Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Für alles, was nicht in die anderen Foren passt...

Moderator: conny85

Antworten
Benutzeravatar
dede
Vielschreiberin
Beiträge: 1768
Registriert: Sa 13. Okt 2012, 20:32
Geschlecht: weiblich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von dede »

ChrisBern hat geschrieben: Do 17. Mär 2022, 21:48 Leben und Leben lassen...

Man kann ja Familien miteinander auch nicht vergleichen. Jemand, der Balkon/ Garten/ Terrasse hat, hat eine andere Situation als jemand auf engem Wohnraum, mit Partner im HO und Bewegungskind zu Hause. Ich bin froh, sind es nur noch 5 Tage. Ich fand meine 10 Tage allein über Heiligabend ohne Symptome wirklich ganz schwierig.
Das kann ich gut verstehen, wäre mir auch so ergangen.

Ganz ehrlich. Ich bin wirklich sehr dafür, dass man sich zurücknehmen soll, um andere zu schützen. Die aktuelle Situation finde ich aber nun doch etwas lächerlich. Keine Masken mehr, nur noch sehr halbpatzig im ÖV und noch richtig in ein paar Gesundheitseinrichtungen. Einige müssen noch offiziell testen, weil es vom Arbeitgeber so verlangt wird und müssen dann offiziell in den eigenen 4 Wänden bleiben. Andere spazieren frisch fröhlich mit Infekt herum und besuchen so Veranstaltungen gehen shoppen usw - natürlich ohne Maske. Warum auch testen lassen, sicher nicht, ich lass mir doch gar nichts vorschreiben.
Aktuell finde ich diese 5 Tage behördliche Isolationsanordnung überholt. Nicht weil Isolation (bzw. keinen Kontakt zu anderen) falsch wäre, sondern weil ich die Situation drum herum als grotesk empfinde. Viele machen sich einen Spass daraus, die behördlichen Anweisungen zu umgehen und vergessen dabei, worum es eigentlich wirklich ginge. Aber das Thema Eigenverantwortung hatten wir schon zig Male - das funktioniert nur, wenn die Bereitschaft dafür da ist. Und diese Bereitschaft kann ich oft nicht erkennen. Aber wenn die Bereitschaft da ist, dann geht das tiptop, dass ich mich so verhalten kann, dass ich andere - besonders Vulnerable - möglichst nicht anstecke. Und natürlich geht das auch ohne behördliche Anordnung.
sonrie hat geschrieben: Do 17. Mär 2022, 17:18 Gut. Wir reden von 2 verschiedenen Dingen - kann ich so akzeptieren und stehen lassen.
Isolation (in den eigenen 4 Wänden) hat sehr wohl mit einem Test zu tun, die Verantwortung anderen gegenüber sie nicht anzustecken hab ich auch ohne Test (und auch bei Magen Darm Grippe oder Windpocken ;-)) und die kann man auch wahrnehmen ohne sich einsperren zu müssen.

Eine Rückkehr zur Normalität wird erst möglich wenn man im umgang mit solchen Dingen auch wieder selber entscheiden und gesunden Menschenverstand walten lassen darf.
Die Normalität und das mit dem gesunden Menschenverstand ist so eine Sache für sich- bei dir denke ich schon, dass das funktioniert. Du schreibst ja, dass man eine Verantwortung anderen gegenüber habe, diese nicht anzustecken (auch ohne Test). Das sehen aber sehr viel ganz anders. Vielen ist es echt sch....egal, ob sie andere anstecken oder nicht. Wenn sie an eine Veranstaltung gehen wollen, dann wollen sie gehen. "Und wer Angst vor einer Ansteckung hat, der soll zu Hause bleiben." Das ist eine häufige Aussage, die ich höre oder lese.

Behördliche Anordnungen ändern an der Einstellung dieser Leute gar nichts. Deshalb finde ich die behördliche Isolationsanordnung in der aktuellen Situation nicht mehr sinnvoll. Für mich sind Argumente wie "Rückkehr zur Normalität" oder "gesunder Menschenverstand" mehr so Rundumschlag-Floskeln als echte Argumente. Im Sinne von: man kann doch nicht gegen Normalität und gesunder Menschenverstand sein, also schweig jetzt. Ich verstehe schon, was du meinst, weil ich dir eben vernünftiges Handeln sehr wohl zutraue. Aber als Argumente taugen sie nichts, weil deine Einstellung im Bezug auf Verantwortung nicht für alle anderen auch gilt und Begriffe wie Normalität und gesunder Menschenverstand doch sehr dehnbar und ganz unterschiedlich aufgefasst und entsprechend den eigenen Wünschen interpretiert werden können.


Um zum Thread zurückzukommen: ich wundere mich immer wieder wie der gesunde Menschenverstand verwendet wird, um Sachverhalte zu begründen. Und alle sind dann gezwungen zu nicken.
Und ganz peinlich dabei: ich mache das auch immer wieder, obwohl ich doch eigentlich weiss, dass das Blödsinn ist. Aber die Wirkung des gesunden Menschenverstandes als Argument ist da.

sonrie
Urgestein
Beiträge: 12245
Registriert: Do 27. Mai 2010, 19:40
Geschlecht: weiblich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von sonrie »

@dede:
ich weiss was du meinst und ja, es gibt Schlagworte wie Eigenverantwortung und gesunder Menschenverstand, welche wirklich überbeansprucht wurden und die man nicht mehr hören kann. Aber deswegen ist es nicht weniger wichtig oder inexistent - die Freiheit des einzelnen selber zu entscheiden. Ob man den GMV als Argument akzeptiert bleibt jedem selber überlassen, ich könnte es auch umformulieren in "Eine Rückkehr zur Normalität wird erst möglich wenn man im umgang mit solchen Dingen auch wieder selber entscheiden kann und nicht behördliche Vorgaben erfüllen muss"."

Nicht alle verstehen darunter dasselbe, nicht alle können darauf zurück greifen, aber auch "viele die ich kenne" das nicht hinbekommen, darf man es nicht allen absprechen - es ist das eigene Handeln und tun - selber denken, vernünftig handeln, pro und contra abwägen.
Nachdem (fast) alle Massnahmen aufgehoben wurden - von Zertifikat über Masken bis hin zur Quarantäne - geht es genau in diese Richtung: man darf und kann selber entscheiden wie man damit umgeht.

Was wäre denn sonst die Lösung? Für alles Regeln aufstellen und diese immer und überall durchsetzen? Das hatten wir ja bis vor kurzem und ja, ich habe das alles mitgetragen. Nun geht es wieder in eine andere Richtung, weg von starren Massnahmen hin zu individuellen Lösungen - welche nun mal darauf basieren, dass Leute das tun was sie für richtig halten.
Das ist meines Erachtens auch gut so, auch wenn ich nicht mit allen Entscheidungen einer gehe. Das war aber immer schon so. Die einen pumpen ihr Kind mit Algifor voll und schicken es in die schule, die anderen behalten es zu hause.

Ich hab nie für alle gesprochen, ich hab nirgends gesagt, dass alle das so handhaben können oder sollen - sondern hab nur von mir gesprochen -als Gegenargument kommen dann "die Menschen die im MFH wohnen" oder "die mit dem Bus in den Wald fahren müssen" oder "die das Zertifikat brauchen". Die sind mir schnuppe, von denen hab ich nie gesprochen ;-)
Es gibt so viele verschiedene Situationen, die alle anders sind - es wird schwierig, in so einer Situation wie jetzt (Massnahmen wurden aufgehoben) noch zu erwarten, dass alle gleich agieren.


Mich wundert viel mehr, warum Dinge, die einzelne tun oder denken immer gleich so verstanden werden, dass diese für alle gelten müssen. Es gibt zigtausende verschiedene SItuationen und Ausgangslagen, nie sind die DInge für alle gleich. Wird auch nie so sein.
"Wenn Aufregung helfen würde, Probleme zu lösen, würde ich mich aufregen." (Angela Merkel in "Die Getriebenen")

Benutzeravatar
Berlin
Vielschreiberin
Beiträge: 1101
Registriert: Fr 30. Jul 2004, 10:13
Wohnort: Region Zürich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von Berlin »

@Sonrie
Ich bin ganz bei Dir. Ich finde auch, dass wir Regeln die unsinnig sind sehr wohl mit gesundem Menschenverstand auslegen können. Und ich würde bei einer Isolation und gutem Gesundheitszustand wohl auch im Wald spazieren gehen. Den kenne ich gut und ich weiss, dass ich da niemandem zu Nahe komme.

Für mich geht COVID, auch dank der Impfung, im Moment Richtung normale Grippe und weg von der vermeintlich ‚tödlichen Epidemie‘. Entsprechend kann und soll sich auch unser Umgang damit etwas normalisieren. Niemand käme auf die Idee, eine:n Grippenkranke:n behördlich dazu zu zwingen, sich in seiner Wohnung einzuschliessen.
Berlin mit Sohn (März 04) und Tochter (Nov 05)

Benutzeravatar
Netterl
Posting Freak
Beiträge: 3701
Registriert: Fr 4. Feb 2005, 18:16
Wohnort: Bayern

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von Netterl »

gehe mit sonrie und Berlin mit. Sollten sie positiv sein, dann allerdings nur virtuell😉
Nothing is forever, except death, taxes and bad design

Benutzeravatar
danci
Foren-Guru
Beiträge: 8250
Registriert: Fr 4. Jan 2008, 18:53
Geschlecht: weiblich
Wohnort: Kt. Bern

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von danci »

Und ich wundere mich nun, dass es Seiten gibt, wo doch der einzige Nenner war, dass jeder seine persönlichen, individuellen Wege geht. :mrgreen: Ich persönlich denke nur nicht, dass man darum auch gezwungen ist, jeden Weg toll zu finden. :wink:
Die Grosse, 2008
Der Mittlere, 2011
Die Kleine, 2015

Benutzeravatar
dede
Vielschreiberin
Beiträge: 1768
Registriert: Sa 13. Okt 2012, 20:32
Geschlecht: weiblich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von dede »

@sonrie
Mir geht es nicht um Regeln. Mir geht es nur darum, dass der gesunde Menschenverstand nicht als Argument hinhalten kann. "Der gesunde Menschenverstand" gibt es so nicht, das definiert jeder für sich und jeder behauptet den zu haben und niemand darf dagegen was sagen. Sobald jemand dieses Wort in den Mund nimmt, werden die anderen damit mundtot gemacht. Deshalb finde ich, dass die Argumente von wegen "Eigenverantwortung wahrnehmen" oder "gesunder Menschenverstand" nicht für aber auch nicht gegen behördliche Regeln verwendet werden können. Die Realität sieht einfach so aus, dass diese Dinge jeder für sich selber definiert und oft nicht sachgerecht.

Argumente für oder gegen behördliche Anordnungen sind für mich auf einer anderen Ebene zu suchen. Die Gefährdungssituation ist je nach Immunitätslage der Bevölkerung eine andere. Und das hat sich entscheidend geändert, zumindest für die Mehrheit der Bevölkerung.
Und so Begriffe wie Normalisierung oder zurück zur Normalität - das finde ich völliger Quatsch. Ich finde es "normal" bei einer hohen Gefährdung behördliche Massnahmen wie Maskentragepflicht zu verordnen. Und zurück geht sowieso nicht - die Zeit läuft nach meinem Verständnis immer vorwärts. Normalität hat für mich auch mit adäquat zu tun, angepasst an die jeweilige Situation kann die "Normalität" anders aussehen.

By the way: Beim letzten post habe ich schon geschrieben, dass ich die behördliche Isolationsanordnung in der aktuellen Situation nicht mehr adäquat finde.

@Berlin
In den Corona-Anfangszeiten bedeutete die behördliche Isolation: Ausgang z.B. ein Waldspaziergang ohne Kontakt zu anderen war ausdrücklich erlaubt.

sonrie
Urgestein
Beiträge: 12245
Registriert: Do 27. Mai 2010, 19:40
Geschlecht: weiblich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von sonrie »

Ich verstehe nicht wie man mit "gesundem menschenverstand" jemanden mundtot machen kann und was an einer "Rückkehr zur Normalität" totaler quatsch sein soll. Da diese Begriffe dich aber scheinbar triggern ist es müssig diese nun zu rechtfertigen. Drum lass ichs ;-)
"Wenn Aufregung helfen würde, Probleme zu lösen, würde ich mich aufregen." (Angela Merkel in "Die Getriebenen")

Benutzeravatar
Berlin
Vielschreiberin
Beiträge: 1101
Registriert: Fr 30. Jul 2004, 10:13
Wohnort: Region Zürich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von Berlin »

dede hat geschrieben: Fr 18. Mär 2022, 15:58 @Berlin
In den Corona-Anfangszeiten bedeutete die behördliche Isolation: Ausgang z.B. ein Waldspaziergang ohne Kontakt zu anderen war ausdrücklich erlaubt.
Was waren die Anfangszeiten? Meine Tochter durfte im Frühjahr 2021 unser Haus nicht verlassen (ausser alleine in den Garten gehen). In der gleichen Zeit war unsere Nachbarin, eine Pflegefachfrau, in Quarantäne, durfte also nicht in den Wald oder zum Einkaufen, MUSSTE aber weiterhin zur Arbeit ins Spital (ÖV inklusive).
Und doch, ich finde, wir dürfen auch in solchen Zeiten unseren gesunden Menschenverstand walten lassen und selber entscheiden, ob wir uns an alle, auch unsinnige, Regeln halten. Und ich glaube auch, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung umsichtig handelt. Die anderen gibt es auch, die gibt es aber immer und bei jedem Thema.
Berlin mit Sohn (März 04) und Tochter (Nov 05)

Benutzeravatar
Nineli
Stammgast
Beiträge: 2797
Registriert: Mi 8. Sep 2004, 21:23

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von Nineli »

Ich war heute in der Stadt. Hatte einen Arzttermin mit Maskenpflicht. Da ich bei grösseren Einkäufen auch noch eine Maske trage und mit FFP2 mit Haken hinter dem Kopf und Brille immer ein Gnusch kriege und mir beim abziehen der Maske schon x-mal die Brille runtergefallen ist (die inzwischen schon sehr ramponiert aussieht), ziehe ich die Maske für die wenigen Minuten draussen nicht aus. Auf dem Rückweg ins Einkaufscenter stand ich an einer Fussgängerampel. Es wurde grün, ich ging los. Ein Mann marschierte direkt auf mich zu, Blick total auf mich gerichtet, kurz vor mir wich er aus, ging an mir vorbei und sagte "Sie händ im Fall e Maske aa". Aha. Hätte ich jetzt nicht gemerkt :mrgreen: . Ich hab mich so halb zurückgedreht und trocken gesagt "ich weiss".

Hatte das jetzt irgendeinen Zweck??? Nutzen??? Hat dem das jetzt irgendwas gebracht? :? :? :? Keine Ahnung...

Benutzeravatar
Helena
Foren-Guru
Beiträge: 8157
Registriert: Do 9. Okt 2014, 23:09
Geschlecht: weiblich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von Helena »

Gibt Leute, die finden die Maske halt saublöd. Hatten wir hier im Forum ja auch. Und irgendwie müssen die dann halt „e dummi haa“.
Die würd ich einfach ignorieren.
Ich bin manchmal auch zu faul, fahre teilweise sogar so Velo, so what?

Benutzeravatar
danci
Foren-Guru
Beiträge: 8250
Registriert: Fr 4. Jan 2008, 18:53
Geschlecht: weiblich
Wohnort: Kt. Bern

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von danci »

Wen es interessiert: es gibt im Magazin (Tagesanzeiger, Bund, BZ) einen sehr schönen Artikel über Risikopatoenten, Masken und die „Eigenverantwortung“.
Die Grosse, 2008
Der Mittlere, 2011
Die Kleine, 2015

Benutzeravatar
Berlin
Vielschreiberin
Beiträge: 1101
Registriert: Fr 30. Jul 2004, 10:13
Wohnort: Region Zürich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von Berlin »

@danci,
Habe ich gelesen. Ich habe in meinem Umfeld eine Familie mit einem transplantierten Kind. Die leben schon seit vielen Jahren so, dass sie sich vor allen möglichen Infektionen zu schützen versuchen. Das ist sicher nicht einfach. Aber ich fühlte mich auch in diesem Fall nie ‚verantwortlich‘, auch wenn ich mal mit Schnupfen zur Arbeit bin. Und ich habe auch nie eine Maske getragen, wenn ich sie getroffen habe. Sie übrigens auch nie, das Kind nur im Winter manchmal.
Berlin mit Sohn (März 04) und Tochter (Nov 05)

Benutzeravatar
danci
Foren-Guru
Beiträge: 8250
Registriert: Fr 4. Jan 2008, 18:53
Geschlecht: weiblich
Wohnort: Kt. Bern

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von danci »

@ Berlin
Ich verstehe jetzt nicht ganz, was du mir damit sagen willst. Es war nur ein Lesetipp, ich fand es spannend.
Die Grosse, 2008
Der Mittlere, 2011
Die Kleine, 2015

Benutzeravatar
Netterl
Posting Freak
Beiträge: 3701
Registriert: Fr 4. Feb 2005, 18:16
Wohnort: Bayern

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von Netterl »

Ich mag die Verbindung "gesunder Menschenverstand" Und auch das Wort Eigenverantwortung. Sie impliziert nämlich, dass mir das auch zugetraut wird. Dass auch Schlupflöcher gesucht werden, ist menschlich.

Ich lebe in einer, finde ich, recht überregulierten Welt in D. Mal sehen, wie es bei uns bzgl Corona weitergeht. Das neue Infektionsschutz Gesetz verstehe ich nämlich nicht.
Nothing is forever, except death, taxes and bad design

Benutzeravatar
dede
Vielschreiberin
Beiträge: 1768
Registriert: Sa 13. Okt 2012, 20:32
Geschlecht: weiblich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von dede »

sonrie hat geschrieben: Fr 18. Mär 2022, 16:18 Ich verstehe nicht wie man mit "gesundem menschenverstand" jemanden mundtot machen kann und was an einer "Rückkehr zur Normalität" totaler quatsch sein soll. Da diese Begriffe dich aber scheinbar triggern ist es müssig diese nun zu rechtfertigen. Drum lass ichs ;-)
Die Argumentation "also mit dem gesunden Menschenverstand geht das gut" wird oft gebraucht, um eigene Interessen und Wünsche zu rechtfertigen. Und wenn dann jemand sagt, das sehe er anders, dann kommt die Antwort "bist du gegen den gesunden Menschenverstand?" Das heisst mundtot machen. Sonst könnte man ganz einfach sagen, dann sind wir in diesem Punkt einfach anderer Meinung. Mit der Argumentation vom gesunden Menschenverstand (oder auch Eigenverantwortung, passt oft auch) kann man sich selber oder auch anderen den Anschein gebe, dass es quasi von aussen gegeben sei, dass man es so machen darf, wie man will. Auch wenn es eigentlich nur ein "ich will" oder "ich finde" ist.

Nicht der gesunde Menschenverstand triggert mich, aber dass man anstatt "ich will" sagt "der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass", das stört mich. Ich verstehe nicht, warum man nicht einfach sagen kann, "ich will" oder "ich finde". Warum braucht es diese Rechtfertigung mit dem gesunden Menschenverstand?

Benutzeravatar
Berlin
Vielschreiberin
Beiträge: 1101
Registriert: Fr 30. Jul 2004, 10:13
Wohnort: Region Zürich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von Berlin »

@dede
Ich verstehe, was Du meinst. Für mich bedeutet die Aussage ‚der gesunde Menschenverstand‘, dass ich nicht einfach alles glaube oder befolge, was mir von irgendwelchen Experten:innen empfohlen wird (das beziehe ich jetzt nicht speziell auf Corona, die ganze Kindererziehung und das ganze Thema Ernährung eignet sich da auch sehr). Sondern dass ich meine eigenen Erfahrungen und vor allem auch mein Bauchgefühl miteinbeziehen und dann so entscheide, wie es mir richtig erscheint.
Ich finde, Corona hat uns in den letzten Jahren stark geprägt, dass wir Vorgaben einfach einhalten, ohne sie zu hinterfragen. Das war wohl teilweise notwendig. Ich für mich möchte im Thema Gesundheit wieder stärker meine eigene Einschätzung einbeziehen. Wohlverstanden, nur wenn es mich und meine Familie betrifft. Ich bin niemand, der diesbezüglich anderen Ratschläge erteilt oder sie überzeugen will.

Aber Du hast recht, gesunder Menschenvestand ist nicht das ideale Wort.
Berlin mit Sohn (März 04) und Tochter (Nov 05)

Benutzeravatar
danci
Foren-Guru
Beiträge: 8250
Registriert: Fr 4. Jan 2008, 18:53
Geschlecht: weiblich
Wohnort: Kt. Bern

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von danci »

Netterl hat geschrieben: Sa 19. Mär 2022, 07:39 Ich mag die Verbindung "gesunder Menschenverstand" Und auch das Wort Eigenverantwortung. Sie impliziert nämlich, dass mir das auch zugetraut wird. Dass auch Schlupflöcher gesucht werden, ist menschlich.

Ich lebe in einer, finde ich, recht überregulierten Welt in D. Mal sehen, wie es bei uns bzgl Corona weitergeht. Das neue Infektionsschutz Gesetz verstehe ich nämlich nicht.
Das Problem ist eher Folgendes: Eigenverantwortung meint, dass ich Verantwortung für mich selber übernehmen. Zum Bsp. einen Velohelm trage, auch wenn keiner vorgeschrieben ist. es geht dabei um mich und meine Sicherheit/Gesundheit und für diese übernehme ich die Verantwortung. Dagegen ist nichts zu sagen. Man kann die Eigenverantwortung nur nicht gleichsetzen mit der Verantwortung anderen gegenüber. Da geht es dann nämlich nicht um "eigen" sondern eben nur um Verantwortung. Und im Bezug auf die Pandemie heisst das: Wenn Risikopatienten und solche, die sich aus welchem Grund auch immer, mehr schützen wollen, gehen sie nicht in Menschenmassen, vermeiden ein einkaufen zu Stosszeiten etc. Das ist Ihre Eigenverantwortung und auch richtig so. Aber neben dieser Eigenverantwortung stellt sich bei so hohen Ansteckungszahlen noch die Frage der kollektiven Verantwortung. Und diese nehmen nur wenige wirklich wahr, sondern verweisen auf die Eigenverantwortung. Bis zu einem gewissen Grad, ist das auch angemessen, nur wenn das dann heisst, dass manche Menschen quasi gar nicht mehr aus dem Haus können, weil sie anders ihre Eigenverantwortung für sich selber nicht wahrnehmen können, während sich Zehntausende pro Tag anstecken und gleichzeitig Massnahmen wegfallen, dann frage ich mich, wo es kippt und die kollektive Verantwortung wieder zum Zuge kommen muss.
dede hat geschrieben: Sa 19. Mär 2022, 08:36
Nicht der gesunde Menschenverstand triggert mich, aber dass man anstatt "ich will" sagt "der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass", das stört mich. Ich verstehe nicht, warum man nicht einfach sagen kann, "ich will" oder "ich finde". Warum braucht es diese Rechtfertigung mit dem gesunden Menschenverstand?
Ich finde, es geht sogar nicht weiter. Indem man auf den gesunden Menschenverstand verweist, erhebt man die eigene Haltung, die eigene Entscheidung zur Norm. Im juristischen Sinne heisst das, "was ein vernünftiger Mensch in der konkreten Situation tun würde". Etwas zur Norm zu erheben, ist aber immer auch ausschliessend, den das was eben nicht dieser Norm entspricht, ist dann "nicht normal". So kommen wir von der eigenen Meinung (Leben und leben lassen und co.) weg zu etwas, das allgemein gültig sein soll.
Salopp gesagt: Ich will mich frei und alleine entscheiden und alle anderen sollen sich bitte auch frei und alleine gleich entscheiden wie ich oder zumindest einräumen, dass meine Entscheidung die richtige ist und sie gut finden. Schliesslich folge ich dem gesunden Menschenverstand und wer würde dem schon widersprechen. Denn was ist dann das Gegenteil des gesunden Menschenverstandes?
Die Grosse, 2008
Der Mittlere, 2011
Die Kleine, 2015

sonrie
Urgestein
Beiträge: 12245
Registriert: Do 27. Mai 2010, 19:40
Geschlecht: weiblich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von sonrie »

dede hat geschrieben: Sa 19. Mär 2022, 08:36Mit der Argumentation vom gesunden Menschenverstand (oder auch Eigenverantwortung, passt oft auch) kann man sich selber oder auch anderen den Anschein gebe, dass es quasi von aussen gegeben sei, dass man es so machen darf, wie man will. Auch wenn es eigentlich nur ein "ich will" oder "ich finde" ist.
Da sist eine Sicht der DInge, die sich in den letzten Monaten/Jahren etabliert hat, in dem man den GMV vorschiebt um Regeln zu umgehen/dehnen. Viele Massnahmengegener haben mit ihrem GMV erklärt und argumentiert, warum sie Regeln nicht einhalten oder befolgen und warum das besser ist. Aber nur weil solche Schlagworte von bestimmten Gruppen missbraucht worden sind, muss man sich nicht per se an deren Definition halten.

Der gesunde Menschenverstand kann auch einfach bedeuten, dass man sein Hirn einschaltet und sich überlegt, wie man in einer bestimmten Situation agiert.
ein Beispiel: Kind ist krank: was tue ich damit es sich a) erholt und b) niemanden ansteckt.

Ich treffe eine Entscheidung aufgrund unserer Situation (wie geht es dem Kind, wie ist die Wohnsituation, wer kann wie betreuen, was benötigt das kind etc.) und meiner Erfahrung, um das Kind und andere zu schützen. Dies mag variieren je nachdem wie es dem Kind geht, wo man wohnt, wie man lebt etc. - aber hier impliziert der Begriff des gesunden Menschenverstandes nichts anderes, als dass jemand Entscheidungen für sich trifft, ohne dass es behördliche Vorgaben benötigt. Und das ist gut und wichtig.
Dasselbe mit dem Begriff der Eigenverantwortung. Dass diese nicht ausreicht um in akuten Krisen schnell zu reagieren das haben wir gelernt - aber dass nun allen diese EIgenverantwortung abgesprochen und der Begriff so negativ besetzt ist, sehe ich nicht ein. Zumal die "akute Krise" im Moment nicht akut ist, ansonsten wäre die Aufhebung der Massnahmen wohl nicht erfolgt.

Ich wehre mich entschieden dagegen, dass aufgrund einiger (weniger) Idioten, die sehr laut waren und eindrücklich gezeigt haben, dass sie gegen alles sind und sich selber über alle anderen stellen, nun gewisse Dinge allen Menschen abgesprochen werden und man niemandem mehr zutraut, eigenverantwortich zu handeln oder einen gesunden Menschenverstand zu besitzen.
Denn beides ist möglich und gibt es auch noch, auch wenn die Begriffe zugegebenermassen in den letzten Jahren überstrapaziert wurden,

Man sollte nicht vergessen, dass es einen enorm grossen Anteil an Leuten gibt, die ganz ohne Vorgaben sehr eigenverantwortlich und nach gesundem Menschenverstand handeln - dieser Anteil ist weit grösser als jene, die gegen alles sind und diese Worte als Rechtfertigung für "aber ich will" missbrauchen.

Die Definition von dede und danci ist mir zum Beispiel sehr fremd, ich lebe in einer anderen Blase, in denen die Gesellschaft sehr gut funktioniert, in dem die Leute mitdenken und aufeinander achten. Man agiert und trifft Entscheidungen unter miteinbeziehung seiner Mitmenschen und Umwelt - im Sinne von "meine freiheit endet dort wo es andere betrifft".
Und solange wir so unterschiedliche Definitionen dieser Wörter haben, erübrigt sich eine Diskussion - weil jeder was anderes darunter versteht. Ich hab den totalen Frieden mit diesen Begriffen, sie sind für mch sogar eher positiv behaftet als negativ - weil der Grossteil der Menschen durchaus in der Lage ist, sich sozial zu verhalten.

EDIT: typos
Zuletzt geändert von sonrie am Sa 19. Mär 2022, 10:52, insgesamt 2-mal geändert.
"Wenn Aufregung helfen würde, Probleme zu lösen, würde ich mich aufregen." (Angela Merkel in "Die Getriebenen")

Benutzeravatar
Berlin
Vielschreiberin
Beiträge: 1101
Registriert: Fr 30. Jul 2004, 10:13
Wohnort: Region Zürich

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von Berlin »

@Danci
Ich kann Deine Argumentation zwar nachvollziehen. Aber ich entschied immer primär auf Grund meiner Einschätzung der Fakten für meine Gesundheit und die meiner Familie. Bei Impfentscheiden meiner Kleinkinder oder der Frage, ob ich mich gegen Grippe impfen lasse, ob ich mit einer Erkältung zur Arbeit gehe und bei welchen Symptomen meine Kinder zu Hause bleiben statt zur Schule zu gehen.
Und ich möchte die auch in Zukunft für mich wieder tun. Und es fällt mir schwer, wenn mir dann vorgeworfen wird, ich sei egoistisch oder unsolidarisch. Ich war nun über 2 Jahre sehr solidarisch und habe alles gemacht, was mir vorgeschrieben oder empfohlen wurde. Für mich persönlich reicht das vorerst. Das kann sich wieder ändern, wenn die Lage wieder schlimmer wird.
Berlin mit Sohn (März 04) und Tochter (Nov 05)

Benutzeravatar
danci
Foren-Guru
Beiträge: 8250
Registriert: Fr 4. Jan 2008, 18:53
Geschlecht: weiblich
Wohnort: Kt. Bern

Re: Eine weitere Runde Wunder über wunderiges Gewunder

Beitrag von danci »

@ Berlin
Zuerst mal, das habe ich hier niemandem vorgeworfen. Aber ansonsten widerspricht das ja nicht dem, was ich meine. Ich halte es für eine Utopie, dass die Menschen ohne Zwang von aussen, einfach verantwortlich für andere handeln. Man sieht ja auch jetzt, wie wenig Masken getragen wird. Ich trage sie übrigens auch selten, nehme mich da keineswegs aus. Letztlich schaut eben jeder für sich und das sind keineswegs nur einige wenige Idioten und Trychler oder so. Bei diesen spielen auch Anordnungen keine Rolle, weil sie sich nicht daran halten. Es ist die Mehrheit, die Eigenverantwortung trägt, also Verantwortung für sich (und seine Familie oder engstes Umfeld). Ansonsten wird geschaut, wie man die Anordnungen möglichst zu seinen Gunsten dehnen kann. Auch hier, dasist eine legitime Meinung. Ich wundere mich nur immer wieder, warum man zwar selber Entscheidungen treffen will und die Freiheiten tragen, aber es dann eben doch nicht verträgt, wenn jemand Kritik an einer Entscheidung äussert. Warum braucht es dann diese Bestätigung von aussen. Ich treffe jeden Tag egoistische und unsolidarische Entscheidungen, wie wir alle. Wenn ich das Auto zum einkaufen nehme, ohne über das Klima nachzudenken. Wenn ich mir einen Pulli kaufe, ohne die Herkunft zu prüfen. Wenn ich eben ohne Maske einen Laden betrete. Wenn ich als weisse Frau von meinen rassistischen Privilegien profitiere ohne mich ständig für die Abschaffung dieser einzusetzen. Etc. Etc. Und trotzdem finde ich es sehr wichtig, darüber zu sprechen, diese Dinge zu benennen. Um zu sehen, wo vielleicht etwas anderes möglich wäre.
Die Grosse, 2008
Der Mittlere, 2011
Die Kleine, 2015

Antworten