Lars plant seinen Kaiserschnitt selber

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Aravis
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Lars plant seinen Kaiserschnitt selber

Beitrag von Aravis »

Mein liebster Lars

Von Anfang an wusste ich, dass du wie schon deine grosse Schwester mit einem geplanten Kaiserschnitt zur Welt kommen würdest, da mein Becken zu eng ist für eine natürliche Geburt. Von Sofies Geburt her waren mir zwei Dinge wichtig:

1. Ein Kaiserschnitt kann ein schönes Geburtserlebnis sein und führt auch nicht automatisch zu einem traumatisierten Kind, wie mich gewisse Texte vor ihrer Geburt fast glauben liessen.
2. Sofie hatten wir 9 Tage vor ET geholt und sie war noch nicht bereit gewesen. Sie brauchte einige Tage, bis sie wirklich auf dieser Welt angekommen war.

Mit dem Kaiserschnitt hatte ich mich also angefreundet, es war mir einfach wichtig, dass du nicht zu früh geholt werden würdest. Ich konnte mir vorstellen, die Wehen abzuwarten, aber dafür war dein Papi nicht zu haben. Das würde zu viel Aufregung verursachen, v.a. für Sofie (und wohl auch für ihn). Da der Frauenarzt den ET immer wieder verschob (zwischen den verschiedenen Daten lag eine ganze Woche) und er zudem nur einmal in der Woche geplante Sectios durchführt, war es schwierig, das „richtige“ Datum zu finden. Der Frauenarzt wollte es so früh wie möglich machen, aber dein Papi und ich entschieden uns für einen späteren Termin, den 12. August 2009 – je nach gerade aktuellem Datum zwischen vier und elf Tagen vor dem ET.

Am Samstag, 8.8.09 schrieb ich in mein Schwangerschafts-Tagebuch: „Ich bin froh, wenn es soweit ist, da ich den Bauch mittlerweile als ziemlich mühsam empfinde. Das heisst, dass ich bereit bin, Bärli loszulassen und outside zu empfangen.“ Ich hatte Papi an diesem Tag dazu gedrängt, den Kinderwagen umzubauen und den Stubenwagen aus dem Keller zu holen und abends sagte er: „So, jetzt sind wir wirklich bereit!“

Und das hast du, lieber Lars, sehr wörtlich genommen! Um Viertel nach 1 erwachte ich und spürte, wie mein Fruchtwasser abging. Mir war sofort klar, was los war und ich muss übers ganze Gesicht gestrahlt haben: Du hast selber bestimmt, wann es losgehen würde, unser Einsatz für den späteren Termin hatte sich hundertprozentig gelohnt! Papi strahlte weniger, als ich ihn weckte, zuerst weil er es eine unmögliche Zeit fand, um das Licht anzuzünden und nachher, weil ihn die Situation ziemlich nervös machte. Er holte mir ein Badetuch und rief dann ins Krankenhaus an. Die Hebamme meinte, wenn ich keine Wehen hätte und das Fruchtwasser klar sei, könnten wir noch schlafen und sollten uns zwischen 6 und 7 Uhr noch einmal melden. Dann würde es wohl Zeit sein zu kommen. Ich rief meine Eltern an und bat sie, um 6 Uhr bei uns zu sein (zum Glück war Sonntag und mein Vater musste nicht zur Arbeit!), dann packte ich meinen Klinikkoffer fertig und legte einige Sachen für Sofie bereit. Das mit dem „noch schlafen“ war dann eher schwierig, so nervös waren Papi und ich, aber schliesslich schliefen wir doch ein und ich erwachte kurz nach 5 Uhr mit leichten Wehen. Ich duschte, zog mich an und um 6 Uhr riefen wir die Hebamme wieder an. Sie meinte, jetzt sei es Zeit zu kommen, sie werde in der Zwischenzeit den Arzt verständigen. Kurz nachdem meine Eltern gekommen waren, machten wir uns auf den Weg. Deinem Papi war die ganze Situation immer noch nicht recht geheuer, ich hingegen freute mich extrem über diesen Geburtsstart.

Im Krankenhaus wurde ich ans CTG angeschlossen, später wurde mir die Infusion gesteckt, alles lief ruhig und angenehm. Wehen waren da, aber nicht sehr schmerzhaft und ich freute mich einfach ganz fest auf dich. Bald erfuhren wir, dass der Kaiserschnitt um halb 10 stattfinden sollte. Kaum hatte ich Papi auf einen Espresso in die Cafeteria geschickt, kam der Anästhesist, um mit mir die Details der Narkose zu besprechen. Obwohl ich es ja schon kannte und keine Angst hatte, wurde mir dabei etwas mulmig.

Schliesslich war es soweit und die Hebamme und dein Papi schoben mich im Bett Richtung Operationssaal. Und jetzt war mir plötzlich nicht mehr wohl. Die ganze Umgebung, die Krankenhaus- und Operationsatmosphäre schienen mir einfach nicht zu einer Geburt zu passen. Vielleicht empfand ich es so, weil es bisher „natürlich“ abgelaufen war. Auch das Setzen der Anästhesie war unangenehm, da es mit meinem grossen Bauch fast nicht möglich war, einen runden Rücken zu machen. Während des Wartens bis die Narkose wirkte, war mir kalt und alles war extrem irreal. Ich gab mir grosse Mühe, das Positive zu sehen, schliesslich wusste ich ja, dass es die einzige Möglichkeit war, dich auf die Welt zu holen. Ich wollte nicht, dass du meine Angst spürst und sprach uns beiden Mut zu. Zum Glück konnte ich dabei noch lange die Hand auf dem Bauch liegen haben, so wie ich es während der Schwangerschaft stundenlang gemacht hatte. Als unter all den maskierten Gesichtern das deines Papis auftauchte, ging es mir gleich viel besser. Mit ihm an meiner Seite würde es gut gehen!

Schliesslich wirkte die Narkose und der Arzt begann mit dem Kaiserschnitt. Ich wartete gespannt auf dein erstes Weinen - und da war es! Viel feiner als das deiner Schwester damals und du wurdest auch gleich weggetragen von der Hebamme. Papi konnte gerade noch aufstehen und mir mitteilen, dass du ein Junge bist! Schon wieder dieses Gefühl: Das stimmt so nicht, dieses Kind müsste jetzt gleich bei mir sein! Zum Glück brachte die Hebamme dich bald zurück und jetzt durfte ich dich auf meiner Brust spüren, mein lieber kleiner Lars. Und dann der magische Moment: Du hast deine Augen geöffnet und mich angeschaut – dein Blick traf mich tief ins Herz, ich war überwältigt von dir! Leider dauerte das Glücksgefühl nicht lange, mir wurde plötzlich schlecht. Ich bat deinen Papi, dich zu halten und kaum warst du weg, begann ich zu würgen. Sofort wurden mir Mittel gespritzt, um meinen Blutdruck aufzufangen, aber die nächsten Minuten waren schlimm. Dein Papi ging hinaus, weil er es nicht ertrug, mich so zu sehen, kam aber bald wieder herein, weil er mich nicht allein lassen wollte. Schliesslich war mein Blutdruck stabil und die Wunde genäht und ich einfach froh, dass es vorbei war.

Die Zeit im Aufwachraum fand ich schwierig. Dich im Arm zu halten und mich nicht recht bewegen zu können, war frustrierend und ich fühlte mich so hilflos. Mit der Zeit, als ich die Beine immer besser spürte, konnte ich mich dann entspannen und die ruhige Zeit mit dir und Papi geniessen. Und kaum durften wir endlich ins Zimmer war alles gut und endlich fühlte es sich wieder so an, wie es sollte: Dein Papi und ich mit dir – unserem zweiten grossen Wunder, über das wir nur staunen konnten und das uns so glücklich machte!

Lieber Lars, auch wenn mir die Umstände deiner Geburt bis auf den Anfang Mühe machten, musst du wissen: Für dich habe ich das alles gern in Kauf genommen und es verblasst völlig neben der Tatsache, dass du dabei zu uns gekommen bist und wir einen so wunderbaren Sohn haben dürfen. Ich liebe dich!

Dein Mami
Perfekt füreinander:
Perfekte Tochter * Juni 07
Perfekter Sohn * August 09

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Easy
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Re: Lars plant seinen Kaiserschnitt selber

Beitrag von Easy »

Herzlichen Glückwunsch zu eurem Lars - beim lesen deines Berichts kam die Erinnerung an die Geburt unserer Tochter hoch - auch sie machte mir die Freude und plante sich ihren Kaiserschnitt selber!
Easy mit Knüli, Pfunzeli und kleinem Mäuschen

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Tigerentli
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Re: Lars plant seinen Kaiserschnitt selber

Beitrag von Tigerentli »

Auch hier nochmals: Herzlichen Glückwunsch zu Eurem Lars! Beim Lesen des Geburtsberichtes kamen viele Erinnerungen an die Geburt von Riana hoch! Und wie Du schreibst, ein Kaiserschnitt heisst nicht automatisch eine traumatische Geburt! Dies durfte ich dieses Mal auch so erleben! Es freut mich, dass Lars seinen Geburtstag selber ausgesucht hat!

Liebe Grüsse
Tigi
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Pfötli
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Re: Lars plant seinen Kaiserschnitt selber

Beitrag von Pfötli »

Liebe Aravis

Auch dieser Geburtsbericht ist wieder so schön geschrieben - selbst wenn die Erlebnisse nicht ausschliesslich positiv waren.

Danke, dass du so persönliche Gedanken und Erlebnisse mit uns teilst.
Pfötli
Spatz 24.12.2009
Schlufi 14.10.2012
Mini 18.05.2014

* im <3 12.2011

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Janine80
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Re: Lars plant seinen Kaiserschnitt selber

Beitrag von Janine80 »

Liebe Aravis

Es ist eine schöner Geburtsbericht, hat mich zu Tränen gerührt! Alles, alles Gute euch allen! :D

Liebs Grüessli Janine
Goldschatz 2008
Dramaqueen 2012
Kleiner König 2017

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