@*esprit"
Wie geschrieben: Im Grundsatz gebe ich Dir recht. Aber: Da müssen halt in erster Linie auch die Eltern Verantwortung übernehmen. Sie haben das an der Schule meines Sohnes - wo grad eine Berufsinformation stattfand - so schön gesagt: "Der Berufsfindungsprozess" ist in erster Linie Familiensache! Und das ist auch so. Niemand kennt den Jugendlichen besser als die Eltern (zumindest sollte das so sein

). Umgekehrt ist es für Schüler, die in der Berufsfindungsphase sind - also 13-15 Jahre - je nachdem halt einerseits schwierig, sich selber realistisch einschätzen zu können (die einen können es besser, die anderen weniger gut) und andererseits halt auch im "Dschungel" der vielen Lehrberufe einen zu finden, der dann auch mit den Wünschen und Fähigkeiten übereinstimmt. Und wenn dann halt ein sehr introvertierter, sehr scheuer Schüler mit der Idee eines Lehrberufes kommt, wo er von Anfang an viel "an der Front" sein muss, viel Kundenkontakt hat und auch sehr selbständig, proaktiv sein muss, muss man halt vielleicht auch als Eltern den Schüler auf diese - wahrscheinliche - Schwierigkeit aufmerksam machen.
Im KV z.B. kann man ja auf sowas Rücksicht nehmen. Wenn ich 1.-Lehrjahr-Lernende haben, die eher scheu/introvertiert sind, achte ich darauf, dass ich sie erst in die Abteilungen mit viel Kundenkontakt (Sales, Kundendienst, etc.) ab dem 2. und 3. Lehrjahr einteile und in den ersten Abteilungen da noch etwas "Schonzeit" möglich ist. Aber eben: Bei Lehrberufen im Verkauf, an der Front (eben z.B. Drogistin) ist das natürlich nicht möglich - und da bin ich auch der Meinung, dass ein sehr scheuer, sehr introvertierter Schüler da einfach nicht passt. Und dann ist es sicher auch gut, wenn er einen entsprechenden Ausbildungsbericht bekommt, wo eben genau das so vermerkt ist.
In dem Berufswahlbuch meines Sohnes hat es z.B. einen Fragebogen, den einerseits der Schüler, andererseits ein Elternteil ausfüllen muss. Da geht es eben so um Stärken/Schwächen, was macht der Schüler gerne/weniger gerne/gar nicht gerne, etc. Das heisst, indem Eltern und Schüler diesen Test ausfüllen, hat man nachher so ein Vergleich punkto Fremd- und Eigenbild. Und wenn man dann als Mutter/als Vater sieht, dass sich der Schüler ganz anderes einschätzt, als er eigentlich ist, muss man daran halt auch arbeiten.
Ich war von daher froh, dass ich meinen Sohn zu 99% so eingeschätzt habe, wie er sich selber auch, d.h. er scheint da in punkto Stärken/Schwächen recht realistisch unterwegs zu sein. Das hilft schon mal. Und nun geht es darum, die Lehrberufe näher anzuschauen, die am ehesten zu seinen Wünschen und Fähigkeiten passen. Käme mein Sohn z.B. mit dem Berufswunsch Landschaftsgärtner oder Schreiner, würde ich wahrscheinlich intervenieren bzw. mit ihm darüber sprechen - weil er für mich nicht der Typ ist, der gerne draussen und vor allem mit den Händen arbeitet. Er ist der klassische "Kopfmensch". Aber eben: Das sehen wir beide genau so

. Aber es gibt halt sicher Schüler, die da mit der Selbsteinschätzung etwas mehr Mühe haben und wenn sich eben ein Schüler, der bisher sozial eher schwach unterwegs war, nicht gerne redet, Mühe im Miteinander mit anderen Menschen hat, etc., für einen Beruf interessiert, wo viel Kundenkontakt da ist, ist das sicher etwas, das man als Eltern mit dem Kind besprechen muss bzw. ihn zumindest darauf aufmerksam machen muss. Da ist evtl. dann doch ein Lehrberuf besser, der etwas weniger "soziale Fähigkeiten" erfordert und nicht grad dort Stärken voraussetzt, wo man eigene Schwächen hat.
Ich bekomme z.B. ab und an auch immer wieder mal KV-Bewerbungen von Schüler, die in den Sprachfächern durchwegs ungenügend oder nur ganz knapp genügend unterwegs sind, dafür in Fächern wie Mathe, Geometrie, Chemie, etc. brutal stark. Da frage ich mich dann halt jeweils auch, warum diese Schüler niemand darauf aufmerksam macht, dass sie sich mit diesem Profil - diesen Stärken und Schwächen - für den total falschen Lehrberuf bewerben. Es gibt ja zig Lehrberufe, die händeringend nach genau solchen Schüler-Profilen Ausschau halten - aber im KV sind halt gerade die Sprachfächer sehr wichtig und da passt so ein Profil dann halt einfach nicht.
Aber eben: Dieses "beraten" und "begleiten" ist halt schon in erster Linie die Verantwortung von den Eltern und da muss man das Kind halt je nachdem auch etwas "leiten".