Ich glaube, wenn man soweit "gut durch's Leben" kommt, also auch durch die Schule, spielt das überhaupt keine Rolle, ob man (oder das Kind) nun hb ist oder nicht. Ich habe einfach damals die Erfahrung gemacht, dass ohne "Diagnose" gar nichts ging, kein Verständnis da war und erst recht kein Engagement. Ich denke auch, wenn eine LP die Kapazität hat, die sie haben sollte, um auf jedes Kind soweit eingehen zu können, dass es seinem individuellen Entwicklungsstand entsprechend gefördert werden kann, reicht das völlig aus. Das wäre wohl der Idealzustand, wie bereits von jemandem angesprochen, aber ob das in der Realität so oft vorkommt...? Aber umso schöner, dass es bei dir so war, dass du gut durchgekommen bist, abgesehen von der PH!

Ich glaube, mir ging es halt mehrheitlich so wie dir an der PH. Schulisch fiel mir vieles sehr leicht, viele Themen wurden für mein Empfinden quasi endlos hin und her und rückwärts und vorwärts durchgekaut, es wurde unheimlich Zeit verplämperlet damit, und die Aufträge für zu Hause mussten dann ja trotzdem in der Freizeit gemacht werden. Gleichzeitig war es eben nicht permanent so, dass ich nichts tun musste, und es fehlte komplett das Verständnis der LPs wie auch der Mitschüler. Wenn ich doch so gescheit sei, dann müsste mir das ja klar sein. Sei doch froh, dass es dir so leicht fällt, so etwas ist doch ein Geschenk und kein Problem. Ich wünschte, mir ginge es so gut wie dir. Und wie es mir wirklich ging, hat keiner gemerkt. Selbst von HB-Spezialisten wurde mir gesagt, wie gut es mir doch gehe, andere mit HB hätten diverse psychische Probleme deswegen etc. Da hatte ich schon einige Jahre eine Essstörung, die keiner bemerkt hatte. Ich hatte einfach immer das Bedürfnis, dazu zu gehören, normal zu sein, nicht aufzufallen, aber zugleich schaffte ich das niemals, egal was ich tat. Ich war immer irgendwie anders und empfand mich als störend. Das mit dem Zugehörigkeitsgefühl, bzw. dem Fehlen davon, das permanente Gefühl von anders-und-nicht-ganz-richtig-Sein, habe ich nach wie vor, ich glaube, das wird mich wohl immer begleiten.
@Malaga:
Du hast mich bei dem Thema tatsächlich zum Grinsen gebracht mit deinem Satz zum EHK…

Respekt für deinen Sohn. Dass er das nicht als erstrebenswert anschaut, mit 20 Professor zu sein, sondern so realistisch fragt, was das denn bringe. Finde ich echt toll! Auch mit den Konsequenzen resp. dem Überschreiten von Grenzen, da funktioniert er halt anders, aber es scheint gut zu funktionieren.
Das mit dem «anders anstrengend» kommt mir sehr bekannt vor. Das war bei unserem Kind irgendwie immer schon so. Und mittlerweile kommt so oft von jemandem, der zu Besuch ist oder uns sonstwie mitbekommt, die Rückmeldung «Das isch aber scho sträng mit üchem Chind» - und zwar in Momenten, die wir als sehr entspannt und harmonisch empfinden! Fordernd ist es halt immer…

@Fiona:
Vielen herzlichen Dank fürs Teilen deiner Erfahrung und fürs Raussuchen der Liste! <3 Ich erkenne mich da in sehr vielen Punkten wieder und habe mir beim Durchlesen so gedacht, vielleicht hätte ich mich in den letzten 10, 15 Jahren mehr mit meiner eigenen HB auseinandersetzen sollen statt einfach so tun, als gäbe es sie nicht. Hätte mir vermutlich einige Dinge erleichtert… Darf ich fragen, wie du es geschafft hast, dein Anderssein zu akzeptieren? Wie ich oben geschrieben habe, stehe ich an dem Punkt nach wie vor oft an. Ich möchte es lieber nicht wahrhaben, aber da die ganze Thematik nun bei unserem Kind aktuell zu werden scheint, muss ich mich ja zwangsläufig wieder damit auseinandersetzen.
Deine Tochter hat vielleicht schon ein Stück weit einen Vorteil, dass du selber hb bist: Die meisten Eltern von Kindern mit Gymi-Potenzial sähen das wohl überhaupt nicht so locker, wenn das Kind lieber eine praktische als eine akademische Karriere anstrebt…
