Ich bin seit rund 13 Jahren in der Lehrlingsbetreuung und -ausbildung tätig. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen:
Es wollen unheimlich viele das KV machen - und dabei sind die begehrtesten Branchen: Tourismus, Hotel, Aviatik, Bank und Versicherung. Da bekommt man auf 1 Lehrstelle nicht selten über 100 Bewerbungen. Ich habe mal für eine Airline Lernende rekrutiert und habe über 300 Bewerbungen erhalten

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Deshalb sage ich immer: Man darf einen Wunschberuf haben. Aber heutzutage muss man flexibel sein und bei der Lehrstellensuche einen Plan B und nicht selten auch einen Plan C haben. Wenn es mit der Wunschausbildung "KV im Hotel" nicht klappt, muss man halt z.B. auch offen sein für eine KV-Ausbildung in einem Garagenbetrieb oder in einem Handelsbetrieb. Und auch dort sind KV-Lehrstellen sehr begehrt, d.h. wenn es auch dort nicht klappt, sollte man sich eine Alternative zum KV überlegen. Heutzutage bleiben ja eh die wenigsten Menschen auf dem Beruf, den sie mal gelernt haben - und wenn man mal eine abgeschlossene Grundausbildung hat, stehen einem praktisch alle Wege offen.
Aber eben: Sich wirklich nur auf den hart umkämpften KV-Markt zu versteifen - womöglich noch in der Wunschbranche Hotel. Tourismus, etc. - davon würde ich abraten. Probieren kann man es. Klar! Aber macht Euren Kindern bitte klar, dass es eben vielleicht mit dieser Traumlehrstelle eben nicht klappt und sie flexibel genug sein müssen, sich gegebenfalls umzuorientieren.
Umso mehr: Alle wollen heute das KV machen. Aber Tatsache ist: Es gibt zu wenig Lehrstellen - und noch viel gravierender: Es gibt zu wenig Stellen für ausgelernte KV-Absolventen. Wir haben gerade momentan eine Büro-Stelle offen und ich habe mindestens 50 Bewerbungen von KV-Abgängern bekommen, die ihre Lehre im Juli erfolgreich abgeschlossen haben und seither erfolglos auf Stellensuche sind. Von daher: Der Bürobereich ist nicht (mehr) ideal - weder für die Lehrstellensuche noch für die später Jobsuche. Traurige Realität

. Auch auf dem RAV sind Leute mit KV-Abschluss immer häufiger anzutreffen - und die suchen nicht selten 6 Monate oder länger.
Dafür sind Leute gesucht, die im Bereich Handwerk (Schreiner, Heizungsmonteur, Sanitär, Maler, Bodenleger, Coiffeuse, etc.) eine Ausbildung machen wollen. Und das sind dann auch später gesuchte Leute auf dem Arbeitsmarkt. Und wie gesagt: Man kann sich ja später immer noch weiterbilden... z.B. eine Fachhochschule machen oder so.
Ich rate Euch: Informiert Euch (auf der Berufsberatung, bei Berufsbildnern, etc.) über die Realitäten - in welchen Jobs Eure Kinder gute Chancen haben und wo eben evtl. nicht. Wie gesagt: Der Büromarkt ist überschwemmt von Leuten und die Arbeitslosigkeit in diesem Bereich steigt immer mehr. Klar, wenn das Kind "ums Verrecken" nur das KV machen will... ja, ok... keine Ahnung. Ist halt schwierig. Aber eben: Informiert Eure Kinder - und zeigt Ihnen (wenn möglich) auch Alternativen zur "Wunsch-Lehrstelle" auf, wenn Ihr merkt, dass es bei der Lehrstellensuche schwierig ist.