeit für ihn.“
„Zeit hat man, man muss sie sich nur nehmen“, hörte sich Matthias plötzlich sagen. Innerlich musste er schon fast selbst den Kopf über sich schütteln.
„Du hast gut reden, du hast ja keine Kinder“, maulte Ralph vorwurfsvoll, und zum ersten Mal im Leben spürte Matthias diesen kleinen Stich der Eifersucht.
„Nein, habe ich nicht, aber denken kann ich trotzdem,“ entgegnete er leicht pikiert.
Frau Meyer hatte sich diesen Schlagabtausch leicht amüsiert aber kommentarlos angehört. Um die Situation aufzulösen, bot sie nun an: „Wie wäre es, wenn wir jetzt gemeinsam einen Kaffee trinken und wir dabei über unser Team einmal sprächen? Offensichtlich haben wir ja alle mehr gemeinsam, als wir bisher dachten.“
Und beide Männer nahmen erleichtert die Ablenkung von einem jeweils unbehaglichen Thema an.
Teil 33
„Manthei, Guten Tag,“ sagte Alex mehr mechanisch als anteilnehmend, denn sie war gerade auf eine interessante Seite im Internet gestoßen und hatte Mühe, ihre Gedanken auf eine Anruf zu konzentrieren.
„Hi Alex, ich bin’s schon wieder, Bea. Störe ich oder hast du Zeit.“
„Nö, geht.“
„Ich muss mit dir sprechen… ich habe mit Peter gesprochen.“
„Und? Will er oder will er nicht? Kinder meine ich.“
„Das ist es ja… ich will dir das persönlich sagen. Um halb fünf beim Italiener, also wie immer?“
Alex verdrehte die Augen, sagte aber „Ja klar, bis gleich…“ und legte auf. Bea hatte irgendwie aufgewühlt geklungen, und es war typisch, dass sie am Telefon nicht sagte, wo der Schuh drückte. Daran hatte sich Alex im Laufe der Jahre nur ungenügend gewöhnt, aber da war bei Bea nichts zu machen, wenn sie Dinge nur persönlich sagen wollte, schwieg sie wie ein Grab.
„Wenn die mir jetzt sagt, dass sie für Peter nun doch ans Kinderkriegen denkt, bringe ich sie um“, dachte Alex und vollführte mit dem Kugelschreiber wilde Verrenkungen, als würde sie jemanden erstechen. Dabei machte sie das Geräusch, das jeder Fan klassischer Filme aus der Mordszene des Filmes Psycho kennt. Dass in diesem Augenblick die schwergewichtige Vorzimmerzofe die Tür öffnete und verdutzt guckte, hielt sie in ihrem Tun nicht ab. Stattdessen fragte sie ungerührt mit als Messer erhobenem Kugelschreiber.
„’was Wichtiges? Bin gerade dabei, meine beste Freundin zu erstechen…“
„Das sehe ich, aber ich sollte Ihnen lieber einen Brieföffner geben, der liegt besser in der Hand.“ Herr Münstermann ließ sich durch seine Chefin nicht beirren, er gehörte zu der mitfühlenden erfahrenen Sorte, die schon zahlreiche Chefs unterstützt hatte. Alex hielt inne.
„Haben Sie auch einen mit Blut? So wie bei dem Gartenzwerg „Nachbars Rache“?“
Nun schaute er doch verständnislos und schüttelte den Kopf. „Nee, höchstens ein Messer mit Marmelade, wenn das hilft“, meinte er grinsend.
„Na gut, dann bleibt sie eben am Leben.“ Pathetisch steckte Alex den Kugelschreiber in die nicht vorhandene Lederhülle zurück und schaute tief bedauernd. „Musste mal raus…“ war ihre Erklärung. Anstatt einer Antwort stellte ihr Herr Münstermann einen frischen Kaffee hin und legte ein Fax auf den Tisch. Es war die Bestätigung der Buchung für das Wellness-Hotel.
„Tut Ihnen dann bestimmt gut…“ sagte der Vorzimmermann bedeutungsvoll und verkniff sich ein „in Ihrem seelischen Zustand“.
Seine Chefin schaute das Papier kurz an und nickte. Alles ging klar, Hanna und sie und vielleicht ihr kleiner Krümel würden Spaß haben. Oder zwei Krümel, oder drei, oder sogar vier, wenn sie beide Zwillinge bekommen würden. Ein gemütliches Strahlen ging über Alex Gesicht, sie liebte mittlerweile solche Gedankenspiele.
Die Zeit bis zur Verabredung verging wie im Fluge, denn zu tun hatte Alex im Büro eigentlich reichlich, und da sie den über Vormittag abgelenkt war, war doch viel liegen geblieben.
Pünktlich wie immer war sie im Bistro und bestellte sich zunächst ein Wasser. „Heute bestimmt kein Alkohol, basta,“ sagte sie sich. „Und kein Kaffee, denn auch das ist ein Gift, sagt das Internet.“ Bis Bea kam, sprach sie noch eins Weile mit sich und mit ihrem noch ungeborenen, sozusagen frisch eingenisteten Kind und kommentierte ihr Tun in Hinblick auf ihre potentielle Schwangerschaft
„Hey du, halt dich fest, gleich kribbelt es, wenn die Kohlesäure kommt.“ Ab und zu schaute sie an sich herunter, ob man schon etwas sehen konnte. Konnte man, wie sie feststellen musste, nämlich ein paar Kilo zu viel.
„Huhu Süße, ich bin da!“ flötete Bea auch schon und schmatzte ihr einen Kuß auf die Wange.
Und zur Bedienung.“ Ein Wasser bitte!“
Alex zuckte fast zusammen. Bea trank Wasser! Das hatte sie noch nie erlebt, normalerweise war es mindestens ein Milchkaffee. Wasser war doch etwas für Schwangere. Ihr wurde heiß, das konnte nicht ihr Ernst sein!
„Und, was ist denn nun …“ insistierte Alex und zog ihre Freundin unsanft in den Sessel.
„Peter will keine Kinder…“
„Mensch super, dann ist ja alles geritzt! Freu dich doch…!“
„Eben nicht! Kannst du dir vorstellen, wie verletzend es ist, wenn der Typ deiner Träume dir sagt, er will keine Kinder von dir? Er habe ja auch noch Zeit, es sei zu früh für ihn, er könne sich nicht festlegen, und er bezweifele, dass ich Kinder erziehen könne, wo ich sie ohnehin nicht mag. Du, der will kein Kind von MIR!“ Beas Stimme überschlug sich fast.
„Mensch Bea, du willst doch auch keine Kinder, noch vor drei Tagen hast du gejammert, du vermutest, er will, aber du erklärtermaßen nicht, und nun jammerst du mir vor, er will keine. Das wäre doch perfekt für dich.“
„Nee, er hat mich echt vor den Kopf gestoßen. Er traut es mir gar nicht zu, oder besser: Er verschmäht die Frucht meines Liebes.“ Bea schaute triumphierend, ihr gefiel der Ausdruck.
„Naja, den Spruch kenne ich aus einem anderen Zusammenhang“, entgegnete Alex trocken. Zum ersten Mal wurde ihr so richtig bewusst, dass Frauen auch komplizierte Wesen sein können.
„Er will das Einzigartigste, was ich potentiell zu geben habe, mein größtes Geschenk, nicht haben.“
„Einziger als Einzigartig gibt es nicht, sagt die Grammatik. Und bisher hast du es doch immer als eine Belastung angesehen, als potentielle Mutter angesehen zu werden. Mensch Bea, ich kann dich da echt nicht verstehen. Er kann es dir aber auch nicht recht machen.“ Alex war innerlich ziemlich sauer, für Bea schien das alles ein Spiel zu sein.
„Aber ich fühle mich so zurückgestoßen. Er lehnt dadurch mich doch ab und hat gar keine gemeinsame Zukunft mit mir.“ Nun standen Tränen in ihren Augen.
„Wie soll er denn, wo du nicht einmal selbst weißt, wie diese Zukunft aussehen soll.“ Alex war nun doch ungehalten, ihre mitfühlende Ader war versiegt. Bea benahm sich wie eine pubertierende Sechzehnjährige, die ein Kind haben wollte, weil der Kuschelbär nicht mehr altersgemäß ist.
„Nee Bea, tut mir leid, da kann ich dir nicht folgen. Und wenn du dir im Klaren bist, was du wirklich willst, dann musst du darüber mit ihm sprechen, aber du darfst ihm nicht vorwerfen, dass er das, was du nicht willst, selbst nicht mit dir will. Da steigt ja kein Mensch mehr durch.“ Am liebsten wäre sie nun gegangen, aber ein wenig solidarisch wollte sie mit Bea nun doch sein, die so ganz bedröppelt neben ihr saß.
„Und was mache ich jetzt?“ fragte Bea kleinlaut.
„Mit dir selbst ins Reine kommen, schlage ich vor…“ meinte Alex sarkastisch. Aber irgendwie war es ihr, als wollte Bea mit der Frage mehr sagen, nur kam in diesem Augenblick die Bedienung und wollte kassieren, da Schichtwechsel bevorstand. Und danach saßen beide nur noch versunken in den Sesseln, tranken ihr Wasser und beäugten sich gegenseitig.
„Wieso trinkst du eigentlich Wasser?“ fragte Alex misstrauisch.
„Und du?“
„Weil ich vielleicht schwanger bin“ ,dachten beide, aber sprachen es nicht aus.
„Manthei, Guten Tag,“ sagte Alex mehr mechanisch als anteilnehmend, denn sie war gerade auf eine interessante Seite im Internet gestoßen und hatte Mühe, ihre Gedanken auf eine Anruf zu konzentrieren.
„Hi Alex, ich bin’s schon wieder, Bea. Störe ich oder hast du Zeit.“
„Nö, geht.“
„Ich muss mit dir sprechen… ich habe mit Peter gesprochen.“
„Und? Will er oder will er nicht? Kinder meine ich.“
„Das ist es ja… ich will dir das persönlich sagen. Um halb fünf beim Italiener, also wie immer?“
Alex verdrehte die Augen, sagte aber „Ja klar, bis gleich…“ und legte auf. Bea hatte irgendwie aufgewühlt geklungen, und es war typisch, dass sie am Telefon nicht sagte, wo der Schuh drückte. Daran hatte sich Alex im Laufe der Jahre nur ungenügend gewöhnt, aber da war bei Bea nichts zu machen, wenn sie Dinge nur persönlich sagen wollte, schwieg sie wie ein Grab.
„Wenn die mir jetzt sagt, dass sie für Peter nun doch ans Kinderkriegen denkt, bringe ich sie um“, dachte Alex und vollführte mit dem Kugelschreiber wilde Verrenkungen, als würde sie jemanden erstechen. Dabei machte sie das Geräusch, das jeder Fan klassischer Filme aus der Mordszene des Filmes Psycho kennt. Dass in diesem Augenblick die schwergewichtige Vorzimmerzofe die Tür öffnete und verdutzt guckte, hielt sie in ihrem Tun nicht ab. Stattdessen fragte sie ungerührt mit als Messer erhobenem Kugelschreiber.
„’was Wichtiges? Bin gerade dabei, meine beste Freundin zu erstechen…“
„Das sehe ich, aber ich sollte Ihnen lieber einen Brieföffner geben, der liegt besser in der Hand.“ Herr Münstermann ließ sich durch seine Chefin nicht beirren, er gehörte zu der mitfühlenden erfahrenen Sorte, die schon zahlreiche Chefs unterstützt hatte. Alex hielt inne.
„Haben Sie auch einen mit Blut? So wie bei dem Gartenzwerg „Nachbars Rache“?“
Nun schaute er doch verständnislos und schüttelte den Kopf. „Nee, höchstens ein Messer mit Marmelade, wenn das hilft“, meinte er grinsend.
„Na gut, dann bleibt sie eben am Leben.“ Pathetisch steckte Alex den Kugelschreiber in die nicht vorhandene Lederhülle zurück und schaute tief bedauernd. „Musste mal raus…“ war ihre Erklärung. Anstatt einer Antwort stellte ihr Herr Münstermann einen frischen Kaffee hin und legte ein Fax auf den Tisch. Es war die Bestätigung der Buchung für das Wellness-Hotel.
„Tut Ihnen dann bestimmt gut…“ sagte der Vorzimmermann bedeutungsvoll und verkniff sich ein „in Ihrem seelischen Zustand“.
Seine Chefin schaute das Papier kurz an und nickte. Alles ging klar, Hanna und sie und vielleicht ihr kleiner Krümel würden Spaß haben. Oder zwei Krümel, oder drei, oder sogar vier, wenn sie beide Zwillinge bekommen würden. Ein gemütliches Strahlen ging über Alex Gesicht, sie liebte mittlerweile solche Gedankenspiele.
Die Zeit bis zur Verabredung verging wie im Fluge, denn zu tun hatte Alex im Büro eigentlich reichlich, und da sie den über Vormittag abgelenkt war, war doch viel liegen geblieben.
Pünktlich wie immer war sie im Bistro und bestellte sich zunächst ein Wasser. „Heute bestimmt kein Alkohol, basta,“ sagte sie sich. „Und kein Kaffee, denn auch das ist ein Gift, sagt das Internet.“ Bis Bea kam, sprach sie noch eins Weile mit sich und mit ihrem noch ungeborenen, sozusagen frisch eingenisteten Kind und kommentierte ihr Tun in Hinblick auf ihre potentielle Schwangerschaft
„Hey du, halt dich fest, gleich kribbelt es, wenn die Kohlesäure kommt.“ Ab und zu schaute sie an sich herunter, ob man schon etwas sehen konnte. Konnte man, wie sie feststellen musste, nämlich ein paar Kilo zu viel.
„Huhu Süße, ich bin da!“ flötete Bea auch schon und schmatzte ihr einen Kuß auf die Wange.
Und zur Bedienung.“ Ein Wasser bitte!“
Alex zuckte fast zusammen. Bea trank Wasser! Das hatte sie noch nie erlebt, normalerweise war es mindestens ein Milchkaffee. Wasser war doch etwas für Schwangere. Ihr wurde heiß, das konnte nicht ihr Ernst sein!
„Und, was ist denn nun …“ insistierte Alex und zog ihre Freundin unsanft in den Sessel.
„Peter will keine Kinder…“
„Mensch super, dann ist ja alles geritzt! Freu dich doch…!“
„Eben nicht! Kannst du dir vorstellen, wie verletzend es ist, wenn der Typ deiner Träume dir sagt, er will keine Kinder von dir? Er habe ja auch noch Zeit, es sei zu früh für ihn, er könne sich nicht festlegen, und er bezweifele, dass ich Kinder erziehen könne, wo ich sie ohnehin nicht mag. Du, der will kein Kind von MIR!“ Beas Stimme überschlug sich fast.
„Mensch Bea, du willst doch auch keine Kinder, noch vor drei Tagen hast du gejammert, du vermutest, er will, aber du erklärtermaßen nicht, und nun jammerst du mir vor, er will keine. Das wäre doch perfekt für dich.“
„Nee, er hat mich echt vor den Kopf gestoßen. Er traut es mir gar nicht zu, oder besser: Er verschmäht die Frucht meines Liebes.“ Bea schaute triumphierend, ihr gefiel der Ausdruck.
„Naja, den Spruch kenne ich aus einem anderen Zusammenhang“, entgegnete Alex trocken. Zum ersten Mal wurde ihr so richtig bewusst, dass Frauen auch komplizierte Wesen sein können.
„Er will das Einzigartigste, was ich potentiell zu geben habe, mein größtes Geschenk, nicht haben.“
„Einziger als Einzigartig gibt es nicht, sagt die Grammatik. Und bisher hast du es doch immer als eine Belastung angesehen, als potentielle Mutter angesehen zu werden. Mensch Bea, ich kann dich da echt nicht verstehen. Er kann es dir aber auch nicht recht machen.“ Alex war innerlich ziemlich sauer, für Bea schien das alles ein Spiel zu sein.
„Aber ich fühle mich so zurückgestoßen. Er lehnt dadurch mich doch ab und hat gar keine gemeinsame Zukunft mit mir.“ Nun standen Tränen in ihren Augen.
„Wie soll er denn, wo du nicht einmal selbst weißt, wie diese Zukunft aussehen soll.“ Alex war nun doch ungehalten, ihre mitfühlende Ader war versiegt. Bea benahm sich wie eine pubertierende Sechzehnjährige, die ein Kind haben wollte, weil der Kuschelbär nicht mehr altersgemäß ist.
„Nee Bea, tut mir leid, da kann ich dir nicht folgen. Und wenn du dir im Klaren bist, was du wirklich willst, dann musst du darüber mit ihm sprechen, aber du darfst ihm nicht vorwerfen, dass er das, was du nicht willst, selbst nicht mit dir will. Da steigt ja kein Mensch mehr durch.“ Am liebsten wäre sie nun gegangen, aber ein wenig solidarisch wollte sie mit Bea nun doch sein, die so ganz bedröppelt neben ihr saß.
„Und was mache ich jetzt?“ fragte Bea kleinlaut.
„Mit dir selbst ins Reine kommen, schlage ich vor…“ meinte Alex sarkastisch. Aber irgendwie war es ihr, als wollte Bea mit der Frage mehr sagen, nur kam in diesem Augenblick die Bedienung und wollte kassieren, da Schichtwechsel bevorstand. Und danach saßen beide nur noch versunken in den Sesseln, tranken ihr Wasser und beäugten sich gegenseitig.
„Wieso trinkst du eigentlich Wasser?“ fragte Alex misstrauisch.
„Und du?“
„Weil ich vielleicht schwanger bin“ ,dachten beide, aber sprachen es nicht aus.
Teil 34
Bea holte tief Luft. „Also ich… bestelle mir jetzt einen Milchkaffee, und du?“ Alex guckte irritiert, sie war gedanklich ganz bei ihren potentiellen Krümel gewesen, aber sie wollte Bea keine Chance für falsche Gedanken geben.
„Ich auch, da hast du auch recht, wieso eigentlich nicht.“
„Genau.“ Beide versanken wieder ins Schweigen. Alex und Bea waren beide mit sich selbst beschäftigt, und erst nach einer Weile wurde es Alex bewusst, dass auch Bea schwieg, was so gar nicht ihre Art war. Sie beobachtete ihre Freundin seit langer Zeit einmal wieder genau. Normalerweise konnte sie in Beas Augen wie in einem Buch, alle Gefühle spiegelten sich darin wider. Schon oft hatte sie Antworten auf ihre Fragen schon vor der Frage gesehen, und heute schaute sie sich Bea als Person an: Sie war groß, schlank und muskulös, ihre Haare waren dunkelblond mit Strähnen, und durch viel Gel standen sie nun modern nach oben ab, obwohl Bea normalerweise eher konservativ ausgesehen hätte. Noch vor wenigen Jahren hatte sie lange blonde – naturblonde – Haare gehabt, aber das erschien ihr zu brav. Auch ihre Kleidung war nun betont lässig, so als wolle sie ein Bild von sich abstreifen, das dennoch in ihr tief verankert war.
Heute hatte Bea mehr Make-up als sonst aufgetragen, was Alex den unvermeidlichen Fleck auf dem Blusenkragen verschafft hatte, aber was tut man nicht alles für die Freundin. Und sie hatte tiefe Augenringe, und wenige kleine Pickel, die sie immer kurz vor der Mens bekam. Fast beruhigten diese Pickel Alex, so als wollten sie anzeigen: „Keine Gefahr für dich, sie ist nicht schwanger, du brauchst nicht eifersüchtig zu sein“, doch diesen Gedanken registrierte Alex nur ganz im Unterbewußtsein.
Alex suchte den Blickkontakt, sie wollte wissen, was los ist. Beas dunkelblauen Augen - Alex dachte oft, dass es Augen zum Verlieben seien, wenn sie ein Mann wäre – schauten irgendwie unglücklich drein.
„Ist noch was außer dem Spruch von Peter?“
„Nö.“ Sagte Bea, aber ihre Augen sagten etwas ganz anderes.
„Bea, das ist doch Unsinn, da ist doch noch was“, insistierte Alex.
Bea rutschte unbehaglich auf dem Sessel hin und her und sagte unwirsch: „Wo bleibt eigentlich diese Bedienungstrulla, ich will meinen Milchkaffee.“ Mit diesen Worten hob sie die Hand und wedelte damit in der Luft.
„Zwei Milchkaffee!“
„Also Bea, was ist noch los, oder bist du wegen Peter so ? Ist doch noch alles zu klären, dann bleibt ihr eben kinderlos zusammen und könnt immer noch entscheiden, was Ihr wollt. Und das dann gemeinsam, Meinungen ändern sich doch auch im Laufe der Zeit.“
„Naja, was hättest du denn gemacht, wenn Matthias nun Kinder hätte haben wollen?“
Genau dahin hatte sich Alex nicht manövrieren lassen wollen, aber nun musste sie sich entscheiden: weiter lügen, sich herauslavieren oder die Wahrheit musste raus.
„Na endlich, der Kaffee“, sagte sie erleichtert, denn in diesem Augenblick gab es nichts Schöneres für sie. „Hmmm… der tut gut, eigentlich wollte ich ja nicht mehr so viel Kaffee trinken, aber er schmeckt einfach zu gut.“
„Ja, man wird nicht jünger“, lachte nun auch Bea, ebenso erleichtert, den glitschigen Boden des Gespräches verlassen zu können.
„Nee, leider nicht. Nur leider muss ich ihn ja mit Zucker trinken, sonst schmeckt er mir nicht, und dann sind das schon ganz schön viele Kalorien, und das, wo ich sowieso schon so zugenommen habe.“
„Ja, du siehst richtig schwanger aus!“ machte sich Bea über sie lustig, nur blieb Alex das Lachen im Halse stecken.
Und dann nahm Bea eine tiefen Schluck Kaffee und sagte: „Habe gerade in einer Frauenzeitschrift gelesen, dass Frauen, die schwanger werden wollen, keinen Kaffee trinken dürfen.“ Sie zitierte mit verstellter Stimme: „Genussmittel wie Alkohol und Zigaretten wirken sich ungünstig auf die Fruchtbarkeit aus und können für die Entwicklung eines Kindes katastrophale Folgen haben. Kaffee und schwarzer Tee sollten nur in Maßen genossen werden: Schon mehr als drei Tassen täglich besitzen einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Während der Schwangerschaft erhöht exzessiver Kaffee- oder Teekonsum das Risiko einer Fehl-, Früh- oder Totgeburt.“ Und fügte an: „Na denn Prost.“
Nur Alex nahm nur einen kleinen Schluck und stellte die Tasse wieder zurück, Sie wurde aus ihrer Freundin heute nicht so richtig schlau.
Bea holte tief Luft. „Also ich… bestelle mir jetzt einen Milchkaffee, und du?“ Alex guckte irritiert, sie war gedanklich ganz bei ihren potentiellen Krümel gewesen, aber sie wollte Bea keine Chance für falsche Gedanken geben.
„Ich auch, da hast du auch recht, wieso eigentlich nicht.“
„Genau.“ Beide versanken wieder ins Schweigen. Alex und Bea waren beide mit sich selbst beschäftigt, und erst nach einer Weile wurde es Alex bewusst, dass auch Bea schwieg, was so gar nicht ihre Art war. Sie beobachtete ihre Freundin seit langer Zeit einmal wieder genau. Normalerweise konnte sie in Beas Augen wie in einem Buch, alle Gefühle spiegelten sich darin wider. Schon oft hatte sie Antworten auf ihre Fragen schon vor der Frage gesehen, und heute schaute sie sich Bea als Person an: Sie war groß, schlank und muskulös, ihre Haare waren dunkelblond mit Strähnen, und durch viel Gel standen sie nun modern nach oben ab, obwohl Bea normalerweise eher konservativ ausgesehen hätte. Noch vor wenigen Jahren hatte sie lange blonde – naturblonde – Haare gehabt, aber das erschien ihr zu brav. Auch ihre Kleidung war nun betont lässig, so als wolle sie ein Bild von sich abstreifen, das dennoch in ihr tief verankert war.
Heute hatte Bea mehr Make-up als sonst aufgetragen, was Alex den unvermeidlichen Fleck auf dem Blusenkragen verschafft hatte, aber was tut man nicht alles für die Freundin. Und sie hatte tiefe Augenringe, und wenige kleine Pickel, die sie immer kurz vor der Mens bekam. Fast beruhigten diese Pickel Alex, so als wollten sie anzeigen: „Keine Gefahr für dich, sie ist nicht schwanger, du brauchst nicht eifersüchtig zu sein“, doch diesen Gedanken registrierte Alex nur ganz im Unterbewußtsein.
Alex suchte den Blickkontakt, sie wollte wissen, was los ist. Beas dunkelblauen Augen - Alex dachte oft, dass es Augen zum Verlieben seien, wenn sie ein Mann wäre – schauten irgendwie unglücklich drein.
„Ist noch was außer dem Spruch von Peter?“
„Nö.“ Sagte Bea, aber ihre Augen sagten etwas ganz anderes.
„Bea, das ist doch Unsinn, da ist doch noch was“, insistierte Alex.
Bea rutschte unbehaglich auf dem Sessel hin und her und sagte unwirsch: „Wo bleibt eigentlich diese Bedienungstrulla, ich will meinen Milchkaffee.“ Mit diesen Worten hob sie die Hand und wedelte damit in der Luft.
„Zwei Milchkaffee!“
„Also Bea, was ist noch los, oder bist du wegen Peter so ? Ist doch noch alles zu klären, dann bleibt ihr eben kinderlos zusammen und könnt immer noch entscheiden, was Ihr wollt. Und das dann gemeinsam, Meinungen ändern sich doch auch im Laufe der Zeit.“
„Naja, was hättest du denn gemacht, wenn Matthias nun Kinder hätte haben wollen?“
Genau dahin hatte sich Alex nicht manövrieren lassen wollen, aber nun musste sie sich entscheiden: weiter lügen, sich herauslavieren oder die Wahrheit musste raus.
„Na endlich, der Kaffee“, sagte sie erleichtert, denn in diesem Augenblick gab es nichts Schöneres für sie. „Hmmm… der tut gut, eigentlich wollte ich ja nicht mehr so viel Kaffee trinken, aber er schmeckt einfach zu gut.“
„Ja, man wird nicht jünger“, lachte nun auch Bea, ebenso erleichtert, den glitschigen Boden des Gespräches verlassen zu können.
„Nee, leider nicht. Nur leider muss ich ihn ja mit Zucker trinken, sonst schmeckt er mir nicht, und dann sind das schon ganz schön viele Kalorien, und das, wo ich sowieso schon so zugenommen habe.“
„Ja, du siehst richtig schwanger aus!“ machte sich Bea über sie lustig, nur blieb Alex das Lachen im Halse stecken.
Und dann nahm Bea eine tiefen Schluck Kaffee und sagte: „Habe gerade in einer Frauenzeitschrift gelesen, dass Frauen, die schwanger werden wollen, keinen Kaffee trinken dürfen.“ Sie zitierte mit verstellter Stimme: „Genussmittel wie Alkohol und Zigaretten wirken sich ungünstig auf die Fruchtbarkeit aus und können für die Entwicklung eines Kindes katastrophale Folgen haben. Kaffee und schwarzer Tee sollten nur in Maßen genossen werden: Schon mehr als drei Tassen täglich besitzen einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Während der Schwangerschaft erhöht exzessiver Kaffee- oder Teekonsum das Risiko einer Fehl-, Früh- oder Totgeburt.“ Und fügte an: „Na denn Prost.“
Nur Alex nahm nur einen kleinen Schluck und stellte die Tasse wieder zurück, Sie wurde aus ihrer Freundin heute nicht so richtig schlau.
Teil 35
Während Alex recht unbehaglich versuchte, ihrer Freundin ihr innerstes Denken zu entlocken – woran sie übrigens diesmal scheiterte – erfuhr Matthias im Gespräch mit Rolf und Frau Meyer seinerseits sehr wohl überraschende Dinge.
Das Dreiergespann, das sich eigentlich erst durch den Notfall von Matthias in der Form zusammengefunden hatte, saß in einer ungestörten Ecke eines firmennahen Cafes und hatte ebenso Milchkaffee bestellt, nur sollte das Gespräch weniger intim sein als bei Alex und Bea.
Alle drei hatten sich entspannt im Sessel zurückgelehnt und genossen den ersten Schluck, niemand wollte den ersten Schritt machen, nämlich das Gespräch beenden. Und die beiden Herren hatten ohnehin mit sich zu tun, nämlich damit, diesen unangenehmen Beigeschmack der letzten Sätze erfolgreich zu verdrängen, was ihnen aus alter Gewohnheit aber dennoch gelang.
Frau Meyer behielt währenddessen zunächst den beobachtenden Posten, bis sie das Wort ergriff.
„Ich wollte mit Ihnen beiden schon lange ein klärendes Gespräch führen.“ Beide Herren sahen nun auf, die Einleitung entsprach aus ihrer Sicht bereits einer zukünftigen Chefin, genauso hätten sie es vermutlich formuliert, um dann ein wenig Luft für das Weitere, sicher unangenehme zu haben. Sie setzten sich auf und stellten die Kaffeetassen weg. Leicht vorgebeugt und in der Haltung ablehnend entgegnete Matthias äußerlich lässig: „Na, dann bin ich aber gespannt…“ um sich dann betont langsam zurückzulehnen und mit der rechten Hand den Velour des Clubsessels zu einem großflächigen Muster, das er ständig vergrößerte, zu streichen. Rolf sagte nichts, sondern schaute von einem zum anderen.
Frau Meyer hingegen ließ sich durch dieses Verhalten nicht beeindrucken, sie arbeitete schon zu lange in der Männerwelt, um sich von solchen Tricks der Körpersprache aus dem Konzept bringen zu lassen. Ihr Lächeln war nach wie vor offen und sicher.
„Ich kann mir vorstellen, dass es überraschend für Sie kommt, Herr Manthei, und dass Sie sich fragen, warum eine potentielle Konkurrentin um eine Stellung mit Ihnen von einem Team spricht.“ Hier machte sie eine kleine Pause, so, wie ein Mann dies machen würde, um seinen Gesprächpartner entweder zu verunsichern oder ihn zur Offensive zu drängen. Und Matthias reagierte wie bestellt. „Und?“ fragte er. Frau Meyers Lächeln vertiefte sich, irgendwie waren Männer ja leichter zu durchschauen als Frauen, wenn sie Profis sind, und das machte sie oft sympathisch. Herr Manthei zum Beispiel war gar nicht so hart, wie er immer tat, er hatte nur Verlustängste, und das lähmte seine Kreativität.
„Es ist mir klar, dass Sie sich über mich wundern. Vermutlich Sie insgeheim: „Verdammt, will die mich reinlegen?“ Ich kann es Ihnen nicht verdenken, doch die Situation ist ganz anders als Sie , denn: Ich will gar nicht nach Frankfurt.“ Matthias atmete hörbar ein, und auch Ralf ließ einen erstaunten Atmer hören.
„Aber ich dachte…“ „Ja, ich weiß, und ich sage Ihnen auch, warum ich nicht möchte.“ vervollständigte Frau Meyer freundlich Matthias Gedanken.
Während Alex recht unbehaglich versuchte, ihrer Freundin ihr innerstes Denken zu entlocken – woran sie übrigens diesmal scheiterte – erfuhr Matthias im Gespräch mit Rolf und Frau Meyer seinerseits sehr wohl überraschende Dinge.
Das Dreiergespann, das sich eigentlich erst durch den Notfall von Matthias in der Form zusammengefunden hatte, saß in einer ungestörten Ecke eines firmennahen Cafes und hatte ebenso Milchkaffee bestellt, nur sollte das Gespräch weniger intim sein als bei Alex und Bea.
Alle drei hatten sich entspannt im Sessel zurückgelehnt und genossen den ersten Schluck, niemand wollte den ersten Schritt machen, nämlich das Gespräch beenden. Und die beiden Herren hatten ohnehin mit sich zu tun, nämlich damit, diesen unangenehmen Beigeschmack der letzten Sätze erfolgreich zu verdrängen, was ihnen aus alter Gewohnheit aber dennoch gelang.
Frau Meyer behielt währenddessen zunächst den beobachtenden Posten, bis sie das Wort ergriff.
„Ich wollte mit Ihnen beiden schon lange ein klärendes Gespräch führen.“ Beide Herren sahen nun auf, die Einleitung entsprach aus ihrer Sicht bereits einer zukünftigen Chefin, genauso hätten sie es vermutlich formuliert, um dann ein wenig Luft für das Weitere, sicher unangenehme zu haben. Sie setzten sich auf und stellten die Kaffeetassen weg. Leicht vorgebeugt und in der Haltung ablehnend entgegnete Matthias äußerlich lässig: „Na, dann bin ich aber gespannt…“ um sich dann betont langsam zurückzulehnen und mit der rechten Hand den Velour des Clubsessels zu einem großflächigen Muster, das er ständig vergrößerte, zu streichen. Rolf sagte nichts, sondern schaute von einem zum anderen.
Frau Meyer hingegen ließ sich durch dieses Verhalten nicht beeindrucken, sie arbeitete schon zu lange in der Männerwelt, um sich von solchen Tricks der Körpersprache aus dem Konzept bringen zu lassen. Ihr Lächeln war nach wie vor offen und sicher.
„Ich kann mir vorstellen, dass es überraschend für Sie kommt, Herr Manthei, und dass Sie sich fragen, warum eine potentielle Konkurrentin um eine Stellung mit Ihnen von einem Team spricht.“ Hier machte sie eine kleine Pause, so, wie ein Mann dies machen würde, um seinen Gesprächpartner entweder zu verunsichern oder ihn zur Offensive zu drängen. Und Matthias reagierte wie bestellt. „Und?“ fragte er. Frau Meyers Lächeln vertiefte sich, irgendwie waren Männer ja leichter zu durchschauen als Frauen, wenn sie Profis sind, und das machte sie oft sympathisch. Herr Manthei zum Beispiel war gar nicht so hart, wie er immer tat, er hatte nur Verlustängste, und das lähmte seine Kreativität.
„Es ist mir klar, dass Sie sich über mich wundern. Vermutlich Sie insgeheim: „Verdammt, will die mich reinlegen?“ Ich kann es Ihnen nicht verdenken, doch die Situation ist ganz anders als Sie , denn: Ich will gar nicht nach Frankfurt.“ Matthias atmete hörbar ein, und auch Ralf ließ einen erstaunten Atmer hören.
„Aber ich dachte…“ „Ja, ich weiß, und ich sage Ihnen auch, warum ich nicht möchte.“ vervollständigte Frau Meyer freundlich Matthias Gedanken.
Alex 36
Während Matthias nun Informationen bekam, von denen er gar nicht wusste, dass es sie gab, hatte Alex das Bohren bei Bea aufgegeben und sich schließlich unbefriedigt verab-schiedet. Noch den gesamten Nachhauseweg beschäftigte sie sich mit ihrer Freundin. Diese rätselhafte Art war ihr gar nicht geheuer. Oder war es so, dass sie schon Gespenster sah? Sie hatte sich ertappt, wie sie Bea ständig auf den Bauch schaute, in ihrem Gesicht nach Pickeln, die sie sonst vor der Mens hatte, forschte und jedes anders abstehende Haar be-wertete. Denn sie vermutete, dass Bea schwanger war, und diese Vermutung vergällte ihr die Laune. Bildete sie sich das alles jetzt schon ein? War sie so auf den Kinderwunsch redu-ziert, dass sie an gar nichts anderes mehr denken konnte? Und wieso war da diese bohren-de Eifersucht auf Bea, dass sie etwas geschafft haben könnte, was sie vielleicht nicht errei-chen würde? Warum konnte sie sich nicht einfach freuen, wenn Bea diese Entscheidung getroffen hatte, und sie dabei unterstützen, wie gute Freundinnen das tun? Sie fand sich selbst ekelhaft in diesem Gedankenkaroussel. Doch zum Schluss blieb nur ein kläglich „Ich will auch endlich schwanger sein…“ wobei sie sich das „Bea ist noch gar nicht dran, sie hat kein Recht dazu, vor mir schwanger zu werden“ mühsam verkniff und ein paar aufsteigende Tränen des Selbstmitleids unterdrückte.
„Hoppla, ich bin heute ja sehr sensibel, wenn mir einfach so die Tränen kommen. Ob das die Hormone sind?“ und schwupps ging es ihr schon ein paar Grade besser, denn das konnte ja auf eine erfolgte Einnistung hinweisen. „Ach, ich gönne es Bea ja, und dann sind wir eben gleichzeitig schwanger, und Hanna nehmen wir auch noch mit…“.
So beruhigt, dass sie nun wieder gönnen konnte, lenkte Alex ihre Gedanken in eine andere Richtung, nämlich Matthias. Im Verlaufe der Erzählung von Bea war ihr etwas aufgefallen: Bea wollte nie Kinder, aber nun war sie tödlich getroffen, dass Peter keine von ihr wollte. Das war doch paradox, oder? Nun wusste Alex ja, dass gerade männliche Tiere auf ihre Ge-nerhaltung aus sind, dass z.B. Löwen oder Affen bei Übernahme eines Rudels im Zweifels-falls die Jungtiere des Widersachers töten. Alex vermutete, dass etwas Ähnliches hinter der Reaktion von Bea – allerdings in umgekehrter Weise – steckt. Und wenn das so ist, dann wäre doch auch Matthias ganz betroffen, wenn Alex von ihm kein Kind möchte, oder? Wie würde er reagieren, wenn sie ihm genau das anbot, was er immer wollte? Und das in allen Teilen?
Alex Laune war auf einem neuen Hochpunkt angelangt, als sie nach Hause kam. Sie hatte eine Strategie entwickelt, wie sie ihren Mann mit sich selbst konfrontieren würde. Sie würde alle Insignien des Kinderwunsches entfernen, als deutliches Zeichen für Matthias, dass nun andere Zeiten anbrächen. Wild entschlossen marschierte Alex ins Badezimmer, um als ers-tes den Persona und die LH-Tests an einen sicheren Ort zu bringen. Einen LH-Test in der Hand wiegend zögerte sie nur kurz und mit einem „Och, schaden kann es ja nicht“ hielt sie ihn in ihren nachmittäglichen Urinstrahl. Immerhin konnte man nachmittags auch besser im Bad gucken, am Morgen war das ja immer äußerst mühsam.
Den üblichen Platz auf dem Klodeckel einnehmend – kurze Zeit überlegte sie sich, ob sie diesem einem persönlichen Namen geben sollte, um hier nicht so allein zu sein, und ent-scheid sich für Klothilde, mit der sie von nun an im Bad sprechen konnte (nebenbei bemerkt hatte sie ihren Persona Parsifal getauft, weil Persi sie so an diesen Namen erinnerte und auch er ein Held war) – sinnierte sie über dem verschwendeten Teststäbchen, als untrüglich eine rechte Linie im Sichtfenster auftrat. Alex hielt den Atem an. Das konnte doch nicht sein, das hatte sie ja noch nie! Sie brauchte kein zusätzliches Licht, keinen hellblauen Buntstift, der Strich war da! Sie war auf dem Weg zu einem positiven Orakel!
Mit wackligen Beinen versteckte sie nun Parsifal, der erst von Klothilde Abschied nahm, die Tests, das kleine Schnapsglas, füllte den Tee mit leicht zitternden Händen in unverdächtige Zip-Lock-Tüten, auf die sie nur I bzw. II schrieb für 1. und 2. Zyklushälfte und setzte sich schließlich schwer atmend auf das Sofa, Dieser zweite Strich auf dem Test hatte sie aus dem Gleichgewicht gebracht, zu lange hatte sie auf ihn gewartet, als dass sie nun, wo sie ihn sah, begreifen konnte, was er sagte, nämlich dass hCG im Blut nachweisbar war. Oder eben LH, das war ja klar, denn dafür waren die Tests ja gemacht.
„Ich bin vielleicht schwanger“, kaute sie die Worte ungläubig vor sich. Und in Gedanken fragte sie sich, ob ihr Kind tatsächlich Anspruch auf Bussi haben könnte oder nicht. Aber das würde sich finden.
Während Matthias nun Informationen bekam, von denen er gar nicht wusste, dass es sie gab, hatte Alex das Bohren bei Bea aufgegeben und sich schließlich unbefriedigt verab-schiedet. Noch den gesamten Nachhauseweg beschäftigte sie sich mit ihrer Freundin. Diese rätselhafte Art war ihr gar nicht geheuer. Oder war es so, dass sie schon Gespenster sah? Sie hatte sich ertappt, wie sie Bea ständig auf den Bauch schaute, in ihrem Gesicht nach Pickeln, die sie sonst vor der Mens hatte, forschte und jedes anders abstehende Haar be-wertete. Denn sie vermutete, dass Bea schwanger war, und diese Vermutung vergällte ihr die Laune. Bildete sie sich das alles jetzt schon ein? War sie so auf den Kinderwunsch redu-ziert, dass sie an gar nichts anderes mehr denken konnte? Und wieso war da diese bohren-de Eifersucht auf Bea, dass sie etwas geschafft haben könnte, was sie vielleicht nicht errei-chen würde? Warum konnte sie sich nicht einfach freuen, wenn Bea diese Entscheidung getroffen hatte, und sie dabei unterstützen, wie gute Freundinnen das tun? Sie fand sich selbst ekelhaft in diesem Gedankenkaroussel. Doch zum Schluss blieb nur ein kläglich „Ich will auch endlich schwanger sein…“ wobei sie sich das „Bea ist noch gar nicht dran, sie hat kein Recht dazu, vor mir schwanger zu werden“ mühsam verkniff und ein paar aufsteigende Tränen des Selbstmitleids unterdrückte.
„Hoppla, ich bin heute ja sehr sensibel, wenn mir einfach so die Tränen kommen. Ob das die Hormone sind?“ und schwupps ging es ihr schon ein paar Grade besser, denn das konnte ja auf eine erfolgte Einnistung hinweisen. „Ach, ich gönne es Bea ja, und dann sind wir eben gleichzeitig schwanger, und Hanna nehmen wir auch noch mit…“.
So beruhigt, dass sie nun wieder gönnen konnte, lenkte Alex ihre Gedanken in eine andere Richtung, nämlich Matthias. Im Verlaufe der Erzählung von Bea war ihr etwas aufgefallen: Bea wollte nie Kinder, aber nun war sie tödlich getroffen, dass Peter keine von ihr wollte. Das war doch paradox, oder? Nun wusste Alex ja, dass gerade männliche Tiere auf ihre Ge-nerhaltung aus sind, dass z.B. Löwen oder Affen bei Übernahme eines Rudels im Zweifels-falls die Jungtiere des Widersachers töten. Alex vermutete, dass etwas Ähnliches hinter der Reaktion von Bea – allerdings in umgekehrter Weise – steckt. Und wenn das so ist, dann wäre doch auch Matthias ganz betroffen, wenn Alex von ihm kein Kind möchte, oder? Wie würde er reagieren, wenn sie ihm genau das anbot, was er immer wollte? Und das in allen Teilen?
Alex Laune war auf einem neuen Hochpunkt angelangt, als sie nach Hause kam. Sie hatte eine Strategie entwickelt, wie sie ihren Mann mit sich selbst konfrontieren würde. Sie würde alle Insignien des Kinderwunsches entfernen, als deutliches Zeichen für Matthias, dass nun andere Zeiten anbrächen. Wild entschlossen marschierte Alex ins Badezimmer, um als ers-tes den Persona und die LH-Tests an einen sicheren Ort zu bringen. Einen LH-Test in der Hand wiegend zögerte sie nur kurz und mit einem „Och, schaden kann es ja nicht“ hielt sie ihn in ihren nachmittäglichen Urinstrahl. Immerhin konnte man nachmittags auch besser im Bad gucken, am Morgen war das ja immer äußerst mühsam.
Den üblichen Platz auf dem Klodeckel einnehmend – kurze Zeit überlegte sie sich, ob sie diesem einem persönlichen Namen geben sollte, um hier nicht so allein zu sein, und ent-scheid sich für Klothilde, mit der sie von nun an im Bad sprechen konnte (nebenbei bemerkt hatte sie ihren Persona Parsifal getauft, weil Persi sie so an diesen Namen erinnerte und auch er ein Held war) – sinnierte sie über dem verschwendeten Teststäbchen, als untrüglich eine rechte Linie im Sichtfenster auftrat. Alex hielt den Atem an. Das konnte doch nicht sein, das hatte sie ja noch nie! Sie brauchte kein zusätzliches Licht, keinen hellblauen Buntstift, der Strich war da! Sie war auf dem Weg zu einem positiven Orakel!
Mit wackligen Beinen versteckte sie nun Parsifal, der erst von Klothilde Abschied nahm, die Tests, das kleine Schnapsglas, füllte den Tee mit leicht zitternden Händen in unverdächtige Zip-Lock-Tüten, auf die sie nur I bzw. II schrieb für 1. und 2. Zyklushälfte und setzte sich schließlich schwer atmend auf das Sofa, Dieser zweite Strich auf dem Test hatte sie aus dem Gleichgewicht gebracht, zu lange hatte sie auf ihn gewartet, als dass sie nun, wo sie ihn sah, begreifen konnte, was er sagte, nämlich dass hCG im Blut nachweisbar war. Oder eben LH, das war ja klar, denn dafür waren die Tests ja gemacht.
„Ich bin vielleicht schwanger“, kaute sie die Worte ungläubig vor sich. Und in Gedanken fragte sie sich, ob ihr Kind tatsächlich Anspruch auf Bussi haben könnte oder nicht. Aber das würde sich finden.