Ich habe vor gut zehn Jahren während zwei Jahren im Gemüseanbau gearbeitet. Die Bedingungen sind nicht vergleichbar mit anderen Ländern, gar nicht. Aber ein Ponyhof ist es ganz sicher auch nicht.
Die Mehrheit der Erntehelfer und auch der Pflanzer kommen aus dem Ausland. Spanien, Portugal, Polen... Schweizer wollen den Job in der Regel nicht machen.
Ich verdiente damals 12.- die Stunde. Während der Erntezeit 10 Stunden am Tag. Arbeitete vier Tage die Woche. Weil ich die Wahl hatte. Ausländische Arbeiter haben die nicht. Da waren es öfters 10 Stunden und mehr, immer sechs Tage, in den Akutphasen auch mal zwei oder drei Wochen ohne Pause. Tomaten erntet man in Treibhäusern, der Schweiss läuft den ganzen Tag nur so runter. Die Arbeit auf dem Feld ist ein Knochenjob. Pflanzen genauso wie ernten. Zwei Monate und man hat die Figur seines Lebens

Die Erntehelfer wohnten damals zu dritt in einem Wohnwagen. Der Wohnwagen wurde gestellt. WC und Dusche neben den Treibhäusern auch. Gemüse gab es gratis, aber für alles was sie sonst zum leben in der Schweiz brauchen, musste vom Lohn bezahlt werden. Trotzdem brachte es mehr Geld, als sie in ihren Ländern verdienen konnten. Auch mit guten Jobs. Männer und Frauen kamen für drei bis neun Monate in die Schweiz und liessen ihre Familien, ihre kleinen Kinder, zurück, weil sie das Geld brauchten. Das waren Leute die zT gute Ausbildungen hatten. Mann mit drei Kindern, Frau arbeitete als Professorin an der Uni, er pflückte sechs Monate Gemüse in der Schweiz und verdiente damit mehr als sie daheim. Konnte sich ein Haus bauen.
Jemand schrieb, hier hätten die Leute hoffentlich zumindest gute Schuhe. Sie hatten das was sie mitbrachten. Mit Handschuhen kann man keinen Salat im Akkord setzen

Wie gesagt, es ist ganz sicher nicht wie in anderen Ländern. Nicht wie in Spanien und schon gar nicht wie ausserhalb Europas. Es hängt auch sehr vom Arbeitgeber und dessen Einstellung ab. Ich hatte einen guten, der mit seinen Arbeitern fair war und auf Augenhöhe. Der auch Verantwortung abgab und bei dem über Jahre die selben Männer und Frauen wieder arbeiten kamen. Sagt auch etwas aus. Aber dafür was geschuftet wird, sind die Bedingungen und der Lohn auch hier nicht wirklich fair, wenn man ihn mit anderen Branchen vergleicht. Vielleicht bringt ja diese Pandemie mit sich, dass man darüber nachdenkt, welche Jobs man für wichtig hält.
In der Schweiz muss ein Job zumutbar sein, wenn man arbeitslos ist. Scheinbar ist der des Erntehelfers das oftmals nicht.
Bezüglich Gemüse gibt es so einiges was ich aus dieser Zeit mitgenommen habe und auch ankreide. Die Bionormen unterscheiden sich. Schweizer Bio ist nicht zwingend das selbe Bio wie in Spanien.
Gemüse muss Normen entsprechen, damit es bis in den Grossverteiler kommt. Tomaten lässt man durch Schablonen fallen um sie in Klassen einzuteilen. Gurken müssen gerade sein. Kartoffeln, Rüebli, Zucchini, alles muss eine Normgrösse und ein Normgewicht haben. Was zu gross ist, oder zu klein, fällt raus. Das wird dann auf dem Markt oder im Direktverkauf angeboten. Oder kommt auf den Mist. Es ist eine Weile her, aber ich nehme nicht an, dass sich daran viel geändert hat. Man erntete während langen Tagen Kartoffeln, die gingen in Paloxen in den Handel, es gab Stichproben und wenn der Prozentsatz an zu kleinen Kartoffeln in einer Paloxe zu gross war, dann kamen alle Paloxen zurück weil sie nicht angenommen wurden. Und landeten auf dem Mist.
Wenn ich direkt beim Gemüsebauern kaufe, weiss ich zumindest, dass er kein Gemüse wegwirft, nur weil die Form nicht passt oder die Knolle zu schwer ist.
Da gäbe es eine Menge Verbesserungspotential in den Grossverteilern. Vermutlich auch bei der Kundschaft. Wobei ich mich da wirklich immer mal wieder frage: Ist es das Angebot das die Nachfrage bestimmt, oder die Nachfrage die das Angebot bestimmt?
Ich mag lieber Rüebli und Äpfel schälen die gross sind. Diese Grösse schafft es höchstens in die ünique-Kiste beim Grossverteiler. Auch darum mag ich den Bauern. Da gibts die kleinen Rüebli für den Snack und die grossen für den Salat.