Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Allgemeine Themen ab dem 2. Lebensjahr

Moderator: conny85

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sonja32
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von sonja32 »

LadyBlue hat geschrieben:
Rema hat geschrieben: Ich weiss ihr seid in einer spannenden Diskusion. Lese auch mit. Aber mich interessiert grad brennend was anderes :)
Ich würde gerne von euch wissen wie ihr es handhabt wenn euer Kind / eure Kinder am Tisch zum grössten Teil nicht mitessen. Wie reagiert ihr da?
Ich reagiere da nicht gross (mein Mann ist aber weniger entspannt), da ich davon ausgehe, dass Kurzer selber am besten weiss ob er Hunger hat oder nicht. Und ich bin zuversichtlich, dass kein Kind freiwillig vor dem vollen Teller verhungert.
dito. meine waren beide sehr heikle Esser. wenn sie was nicht mochten dann gabs/gibts ein stück Brot mit Butter oder ein müesli/joghurt/frucht.

gestern kochte ich was von ww. reis mit Gemüse und Fleisch (mit kräuterbitter). froschkönig isst normalerweise weder reis noch Gemüse. er hatte aber einen riesen Hunger. beide haben 2 teller vom essen gegessen.
sich konnte es nicht fassen. :shock: .
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Ariadne
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

@"Strafen funktionieren": Nein, sie funktionieren eben nicht. Sie führen zu einem Vermeidungsverhalten, also das gestrafte Kind versucht, in Zukunft die Strafe zu vermeiden. Das kann auch beispielsweise durch Lügen oder Verheimlichen geschehen. Aber Strafen führen nicht zu Einsicht und somit einer dauerhaften Verhaltensänderung (und das wäre doch eigentlich das Ziel der Massnahme, oder?)
Nein nein, ladyblue, die Leute, die Strafen einsetzen, denken eben nicht so weit :wink: . Eine Strafe wird eingesetzt, um ein Kind unmittelbar zu etwas zu bringen. Z.B. eben: Kind flucht - Spielzeug wird weggenommen - Kind flucht nicht mehr, weil es das Speilzeug zurück will. Erfolg! :roll:

Natürlich funktioniert Strafen NICHT, wenn man Einsicht und eine dauerhafte Verhaltensänderung will! Aber soweit wird meist nicht gedacht, bzw. es ist in dem Moment egal oder die Leute denken tatsächlich, das Kind würde sein Verhalten dauerhaft ändern. Aber irgendwann müssen dann natürlich härtere Strafen eingesetzt werden, und immer so weiter, bis das Kind dann gross ist, sich nichts mehr sagen lässt und tut was es will. Aber dann ist es halt einfach ein schwieriger Teenager... Es hat bestimmt nicht an den Eltern gelegen, denn die haben ja immer deutlich gezeigt, wo's langeht... :roll:

Dir muss ich das ja sicher nicht sagen, aber das ist eben das ganze Problem, dass nicht weiter gedacht wird. Dass nicht an die Einsicht und das langfristige Verhalten gedacht wird. Sondern nur an den unmitelbaren Effekt im Jetzt. Und dafür nützen Strafen eben ungeheuer gut und effektiv.
LG,
Ariadne

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Blini
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Blini »

@Strafen
Ich finde eben die Grenzziehung oftmals so schwierig. Bsp.: Junior hatte eine kurze Phase, wo er mir mit dem Laufrad davongedüst und auch die Strasse (im Quartier, also wenigstens nicht grossartig befahren) ist. Ich bin/war mir ziemlich sicher, dass das Grenzen austesten war, weil er sich sonst sehr manierlich benahm und mich danach auch entsprechend angegrinst hat. Am ersten Tag habe ich es ihm erklärt. Am zweiten Tag gesagt, dass er offensichtlich noch zu klein ist, um im "Strassenverkehr" zu fahren, habe ihn sofort absteigen lassen, das Laufrad heimgetragen und angekündigt, einige Tage zu warten, um dann von neuem zu probieren. In Ruhe auch noch einmal erklärt. Nach zwei Tagen erneut probiert und es hat problemlos geklappt. Für mich eine logische Konsequenz, aber streng definiert (lady blue, Du hast das anfangs mal ausführlicher erklärt, oder?) dann doch eine Strafe?

@essen
Junior ist ein sehr guter Esser, und wenn er mal ausnahmsweise mehr dazwischen und weniger an den Hauptmahlzeiten isst, stresst mich das nicht. Da ich selber eine Schlechtesserin und Finöggeli war und an den "Erziehungsmethoden" sehr gelitten habe (sitzen bleiben, bis Teller leer war -> hat dazu geführt, dass ich Dickschädel ganze Nachmittage am Esstisch verbracht habe!), denke ich, dass ich wahrscheinlich auch entspannt reagieren würde, da ich diese Essenskampf-Erinnerungen nicht vergessen kann und für mich ganz ganz schlimm waren. Eisenmangel hatte und habe ich auch noch oft, wurde/wird eben ggf. kompensiert. Dem kann man auch bei Gutessern nicht ausstellen: Junior hatte letztes Jahr ebenfalls damit zu kämpfen.
Zuletzt geändert von Blini am Fr 10. Jan 2014, 10:03, insgesamt 1-mal geändert.

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Lotus
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Lotus »

hoi Blini
nein, eine Strafe wäre zB: "Wenn du jetzt nicht absteigst und machst, was ich dir sage, gehen wir heute nachmittag nicht zu deinem Freund spielen." "Wenn du nicht aufhörst zu schreien, gibt es heute Abend keine Gute Nacht Geschichte."

Absteigen, wenn das Kind offensichtlich nicht die Gefahr einschätzen kann, ist sowas von logisch :)
"Erziehung ist organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend." Mark Twain

Blini
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Blini »

Lotus hat geschrieben:hoi Blini
nein, eine Strafe wäre zB: "Wenn du jetzt nicht absteigst und machst, was ich dir sage, gehen wir heute nachmittag nicht zu deinem Freund spielen." "Wenn du nicht aufhörst zu schreien, gibt es heute Abend keine Gute Nacht Geschichte."

Absteigen, wenn das Kind offensichtlich nicht die Gefahr einschätzen kann, ist sowas von logisch :)
@lotus
Aber auch das Mehrere-Tage-Wegstellen?

Und ein anderes Beispiel: die Reaktion auf Sachen-werfen. Sachen werfen heisst für mich, keinen Respekt vor den Dingen zu zeigen. Bücher werden nicht geworfen! Für mich ist (kurzzeitiges: einige Tage, für den Moment) Wegnehmen eine logische Konsequenz - auf die natürliche mag ich nicht warten. Aber eben: dann also doch eine Strafe?

Oder: Wenn er abends gar nicht mehr aus dem Trödeln rauskommt und die Uhr immer später anzeigt, sage ich auch mal, dass wir dann einfach keine Zeit mehr für die Gute-Nacht-Geschichte haben. Wenn er sich dann beeilt, dann ja, um die Gute-Nacht-Geschichte erzählt zu bekommen, und nicht, weil er eingesehen hat, dass er morgens ja früh raus muss? :?:

@Verallgemeinerungen
Wo ich wirklich aufpassen muss, sind Verallgemeinerungen, wenn ich genervt bin :oops: . Also, um beim vorherigen Beispiel zu bleiben: " Du musst IMMER trödeln". Das stimmt natürlich nicht, bzw. vielleicht subjektiv gerade in der Situation. Ich finde das aber ganz ganz schrecklich. Und rutsche doch immer wieder hinein :oops:

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sonja32
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von sonja32 »

Blini hat geschrieben: Und ein anderes Beispiel: die Reaktion auf Sachen-werfen. Sachen werfen heisst für mich, keinen Respekt vor den Dingen zu zeigen. Bücher werden nicht geworfen! Für mich ist (kurzzeitiges: einige Tage, für den Moment) Wegnehmen eine logische Konsequenz - auf die natürliche mag ich nicht warten. Aber eben: dann also doch eine Strafe?

Oder: Wenn er abends gar nicht mehr aus dem Trödeln rauskommt und die Uhr immer später anzeigt, sage ich auch mal, dass wir dann einfach keine Zeit mehr für die Gute-Nacht-Geschichte haben. Wenn er sich dann beeilt, dann ja, um die Gute-Nacht-Geschichte erzählt zu bekommen, und nicht, weil er eingesehen hat, dass er morgens ja früh raus muss? :?:
nöö das was du machst sind logische Konsequenzen. so mache ich das hier auch. allerdings habe ich auch schonmal damit gedroht die trottis wegzuschliessen wenn sie nicht an den dafür vorgesehen platz kommen. habe ich dann aber nicht gemacht. irgendwie war mir das zu blöd. meist räumen sie es ja weg wenn ich es sage.
sind aber einfach zu faul es gleich zu machen oder denken nicht daran? das gleiche gilt für Jacken, theks, etc.

wie alt ist dein kind blini? das er einsieht dass er früh ins Bett muss weil er morgen früh raus muss…ähm ich denke das kommt erst ab so 18? oder später? ;-).
bei Tochter gibt es da null Einsicht. sie ist sich gewohnt um 21 Uhr ins bad zu gehen und zähne zu putzen und danach ins Bett zu gehen. da kann sie noch so müde sein an dieser Gewohnheit hält sie fest (unter der Woche)!!
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Ariadne
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

Blini hat geschrieben:
@lotus
Aber auch das Mehrere-Tage-Wegstellen?
Es kommt draufan, aus welcher Motivation heraus. Ich würde sowas auch tun und sagen: "Schau, du bist offensichtlich noch nicht so weit, dass du Gefahren selber abschätzen kannst. Das ist leider zu gefährlich für dich. Sobald du soweit bist, kannst du das Rad wieder haben." Natürlich machen ein paar Tage da nichts aus. Es geht darum, dass er begreift, worauf es ankommt. Wenn er am nächsten Tag sagt, er denkt, dass er es jetzt wisse, dann kannst du es ja herausnehmen. Denn dann hast du ja erreicht, was du willst, falls er sich dann wirkich dran hält.

Du musst dich halt immer fragen: Sage/Tue ich das jetzt, um ihm weh zu tun? Um ihn zu bestrafen im Sinne von: "Wenn du dies tust, dann bekommst du eine Strafe, die dir weh tut, das hast du verdient!" Dieses Muster ist ja in vielen von uns drin, und ich muss sagen, ich kenne den Reflex auch. Ich muss mir dann immer sagen, was will ich nun damit erreichen? Dann ist es meistens nicht so schwer, eine logische Konsequenz (im Strassenverkehr geht die natürliche Konsequenz nicht!) zu finden, die dazu führen soll, dass das Kind einsichtig wird und sein Verhalten langfristig entsprechend ändert.
Blini hat geschrieben: Und ein anderes Beispiel: die Reaktion auf Sachen-werfen. Sachen werfen heisst für mich, keinen Respekt vor den Dingen zu zeigen. Bücher werden nicht geworfen! Für mich ist (kurzzeitiges: einige Tage, für den Moment) Wegnehmen eine logische Konsequenz - auf die natürliche mag ich nicht warten. Aber eben: dann also doch eine Strafe?
Genau wie oben. Ich sage oft bei solchen Sachen: "Schau, wir tragen Sorge zu unseren Sachen. Manchmal ist das schwer. Wenn du das noch nicht kannst, dann lege ich das jetzt weg, und du darfst wieder damit spielen, wenn du sicher bist, dass du weisst, wie man dazu Sorge trägt." Das ist keine Strafe in dem Sinn, wie wir es hier definieren (klar, es ist letztlich Definitionssache).
Blini hat geschrieben:Oder: Wenn er abends gar nicht mehr aus dem Trödeln rauskommt und die Uhr immer später anzeigt, sage ich auch mal, dass wir dann einfach keine Zeit mehr für die Gute-Nacht-Geschichte haben. Wenn er sich dann beeilt, dann ja, um die Gute-Nacht-Geschichte erzählt zu bekommen, und nicht, weil er eingesehen hat, dass er morgens ja früh raus muss? :?:
Ich glaube, Letzteres kannst du bei einem kleinen Kind sowieso gar nicht verlangen, diese Zusammenhänge kann es noch nicht wirklich selber nachvollziehen. Man kann einem Kind aber klar sagen, dass es um 20.00 Uhr oder so ins Bett muss, damit es dann genug Schlaf hat. Dass man davor noch dies und jenes machen kann, wenn dazu Zeit bleibt. Und dann dem Kind klarmachen, dass es eben selber dafür Sorgen muss, dass es diese Zeit hat. Wenn du sagst: "wir haben bis 20.00 Uhr Zeit für dies, jenes und das, wenn du vorwärts machst" und er dies dann nicht macht, ist es eine logische Konsequenz, dass ihr keine Zeit mehr habt für das letzte.
Blini hat geschrieben:@Verallgemeinerungen
Wo ich wirklich aufpassen muss, sind Verallgemeinerungen, wenn ich genervt bin :oops: . Also, um beim vorherigen Beispiel zu bleiben: " Du musst IMMER trödeln". Das stimmt natürlich nicht, bzw. vielleicht subjektiv gerade in der Situation. Ich finde das aber ganz ganz schrecklich. Und rutsche doch immer wieder hinein :oops:
Ja, das kenne ich auch. Ich fand das bei meiner Schwägerin immer so total nervig und einfach doof, wenn sie es bei ihren Kindern tat. Und jetzt ertappe ich mich selber dabei, wenn ich genervt bin... :roll:
LG,
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Sanoe
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Sanoe »

Blini hat geschrieben:@Verallgemeinerungen
Wo ich wirklich aufpassen muss, sind Verallgemeinerungen, wenn ich genervt bin :oops: . Also, um beim vorherigen Beispiel zu bleiben: " Du musst IMMER trödeln". Das stimmt natürlich nicht, bzw. vielleicht subjektiv gerade in der Situation. Ich finde das aber ganz ganz schrecklich. Und rutsche doch immer wieder hinein :oops:
Das Bedürfnis, etwas zu sagen, weil man total genervt ist, kenne ich auch gut. Gerade im Winter das Trödeln beim Anziehen... :roll:
Ich versuche dann einfach, meinen eigenen Gemütrzustand zu beschreiben, und nicht das Verhalten des Kindes an sich zu kritisieren bzw gar gemeine Verallgemeinerungen zu machen.
Also zB 'Es nervt mich, wenn du trödelst.' Kommt bei meinem Sohn eigentlich ganz gut an, er weiss es mittlerweile auch und versteht es ein bisschen.

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sonja32
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von sonja32 »

Ariadne hat geschrieben:
Blini hat geschrieben:Oder: Wenn er abends gar nicht mehr aus dem Trödeln rauskommt und die Uhr immer später anzeigt, sage ich auch mal, dass wir dann einfach keine Zeit mehr für die Gute-Nacht-Geschichte haben. Wenn er sich dann beeilt, dann ja, um die Gute-Nacht-Geschichte erzählt zu bekommen, und nicht, weil er eingesehen hat, dass er morgens ja früh raus muss? :?:
Ich glaube, Letzteres kannst du bei einem kleinen Kind sowieso gar nicht verlangen, diese Zusammenhänge kann es noch nicht wirklich selber nachvollziehen. Man kann einem Kind aber klar sagen, dass es um 20.00 Uhr oder so ins Bett muss, damit es dann genug Schlaf hat. Dass man davor noch dies und jenes machen kann, wenn dazu Zeit bleibt. Und dann dem Kind klarmachen, dass es eben selber dafür Sorgen muss, dass es diese Zeit hat. Wenn du sagst: "wir haben bis 20.00 Uhr Zeit für dies, jenes und das, wenn du vorwärts machst" und er dies dann nicht macht, ist es eine logische Konsequenz, dass ihr keine Zeit mehr habt für das letzte.

:
aber auch nur wenn es die ihr schon kann. das ist so mit 7, 8 Jahren der fall. bei froshkönig wars schon mit 5 aber das ist eher die Ausnahme. unter 4 haben sie keinerlei Zeitgefühl.
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Ariadne
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

sonja32 hat geschrieben:
Ariadne hat geschrieben:
Blini hat geschrieben:Oder: Wenn er abends gar nicht mehr aus dem Trödeln rauskommt und die Uhr immer später anzeigt, sage ich auch mal, dass wir dann einfach keine Zeit mehr für die Gute-Nacht-Geschichte haben. Wenn er sich dann beeilt, dann ja, um die Gute-Nacht-Geschichte erzählt zu bekommen, und nicht, weil er eingesehen hat, dass er morgens ja früh raus muss? :?:
Ich glaube, Letzteres kannst du bei einem kleinen Kind sowieso gar nicht verlangen, diese Zusammenhänge kann es noch nicht wirklich selber nachvollziehen. Man kann einem Kind aber klar sagen, dass es um 20.00 Uhr oder so ins Bett muss, damit es dann genug Schlaf hat. Dass man davor noch dies und jenes machen kann, wenn dazu Zeit bleibt. Und dann dem Kind klarmachen, dass es eben selber dafür Sorgen muss, dass es diese Zeit hat. Wenn du sagst: "wir haben bis 20.00 Uhr Zeit für dies, jenes und das, wenn du vorwärts machst" und er dies dann nicht macht, ist es eine logische Konsequenz, dass ihr keine Zeit mehr habt für das letzte.

:
aber auch nur wenn es die ihr schon kann. das ist so mit 7, 8 Jahren der fall. bei froshkönig wars schon mit 5 aber das ist eher die Ausnahme. unter 4 haben sie keinerlei Zeitgefühl.
Ja sicher, man muss das Kind ja auch nicht diese ganze Zeit sich alleine überlassen. Man kann einfach zwischendurch immer mal wieder sagen: Wenn du dich jetzt anziehst, haben wir noch Zeit für das Geschichtli, sonst halt nicht mehr. Oder so.
LG,
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LadyBlue
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von LadyBlue »

Ariadne hat geschrieben:
Blini hat geschrieben: Aber auch das Mehrere-Tage-Wegstellen?

Es kommt draufan, aus welcher Motivation heraus. Ich würde sowas auch tun und sagen: "Schau, du bist offensichtlich noch nicht so weit, dass du Gefahren selber abschätzen kannst. Das ist leider zu gefährlich für dich. Sobald du soweit bist, kannst du das Rad wieder haben." Natürlich machen ein paar Tage da nichts aus. Es geht darum, dass er begreift, worauf es ankommt. Wenn er am nächsten Tag sagt, er denkt, dass er es jetzt wisse, dann kannst du es ja herausnehmen. Denn dann hast du ja erreicht, was du willst, falls er sich dann wirkich dran hält.
Oder nochmal ganz anders.
Kurzer hatte zu seinem zweiten Geburtstag einen ferngesteuerten Bagger geschenkt bekommen, der eigentlich ab 5 wäre. Da das Paket vom Götti gekommen war und wir nicht wussten, was drin war, durfte er es natürlich auspacken. Wir haben dann den Bagger ausprobiert, aber es ging nicht gut und Kurzer war darob so frustriert, dass er ihn durch die Gegend schmiss.

Nun, wir hätten mit ihm schimpfen können. Oder ihm dem Bagger demonstrativ wegnehmen und sagen "solange Du nicht Sorge tragen kannst, darst Du ihn nicht haben". Oder was Eltern halt in so Situationen tun.

Stattdessen haben wir Kurzen getröstet und und bei ihm entschuldigt dafür, dass der Bagger so blöd war. Und gesagt, dass wir ihn jetzt verräumen, bis er etwas grösser sei und damit umgehen könne. Das frustrierte ihn natürlich noch einmal, aber dann akzeptiert er es sehr gut. Alle paar Wochen fragte er, ob er den Bagger jetzt wohl haben dürfte und akzeptierte aber ein "Nein", einfach mit Lätsch und "bini truurig". Und so mit 3.5 Jahren war er nicht nur feinmotorisch weiter entwickelt, sondern hatte - meistens :wink: - gelernt, wenns nicht gerade auf Anhieb klappte den Gegenstand nicht mehr in die Ecke zu pfeffern. Also liessen wir ih versuchen und dann klappte es auch. Läck war der happy :lol:

Was ich mit dem Sermon sagen will: Wer hat die Verantwortung und wer übernimmt die Verantwortung, wen etwas nicht so läuft, wie man es gerne hätte? Es lohnt sich, das ab und zu mal zu reflektieren. Laufrad auf dem Trottoir gibt es bei uns bis heute nicht und auch auf wenig befahrenen Nebenstrassen gab es das erst zu dem Zeitpunkt als ich sicher wusste, dass Kurzer auf "stop" sofort anhält und auf "Auto" sofort am Rand stillsteht und zwar immer und zuverlässig. Dann fuhr er halt nicht so früh, wie vielleicht andere, aber im Sicherheitsbereich übernehme ich die Verantwortung so lange, bis ich weiss, dass er es wirklich zuverlässig kann.
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

@ ladyblue
Stattdessen haben wir Kurzen getröstet und und bei ihm entschuldigt dafür, dass der Bagger so blöd war. Und gesagt, dass wir ihn jetzt verräumen, bis er etwas grösser sei und damit umgehen könne. Das frustrierte ihn natürlich noch einmal, aber dann akzeptiert er es sehr gut.
Das finde ich eigentlich nicht so viel anders als das, was ich beschrieben habe. Ich schimpfe auch nicht mit meinem Kind und sage, "das kommt jetzt weg, weil du das noch nicht kannst!" Sondern ich sage das ganz normal eben im Sinne von "Oh, das ist jetzt noch etwas schwierig, gell, offenbar geht das jetzt einfach noch nicht. Wir holen das dann wieder hervor, wenn du soweit bist." Was ist daran denn so anders?
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

@ sanoe
Ich versuche dann einfach, meinen eigenen Gemütrzustand zu beschreiben, und nicht das Verhalten des Kindes an sich zu kritisieren bzw gar gemeine Verallgemeinerungen zu machen.
Also zB 'Es nervt mich, wenn du trödelst.' Kommt bei meinem Sohn eigentlich ganz gut an, er weiss es mittlerweile auch und versteht es ein bisschen.
Das ist eben genau die richtige Art; man darf sich ja nerven, aber dann ist es am besten, wenn man von sich redet und kommuniziert, was man selber dabei fühlt. Manchmal gelingt es mir, daran zu denken, aber manchmal sage ich dann einfach "Es nervt mich, dass ihr immer so trödeln müsst!"... :lol: :roll: ... Dann flutscht es halt doch noch raus, das Anklagende... Werde mich aber wieder mehr drauf achten, gerade meine Ältere scheint das nämlich auch schon zu verstehen, also wirklich nachvollziehen zu können, dass das halt auch etwas in mir auslöst.
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von LadyBlue »

Ariadne hat geschrieben:@ ladyblue
Stattdessen haben wir Kurzen getröstet und und bei ihm entschuldigt dafür, dass der Bagger so blöd war. Und gesagt, dass wir ihn jetzt verräumen, bis er etwas grösser sei und damit umgehen könne. Das frustrierte ihn natürlich noch einmal, aber dann akzeptiert er es sehr gut.
Das finde ich eigentlich nicht so viel anders als das, was ich beschrieben habe. Ich schimpfe auch nicht mit meinem Kind und sage, "das kommt jetzt weg, weil du das noch nicht kannst!" Sondern ich sage das ganz normal eben im Sinne von "Oh, das ist jetzt noch etwas schwierig, gell, offenbar geht das jetzt einfach noch nicht. Wir holen das dann wieder hervor, wenn du soweit bist." Was ist daran denn so anders?
So wie ich Dich verstanden habe ging es darum, das Ding wegzustellen bis das Kind sein Verhalten angepasst hat.
Bei uns war es eben wirklich so, dass ich ihm den Bagger gar nicht erst hätte geben dürfen. Nicht das Kind hat Mist gebaut, sondern ich. Und das kommuniziere ich dann auch so.
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

LadyBlue hat geschrieben:
Ariadne hat geschrieben:@ ladyblue
Stattdessen haben wir Kurzen getröstet und und bei ihm entschuldigt dafür, dass der Bagger so blöd war. Und gesagt, dass wir ihn jetzt verräumen, bis er etwas grösser sei und damit umgehen könne. Das frustrierte ihn natürlich noch einmal, aber dann akzeptiert er es sehr gut.
Das finde ich eigentlich nicht so viel anders als das, was ich beschrieben habe. Ich schimpfe auch nicht mit meinem Kind und sage, "das kommt jetzt weg, weil du das noch nicht kannst!" Sondern ich sage das ganz normal eben im Sinne von "Oh, das ist jetzt noch etwas schwierig, gell, offenbar geht das jetzt einfach noch nicht. Wir holen das dann wieder hervor, wenn du soweit bist." Was ist daran denn so anders?
So wie ich Dich verstanden habe ging es darum, das Ding wegzustellen bis das Kind sein Verhalten angepasst hat.
Bei uns war es eben wirklich so, dass ich ihm den Bagger gar nicht erst hätte geben dürfen. Nicht das Kind hat Mist gebaut, sondern ich. Und das kommuniziere ich dann auch so.
Ach so, jetzt verstehe ich.
Ja, das war in dem Beispiel, um das es ging, natürlich etwas anderes. Da war der Junge ja ganz offensichtlich so weit, dass er das sehr wohl eigentlich konnte. Nur hat er, offenbar zum Testen, etwas gemacht, was gefährlich war. Also hat die Mutter ihn darauf hingewiesen, dass er offenbar die Gefährlichkeit noch nicht abschätzen könne und deshalb nicht mehr fahren könne. Das hat der Junge dann offenbar eingesehen, und seitdem verhält er sich offenbar korrekt.
Aber eben: Natürlich weiss man nicht genau: hat er nun wirklich gelernt, die Gefahr einzuschätzen? Oder testet er einfach nicht mehr, weil er weiss, dass sonst das Fahrrad weg kommt? Keine Ahnung. Ich weiss auch nicht, wie man das sonst anstellen könnte. Man muss dann halt darauf vertrauen, dass das Kind wirklich merkt, wie gefährlich es gehandelt hat. Ich denke, dabei ist es am wichtigsten, wie man es dem Kind mitteilt (eben schimpfend, oder aber erklärend). Und es ist natürlich wichtig, dass man selber das Kind gut kennt und einschätzen kann, ob es wirklich den Zusammenhang begreift. Ich muss sagen, beim Letzteren bin ich z.B. bei meiner Jüngsten manchmal einfach zu "optimistisch", weil ich davon ausgehe, dass sie Zusammenhänge so begreift wie die Ältere. Aber die Jüngere ist ganz anders, und manchmal überfordere ich sie. Da wäre es vielleicht manchmal auch angebracht, mich bei ihr zu entschuldigen... :?
LG,
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Timna
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Timna »

Rema hat geschrieben:hoi zäme...

Ich weiss ihr seid in einer spannenden Diskusion. Lese auch mit. Aber mich interessiert grad brennend was anderes :)
Ich würde gerne von euch wissen wie ihr es handhabt wenn euer Kind / eure Kinder am Tisch zum grössten Teil nicht mitessen. Wie reagiert ihr da?

Rema
Unser Problem war zwar ein wenig ein anderes - aber vielleicht hilfts dir trotzdem: Unser Junior wollte erst gar nicht anfangen mit essen und nahm lange nur Schoppen. Unser KiA schickte uns zur Ernährungsberatung. Erst fand ich das völlig übertrieben und ich ging nur widerwillig hin. Aber die Frau war echt gut, und ohne grossen Aufwand bekamen wir unseren Jungen dazu, doch mit Essen zu beginnen. :)
Vielleicht fragst du mal deinen KiA, ob das auch was für euch wäre?
Ritter Okt. 12
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Sternli 04.11.07 Ich vermisse dich

Froeschli1980
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Froeschli1980 »

@Ariadne
Ich glaube, Letzteres kannst du bei einem kleinen Kind sowieso gar nicht verlangen, diese Zusammenhänge kann es noch nicht wirklich selber nachvollziehen. Man kann einem Kind aber klar sagen, dass es um 20.00 Uhr oder so ins Bett muss, damit es dann genug Schlaf hat. Dass man davor noch dies und jenes machen kann, wenn dazu Zeit bleibt. Und dann dem Kind klarmachen, dass es eben selber dafür Sorgen muss, dass es diese Zeit hat. Wenn du sagst: "wir haben bis 20.00 Uhr Zeit für dies, jenes und das, wenn du vorwärts machst" und er dies dann nicht macht, ist es eine logische Konsequenz, dass ihr keine Zeit mehr habt für das letzte.
Du glaubst, dass ein kleines Kind (wie klein?) Einsicht hat, Konzepte wie "sagen, dass es um 20.00 Uhr oder so ins Bett muss, damit es dann genug Schlaf hat. Dass man davor noch dies und jenes machen kann, wenn dazu Zeit bleibt" versteht?
Ein Kind ohne Zeitgefühl (drum trödeln sie nämlich ständig) soll a) "20 Uhr", b) "genügend Schlaf" und c) "Zeitspanne x bis 20 Uhr" verstehen??
Das ist etwas viel kognitives Denken verlangt für ein kleines Kind, finde ich.
Ehrlicher wäre wohl zu sagen, ab 20 Uhr möchten wir dass du schläfst. Die Verantwortung bleibt dann bei den Eltern und das Kind muss es nicht verstehen.
Noch zu deiner Bemerkung wg. Fluchen: ich kann es gerne geduldig wiederholen: ja, es ist eine Strafe, was ich praktiziert habe (7 Tage lang, jetzt ist die Flucherei vorbei, hurra!), und zwar, weil meine Grenze überschritten war und ich mir nicht anders zu helfen wusste. Ich glaube nicht, dass er einen Schaden davon trug, es hat ein Bewusstseinsprozess eingesetzt, den ich etwas schmerzhaft/ruppig in Gang gesetzt habe, um meine Grenzen zu schützen. Ich glaube auch nicht, dass er deswegen ein schlimmer Teenager wird. Es war unsere erste solche Strafe, und ich hoffe mal, es werden nicht viele weitere kommen.
Da ich aber keinen Perfektionsanspruch an mich habe (habe z. B. auch beschlossen, meine oben versprochene längere Antwort nicht zu schreiben, ist mir zu langwierig und mühsam, das auseinander zu friemeln und mich verständlich zu machen, denn das ist das Internet, bei Freunden wäre mir das wichtig, hier nicht), werden sicher noch Erziehungsanekdoten passieren, die nicht meinem Ideal vom straffrei Erziehen entsprechen. So what. Wir werden es überleben, Kinder und Eltern.

Was "(logische) Konsequenzen" angeht: ich beobachte, dass das zunehmend ein Euphemismus für die gute alte Strafe ist. Sagt sich aber einfacher, gilt als weniger strafend, moderner. Ist aber die gleiche alte Form von Machtausübung. Und mit "Konsequenz" verbrämt man das Ganze noch, gibt dem Kind die Verantwortung. Unfair.

Es ist simpel: logische Konsequenzen passieren. Wenn xy, dann gehen Dinge kaputt/ werden Freunde/Geschwister/Eltern hässig, kommt man zu spät, verpasst man den Bus, was auch immer.
Nach "logischen Konsequenzen" muss man nicht suchen, die liegen auf der Hand (weil so logisch).

Aufräumen zu müssen ist nie eine logische Konsequenz für das Kind. Es kann sein, dass MAMA dann eine Sauerei aufputzen muss, damit sich niemand an Scherben verletzt oder weil sie das Puff nicht aushält und drum keine Spielzeit mehr hat. Aber logisch ist die Verpflichtung zum Helfen nicht.
Man kann ja dann versuchen zu erklären, das das Kind lernen müsse, seine Handlungen auszubaden. Oder dass man das in der Familie so wolle (z. B. wegen gemeinsam oder von den Eltern erstelltem Regelwerk, Übertretung zieht Sanktion "Aufräumen" nach sich). Oder dass das Kind helfen MÜSSE (Achtung, Machtausübung). Finde das alles nicht schlimm. Aber ich finde es unabdingbar, dazu zu stehen und dafür die Verantwortung zu übernehmen. Ich habe die Macht, und ich tue nicht so, wie wenn das nicht so wäre.

Es ist simpel: Eltern haben die Macht. Per definitionem. Und wer Macht hat, hat die Verantwortung für die Beziehung. Immer. (Auch als Chef).
Zuletzt geändert von Froeschli1980 am Fr 10. Jan 2014, 22:18, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von sonja32 »

Froeschli1980 hat geschrieben:d lernen müsse, seine Handlungen auszubaden. Oder dass man das in der Familie so wolle (z. B. wegen gemeinsam oder von den Eltern erstelltem Regelwerk, Übertretung zieht Sanktion "Aufräumen" nach sich). Oder dass das Kind helfen MÜSSE (Achtung, Machtausübung).
ja meine Kinder müssen mir helfen weil ich auch genug für sie mache. manchmal machen sie das freiwillig, manchmal bei der 1. Aufforderung, manchmal unter Gemotze, wie ich ja auch. aber gewisse dinge müssen sie einfach tun ansonsten herrscht hier Chaos oder ich räume ihnen alles hinterher (als Beispiel). heute wurde ich auch mal laut, wenn sie schon vor dem tv essen dürfen (äusserst selten) dann wird das zeug auch aufgeräumt ist ja logisch.
klar das ist eine machtausübung in gewisser weise. ich bin aber auch der Chef. :mrgreen: .
sie sind ja schon älter kann man ev. nicht so vergleichen!!
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Froeschli1980
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Froeschli1980 »

klar das ist eine machtausübung in gewisser weise. ich bin aber auch der Chef.
Genau! Machtausübung ist doch nicht schlimm. Solange sie transparent ist und die Würde/Gleichwürdigkeit des Kindes wahrt und ihm nicht die Verantwortung dafür aufgebürdet wird ("weil du da, MUSS ich dich jetzt mit yx strafen" o. ä)

PS: @TV-Dinner: Logisch nicht. Aber deine nachvollziehbare Bedingung.

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Ariadne
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Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

@ fröschli
Ein Kind ohne Zeitgefühl (drum trödeln sie nämlich ständig) soll a) "20 Uhr", b) "genügend Schlaf" und c) "Zeitspanne x bis 20 Uhr" verstehen??
Das ist etwas viel kognitives Denken verlangt für ein kleines Kind, finde ich.
Nein, habe ich ja gesagt. Man muss dem Kind dabei helfen, weil es noch kein Zeitgefühl hat. Aber ich finde schon, dass man auch einem kleinen Kind eine Erklärung geben sollte. Selbst wenn es das noch nicht immer so ganz versteht. Einfach "Um 20.00 Uhr ins Bett, weil ich es sage" gibt's bei mir nicht. Zumindest nicht, wenn das Kind damit Probleme hat, trödelt, wir dann keine Geschichte lesen können etc. Das führt zu Situationen, in denen ich kurz erkläre, was Sache ist.
Es ist simpel: logische Konsequenzen passieren. Wenn xy, dann gehen Dinge kaputt/ werden Freunde/Geschwister/Eltern hässig, kommt man zu spät, verpasst man den Bus, was auch immer.
Nach "logischen Konsequenzen" muss man nicht suchen, die liegen auf der Hand (weil so logisch).
Das sind natürlich Definitionsfragen. Ich erkläre es mal so, wie wir es hier drin verstehen: Das mit dem Bus ist nicht eine logische Konsequenz, sondern eine natürliche. Eine, die sowieso aus dem Handeln heraus passiert. Das mit dem hässig werden ist da nicht so deutlich: da wäre die natürliche Konsequenz, dass das Ding halt kaputt ist. Dass jemand hässig wird, ist wohl meist schon logisch, aber das ist ja jetzt nicht etwas, womit man bewusst operiert, das ist halt etwas, was nunmal oft eine Folge ist vom Kaputt machen.
Was wir hier unter logischer Konsequenz verstehen, ist eher etwas, was man dem Kind bewusst zeigen will, dass dies eine Konsequenz seines Handelns ist. Nämlich dann, wenn die natürliche Konsequenz zu gefährlich ist (Strassenverkehr) oder wenn es keine natürliche Konsequenz gibt, die dem Kind klarmachen könnte, was sein Handeln bedeutet. Für das Kind ist diese logische Konsequenz meist schmerzhaft, und von daher verstehe ich, dass man von diesem Gesichtspunkt aus sagen kann, das ist ja nur eine Strafe mit einem anderen Namen. Für das Kind fühlt es sich wohl so an. Aber das ist ja das gleiche mit den natürlichen Konsequenzen: auch sie sind eine Strafe (wenn etwas Geliebtes kaputt geht, weil das Kind es kaputt gemacht hat) für das Kind, weil es schmerzhaft ist. Nur hat diese Strafe niemand zugefügt, es ist halt natürlicherweise passiert. Das Kind wird wohl (hoffentlich) daraus lernen, in Zukunft besser aufzupassen. Das ist das, was man erreichen will, dass es Verantwortung für sein Tun übernimmt und merkt, was sein Handeln für Konsequenzen hat.

Nun will man das ja auch, wenn das Kind etwas falsches macht, und es keine natürliche Konsequenz gibt, die dem Kind zeigen könnte, was es besser machen könnte, wie es Verantwortung übernehmen könnte. Und da gibt es zwei Möglichkeiten (naja, gibt noch mehr, aber hier relevant sind diese zwei): Eine logische Konsequenz, bei der das Kind sieht, dass die Konsequenz mit seinem Handeln zu tun hat. Es ist sicher schmerzhaft für das Kind, aber es hat die Möglichkeit, zu sehen, dass dies nunmal eine FOLGE ist seines Handelns. Und es kann in Zukunft aus den richtigen Gründen heraus sein Verhalten anpassen, nämlich um diese Folge zu vermeiden, die direkt mit dem Handeln zu tun hat. Das ist es, was wir als Eltern erreichen wollen.

Bei einer Strafe erreichen wir das nicht. Denn die Strafe hat nichts mit dem Handeln zu tun, sie ist keine Folge des Handelns, sondern eine willkürliche Strafe der Eltern, etwas, das dem Kind weh tut und das die Eltern sich ausgedacht haben. Das Kind wird also in Zukunft sein Verhalten nur anpassen, um diese Folge seines Handelns zu vermeiden, das Bestraft-Werden. Nicht, weil es eingesehen hat, dass sein Handeln an sich diese und jene negative Folge hat. Sondern, weil es die Strafe umgehen will. Es wird die Handlung also weiterhin verrichten, wenn es die Eltern nicht mitbekommen. Und es braucht eine härtere Strafe, wenn die erste Strafe nicht mehr fruchtet.

Verstehst du? Es ist mehr dahinter als einfach das Ändern der Bezeichnung von Strafe in Konsequenz.

Natürlich ist es im Grunde genommen auch Machtausübung. Aber es ist wenigstens kein Machtmissbrauch. Machtausübung ist es, wie du sagst, weil wir ganz klar die Macht über unsere Kinder haben, und eben auch die Verantwortung, das Kind in seiner Entwicklung zu begleiten. Ich sehe es als meine Verantwortung, dass dem Kind die Folgen seines Handelns bewusst werden und dass es aus den richtigen Gründen sein Verhalten anpasst und einsichtig wird. Dafür muss ich manchmal meine Macht ausüben, das stimmt, indem ich auf die logischen Konsequenzen beharre. Das kann ich, weil ich ein Elternteil bin. Aber der Unterschied bei den Konsequenzen und den Strafen ist hier folgender: Bei den Konsequenzen baue ich darauf auf, dass das Kind einsieht, was es anders machen muss. Und dass es in der Folge aus eigenem Antrieb und in eigener Verantwortung sein Verhalten anpasst. Bei der Strafe wird das Kind das Verhalten nicht anpassen, wenn ich nicht mit immer mehr Strafen komme, denn es hat ja gar nicht eingesehen, warum es etwas falsch gemacht hat.

Es gibt also "Machtausübung", um das Kind zu einem verantwortungsbewussten, sozialen und rücksichtsvollen Menschen zu machen. Und es gibt Machtmissbrauch, wenn man es nur für sein Verhalten bestraft, ohne dass die Einsicht und die langfristige Verhaltensänderung erfolgt. Es stimmt, die Eltern behalten dann immer die Verantwortung. Findest du das etwas Gutes? Ich finde es gerade gut, wenn man das Kind, ganz altersgemäss, lehrt, selber Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Natürlich so, dass es auch damit umgehen kann; natürlich muss man dabei oft helfen. Aber dem Kind in kleinen Schritten zu zeigen, wie es verantwortungsvoll handeln kann, es einsehen zu lassen, was seine Handlungen für Konsequenzen haben, das finde ich nicht unfair, im Gegenteil.
Aufräumen zu müssen ist nie eine logische Konsequenz für das Kind.
Doch, es ist eine logische Konsequenz, wenn es diese Regeln gibt im Haushalt, wo das Kind lebt. Man macht Abmachungen, damit das Familienleben für alle fair ist, und wenn man sich nicht daran hält, dann hat man die Konsequenzen zu tragen. Ich bin davon überzeugt, dass auch schon sehr kleine Kinder das verstehen. Natürlich ist Aufräumen, was man selber durcheinandergebracht hat, nicht in jedem Haushalt eine Regel. Aber wo es das ist, da ist es ganz klar eine logische Konsequenz für das Machen einer Sauerei.
LG,
Ariadne

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