Ich möchte dir mit diesem Brief von deiner Geburt erzählen:
Wir erwarteten dich sehnsüchtig und voller Ungeduld.
Du warst schon 4 Tage über dem Termin, als wir am Freitag Morgen, 10. 6. 2011, erneut zur Frauenärztin fuhren (dein Papi war wie immer dabei).
Beim Ultraschall stellte sie dann fest, dass das Fruchtwasser stark zurückgegangen war und auch die Plazenta Alterserscheinungen zeigte. Mein Muttermund war schon seit einigen Wochen fast 3 cm offen, aber ich hatte einfach keine Wehen. Die Frauenärztin riet uns, heute oder morgen einzuleiten und dein Vater strahlte sofort über beide Ohren. Endlich bekam er sein Baby, auf das er so lange warten musste. Wir entschieden uns für Samstag. So konnten wir in Ruhe alles vorbereiten und das Datum gefiel uns auch.

Am Samstag Morgen trafen wir um 8 Uhr im Spital Frauenfeld ein. Ich war total nervös und hatte ziemlich Angst vor den Schmerzen.
Auf der Gebärstation wurden wir herzlich empfangen. Zwei Hebammen machten CTG (es zeichnete keine einzige Wehe auf). Dann kam eine Ärztin und machte Ultraschall. Sie merkte, dass du noch zu weit oben lagst. Das war der Grund, warum ich keine Wehen hatte. Darauf machte eine Hebamme Turnübungen mit mir, damit du tiefer ins Becken rutschst (mir war ja voll nach turnen zumute…).
Um 11.30 Uhr legten sie mir eine Infusion mit dem Wehenmittel und stellten den Tropf ein. Jetzt wurde es also ernst!!!
Zuerst ging natürlich noch nichts und ich konnte noch in Ruhe Zmittag essen.
So gegen 12.30 Uhr spazierte ich mit deinem Papi auf dem Flur rum und plötzlich spürte ich ein unangenehmes Ziehen die Beine runter. Es ging los!!!
Schnell wurden die Wehen stärker, sodass ich mich hinlegen und ganz bewusst veratmen musste. In kurzer Zeit wurden die Wehen extrem schmerzhaft. Ich hatte richtige Wehenstürme, fast keine Pausen dazwischen. Ich bekam von der Hebamme (es war mittlerweile eine andere. Sie begrüsste mich mit: „Grüezi, ich bin d Frau ….! Bi mir werded sie ihres Baby uf d Welt bringe!“) ein Schmerzmittel, welches aber nicht viel half. Eigentlich habe ich mir ja eine Wassergeburt gewünscht, aber ich war nicht mehr fähig, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen und fühlte mich im Bett am wohlsten.
Die Hebamme untersuchte mich und meinte: „Wahnsinn, schon 8 cm offen!“ Ich war selber überrascht, aber auch froh, dass es vorwärts ging. Der Arzt begann, alles für die Geburt vorzubereiten.
Dann gings schnell und ich verspürte den Drang zu pressen. Die Hebamme untersuchte mich noch einmal schnell und meinte, ich dürfe pressen. Im ersten Moment konnte ich, von den Schmerzen überwältigt, gar nicht pressen. Die Hebamme musste ziemlich streng mit mir reden, dass ich zu pressen anfing. Dann war es aber eine riesen Erleichterung, obwohl die Schmerzen immer noch fast unerträglich waren. Ich glaube, ich habe mega laut geschrien, ich musste den Schmerz regelrecht wegschreien.
Plötzlich wurden alle hektisch. Es waren mit einem Mal 2 Ärzte und 2 Hebammen im Zimmer. Die leitende Ärztin erklärte mir, dass es irgendwie nicht mehr weiter ginge. Du bliebest in der engsten Stelle des Beckens stecken. Immer wenn ich presste, kamst du ein Stück hervor, um dann gleich wieder zurück zu rutschen. Plötzlich verschlechterten sich deine Herztöne. Zum Glück bekam ich das nur am Rande mit, ich hätte sonst Panik bekommen. Dein Papi bekam auch Angst um dich. Die Ärztin erklärte mir, dass sie einen Notkaiserschnitt vorbereiteten, falls es doch nicht mehr auf natürlichem Wege ginge. Sie werde dir jetzt aber zuerst in den Kopf stechen, um anhand des Blutes die Sauerstoffsättigung zu überprüfen. Dies machte sie dann auch. Gleich darauf verschwanden alle, um die Tests durchzuführen.
Ich gab immer mal wieder dem Pressdrang nach und presste einfach weiter, weil es so weh tat und so konnte ich dem Schmerz besser begegnen und ihn bewältigen.
Als die Ärzte wiederkamen, meinten sie, es sei alles in Ordnung. Auch deine Herztöne normalisierten sich wieder. Die leitende Ärztin meinte, ich müsse jetzt alles geben und mit der nächsten Wehe so fest pressen, wie ich nur könne, damit du möglichst weit aus dieser engen Stelle rauskommst. Sie werde dann sofort mit der Saugglocke mithelfen.
Ich habe dann anscheinend wahnsinnige Kräfte entwickelt, obwohl ich eigentlich nicht mehr konnte. Die Ärztin erwischte dich mit der Saugglocke und sagte noch: „Jetzt muss es schnell gehen!“ Ich spürte, wie du regelrecht rausgerissen wurdest. Nach der zweiten Wehe und viel Pressen war dein Kopf halb draussen. Wir mussten so auf die nächste Wehe warten, welche einfach nicht kommen wollte. Ich spürte den wahnsinnigen Druck deines Kopfes. Die Hebamme stellte dann den Wehentropf extrem hoch ein und die Wehe kam. Ich presste dich mit einem letzten Schrei raus. Es war so schön zu spüren, wie du rausglittest. Es war Samstag Abend, der 11. 6. 2011, 19.25 Uhr.
Und dann warst du da, lagst auf meinem Bauch und gabst erst einmal keinen Laut von dir. Ich bekam schon Angst und rief panisch: „Er schnuufet nöd!“ In dem Moment zitterten deine Lippen, du holtest Luft und schriest lauthals. Das Glück war in dem Moment perfekt! Du lagst da auf meinem Bauch und hörtest nicht mehr auf zu schreien. Dein Papi und ich waren in diesem Augenblick die glücklichsten Menschen der Welt!!
Später erfuhr ich, dass die Nabelschnur dreimal um deinen Hals gewickelt war. Dadurch wurdest du immer wieder zurück gezogen.
Colin, deine Geburt war nicht einfach. Wir haben beide gekämpft wie die Löwen und wir haben es gemeinsam geschafft. Darauf bin ich unglaublich stolz!!
DU MACHST UNSER GLÜCK PERFEKT UND WIR GENIESSEN JEDE SEKUNDE MIT DIR!! WIR SIND ÜBERGLÜCKLICH, DICH BEI UNS ZU HABEN!!
In Liebe
Dein Mami