Alex - eine Kinderwunschgeschichte
Moderator: Züri Mami
so, leider haben Irlandelfe und ich nicht mehr Kapitel abgespeichert. Vielleicht hat jemand anders noch die weiteren Kapitel bei sich gespeichert?
Zuletzt geändert von Kami am Di 29. Mai 2007, 13:05, insgesamt 1-mal geändert.
Alex77
„Sag’ einmal, bist du nicht um den Eisprung herum? Wir sind doch etwa eine Woche auseinander, oder?“ fragte Alex im Laufe des Frühstücks. Frauen mit Kinderwunsch, die sich einander geoutet haben, hatten die Lizenz zum Überschreiten sonst bestehender Grenzen.
„Hehem…“, murmelte Hannah, grinste und biss in ihre Waffel. „Vorgestern. Eigentlich war Thomas zu müde, er wollte schon vertagen, aber nichts da, er musste ran.“ Sie lachte verschmitzt. Und dann vertiefte sich ihr Lachen noch.
„Du, was ich mich nie fragen getraut habe“, sie kaute vollständig aus und holte tief Luft „… was machst du denn danach, na also, du weisst schon…?“
Alex starrte sie an und grinste nun ihrerseits. „Ich habe mich auch schon immer gefragt, was andere dann machen. Also, in der Literatur wird ja oft empfohlen, erst einmal liegen zu bleiben, damit das wertvolle Nass nicht rausläuft, aber letztens habe ich gelesen, dass das, was rausläuft, gar nicht mehr wertvoll ist, wenn du verstehst, was ich meine.“
„Nee, nicht so recht. Sind die dann alle tot, wenn die rausgekrabbelt kommen? Schaurige Vorstellung…“ Hannah schüttelte sich. „Ich träumte vom Leben und erhielt den Tod“, fügte sie mit dunkler Stimme an.
„Quatsch. Die Samen verkrümeln sich im Samentümpel am Boden der Scheide, wo die gesamten Schwimmer zu einer gallertartigen Masse werden.“
„Klingt ja lecker“, sagte Hannah und schaute auf die Quittenmarmelade. „Und wo ist der Boden der Scheide?“
„Keine Ahnung, hab’ ich ja auch nur gelesen. Aber ich fand das echt interessant, die kleinen Kujambels klumpen erst mal und kleben da sozusagen fest, aber da sich der Tümpel dann mit der Gebärmutterschleimhaut vermischt, schwimmen sie dann da rum und werden von der Gebärmutter „angesogen“. Soweit die Theorie, hat bei mir aber offensichtlich noch nicht geklappt, vielleicht sollte ich stärker saugen.“ Alex grübelte vor sich hin. Hannah schaute sie interessiert an. „Wie, du saugst an? Ich dachte, das geht nur beim Orgasmus?“
„Doch, ich kann das mit der Scheide auch so, wenn ich mich darauf konzentriere.“
„Ist ja wohl nicht wahr.“ Hannah sass da mit offenem Mund. „Wie geht das denn?“ Es folgte eine detaillierte und äusserst intime Beschreibung dessen, was einige Frauen können und andere nicht.
„Okay, ich probier das einmal, warte…“ mit diesen Worten verschwand Hannah im Badezimmer und kam erst einige Minuten später wieder. „Nee, geht nicht,“ sagte sie frustriert.
Alex lachte. „Na ja, muss ja auch nicht, ich hoffe bloss, ich bin nicht die einzige und somit abnorm.“
„Also ich würde das gerne können. Macht das Geräusche?“ Hannah war fasziniert von der Vorstellung, dass ihre Freundin in den Regionen so beweglich war. Sie hatte von Inderinnen gehört, die im Rahmen des Kamasutra üben, mit der Scheide Gegenstände aufzuheben, aber das waren andere Zeiten und andere Welten.
„Jap, aber glaube ja nicht, dass ich dir das jetzt vormache.“ Beide lachten los.
„Aber noch mal zum Samentümpel. Was läuft denn dann raus – ist ja auch immer eklig, oder?“ Hannah schauderte erneut. „Ich kann das gar nicht haben. Ich klemm mir dann immer ein Handtuch zwischen die Beine, früher bin ich immer aufgesprungen und habe mich sofort gewaschen, aber seit ich ein Kind haben möchte, sind die Zeiten vorbei. Ich habe sogar eine Weile auf das Kuscheln danach verzichtet, weil ich das Becken hochgelegt habe, aber das ist es mir nicht wert…“
Alex lachte. „Tolle Vorstellung, du mit angewidertem Gesicht und ein Handtuch zwischen den Beine. Findest du das erotisch? Aber okay, lass uns alle peinlichen Details unserer Kinderwunschkarriere austauschen. Jetzt bin ich wohl dran“, sie schaute sich um, als wollte sie sicherstellen, dass kein Zuhörer im Raum war, senkte die Stimme und sagte: „Also ich sauge seit neustem kurz an, verbleibe und versuche nur gaaaaaaaaaaaaanz langsam die Luft wieder herauszulassen.... nun denn und ich habe immer eine volle Tempobox neben dem Bett stehen und versorge mich so… ähem… In der Regel bleibt es beim ersten Herauslaufen, und hey...... das hasse ich auch.... fühlt sich an, als sei man inkontinent oder nass geschwitzt. Bah…“ Beide kugelten sich erneut vor Lachen und freuten sich, endlich dieses weiblichste aller weiblichen Themen ansprechen zu können.
„Mensch, eine Postkoitalbox, oder wie nennt man das wissenschaftlich. Na, beim nächsten Mal wirst du an mich denken mit deiner Postkoitalbox!“
„Du bist doof…. Besser als ein Handtuch oder die ollen Scheisserlefeinripp, wie meine Mama immer sagte. Aber eines noch: Wissenschaftlich gesehen ist der sogenannte Rückfluss etwas Normales, und er besteht aus sozusagen überflüssigem Material, aus Zervixschleim, Samenflüssigkeit und Schwimmern, die zu alt oder zu lahm waren, um aus dem Samentümpel herauszukommen und in den Zervixschleim einzudringen. Und unser Gebärmutterhals ist so programmiert, dass er die Situation völlig unter Kontrolle hat und sich von keinem Ereignis nach dem Geschlechtsverkehr stören lässt, gleichgültig, was Frau tut oder nicht tut. Internet lässt grüssen…“
„Mensch, ich bin so froh, dich zu haben. Was haben wir bisher alles verpasst,“ fasste Hannah zusammen und drückte ihre Freundin ganz fest.
„Sag’ einmal, bist du nicht um den Eisprung herum? Wir sind doch etwa eine Woche auseinander, oder?“ fragte Alex im Laufe des Frühstücks. Frauen mit Kinderwunsch, die sich einander geoutet haben, hatten die Lizenz zum Überschreiten sonst bestehender Grenzen.
„Hehem…“, murmelte Hannah, grinste und biss in ihre Waffel. „Vorgestern. Eigentlich war Thomas zu müde, er wollte schon vertagen, aber nichts da, er musste ran.“ Sie lachte verschmitzt. Und dann vertiefte sich ihr Lachen noch.
„Du, was ich mich nie fragen getraut habe“, sie kaute vollständig aus und holte tief Luft „… was machst du denn danach, na also, du weisst schon…?“
Alex starrte sie an und grinste nun ihrerseits. „Ich habe mich auch schon immer gefragt, was andere dann machen. Also, in der Literatur wird ja oft empfohlen, erst einmal liegen zu bleiben, damit das wertvolle Nass nicht rausläuft, aber letztens habe ich gelesen, dass das, was rausläuft, gar nicht mehr wertvoll ist, wenn du verstehst, was ich meine.“
„Nee, nicht so recht. Sind die dann alle tot, wenn die rausgekrabbelt kommen? Schaurige Vorstellung…“ Hannah schüttelte sich. „Ich träumte vom Leben und erhielt den Tod“, fügte sie mit dunkler Stimme an.
„Quatsch. Die Samen verkrümeln sich im Samentümpel am Boden der Scheide, wo die gesamten Schwimmer zu einer gallertartigen Masse werden.“
„Klingt ja lecker“, sagte Hannah und schaute auf die Quittenmarmelade. „Und wo ist der Boden der Scheide?“
„Keine Ahnung, hab’ ich ja auch nur gelesen. Aber ich fand das echt interessant, die kleinen Kujambels klumpen erst mal und kleben da sozusagen fest, aber da sich der Tümpel dann mit der Gebärmutterschleimhaut vermischt, schwimmen sie dann da rum und werden von der Gebärmutter „angesogen“. Soweit die Theorie, hat bei mir aber offensichtlich noch nicht geklappt, vielleicht sollte ich stärker saugen.“ Alex grübelte vor sich hin. Hannah schaute sie interessiert an. „Wie, du saugst an? Ich dachte, das geht nur beim Orgasmus?“
„Doch, ich kann das mit der Scheide auch so, wenn ich mich darauf konzentriere.“
„Ist ja wohl nicht wahr.“ Hannah sass da mit offenem Mund. „Wie geht das denn?“ Es folgte eine detaillierte und äusserst intime Beschreibung dessen, was einige Frauen können und andere nicht.
„Okay, ich probier das einmal, warte…“ mit diesen Worten verschwand Hannah im Badezimmer und kam erst einige Minuten später wieder. „Nee, geht nicht,“ sagte sie frustriert.
Alex lachte. „Na ja, muss ja auch nicht, ich hoffe bloss, ich bin nicht die einzige und somit abnorm.“
„Also ich würde das gerne können. Macht das Geräusche?“ Hannah war fasziniert von der Vorstellung, dass ihre Freundin in den Regionen so beweglich war. Sie hatte von Inderinnen gehört, die im Rahmen des Kamasutra üben, mit der Scheide Gegenstände aufzuheben, aber das waren andere Zeiten und andere Welten.
„Jap, aber glaube ja nicht, dass ich dir das jetzt vormache.“ Beide lachten los.
„Aber noch mal zum Samentümpel. Was läuft denn dann raus – ist ja auch immer eklig, oder?“ Hannah schauderte erneut. „Ich kann das gar nicht haben. Ich klemm mir dann immer ein Handtuch zwischen die Beine, früher bin ich immer aufgesprungen und habe mich sofort gewaschen, aber seit ich ein Kind haben möchte, sind die Zeiten vorbei. Ich habe sogar eine Weile auf das Kuscheln danach verzichtet, weil ich das Becken hochgelegt habe, aber das ist es mir nicht wert…“
Alex lachte. „Tolle Vorstellung, du mit angewidertem Gesicht und ein Handtuch zwischen den Beine. Findest du das erotisch? Aber okay, lass uns alle peinlichen Details unserer Kinderwunschkarriere austauschen. Jetzt bin ich wohl dran“, sie schaute sich um, als wollte sie sicherstellen, dass kein Zuhörer im Raum war, senkte die Stimme und sagte: „Also ich sauge seit neustem kurz an, verbleibe und versuche nur gaaaaaaaaaaaaanz langsam die Luft wieder herauszulassen.... nun denn und ich habe immer eine volle Tempobox neben dem Bett stehen und versorge mich so… ähem… In der Regel bleibt es beim ersten Herauslaufen, und hey...... das hasse ich auch.... fühlt sich an, als sei man inkontinent oder nass geschwitzt. Bah…“ Beide kugelten sich erneut vor Lachen und freuten sich, endlich dieses weiblichste aller weiblichen Themen ansprechen zu können.
„Mensch, eine Postkoitalbox, oder wie nennt man das wissenschaftlich. Na, beim nächsten Mal wirst du an mich denken mit deiner Postkoitalbox!“
„Du bist doof…. Besser als ein Handtuch oder die ollen Scheisserlefeinripp, wie meine Mama immer sagte. Aber eines noch: Wissenschaftlich gesehen ist der sogenannte Rückfluss etwas Normales, und er besteht aus sozusagen überflüssigem Material, aus Zervixschleim, Samenflüssigkeit und Schwimmern, die zu alt oder zu lahm waren, um aus dem Samentümpel herauszukommen und in den Zervixschleim einzudringen. Und unser Gebärmutterhals ist so programmiert, dass er die Situation völlig unter Kontrolle hat und sich von keinem Ereignis nach dem Geschlechtsverkehr stören lässt, gleichgültig, was Frau tut oder nicht tut. Internet lässt grüssen…“
„Mensch, ich bin so froh, dich zu haben. Was haben wir bisher alles verpasst,“ fasste Hannah zusammen und drückte ihre Freundin ganz fest.
Folge 78
„Wo wir uns so intim unterhalten: Was machen eigentlich diese blöden Eizellen, wenn sie gesprungen sind? Gammeln die da vor sich hin und schlafen, oder laufen die wie die Kühe auf der Weide herum und nippen mal hier und dort, oder was?“ Diesmal war es Alex, die Fragen beantwortet haben wollte.
„Du, das habe ich mich auch immer gefragt. Keine Ahnung, vermutlich sind die wirklich nur so am suchen „Wo docke ich am besten am“. Ich stelle mir das so vor.“ Hannah verstellte ihre Stimme so, als wäre sie ein Sportkommentator: „Roland schnürte sich die Turnschuhe fetser. Bald würde es losgehen. Die Startlampen leuchteten auf, sie zeigten, dass die Starterhormone gerade die magische Marke erreichten: Gleich würde es losgehen, auf in die dunklen, feuchten Gefilde der Eileiter. Roland würde in der Gruppe "rechter Eileiter" sein. Sie trugen pinkfarbene Hemden und Stirnbänder, auf denen "forever jan ullrich" stand. Roland mochte keine Tour de France, aber es war von oben vorgegeben und so fügte er sich dem Dresscode.
Er war der Auserwählte, seine freunde hatten nicht die satte und zufriedene Grösse erreicht, die zum Sprung in den Uterus reichte. Sie hatten inzwischen die Hemden ausgezogen und warteten Karten spielender Weise auf den nächsten Zyklus. „Vielleicht kommt der ja gar nicht,“ dachte Roland. "Denen zeige ich es"....... er schuffelte mit den Schuhen wie ein Skispringer vor dem Start, unruhig starrte er auf das Signal, das auf Grün gehen musste! Da, endlich! …und dann sprang er.....“ Hannah machte eine Pause und Alex wischte sich die Lachtränen aus dem Augenwinkel. Atemlos brachte sie hervor: „Und wie geht es weiter?“
Und Hannah steigerte sich noch: „Roland, die schöne fette Eizelle, hatte es geschafft: Er war befruchtet worden. Ziellos waberte er durch das rosa Dunkel. „Wohin soll ich denn jetzt gehen? Was soll hier so einsam aus mir werden? Und wo sind die anderen?“ Er fragte sich all diese Fragen. Er war noch so jung, gerade erst eine kleine Morula, ein Maulbeerkeim. Er kicherte in sich hinein. War er ein Junge? Oder ein Mädchen? Er dachte nach. Er glaubte, er sei ein Junge. Ja! Das war’s: Er war ein kleiner Junge. Hoffentlich fand er einen schönen Platz hier unten. Es war so still und es gruselte ihn ein wenig. "Huhu?!" Roland wimmerte leise vor sich hin. Wo waren alle seine Freunde? Das ging jetzt schon seit Tagen so. Oben im rechten Eierstock hatten sie noch Karten gespielt und nun waren die anderen alle weg. Roland fröstelte; er musste sich langsam ein warmes Heim suchen. Ah, da war eine schöne gemütliche Ecke. Roland schnüffelte an der roten Substanz. "Gut, Mama“..... Roland richtete sich ein.... und seine Freunde warteten oben im rechten Eierstock. Sie warteten auf das Startsignal. Gonzales, ein Sprinter unter den Eizellen, hatte sich extra schnelle rote Adidas-Spikes zugelegt, damit er den anderen beim Eisprung voraus war. Aber es war noch nicht sicher, wer von ihnen in zwei Monaten losgeschickt würde. Dies entschied sich immer erst an sechsten Zyklustag herum, und beim nächsten Mal waren ja auch die anderen vom linken Eierstock dran rum. Susanna fieberte mit Gonzales und Manuela. Vielleicht war diesmal doch ihre Seite dran.....sie wussten ja nichts von Roland, der so gemütlich eingekuschelt versuchte zu wachsen und so lange zu bleiben, wie es nur irgend ging.“
„Oh Mann, das war jetzt zu viel, ich kann nicht mehr! Dann wabert dein Roland jetzt gerade ziellos herum, was? Ein toller Arbeitstitel, Projekt Roland. Hört sich ja auch besser an als Kinderwunsch, oder?“ Alex und Hannah lachten noch so lange, bis Alex einen Schluckauf bekam und sie einen Löffel mit Zucker essen musste, um ihn loszuwerden.
„Wer hat eigentlich gesagt, dass Kinderwunsch ein ernsthaftes Unterfangen ist?“ fragte Hannah mit todernstem Gesicht.
„Wo wir uns so intim unterhalten: Was machen eigentlich diese blöden Eizellen, wenn sie gesprungen sind? Gammeln die da vor sich hin und schlafen, oder laufen die wie die Kühe auf der Weide herum und nippen mal hier und dort, oder was?“ Diesmal war es Alex, die Fragen beantwortet haben wollte.
„Du, das habe ich mich auch immer gefragt. Keine Ahnung, vermutlich sind die wirklich nur so am suchen „Wo docke ich am besten am“. Ich stelle mir das so vor.“ Hannah verstellte ihre Stimme so, als wäre sie ein Sportkommentator: „Roland schnürte sich die Turnschuhe fetser. Bald würde es losgehen. Die Startlampen leuchteten auf, sie zeigten, dass die Starterhormone gerade die magische Marke erreichten: Gleich würde es losgehen, auf in die dunklen, feuchten Gefilde der Eileiter. Roland würde in der Gruppe "rechter Eileiter" sein. Sie trugen pinkfarbene Hemden und Stirnbänder, auf denen "forever jan ullrich" stand. Roland mochte keine Tour de France, aber es war von oben vorgegeben und so fügte er sich dem Dresscode.
Er war der Auserwählte, seine freunde hatten nicht die satte und zufriedene Grösse erreicht, die zum Sprung in den Uterus reichte. Sie hatten inzwischen die Hemden ausgezogen und warteten Karten spielender Weise auf den nächsten Zyklus. „Vielleicht kommt der ja gar nicht,“ dachte Roland. "Denen zeige ich es"....... er schuffelte mit den Schuhen wie ein Skispringer vor dem Start, unruhig starrte er auf das Signal, das auf Grün gehen musste! Da, endlich! …und dann sprang er.....“ Hannah machte eine Pause und Alex wischte sich die Lachtränen aus dem Augenwinkel. Atemlos brachte sie hervor: „Und wie geht es weiter?“
Und Hannah steigerte sich noch: „Roland, die schöne fette Eizelle, hatte es geschafft: Er war befruchtet worden. Ziellos waberte er durch das rosa Dunkel. „Wohin soll ich denn jetzt gehen? Was soll hier so einsam aus mir werden? Und wo sind die anderen?“ Er fragte sich all diese Fragen. Er war noch so jung, gerade erst eine kleine Morula, ein Maulbeerkeim. Er kicherte in sich hinein. War er ein Junge? Oder ein Mädchen? Er dachte nach. Er glaubte, er sei ein Junge. Ja! Das war’s: Er war ein kleiner Junge. Hoffentlich fand er einen schönen Platz hier unten. Es war so still und es gruselte ihn ein wenig. "Huhu?!" Roland wimmerte leise vor sich hin. Wo waren alle seine Freunde? Das ging jetzt schon seit Tagen so. Oben im rechten Eierstock hatten sie noch Karten gespielt und nun waren die anderen alle weg. Roland fröstelte; er musste sich langsam ein warmes Heim suchen. Ah, da war eine schöne gemütliche Ecke. Roland schnüffelte an der roten Substanz. "Gut, Mama“..... Roland richtete sich ein.... und seine Freunde warteten oben im rechten Eierstock. Sie warteten auf das Startsignal. Gonzales, ein Sprinter unter den Eizellen, hatte sich extra schnelle rote Adidas-Spikes zugelegt, damit er den anderen beim Eisprung voraus war. Aber es war noch nicht sicher, wer von ihnen in zwei Monaten losgeschickt würde. Dies entschied sich immer erst an sechsten Zyklustag herum, und beim nächsten Mal waren ja auch die anderen vom linken Eierstock dran rum. Susanna fieberte mit Gonzales und Manuela. Vielleicht war diesmal doch ihre Seite dran.....sie wussten ja nichts von Roland, der so gemütlich eingekuschelt versuchte zu wachsen und so lange zu bleiben, wie es nur irgend ging.“
„Oh Mann, das war jetzt zu viel, ich kann nicht mehr! Dann wabert dein Roland jetzt gerade ziellos herum, was? Ein toller Arbeitstitel, Projekt Roland. Hört sich ja auch besser an als Kinderwunsch, oder?“ Alex und Hannah lachten noch so lange, bis Alex einen Schluckauf bekam und sie einen Löffel mit Zucker essen musste, um ihn loszuwerden.
„Wer hat eigentlich gesagt, dass Kinderwunsch ein ernsthaftes Unterfangen ist?“ fragte Hannah mit todernstem Gesicht.
Folge 79
Matthias hatte Mühe, sich auf Ralph und den Gender Mainstream zu konzentrieren. Immer wieder sog er spürbar die Luft ein und prüfte, ob er einen ungewöhnlichen Duft wahrnehmen konnte. Unvermittelt im Gespräch zog er sogar seine Schreibtischschublade auf und kramte nach einem Nasenspray, dass er vor Urzeiten dort meinte vergessen zu haben. Und tatsächlich, die kleine dunkle Flasche – deutlich nach dem Ablaufdatum – kullerte ganz hinten in der Schublade hin und her.
„Na, ob die noch gut ist,“ dachte Matthias und fand damit sofort eine Entschuldigung, warum er auch nach der Benutzung des Inhaltes eventuell nichts würde riechen können.
„Entschuldige, Ralph, meine Nase ist irgendwie zu, ich kann mich kaum konzentrieren...“ mit diesen Worten hob er beherzt das Nasenspray empor. Und kurz darauf schniefte er laut in den Raum, damit jeder merken konnte, wie schlecht es ihm ging.
„Mist, das funktioniert gar nicht...“ murmelte er.
„Du hörst dich aber ganz gut an, zu ist die Nase nicht“, konstatierte Ralph, der von seinen Kindern diese Art des Umganges gewöhnt war. Auch Max war manchmal schwer leidend, und dann war es am besten, alle Symptome, soweit sie nicht tödlich waren, zu übergehen.
„Also, was ich sagte, jede Führungskraft hier bekommt eine Mentee – tolles Wort, was? – um ihr dann die Interna zu zeigen, Kommunikationstechniken zu fördern etc. Was sagst du? Ich hoffe ja nur, dass meine blond ist, darauf stehe ich...“ Ralph lachte, und wieder einmal beneidete Matthais seinen jungen Kollegen. Aus ihm sprach das innere Urvertrauen, dass alles gut werden würde, während Matthias genau das immer mehr verlor.
„Ja, blond, hm... nicht schlecht.“
„Hörst du mir zu? Das war wie ein Geheimcode unter uns Männern... Du musst jetzt einen Chauvi-Witz bringen, sonst fühle ich mich mies – und als ein Chauvi.“ Ralph grinste ihn freimütig an.
„Okay, warum leben Frauen länger?“
„Keine Ahnung...“ Ralph grübelte, aber nur kurz. „Und, wie ist die Lösung?“
„Weil der liebe Gott ihnen die Zeit, die sie länger zum Einparken brauchen, noch dranhängt...“ Nun lachten beide. „Der ist gut, meine Frau kann das echt nicht, glaube ich.“
„Naja, Alex schon, die fährt wirklich gut Auto – und noch besser Bus und Bahn...“ Die Männer waren ein Herz und eine Seele und lachten nun einmütig. Doch die Erwähnung des Namens seiner Frau liess ein ungutes Gefühl in Matthais hochkommen, so wie Kinder, die wissen, dass sie ein Loch im Zahn haben, beim Anblick der Zahnpastareklame sich ertappt fühlen. Und so war er froh, als Ralph nach einiger Zeit auf die Uhr schaute und sich verabschiedete, da sein nächster Termin wartete. Matthias schnüffelte erneut und konnte nichts riechen.
Allein in seinem Büro suchte Matthias die Zettelwirtschaft auf seinem Schreibtisch durch. Er hatte die Angewohnheit, alles, was er sich nicht spontan merken konnte, auf kleine Zettel zu schreiben und diese vor sich auf dem Tisch zu stapeln. Fast täglich ging er diesen Stapel durch, warf den einen oder anderen Zettel weg oder speicherte die enthaltene Information an anderer Stelle. Auf diese Weise las er mehrfach dieselben Informationen und konnte sich später besser an sie erinnern.
Und genau hier musste doch der Zettel von diesem Doktor liegen, dessen Adresse er sich vor ein paar Tagen ja schon herausgeschrieben hatte. Nur so, zur Schulung seiner Gedächtnisfähigkeit. Wo war der bloss? Matthias suchte, bis er den Stapel dreimal durchgesehen hatte. Nichts.
„Wie hiess der Knispel denn nur? Da war was mit der Reinigung von nebenan, so ähnlich... verdammt, wie heisst denn bloss die Reinigung?“ Entnervt stand Matthias auf und ging zu seiner Mitarbeiterin. „Helfen Sie mir doch einmal bitte, wie heisst die Reinigung neben dem Supermarkt gleich nebenan?“
„Rosberg. Brauchen Sie die Telefonnummer?“
„Nein, danke.“ Mit diesen Worten drehte er sich ohne weitere Erklärung um und ging in sein Zimmer.
Riethberg, das war der Name. Und natürlich., wie es immer so war, wusste er jetzt auch, wo er den Zettel hingelegt hatte. Damit keiner seiner Mitarbeiter den Zettel zufällig in die Hand bekommen würde, hatte er ihn in die Jackentasche gesteckt. Egal, er brauchte ihn ja nicht mehr.
Zögerlich nahm er den Telefonhörer in die Hand und wählte die Nummer der Auskunft. Die nette junge Dame am Telefon wollte ihn sogar – natürlich kostenpflichtig – gleich weiterverbinden, aber das lehnte er ab. Er sass noch eine Weile unentschlossen dort, als er aus seinem Fenster Ralph sah mit seinem angegebenen Termin: Offensichtlich hatte er sich mit seiner Frau und seinen Kindern verabredet, denn dort unten konnte er Max sehen, der an der Hand seines Vaters auf einem kleinen Mäuerchen balancierte. Zunächst ängstlich hielt er sich an seinem Papa fest, aber er wurde immer sicherer, und am Ende der Mauer sprang er so heftig in Ralphs Arme., dass dieser kurzfristig wankte.
„Ja, so ein Max....“ dachte Matthias etwas wehmütig. Und mit einer entschiedenen Handbewegung nahm er erneut den Hörer und wählte die Nummer der Praxis des Andrologen.
„Praxis Dr. Riethberg, Wagner, was kann ich für Sie tun?“ tönte es aus dem Hörer. Matthias räusperte sich.
„Guten Tag, Manthei, ich hätte gerne einen Termin.“
„Worum geht es?“
Matthias wurde warm. „Ich hätte gern ein Beratungsgespräch. Und Vorsorge...“ Das Wort „Spermiogramm“ wollte ihm nicht über die Lippen.
„Wenn es sich um eine reine Vorsorge handelt, fürchte ich, ist vor Mai kein Termin frei. Der Doktor hat einen ziemlich vollen Terminplan, wenn es sich aber um eine dringlichere Sache handelt, könnte ich Sie in drei Wochen einschieben.“
„Nein, das ist nicht nötig, ich kann warten.“ Mit diesen abwiegelnden Worten vereinbarte er einen Termin in 6 Wochen, und er war froh, dass er nicht näher ins Detail gehen musste. Sooo eilig war es ja auch nicht, er hatte ja Zeit.... und überhaupt wusste er ja, dass er sich unnötig Gedanken machte.
Matthias hatte Mühe, sich auf Ralph und den Gender Mainstream zu konzentrieren. Immer wieder sog er spürbar die Luft ein und prüfte, ob er einen ungewöhnlichen Duft wahrnehmen konnte. Unvermittelt im Gespräch zog er sogar seine Schreibtischschublade auf und kramte nach einem Nasenspray, dass er vor Urzeiten dort meinte vergessen zu haben. Und tatsächlich, die kleine dunkle Flasche – deutlich nach dem Ablaufdatum – kullerte ganz hinten in der Schublade hin und her.
„Na, ob die noch gut ist,“ dachte Matthias und fand damit sofort eine Entschuldigung, warum er auch nach der Benutzung des Inhaltes eventuell nichts würde riechen können.
„Entschuldige, Ralph, meine Nase ist irgendwie zu, ich kann mich kaum konzentrieren...“ mit diesen Worten hob er beherzt das Nasenspray empor. Und kurz darauf schniefte er laut in den Raum, damit jeder merken konnte, wie schlecht es ihm ging.
„Mist, das funktioniert gar nicht...“ murmelte er.
„Du hörst dich aber ganz gut an, zu ist die Nase nicht“, konstatierte Ralph, der von seinen Kindern diese Art des Umganges gewöhnt war. Auch Max war manchmal schwer leidend, und dann war es am besten, alle Symptome, soweit sie nicht tödlich waren, zu übergehen.
„Also, was ich sagte, jede Führungskraft hier bekommt eine Mentee – tolles Wort, was? – um ihr dann die Interna zu zeigen, Kommunikationstechniken zu fördern etc. Was sagst du? Ich hoffe ja nur, dass meine blond ist, darauf stehe ich...“ Ralph lachte, und wieder einmal beneidete Matthais seinen jungen Kollegen. Aus ihm sprach das innere Urvertrauen, dass alles gut werden würde, während Matthias genau das immer mehr verlor.
„Ja, blond, hm... nicht schlecht.“
„Hörst du mir zu? Das war wie ein Geheimcode unter uns Männern... Du musst jetzt einen Chauvi-Witz bringen, sonst fühle ich mich mies – und als ein Chauvi.“ Ralph grinste ihn freimütig an.
„Okay, warum leben Frauen länger?“
„Keine Ahnung...“ Ralph grübelte, aber nur kurz. „Und, wie ist die Lösung?“
„Weil der liebe Gott ihnen die Zeit, die sie länger zum Einparken brauchen, noch dranhängt...“ Nun lachten beide. „Der ist gut, meine Frau kann das echt nicht, glaube ich.“
„Naja, Alex schon, die fährt wirklich gut Auto – und noch besser Bus und Bahn...“ Die Männer waren ein Herz und eine Seele und lachten nun einmütig. Doch die Erwähnung des Namens seiner Frau liess ein ungutes Gefühl in Matthais hochkommen, so wie Kinder, die wissen, dass sie ein Loch im Zahn haben, beim Anblick der Zahnpastareklame sich ertappt fühlen. Und so war er froh, als Ralph nach einiger Zeit auf die Uhr schaute und sich verabschiedete, da sein nächster Termin wartete. Matthias schnüffelte erneut und konnte nichts riechen.
Allein in seinem Büro suchte Matthias die Zettelwirtschaft auf seinem Schreibtisch durch. Er hatte die Angewohnheit, alles, was er sich nicht spontan merken konnte, auf kleine Zettel zu schreiben und diese vor sich auf dem Tisch zu stapeln. Fast täglich ging er diesen Stapel durch, warf den einen oder anderen Zettel weg oder speicherte die enthaltene Information an anderer Stelle. Auf diese Weise las er mehrfach dieselben Informationen und konnte sich später besser an sie erinnern.
Und genau hier musste doch der Zettel von diesem Doktor liegen, dessen Adresse er sich vor ein paar Tagen ja schon herausgeschrieben hatte. Nur so, zur Schulung seiner Gedächtnisfähigkeit. Wo war der bloss? Matthias suchte, bis er den Stapel dreimal durchgesehen hatte. Nichts.
„Wie hiess der Knispel denn nur? Da war was mit der Reinigung von nebenan, so ähnlich... verdammt, wie heisst denn bloss die Reinigung?“ Entnervt stand Matthias auf und ging zu seiner Mitarbeiterin. „Helfen Sie mir doch einmal bitte, wie heisst die Reinigung neben dem Supermarkt gleich nebenan?“
„Rosberg. Brauchen Sie die Telefonnummer?“
„Nein, danke.“ Mit diesen Worten drehte er sich ohne weitere Erklärung um und ging in sein Zimmer.
Riethberg, das war der Name. Und natürlich., wie es immer so war, wusste er jetzt auch, wo er den Zettel hingelegt hatte. Damit keiner seiner Mitarbeiter den Zettel zufällig in die Hand bekommen würde, hatte er ihn in die Jackentasche gesteckt. Egal, er brauchte ihn ja nicht mehr.
Zögerlich nahm er den Telefonhörer in die Hand und wählte die Nummer der Auskunft. Die nette junge Dame am Telefon wollte ihn sogar – natürlich kostenpflichtig – gleich weiterverbinden, aber das lehnte er ab. Er sass noch eine Weile unentschlossen dort, als er aus seinem Fenster Ralph sah mit seinem angegebenen Termin: Offensichtlich hatte er sich mit seiner Frau und seinen Kindern verabredet, denn dort unten konnte er Max sehen, der an der Hand seines Vaters auf einem kleinen Mäuerchen balancierte. Zunächst ängstlich hielt er sich an seinem Papa fest, aber er wurde immer sicherer, und am Ende der Mauer sprang er so heftig in Ralphs Arme., dass dieser kurzfristig wankte.
„Ja, so ein Max....“ dachte Matthias etwas wehmütig. Und mit einer entschiedenen Handbewegung nahm er erneut den Hörer und wählte die Nummer der Praxis des Andrologen.
„Praxis Dr. Riethberg, Wagner, was kann ich für Sie tun?“ tönte es aus dem Hörer. Matthias räusperte sich.
„Guten Tag, Manthei, ich hätte gerne einen Termin.“
„Worum geht es?“
Matthias wurde warm. „Ich hätte gern ein Beratungsgespräch. Und Vorsorge...“ Das Wort „Spermiogramm“ wollte ihm nicht über die Lippen.
„Wenn es sich um eine reine Vorsorge handelt, fürchte ich, ist vor Mai kein Termin frei. Der Doktor hat einen ziemlich vollen Terminplan, wenn es sich aber um eine dringlichere Sache handelt, könnte ich Sie in drei Wochen einschieben.“
„Nein, das ist nicht nötig, ich kann warten.“ Mit diesen abwiegelnden Worten vereinbarte er einen Termin in 6 Wochen, und er war froh, dass er nicht näher ins Detail gehen musste. Sooo eilig war es ja auch nicht, er hatte ja Zeit.... und überhaupt wusste er ja, dass er sich unnötig Gedanken machte.
Folge 80
„Also findest du nicht, dass meine Brust etwas grösser ist als sonst?“ Hannah grinste über das ganze Gesicht. Alex schaute kritisch und den Kopf hin- und herwiegend zu ihr hinüber.
„Also, jetzt wo du es sagst, fällt es mir auch auf. Und links ein bisschen mehr, oder? War das nicht die Seite, an der deine Mutter dich auch immer etwas mehr hat trinken lassen?“ Sie kniff wichtig die Augen zusammen. „Eindeutig, und ich glaube, eine kleinen Bauch hast du auch schon.“ Nun konnte sie sich nur noch mit Mühe das Lachen verkneifen, denn immerhin hatten die beiden ja gerade ein, wie man in Restaurantkreisen vermutlich sagen würde, „Grosses Frühstück kontinental“ zu sich genommen.
Hannah nickte ernsthaft. „Genau, und weh tut mir die eine Brust auch schon seit gestern. Ist bestimmt was geworden, diesmal.“ Sie setzte sich gerade hin und sagte entschieden „Jawoll ja!“ bevor sie losprustete. „Du? Meine Mutter hat mich nie gestillt. War damals nicht so… da gab es ja die gute Alete-Milch. Mama sagte immer Athletenmilch dazu, weil wir alle so propper wurden dadurch. Ich sah ja aus wie ein Posaunenegel.“ Kritisch kniff sie sich in ihre Wangen. „Hat sich bis heute gehalten, was? Geht bestimmt nur durch Face-Lifting weg.“ Alex stimmte mit ein und machte sich Chinesenaugen. „Und dann siehst du bald so aus, aber hast keine Falte mehr.“ Beide genossen die lustige Stimmung.
„Sag mal, kannst du dir das eigentlich so wirklich vorstellen, ein Kind zu haben? Ich meine, sich eines zu wünschen ist eine Sache, aber es dann auch zu bekommen? Manchmal bekomme ich doch Angst vor meiner Courage, und ganz selten denke ich, gut, dass es noch nicht geklappt hat, ich bin vielleicht gar nicht bereit, oder werde gar keine gute Mutter oder so?!“ Hannah blickte etwas hilflos, und Alex sah ihr an, dass sie sich mit ihren Worten sehr weit hinausgewagt hatte, dass sie etwas formuliert hatte, was sie sich selbst nicht eingestehen wollte. Schon wollte ihr ein „Ach Quatsch“ entfahren, doch im letzten Moment wurde ihr bewusst, dass sie damit Hannah abqualifiziert hätte. Und dass sie ihre Sorgen nicht ernst genommen hätte. Zudem wurde ihr nach kurzer Überlegung bewusst, dass auch sie solche Gedanken ab und zu hatte – und gerne verdrängte.
„Ich glaube, solche Überlegungen hat jede von uns ab und zu, denn wir nehmen die Sache ernst. Und wir verbringen viel zu viel Zeit damit, uns auf diesen Tag X geistig vorzubereiten. Bei anderen geht das ratzfatz, und sie sind schwanger, da stellt sich die Frage nicht so. Aber wir wollen ja alles perfekt haben, und deshalb haben wir an uns eben auch diesen hohen Anspruch. Nun kommt der schon dadurch ins Wanken, dass wir nicht so schnell schwanger werden, vielleicht sagen wir uns, dass dann das Ergebnis eben noch besser werden muss? Ach, ich weiss nicht. Ich weiss nur eines: Du wirst bestimmt eine ganz tolle Mutter, denn besondere Frauen wie du, die dafür kämpfen müssen, haben auch ein besonders schönes Verhältnis zu ihren Kindern verdient.“
„Och mönsch, jetzt machst du mich ganz verlegen…“ sagte Hannah und drückte Alex Hand. „Ist bei dir doch genauso, oder?“
„Hmm….“ Antwortete Alex und erwiderte den Druck.
„Was willst du denn jetzt machen?“
„Naja, ich will, dass Matthias zum Spermiogramm geht. Ich glaube, es ist mir deshalb so wichtig, weil er mir das gesamte Feld „Kind“ überlässt und ich das Gefühl habe, unter der Last erdrückt zu werden.“
„Aber er weigert sich doch nicht, hinzugehen, oder?“ fragte Hannah empört.
„Nein, ich kriege nur nie den Dreh, ihm klarzumachen, dass er hingehen sollte…“ Alex schaute jämmerlich drein. „Ich weiss ja, was du sagen willst, dass es in einer intakten Beziehung keine Grenzen für Gespräche gibt, und dass dort auch die Verantwortung für die gemeinsame Zukunft genauso gemeinsam getragen werden muss, und dass es eigentlich die Aufgabe von Matthias wäre, mich bei dem, was ich mir so wünsche, zu unterstützen.“ Sie verdrehte die Augen. „Das ist mir alles klar, aber ich habe einfach Angst, ihn zu verletzen.“
Hannah schnaubte. „Also ehrlich, wenn du dich jetzt gehört hättest und dich dabei sehen würdest, dann würdest du nicht denken, dass du eine intelligente, selbstbewusste Frau bist, sondern Puttchen Brammel. Er ist am Zuge, meine Liebe, und durch liebevolles Abwarten wird vielleicht dein Haar grauer, aber glaube nicht, dass irgendein Mann auf der Welt freiwillig auf die Idee käme, zum Urologen zu gehen und dort „na du weisst schon was“ zu machen.“ Sie hob die Hände zum Himmel. „Herr, gib dieser Frau eine Erleuchtung, wie Männer gestrickt sind.“ Sie wandte sich wieder Alex zu. „Hör mal, meine Süsse, so kommst du nicht weiter. Aber um der Fairness halber musst du vorher auch alles abgeklärt haben, was ohne OP geht. Hast du schon ein Zyklusmonitoring machen lassen?“
Alex fiel der Unterkiefer runter. „Was für ein Ding? Mein Frauenarzt hat gesagt, bei mir sei alles in Ordnung.“
„Ach, und wie hat er das festgestellt? Durch Handauflegen? Nee du, ich habe die Rutsche durch. Ich weiss, dass mein Zyklus hormonell in Ordnung ist. Ich habe dazu an bestimmten Tagen bis zum Eisprung und eine Woche nach dem Eisprung Blut untersuchen lassen, und dabei hat meine Frauenärztin immer ein Ultraschallbild gemacht, wie sich die Gebärmutterschleimhaut nach der Mens aufbaut und wie der Muttermund sich durch den wechselnden Hormonspiegel verhält. Zum Eisprung muss er ja ganz offen sein, nur halb kann schon zu Problemen hinsichtlich einer Schwangerschaft führen.“
„Ich lasse mir morgen einen Termin bei meinem Arzt geben, das hat der mir noch nie gesagt. Ich wusste auch nicht, dass es Muttermundöffnungsprobleme geben kann. Mensch, gut dass du mir das sagst.“ Alex holte gerade Luft, um weiterzusprechen, da klingelte wie so oft bei ihr das Telefon.
„Ach nee, gerade, wenn es am wichtigsten wird…“ maulte sie vor sich hin und nahm ab. Sekunden später malte sie die Buchstaben von Beas Namen in die Luft und deutete auf den Hörer. Betretenheit machte sich auf ihrem Gesicht breit, und Hannah hörte nur Gesprächsfetzen wie „Och nee, das tut mir aber leid“ und „soll ich kommen?“ oder „Ach Mensch Süsse. Lasse dich in Arm nehmen…“ Kurz darauf legte sie auf und blickte Hannah an.
„Bea hatte eine Fehlgeburt. Aber sie tröstet sich damit, dass es besser sei für das Kind, weil der Zeitpunkt so ungünstig war…“
„Das hat sie so gesagt?“ fragte Hannah nach. „Wann war die Fehlgeburt denn?“
„Wohl gestern, sie sagte, es ginge ihr aber recht gut, und ich solle auch nicht kommen sie zu trösten.“
„Und, was sagt sie, will sie es wieder versuchen?“ Hannah insistierte merkwürdig und schaute sehr ernst.
„Nein, sie will erst mal einige Monate warten, sagt sie…“ antwortete Alex. „Sag mal, hast du kein Wort des Mitleids für sie? Du musst doch am besten wissen, wie das ist… entschuldige, ich wollte dir nicht weh tun, aber du bist so komisch.“
„Weisst du, jede Frau, die eine Fehlgeburt gerade erst hatte, will sofort und unbedingt wieder ein Kind. Ich habe mich, nachdem mir das passiert ist, in einem Forum eingeloggt, und da war das immer so. Ohne Ausnahme. In den ersten Tagen und Wochen danach hat nie eine gesagt, es wäre besser so, weil es ohnehin nicht passte, und sie wolle monatelang warten. Verstehst du, was ich meine? Die Frau ist hormonell dann so angelegt, dass sie sofort wieder den Verlust im Körper ausgleichen will, es ist ein körperlicher Drang. Und ich kenne Bea – und du kennst sie auch…“
Alex Augen weiteten sich. „Du meinst, das war gar keine Fehlgeburt?“
„Zumindest reagiert sie nicht wie eine Frau, die gerade eine Fehlgeburt hatte. Hat sie dir Details erzählt?“
„Nein, sie meinte, sie wollte nicht drüber sprechen.“ Alex grübelte, und sie erinnerte sich, dass sie schon zu Beginn von Beas Schwangerschaft diesen Gedanken gehabt hatte, dass Bea das Kind nicht würde behalten wollen, weil sie dann Peter würde verlieren können.
„Das kann ich nicht glauben…“ sagte sie tonlos, aber im Innern wusste sie, dass sie es sehr wohl glaubte. „Das ist so gemein, wir beide wünschen uns nichts sehnlicher, als ein Kind, und andere werfen es weg wie einen schmutzigen Lappen,“ fügte sie getroffen an.
„Also findest du nicht, dass meine Brust etwas grösser ist als sonst?“ Hannah grinste über das ganze Gesicht. Alex schaute kritisch und den Kopf hin- und herwiegend zu ihr hinüber.
„Also, jetzt wo du es sagst, fällt es mir auch auf. Und links ein bisschen mehr, oder? War das nicht die Seite, an der deine Mutter dich auch immer etwas mehr hat trinken lassen?“ Sie kniff wichtig die Augen zusammen. „Eindeutig, und ich glaube, eine kleinen Bauch hast du auch schon.“ Nun konnte sie sich nur noch mit Mühe das Lachen verkneifen, denn immerhin hatten die beiden ja gerade ein, wie man in Restaurantkreisen vermutlich sagen würde, „Grosses Frühstück kontinental“ zu sich genommen.
Hannah nickte ernsthaft. „Genau, und weh tut mir die eine Brust auch schon seit gestern. Ist bestimmt was geworden, diesmal.“ Sie setzte sich gerade hin und sagte entschieden „Jawoll ja!“ bevor sie losprustete. „Du? Meine Mutter hat mich nie gestillt. War damals nicht so… da gab es ja die gute Alete-Milch. Mama sagte immer Athletenmilch dazu, weil wir alle so propper wurden dadurch. Ich sah ja aus wie ein Posaunenegel.“ Kritisch kniff sie sich in ihre Wangen. „Hat sich bis heute gehalten, was? Geht bestimmt nur durch Face-Lifting weg.“ Alex stimmte mit ein und machte sich Chinesenaugen. „Und dann siehst du bald so aus, aber hast keine Falte mehr.“ Beide genossen die lustige Stimmung.
„Sag mal, kannst du dir das eigentlich so wirklich vorstellen, ein Kind zu haben? Ich meine, sich eines zu wünschen ist eine Sache, aber es dann auch zu bekommen? Manchmal bekomme ich doch Angst vor meiner Courage, und ganz selten denke ich, gut, dass es noch nicht geklappt hat, ich bin vielleicht gar nicht bereit, oder werde gar keine gute Mutter oder so?!“ Hannah blickte etwas hilflos, und Alex sah ihr an, dass sie sich mit ihren Worten sehr weit hinausgewagt hatte, dass sie etwas formuliert hatte, was sie sich selbst nicht eingestehen wollte. Schon wollte ihr ein „Ach Quatsch“ entfahren, doch im letzten Moment wurde ihr bewusst, dass sie damit Hannah abqualifiziert hätte. Und dass sie ihre Sorgen nicht ernst genommen hätte. Zudem wurde ihr nach kurzer Überlegung bewusst, dass auch sie solche Gedanken ab und zu hatte – und gerne verdrängte.
„Ich glaube, solche Überlegungen hat jede von uns ab und zu, denn wir nehmen die Sache ernst. Und wir verbringen viel zu viel Zeit damit, uns auf diesen Tag X geistig vorzubereiten. Bei anderen geht das ratzfatz, und sie sind schwanger, da stellt sich die Frage nicht so. Aber wir wollen ja alles perfekt haben, und deshalb haben wir an uns eben auch diesen hohen Anspruch. Nun kommt der schon dadurch ins Wanken, dass wir nicht so schnell schwanger werden, vielleicht sagen wir uns, dass dann das Ergebnis eben noch besser werden muss? Ach, ich weiss nicht. Ich weiss nur eines: Du wirst bestimmt eine ganz tolle Mutter, denn besondere Frauen wie du, die dafür kämpfen müssen, haben auch ein besonders schönes Verhältnis zu ihren Kindern verdient.“
„Och mönsch, jetzt machst du mich ganz verlegen…“ sagte Hannah und drückte Alex Hand. „Ist bei dir doch genauso, oder?“
„Hmm….“ Antwortete Alex und erwiderte den Druck.
„Was willst du denn jetzt machen?“
„Naja, ich will, dass Matthias zum Spermiogramm geht. Ich glaube, es ist mir deshalb so wichtig, weil er mir das gesamte Feld „Kind“ überlässt und ich das Gefühl habe, unter der Last erdrückt zu werden.“
„Aber er weigert sich doch nicht, hinzugehen, oder?“ fragte Hannah empört.
„Nein, ich kriege nur nie den Dreh, ihm klarzumachen, dass er hingehen sollte…“ Alex schaute jämmerlich drein. „Ich weiss ja, was du sagen willst, dass es in einer intakten Beziehung keine Grenzen für Gespräche gibt, und dass dort auch die Verantwortung für die gemeinsame Zukunft genauso gemeinsam getragen werden muss, und dass es eigentlich die Aufgabe von Matthias wäre, mich bei dem, was ich mir so wünsche, zu unterstützen.“ Sie verdrehte die Augen. „Das ist mir alles klar, aber ich habe einfach Angst, ihn zu verletzen.“
Hannah schnaubte. „Also ehrlich, wenn du dich jetzt gehört hättest und dich dabei sehen würdest, dann würdest du nicht denken, dass du eine intelligente, selbstbewusste Frau bist, sondern Puttchen Brammel. Er ist am Zuge, meine Liebe, und durch liebevolles Abwarten wird vielleicht dein Haar grauer, aber glaube nicht, dass irgendein Mann auf der Welt freiwillig auf die Idee käme, zum Urologen zu gehen und dort „na du weisst schon was“ zu machen.“ Sie hob die Hände zum Himmel. „Herr, gib dieser Frau eine Erleuchtung, wie Männer gestrickt sind.“ Sie wandte sich wieder Alex zu. „Hör mal, meine Süsse, so kommst du nicht weiter. Aber um der Fairness halber musst du vorher auch alles abgeklärt haben, was ohne OP geht. Hast du schon ein Zyklusmonitoring machen lassen?“
Alex fiel der Unterkiefer runter. „Was für ein Ding? Mein Frauenarzt hat gesagt, bei mir sei alles in Ordnung.“
„Ach, und wie hat er das festgestellt? Durch Handauflegen? Nee du, ich habe die Rutsche durch. Ich weiss, dass mein Zyklus hormonell in Ordnung ist. Ich habe dazu an bestimmten Tagen bis zum Eisprung und eine Woche nach dem Eisprung Blut untersuchen lassen, und dabei hat meine Frauenärztin immer ein Ultraschallbild gemacht, wie sich die Gebärmutterschleimhaut nach der Mens aufbaut und wie der Muttermund sich durch den wechselnden Hormonspiegel verhält. Zum Eisprung muss er ja ganz offen sein, nur halb kann schon zu Problemen hinsichtlich einer Schwangerschaft führen.“
„Ich lasse mir morgen einen Termin bei meinem Arzt geben, das hat der mir noch nie gesagt. Ich wusste auch nicht, dass es Muttermundöffnungsprobleme geben kann. Mensch, gut dass du mir das sagst.“ Alex holte gerade Luft, um weiterzusprechen, da klingelte wie so oft bei ihr das Telefon.
„Ach nee, gerade, wenn es am wichtigsten wird…“ maulte sie vor sich hin und nahm ab. Sekunden später malte sie die Buchstaben von Beas Namen in die Luft und deutete auf den Hörer. Betretenheit machte sich auf ihrem Gesicht breit, und Hannah hörte nur Gesprächsfetzen wie „Och nee, das tut mir aber leid“ und „soll ich kommen?“ oder „Ach Mensch Süsse. Lasse dich in Arm nehmen…“ Kurz darauf legte sie auf und blickte Hannah an.
„Bea hatte eine Fehlgeburt. Aber sie tröstet sich damit, dass es besser sei für das Kind, weil der Zeitpunkt so ungünstig war…“
„Das hat sie so gesagt?“ fragte Hannah nach. „Wann war die Fehlgeburt denn?“
„Wohl gestern, sie sagte, es ginge ihr aber recht gut, und ich solle auch nicht kommen sie zu trösten.“
„Und, was sagt sie, will sie es wieder versuchen?“ Hannah insistierte merkwürdig und schaute sehr ernst.
„Nein, sie will erst mal einige Monate warten, sagt sie…“ antwortete Alex. „Sag mal, hast du kein Wort des Mitleids für sie? Du musst doch am besten wissen, wie das ist… entschuldige, ich wollte dir nicht weh tun, aber du bist so komisch.“
„Weisst du, jede Frau, die eine Fehlgeburt gerade erst hatte, will sofort und unbedingt wieder ein Kind. Ich habe mich, nachdem mir das passiert ist, in einem Forum eingeloggt, und da war das immer so. Ohne Ausnahme. In den ersten Tagen und Wochen danach hat nie eine gesagt, es wäre besser so, weil es ohnehin nicht passte, und sie wolle monatelang warten. Verstehst du, was ich meine? Die Frau ist hormonell dann so angelegt, dass sie sofort wieder den Verlust im Körper ausgleichen will, es ist ein körperlicher Drang. Und ich kenne Bea – und du kennst sie auch…“
Alex Augen weiteten sich. „Du meinst, das war gar keine Fehlgeburt?“
„Zumindest reagiert sie nicht wie eine Frau, die gerade eine Fehlgeburt hatte. Hat sie dir Details erzählt?“
„Nein, sie meinte, sie wollte nicht drüber sprechen.“ Alex grübelte, und sie erinnerte sich, dass sie schon zu Beginn von Beas Schwangerschaft diesen Gedanken gehabt hatte, dass Bea das Kind nicht würde behalten wollen, weil sie dann Peter würde verlieren können.
„Das kann ich nicht glauben…“ sagte sie tonlos, aber im Innern wusste sie, dass sie es sehr wohl glaubte. „Das ist so gemein, wir beide wünschen uns nichts sehnlicher, als ein Kind, und andere werfen es weg wie einen schmutzigen Lappen,“ fügte sie getroffen an.
Folge 81
Beide sassen eine Weile schweigend da, bis Alex sagte: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das getan hat.“ Hannah quittierte diese Bemerkung mit einem halbwegs zustimmenden „hm“, schwieg aber weiter.
„Also, ich meine, so mies kann sie doch nicht sein, immerhin war es ein Kind, und sie hat es ja darauf ankommen lassen.“ Wieder herrschte Schweigen, bis Hannah anhob: “Ich fürchte, nicht jede sieht einen Punkt auf einem Ultraschall als Kind an, und viele meinen, sie könnten über Leben und Sterben eines Kindes entscheiden. Ich habe dafür grösstes Verständnis, wenn man als Mutter oder Vater erfährt, dass man ein schwerst behindertes Kind erwartet, da masse ich mir nicht an zu sagen, ich würde dieses und jenes tun oder verurteile dieses oder jenes. Letztendlich muss das jedes Elternpaar selbst entscheiden, und für viele ist diese Entscheidung – in welche Richtung auch immer – schwer genug. Aber ich habe Null Verständnis dafür, ein gesundes Kind aus niederen Beweggründen, wie man es früher ausgedrückt hätte, wegmachen zu lassen. Und alles, was man vor der Schwangerschaft als Grund schon in die Entscheidung für ein Kind mit hatte einbeziehen können – wie Geld zum Beispiel oder Egoismus - , ist für mich ein niederer Beweggrund. In Deutschland gibt es ja wohl genügend Mittel, eine Schwangerschaft zu verhindern, und im Zweifel, wenn man die Pille nicht nehmen will oder was auch immer, muss man dann eben auf ungeschützten Verkehr verzichten. So blöd kann Bea doch nicht gewesen sein, dass ihr das alles nicht klar war. Ich fände das irgendwie ekelhaft, wenn es denn so war.“ Hannah machte ein unglückliches Gesicht.
„Und was machen wir, wenn es so war? Oder besser, wie bekommen wir heraus, wie es denn nun wirklich war?“
„Weiss ich auch nicht. Ich weiss nur eines: Ich traue es ihr zu, und das ist schon schlimm genug. Allein das wird unsere Freundschaft belasten, und deshalb gibt es nur eine einzige Möglichkeit: Sie selbst muss uns reinen Wein einschenken, sonst gibt es da immer diesen Stachel…“ Erneut versanken beide in Schweigen.
„Ach menno, ich fühle mich so schlecht, das ich so mies von ihr denke…“
„Ich auch… auch nicht freundschaftlich, was?“ Nun schauten sich beide unglücklich an. „Gibt es denn eindeutige Beweise dafür, ob eine Frau abgetrieben hat oder ob sie eine Fehlgeburt hatte?“
„Das glaube ich nicht, denn prinzipiell ist es ja ein vergleichbarer Vorgang, beides Mal kann es durch eine Ausschabung vorgenommen werden; entscheidend sind die Gründe. Ich denke, nur Bea kann uns Auskunft darüber geben, sofern sie mag. Aber ehrlich gesagt, so wie ich sie kenne, wird sie es uns – oder besser dir, denn mit mir redet sie ja nicht – erzählen. Es muss ja einen für sie guten Grund geben, wenn sie es denn getan hat, und den wirst du sicher erfahren.“ Hannah starrte vor sich hin.
„Warum treffen wir uns nicht wieder zu dritt? Du kennst doch Bea, sie ist zwar aufbrausend, aber die Bande zwischen euch sind doch noch da…“
„Ich weiss nicht…. in dem Bewusstsein, dass sie vielleicht so gehandelt hat, wie wir es ihr derzeit unterstellen, mag ich sie nicht sehen. Einerseits, weil ich ihr etwas so Gemeines unterstelle, ohne dass sie sich wehren kann. Andererseits in dem Bewusstsein, dass sie so mies gehandelt haben könnte. Beides erweckt in mir nicht gerade das Verlangen, sie zu sehen.“
„Geht mir ähnlich,“ sagte Alex. „Aber in jedem Fall braucht sie doch meine Hilfe: Wenn sie abgetrieben hat, war sie vielleicht verzweifelt, wenn sie eine Fehlgeburt hatte, braucht sie mich umso mehr.“
„Mann, warum ist das Leben so kompliziert?“
„Ich weiss es auch nicht, ich wünschte, es wäre anders.“ Draussen hatte sich der Himmel zugezogen, und es hatte begonnen, zu regnen.
„Das Wetter spiegelt unsere Laune wider, was?“
„Stimmt. Und dabei sollten wir uns freuen, immerhin sind wir bald in einer Wellness-Oase und lassen verwöhnen, während unsere Männer zuhause alleine sitzen. Oder sich mit den Kumpels die Nacht um die Ohren schlagen, weil sie meinen, dass sie ihre plötzliche Freiheit so besser geniessen können. Mensch, zwei Wochen noch…“ sinnierte Alex. Hannah nickte und stand auf.
„Ich muss an die Luft, egal ob es regnet.“
„Genau, jetzt machen wir „I’m singing in the rain“ ,“ lachte Alex befreit und stand ebenfalls auf. „Weisst du was? Ich glaube, eines haben diese Kinderwunschfrauen gemein: Sie lassen sich nicht unterkriegen,“ fügte sie hinzu und sah Hannah entschlossen an.
Beide sassen eine Weile schweigend da, bis Alex sagte: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das getan hat.“ Hannah quittierte diese Bemerkung mit einem halbwegs zustimmenden „hm“, schwieg aber weiter.
„Also, ich meine, so mies kann sie doch nicht sein, immerhin war es ein Kind, und sie hat es ja darauf ankommen lassen.“ Wieder herrschte Schweigen, bis Hannah anhob: “Ich fürchte, nicht jede sieht einen Punkt auf einem Ultraschall als Kind an, und viele meinen, sie könnten über Leben und Sterben eines Kindes entscheiden. Ich habe dafür grösstes Verständnis, wenn man als Mutter oder Vater erfährt, dass man ein schwerst behindertes Kind erwartet, da masse ich mir nicht an zu sagen, ich würde dieses und jenes tun oder verurteile dieses oder jenes. Letztendlich muss das jedes Elternpaar selbst entscheiden, und für viele ist diese Entscheidung – in welche Richtung auch immer – schwer genug. Aber ich habe Null Verständnis dafür, ein gesundes Kind aus niederen Beweggründen, wie man es früher ausgedrückt hätte, wegmachen zu lassen. Und alles, was man vor der Schwangerschaft als Grund schon in die Entscheidung für ein Kind mit hatte einbeziehen können – wie Geld zum Beispiel oder Egoismus - , ist für mich ein niederer Beweggrund. In Deutschland gibt es ja wohl genügend Mittel, eine Schwangerschaft zu verhindern, und im Zweifel, wenn man die Pille nicht nehmen will oder was auch immer, muss man dann eben auf ungeschützten Verkehr verzichten. So blöd kann Bea doch nicht gewesen sein, dass ihr das alles nicht klar war. Ich fände das irgendwie ekelhaft, wenn es denn so war.“ Hannah machte ein unglückliches Gesicht.
„Und was machen wir, wenn es so war? Oder besser, wie bekommen wir heraus, wie es denn nun wirklich war?“
„Weiss ich auch nicht. Ich weiss nur eines: Ich traue es ihr zu, und das ist schon schlimm genug. Allein das wird unsere Freundschaft belasten, und deshalb gibt es nur eine einzige Möglichkeit: Sie selbst muss uns reinen Wein einschenken, sonst gibt es da immer diesen Stachel…“ Erneut versanken beide in Schweigen.
„Ach menno, ich fühle mich so schlecht, das ich so mies von ihr denke…“
„Ich auch… auch nicht freundschaftlich, was?“ Nun schauten sich beide unglücklich an. „Gibt es denn eindeutige Beweise dafür, ob eine Frau abgetrieben hat oder ob sie eine Fehlgeburt hatte?“
„Das glaube ich nicht, denn prinzipiell ist es ja ein vergleichbarer Vorgang, beides Mal kann es durch eine Ausschabung vorgenommen werden; entscheidend sind die Gründe. Ich denke, nur Bea kann uns Auskunft darüber geben, sofern sie mag. Aber ehrlich gesagt, so wie ich sie kenne, wird sie es uns – oder besser dir, denn mit mir redet sie ja nicht – erzählen. Es muss ja einen für sie guten Grund geben, wenn sie es denn getan hat, und den wirst du sicher erfahren.“ Hannah starrte vor sich hin.
„Warum treffen wir uns nicht wieder zu dritt? Du kennst doch Bea, sie ist zwar aufbrausend, aber die Bande zwischen euch sind doch noch da…“
„Ich weiss nicht…. in dem Bewusstsein, dass sie vielleicht so gehandelt hat, wie wir es ihr derzeit unterstellen, mag ich sie nicht sehen. Einerseits, weil ich ihr etwas so Gemeines unterstelle, ohne dass sie sich wehren kann. Andererseits in dem Bewusstsein, dass sie so mies gehandelt haben könnte. Beides erweckt in mir nicht gerade das Verlangen, sie zu sehen.“
„Geht mir ähnlich,“ sagte Alex. „Aber in jedem Fall braucht sie doch meine Hilfe: Wenn sie abgetrieben hat, war sie vielleicht verzweifelt, wenn sie eine Fehlgeburt hatte, braucht sie mich umso mehr.“
„Mann, warum ist das Leben so kompliziert?“
„Ich weiss es auch nicht, ich wünschte, es wäre anders.“ Draussen hatte sich der Himmel zugezogen, und es hatte begonnen, zu regnen.
„Das Wetter spiegelt unsere Laune wider, was?“
„Stimmt. Und dabei sollten wir uns freuen, immerhin sind wir bald in einer Wellness-Oase und lassen verwöhnen, während unsere Männer zuhause alleine sitzen. Oder sich mit den Kumpels die Nacht um die Ohren schlagen, weil sie meinen, dass sie ihre plötzliche Freiheit so besser geniessen können. Mensch, zwei Wochen noch…“ sinnierte Alex. Hannah nickte und stand auf.
„Ich muss an die Luft, egal ob es regnet.“
„Genau, jetzt machen wir „I’m singing in the rain“ ,“ lachte Alex befreit und stand ebenfalls auf. „Weisst du was? Ich glaube, eines haben diese Kinderwunschfrauen gemein: Sie lassen sich nicht unterkriegen,“ fügte sie hinzu und sah Hannah entschlossen an.
Folge 82
Fest eingemummelt und untergehakt gingen die beiden durch den Regen, der deutlich nachgelassen hatte. Nur noch ein feines Sprühen liess Alex Haare immer krauser werden, und als sie es merkte, strich sie eine Strähne aus dem Gesicht und murmelte nur das übliche „Krause Haare, krauser Sinn“, das ihre Mutter immer gesagt hatte, wenn sie von Spielen zurück kam und völlig zerzaust war. Vor ihrem geistigen Auge stieg wieder dieses Bild eines kleinen Mädchens mit dunklen Locken auf, das erhitzt zur Tür herein kam und die kleine Jacke versuchte, allein auszuziehen. Ihre Augen blitzten. Vor Aufregung konnte sie die Kleidung kaum loswerden, weil sie unbedingt in der Küche gucken wollte, was ihre Mutter gebacken hatte. Der Duft lag noch in der Luft.
Alex sog die Luft hörbar ein und begann zu sprechen: “Manchmal sehe ich ein Mädchen in meinen Träumen, es sieht ähnlich aus wie ich, und es sprüht vor Energie. Ich war eigentlich viel ruhiger, aber ich kann das Kind dann bald mit seiner Kraft spüren. Eben war es wieder so: Ich sehe es mit offenen Augen und denke: Das könnte meine Tochter sein. So sähe sie aus. Und das Kind lacht mich an und aus seinen Augen spricht tiefe Vertrautheit und Liebe und ein unabdingbares Vertrauen in mich. Zu Weihnachten sehe ich es, wie es meine Engel auf der Fensterbank betrachtet oder am frischen Streichholz riecht. Oder wie sie ein Streichholz ganz feucht auspustet, weil sie den Mund nicht ganz spitzt. Dieses Weihnachten war es auch so, und ich bin froh, dass diese Zeit vorbei ist. Geht dir das auch manchmal so?“
„Ja, das geht mir auch so…. ich sage mir dann ab und zu – wenn ich die Kraft habe, positiv zu denken – dass es meine Tochter ist, die mich ruft und die bald kommt. Wenn ich kraftlos bin, werde ich nur ganz traurig. Dann sehe ich sie – ich sehe auch ein Mädchen, nur selten einen rothaarigen Jungen mit ganz vielen Sommersprossen, und mit einem ganz lieben und frechen Grinsen- und dann denke ich, dass sie vielleicht nie den Weg zu mir finden wird, dass ich sie nie in den Armen halten werde und nie spüre. Nur eben in meinem Träumen. Und da ist sie so lebendig, dass ich bald ihre Wärme spüre.“ Hannah verstummte, und beide zogen ein wenig die Schultern hoch, um sich zu wärmen. Dabei war es nicht kalt, aber es kam ihnen beiden so vor.
„Denkst du manchmal an Aufgabe?“
„Natürlich, je länger die Fehlgeburt her ist, desto mehr denke ich daran. Aber nie ernsthaft, vielleicht ist es auch ein schleichender Prozess, den ich durchmache. Und vielleicht entferne ich mich dadurch vom Kinderwunsch. Ich kann es dir nicht einmal sagen. Und dann wieder bin ich ganz euphorisch – natürlich zum Eisprung hin – und denke „Diesmal klappt es bestimmt. Es muss einfach!“. Wenn ich in dieser Zeit Mütter mit kleinen Kindern sehe, möchte ich rufen: Ich bin auch schwanger, es weiss bloss noch keiner. Aber bald schiebe ich auch einen Kinderwagen, du wirst schon sehen. Und dann bin ich kurz davor, irgend etwas für das Kind zu kaufen. Und ich gebe jeder Eizelle nach dem Eisprung einen Namen und unterhalte mich mit ihr. Ich weiss, es klingt blöd… vermutlich komme ich echt bald in die Klapse…“
„Nee, das mache ich auch. Ich suche gerade einen Namen für das nächste Mal, Roland, Gonzales und Susanna kennst du ja schon. Naja, Susanna könnte ja noch springen, dann brauche ich keinen neuen Namen… manchmal bin ich mir fast sicher, dass es nie klappt.“ Beide sinnierten wieder vor sich hin.
„Bea könnte ich so nicht auf den Pelz gucken.“
„Ich ja auch nicht, das weisst du ja…“
„Und nächsten Zyklus mache ich ein Monitoring., versprochen. Und ich werde das von meinem Frauenarzt fordern, sein ewiges „Frau Manthei, Sie sind doch noch jung genug, machen Sie sich keine Gedanken. Das wird schon, Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden.“ kann ich nicht mehr hören. Ich glaube, der nimmt mich gar nicht ernst.“
„Rom kommt von Romulus, und dazu gab es noch Remus, und die sind von einer Wölfin aufgezogen worden. Aber es waren Zwillinge, wenn ich mich recht entsinne. Ob die Mutter eine Repro mitgemacht hat, oder ist sie von einem Gott befruchtet worden, hast du da was in Latein drüber gelernt.“
„Über Repro definitiv vermutlich nur die Ableitung, denke an reproducere oder so. So ’n Gott wäre ja auch eine prima Sache, Mensch stell dir vor, alle Sorgen um das Kinderkriegen weg und dann sind es auch noch Halbgötter und Helden wie Herkules. Okay, mein nächstes heisst Herkules. Nimm bloss nicht Niobe…“
„Oh ne, das war doch die, bei der Zeus oder wer auch immer alle Kinder getötet hatte bis auf eines, oder?“
„Irgendwie so. Come on Herkules, du schaffst es. Hört sich cool an. Oder Hercules, wie der Detektiv…“
„Okay, wir sind eindeutig gaga. Aber die Idee mit dem Frauenarzt finde ich gut, der sollte sich auch mal was einfallen lassen und dich nicht wie eine Doofe behandeln. Also, ran…“
Beide hakten sich ein wenig fester unter und gingen gemeinsam den Weg, den ihnen das Schicksal vorgeschrieben hatte.
Fest eingemummelt und untergehakt gingen die beiden durch den Regen, der deutlich nachgelassen hatte. Nur noch ein feines Sprühen liess Alex Haare immer krauser werden, und als sie es merkte, strich sie eine Strähne aus dem Gesicht und murmelte nur das übliche „Krause Haare, krauser Sinn“, das ihre Mutter immer gesagt hatte, wenn sie von Spielen zurück kam und völlig zerzaust war. Vor ihrem geistigen Auge stieg wieder dieses Bild eines kleinen Mädchens mit dunklen Locken auf, das erhitzt zur Tür herein kam und die kleine Jacke versuchte, allein auszuziehen. Ihre Augen blitzten. Vor Aufregung konnte sie die Kleidung kaum loswerden, weil sie unbedingt in der Küche gucken wollte, was ihre Mutter gebacken hatte. Der Duft lag noch in der Luft.
Alex sog die Luft hörbar ein und begann zu sprechen: “Manchmal sehe ich ein Mädchen in meinen Träumen, es sieht ähnlich aus wie ich, und es sprüht vor Energie. Ich war eigentlich viel ruhiger, aber ich kann das Kind dann bald mit seiner Kraft spüren. Eben war es wieder so: Ich sehe es mit offenen Augen und denke: Das könnte meine Tochter sein. So sähe sie aus. Und das Kind lacht mich an und aus seinen Augen spricht tiefe Vertrautheit und Liebe und ein unabdingbares Vertrauen in mich. Zu Weihnachten sehe ich es, wie es meine Engel auf der Fensterbank betrachtet oder am frischen Streichholz riecht. Oder wie sie ein Streichholz ganz feucht auspustet, weil sie den Mund nicht ganz spitzt. Dieses Weihnachten war es auch so, und ich bin froh, dass diese Zeit vorbei ist. Geht dir das auch manchmal so?“
„Ja, das geht mir auch so…. ich sage mir dann ab und zu – wenn ich die Kraft habe, positiv zu denken – dass es meine Tochter ist, die mich ruft und die bald kommt. Wenn ich kraftlos bin, werde ich nur ganz traurig. Dann sehe ich sie – ich sehe auch ein Mädchen, nur selten einen rothaarigen Jungen mit ganz vielen Sommersprossen, und mit einem ganz lieben und frechen Grinsen- und dann denke ich, dass sie vielleicht nie den Weg zu mir finden wird, dass ich sie nie in den Armen halten werde und nie spüre. Nur eben in meinem Träumen. Und da ist sie so lebendig, dass ich bald ihre Wärme spüre.“ Hannah verstummte, und beide zogen ein wenig die Schultern hoch, um sich zu wärmen. Dabei war es nicht kalt, aber es kam ihnen beiden so vor.
„Denkst du manchmal an Aufgabe?“
„Natürlich, je länger die Fehlgeburt her ist, desto mehr denke ich daran. Aber nie ernsthaft, vielleicht ist es auch ein schleichender Prozess, den ich durchmache. Und vielleicht entferne ich mich dadurch vom Kinderwunsch. Ich kann es dir nicht einmal sagen. Und dann wieder bin ich ganz euphorisch – natürlich zum Eisprung hin – und denke „Diesmal klappt es bestimmt. Es muss einfach!“. Wenn ich in dieser Zeit Mütter mit kleinen Kindern sehe, möchte ich rufen: Ich bin auch schwanger, es weiss bloss noch keiner. Aber bald schiebe ich auch einen Kinderwagen, du wirst schon sehen. Und dann bin ich kurz davor, irgend etwas für das Kind zu kaufen. Und ich gebe jeder Eizelle nach dem Eisprung einen Namen und unterhalte mich mit ihr. Ich weiss, es klingt blöd… vermutlich komme ich echt bald in die Klapse…“
„Nee, das mache ich auch. Ich suche gerade einen Namen für das nächste Mal, Roland, Gonzales und Susanna kennst du ja schon. Naja, Susanna könnte ja noch springen, dann brauche ich keinen neuen Namen… manchmal bin ich mir fast sicher, dass es nie klappt.“ Beide sinnierten wieder vor sich hin.
„Bea könnte ich so nicht auf den Pelz gucken.“
„Ich ja auch nicht, das weisst du ja…“
„Und nächsten Zyklus mache ich ein Monitoring., versprochen. Und ich werde das von meinem Frauenarzt fordern, sein ewiges „Frau Manthei, Sie sind doch noch jung genug, machen Sie sich keine Gedanken. Das wird schon, Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden.“ kann ich nicht mehr hören. Ich glaube, der nimmt mich gar nicht ernst.“
„Rom kommt von Romulus, und dazu gab es noch Remus, und die sind von einer Wölfin aufgezogen worden. Aber es waren Zwillinge, wenn ich mich recht entsinne. Ob die Mutter eine Repro mitgemacht hat, oder ist sie von einem Gott befruchtet worden, hast du da was in Latein drüber gelernt.“
„Über Repro definitiv vermutlich nur die Ableitung, denke an reproducere oder so. So ’n Gott wäre ja auch eine prima Sache, Mensch stell dir vor, alle Sorgen um das Kinderkriegen weg und dann sind es auch noch Halbgötter und Helden wie Herkules. Okay, mein nächstes heisst Herkules. Nimm bloss nicht Niobe…“
„Oh ne, das war doch die, bei der Zeus oder wer auch immer alle Kinder getötet hatte bis auf eines, oder?“
„Irgendwie so. Come on Herkules, du schaffst es. Hört sich cool an. Oder Hercules, wie der Detektiv…“
„Okay, wir sind eindeutig gaga. Aber die Idee mit dem Frauenarzt finde ich gut, der sollte sich auch mal was einfallen lassen und dich nicht wie eine Doofe behandeln. Also, ran…“
Beide hakten sich ein wenig fester unter und gingen gemeinsam den Weg, den ihnen das Schicksal vorgeschrieben hatte.
Folge 83
„Und deine, wie heisst die?“
„Weiss nicht…“ sagte Hannah zögerlich, als wollte sie den Namen nicht preisgeben.
„Ach komm, ich habe dir ja auch verraten, dass mein nächster Versuch Herkules heisst. Oder meinst, es bringt Unglück? So wie man den Namen des Kindes vor der Geburt nicht verraten sollte?“
„Nein, es ist bloss eigentlich so albern, dass wir nun schon den jeweils monatlichen Eizell-Optionen einen Namen geben. Ich sag ja : gaga. – Also gut, sie oder er heisst Calimero.“ Hannah schaute ein wenig trotzig. Alex lachte.
„Meinst du, das sei ein gutes Zeichen?“
„Wieso, was meinst du?“
„Calimero war doch dieser kleine putzige Vogel mit dem gritzegelben Schnabel, der sich nicht aus der Eierschale befreien konnte und sie deshalb immer mit sich als Hut herumtrug, oder?“
„Ja, genau, das fand ich als Kind toll.“
„Hört sich aber nicht toll an, wenn sich deine Eizelle nicht aus der Schale befreien kann.“
„Wieso, Eisprung ist doch Eisprung, oder? Da ist doch gar keine Schale. Oder bin ich wie ein Huhn innerlich verkalkt und merke es nicht?“ Hannah lachte bei der Vorstellung.
„Nee, Quatsch. Aber dass die Eizelle von einer mehr oder weniger festen Hülle umschlossen ist, das weisst du, oder?“
„Nein, wusste ich bis eben nicht. Ich dachte, die springt einmal und dabei platzt der Follikel, und das ist es. Erzähl mal. Weisst du was darüber?“
„Ich habe da mal herumgegoogelt, wie man das nach Infos zum Kinderwunsch so macht, und da kam ich auf so eine Seite, auf der das so beschrieben war, dass ich es auch verstehen konnte, Warte mal, wie war das noch.“ Alex überlegte einen kurzen Augenblick. „Wenn ich mich recht entsinne, dann heisst diese Haut Glashaut, es gibt da auch noch einen lateinischen oder griechischen Namen für, aber den habe ich mir nicht gemerkt. Und nach dem Sprung unserer Herculesse oder Calimeros und einer erfolgreichen Befruchtung teilen sich die Zellen des Embryos ja, und zwar bis zum Blastozystenstadium. Das ist am Tag 5, zumindest ungefähr, nach dem Eisprung. Erst in diesem Stadium schlüpft das Ei, wie ein Küken – also dein Calimero – und kann sich einnisten. Deshalb sind alle Blutungen vor diesem Zeitpunkt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit keine Einnistungsblutungen- auch wenn wir das nur zu gerne glauben wollen. Naja, und manchmal ist dieses Schlüpfen unvollständig – wieder wie bei Calimero – und dann gibt es keine Einnistung, oder die Haut ist zu dick. Das ist zum Beispiel auch altersabhängig. Warte mal, das habe ich mir gemerkt, das war gemein, ich zitiere: Bei älteren Frauen werden verschiedene Zahlen genannt von älter als 36 bis älter als 38…. Fies, was, als würden wir zum alten Eisen gehören…“ Sie sinnierte vor sich hin.
„Nun rede schon weiter, was ist bei den sogenannten älteren Frauen – komisch, ich dachte immer, das fängt mit 60 an, wie man sich täuschen kann…“ sinnierte nun auch Hannah.
„Da kann man als Unterstützung des Schlüpfvorganges die Glashaut einritzen, so mit Laser, oder mit einem Enzym schwächen, oder sogar mit einer Nadel einritzen, wobei mir schleierhaft ist, wie man das genau machen soll. Stell dir vor, die Hand zittert, und Calimero ist hin. Und das nennt man „assisted hatching“, auf deutsch unterstütztes Schlüpfen.“ Alex guckte triumphierend, da kannte Hannah Worte wie Morula, aber nicht das Hatching. „Das wird wohl bei der Repro oft vorgeschlagen, aber wenn ich das richtig verstanden habe, ist es gar nicht ganz sicher, ob es positive Auswirkungen hat.“
„Boah, was du so weisst. Hmm… dann ist Calimero nicht so vielversprechend, oder? Vielleicht sollte ich auf etwas anderes umschwenken. Mir fällt nur nichts ein.“
„Was aus dem Büro?“
„Nee, da gibt es nur Manfreds, das will ich nicht.“
„Und was macht ihr gerade, gibt es da einen Tipp?“
„Umsatzsteuer, na toll. Aber Usaste hört sich auch nicht gut an, oder? Könnte dann auch gleich auf Ursel gehen, so hiess meine Chefin, als ich als Putzfrau ein paar Mark im Studium dazuverdient habe. Oder Urmel, aber das sollte ich mir aufheben, wenn mal eines aus dem Eis kommt.“ Hannah kicherte vor sich hin. „Meine Güte, mir fällt nun gar nichts mehr ein. Sag du mal, ich bin schon so albern, dass ich mir keinen mehr aussuchen kann.“
„Okay, dann wähle ich: Nimm Felix, das heisst nämlich fruchtbar, glücklich, glückbringend. Besser kann der Name nicht sein. Und ich gönne ihn nur dir, damit das klar ist, sonst hätte ich ihn genommen.“
„Ach Mensch, Alex, das ist aber süss von dir, ich weiss schon, was du mir damit wünschst.“ Sie knuddelte ihre Freundin kurz und spürte neue innere Kraft. Felix, der würde es sein, da war sie sich sicher.
„Und deine, wie heisst die?“
„Weiss nicht…“ sagte Hannah zögerlich, als wollte sie den Namen nicht preisgeben.
„Ach komm, ich habe dir ja auch verraten, dass mein nächster Versuch Herkules heisst. Oder meinst, es bringt Unglück? So wie man den Namen des Kindes vor der Geburt nicht verraten sollte?“
„Nein, es ist bloss eigentlich so albern, dass wir nun schon den jeweils monatlichen Eizell-Optionen einen Namen geben. Ich sag ja : gaga. – Also gut, sie oder er heisst Calimero.“ Hannah schaute ein wenig trotzig. Alex lachte.
„Meinst du, das sei ein gutes Zeichen?“
„Wieso, was meinst du?“
„Calimero war doch dieser kleine putzige Vogel mit dem gritzegelben Schnabel, der sich nicht aus der Eierschale befreien konnte und sie deshalb immer mit sich als Hut herumtrug, oder?“
„Ja, genau, das fand ich als Kind toll.“
„Hört sich aber nicht toll an, wenn sich deine Eizelle nicht aus der Schale befreien kann.“
„Wieso, Eisprung ist doch Eisprung, oder? Da ist doch gar keine Schale. Oder bin ich wie ein Huhn innerlich verkalkt und merke es nicht?“ Hannah lachte bei der Vorstellung.
„Nee, Quatsch. Aber dass die Eizelle von einer mehr oder weniger festen Hülle umschlossen ist, das weisst du, oder?“
„Nein, wusste ich bis eben nicht. Ich dachte, die springt einmal und dabei platzt der Follikel, und das ist es. Erzähl mal. Weisst du was darüber?“
„Ich habe da mal herumgegoogelt, wie man das nach Infos zum Kinderwunsch so macht, und da kam ich auf so eine Seite, auf der das so beschrieben war, dass ich es auch verstehen konnte, Warte mal, wie war das noch.“ Alex überlegte einen kurzen Augenblick. „Wenn ich mich recht entsinne, dann heisst diese Haut Glashaut, es gibt da auch noch einen lateinischen oder griechischen Namen für, aber den habe ich mir nicht gemerkt. Und nach dem Sprung unserer Herculesse oder Calimeros und einer erfolgreichen Befruchtung teilen sich die Zellen des Embryos ja, und zwar bis zum Blastozystenstadium. Das ist am Tag 5, zumindest ungefähr, nach dem Eisprung. Erst in diesem Stadium schlüpft das Ei, wie ein Küken – also dein Calimero – und kann sich einnisten. Deshalb sind alle Blutungen vor diesem Zeitpunkt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit keine Einnistungsblutungen- auch wenn wir das nur zu gerne glauben wollen. Naja, und manchmal ist dieses Schlüpfen unvollständig – wieder wie bei Calimero – und dann gibt es keine Einnistung, oder die Haut ist zu dick. Das ist zum Beispiel auch altersabhängig. Warte mal, das habe ich mir gemerkt, das war gemein, ich zitiere: Bei älteren Frauen werden verschiedene Zahlen genannt von älter als 36 bis älter als 38…. Fies, was, als würden wir zum alten Eisen gehören…“ Sie sinnierte vor sich hin.
„Nun rede schon weiter, was ist bei den sogenannten älteren Frauen – komisch, ich dachte immer, das fängt mit 60 an, wie man sich täuschen kann…“ sinnierte nun auch Hannah.
„Da kann man als Unterstützung des Schlüpfvorganges die Glashaut einritzen, so mit Laser, oder mit einem Enzym schwächen, oder sogar mit einer Nadel einritzen, wobei mir schleierhaft ist, wie man das genau machen soll. Stell dir vor, die Hand zittert, und Calimero ist hin. Und das nennt man „assisted hatching“, auf deutsch unterstütztes Schlüpfen.“ Alex guckte triumphierend, da kannte Hannah Worte wie Morula, aber nicht das Hatching. „Das wird wohl bei der Repro oft vorgeschlagen, aber wenn ich das richtig verstanden habe, ist es gar nicht ganz sicher, ob es positive Auswirkungen hat.“
„Boah, was du so weisst. Hmm… dann ist Calimero nicht so vielversprechend, oder? Vielleicht sollte ich auf etwas anderes umschwenken. Mir fällt nur nichts ein.“
„Was aus dem Büro?“
„Nee, da gibt es nur Manfreds, das will ich nicht.“
„Und was macht ihr gerade, gibt es da einen Tipp?“
„Umsatzsteuer, na toll. Aber Usaste hört sich auch nicht gut an, oder? Könnte dann auch gleich auf Ursel gehen, so hiess meine Chefin, als ich als Putzfrau ein paar Mark im Studium dazuverdient habe. Oder Urmel, aber das sollte ich mir aufheben, wenn mal eines aus dem Eis kommt.“ Hannah kicherte vor sich hin. „Meine Güte, mir fällt nun gar nichts mehr ein. Sag du mal, ich bin schon so albern, dass ich mir keinen mehr aussuchen kann.“
„Okay, dann wähle ich: Nimm Felix, das heisst nämlich fruchtbar, glücklich, glückbringend. Besser kann der Name nicht sein. Und ich gönne ihn nur dir, damit das klar ist, sonst hätte ich ihn genommen.“
„Ach Mensch, Alex, das ist aber süss von dir, ich weiss schon, was du mir damit wünschst.“ Sie knuddelte ihre Freundin kurz und spürte neue innere Kraft. Felix, der würde es sein, da war sie sich sicher.
Folge 84
Alex hatte sich von Hannah verabschiedet und war auf dem Weg zurück nach Hause. Seit Hannah in die andere Richtung gegangen war, fühlte sie sich mit jedem Schritt, den sie auf ihre eigene Wohnung zu machte, kraftloser. Hatte denn nur Hannah die Kraft gehabt und hatte sie mitgerissen? War sie selbst schon so leer, dass sie sich nicht mehr selbst aufraffen konnte? An einem Schaufenster eines Buchhandels blieb sie stehen. Früher hatte sie viel gelesen, stundenlang mit einem Buch im Bett gelegen und abends spät das Licht gelöscht. Oft genug hatte sie Ärger mit ihrer Mutter gehabt. Und sie hatte sich immer geschworen, dass sie, wenn sie einmal Kinder hatte, ganz anders, viel toleranter, reagieren würde.
Fast mechanisch betrat Alex den Laden. Kochbücher, das war jetzt ihre Lieblingslektüre. Vielleicht sollte sie sich mit dem neuen Buch von Jamie Oliver selbst eine Freude machen? Warum kam Matthias nie darauf, das zu tun, ihr einfach einmal wieder eine Freude zu machen, unabhängig, ob es Weihnachten, Ostern oder ihr Geburtstag war? Wie so oft in der letzten Zeit dachte sie an ihre Ehe. Nicht, dass sie sie für schlecht hielt, aber sie sprachen eben nicht richtig miteinander. Und schon gar nicht offen und ehrlich über das, was sie beide bewegte.
„Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes?“ Die Verkäuferin war eine ältere gepflegte Erscheinung mit grauem Haar.
„Ich weiss nicht, was ich will…“ stammelte Alex unentschlossen. Genauso ging es ihr, sie wusste nicht, was sie wollte.
„Soll es ein Buch für Sie selbst sein oder ein Geschenk?“
„Für mich selbst – haben Sie Kinderbücher?“
Die Dame lächelte über das ganze Gesicht, ihre Augen strahlten jugendlich und ihr Gesicht zeigte Hunderte von kleinen liebenswerten Fältchen. „Natürlich. Es ist schön, dass Sie sich ein Kinderbuch kaufen wollen, wir Erwachsenen träumen viel zu wenig, finden Sie nicht?“ Einladend ging sie den Weg voraus zu den Regalen, auf denen viele dickseitige Bücher für die ganz Kleinen standen, doch daneben fand sich ein Regal, das weniger spektakulär gebundene Bücher enthielt. „Hier sind meine besonderen Schätze…. Sie mögen das für vom Alter her unangemessen finden, aber ich geniesse an diesen Büchern die phantasievollen Beschreibungen, die ganze Welten vor meinem geistigen Auge entstehen lassen. Und literarisch braucht man die Texte nicht zu verachten, denken Sie an C.S. Lewis, dessen König von Narnia jetzt gerade in die Kinos kommt. Leider sind die Kritiken gar nicht so gut.. aber nach dem Herrn der Ringe ist der Kinobesucher leise Töne vielleicht gar nicht mehr gewöhnt…“ Die Verkäuferin blickte sorgenvoll vor sich hin. „Aber können Sie sich vorstellen, dass Bücher nach wie vor das meistverkaufte Geschenk auch zu Weihnachten sind?“
Alex antwortete nicht, aber ihre Augen suchten liebevoll die Reihen der Bücher auf und ab. Und dann blieben sie an einem etwa anderthalb Zentimeter dicken Buch mit rotem Einband hängen. „Mio, mein Mio“, sagte sie romantisch verklärt.
„Ein wunderbares Buch, Astrid Lindgren hat die Gabe, Kinder wie Erwachsene mit Worten zu fesseln.“ nahm die ältere Dame den Gedankenfaden auf. Normalerweise fand Alex es aufdringlich, wenn Verkäuferinnen neben ihr stehen blieben, wenn sie etwas suchte, doch hier war etwas anderes im Spiel: Sie beide bewunderten die Bücher und hatten die gleichen Gedanken dazu. Das fand man selten.
„Es war immer mein Lieblingsbuch. Einfach wunderschön, die Geschichte“, erklärte Alex.
„Wie wäre es, wenn Sie sich mit ein paar Büchern in die Lesecke zurückziehen, und ich bringe Ihnen einen Kaffee. Es ist ja nicht so viel los heute, da kann ich mich schon etwas um Sie kümmern…“ Die Verkäuferin lächelte ihr aufmunternd zu, und zunächst zögerlich, dann befreit lächelte Alex zurück und sagte: “Warum eigentlich nicht…“ und nahm ein paar Bücher mit zu dem kleinen gemütlichen Sofa mit einem Tisch, der genau dazu geeignet war, einer Reihe von Büchern als Ablage zu dienen.
Neben C.S. Lewis und Astrid Lindgren waren es auch Bücher von Selma Lagerlöf und Michael Ende, die Alex sich als Schnupperlektüre genommen hatte. Kurz nachdem sie sich gesetzt hatte, erhielt sie eine Tasse Milchkaffee und einen Keks dazu. Wohlig mummelte sie sich auf dem Sofa ein und begann zu lesen. Die Welt um sie herum verschwand, und sie tauchte ein in die Welt der Kinder, die mit staunenden Augen Neues entdeckten, gut und schlecht unterscheiden lernten und für die Zeit keine Rolle spielte.
„Was liest du da?“ fragte plötzlich ein etwa achtjähriges Mädchen, das schon eine Weile neben ihr gestanden haben musste. Sie trug eine Brille und hatte ihr aschblondes glattes Haar zu einem Zopf gebunden. Seitlich wurden die Strähnen von Spangen gehalten.
Alex blickte verstört auf. „Mio, mein Mio, das ist mein Lieblingsbuch“, antwortete sie wahrheitsgemäss. Die Kleine neigte den Kopf und schaute in das Buch. „Sind da Bilder drin?“ „Ja, aber nur wenige,. Aber die sind wunderschön. Von Mios Pferd, das ganz silbriges Haar hat. Und von Mios Freunden. Und was liest du?“ Alex spürte das Mädchen, das recht nahe an sie herangekommen war und dessen Haare frisch gewaschen dufteten. Überhaupt war das Mädchen sehr gepflegt, und das Buch in ihrer Hand behandelte sie vorsichtig.
„Wir Kinder von Bullerbü.“
„Ach, das ist auch von Astrid Lindgren, wie mein Buch hier auch. Ich finde, sie schreibt sehr schön. Die Kinder aus Bullerbü habe ich auch sehr gemocht.“ Sie schaute das Mädchen freundlich an. „Du bist doch nicht allein hier, oder?“
„Nö. Meine Mutter sucht für meinen Bruder was aus…“ sie machte eine Grimasse und deutete mit den Kopf auf eine Frau, die einen bockigen Jungen zur Räson zu bringen versuchte. Offensichtlich waren die beiden sich über ein Buch über Dinosaurier nicht einig geworden. „Wenn der sauer wird, dann wird es gleich laut…“, sagte das Mädchen und schaute unglücklich.
„Und, machst du das auch, wenn du sauer bist.“
„Nee, ich nicht, ich gehe dann.“ Und genau das konnte sich Alex vorstellen, die grosse Schwester zog sich dann zurück.
„Weisst du was, ich mache das auch immer, wenn ich sauer bin, dann gehe ich weg. Aber ich weiss gar nicht, ob das gut ist…“, sinnierte Alex vor sich hin.
„Ich hab’ mal Mama gehört, wie sie sagte, sie würde sich fast freuen, wenn ich mich mal so aufführen würde.“
„Deine Mama scheint eine kluge Frau zu sein…“ sagte Alex, die daran dachte, dass so viele Frauen in Konfliktfällen zu schweigsam waren. Und das schloss sie mit ein.
„Hehem, sie ist ja meine Mama.“ Entgegnete das Mädchen bestimmt und stolz zugleich.
Die Frau schaue auf und blickte ihre Tochter liebevoll an. „Insa, kommst du? Ich glaube, wir müssen hier raus… Marc will wohl doch kein Buch…“ Die letzten Worte erstickten im Geschrei des kleinen Jungen, der nun unbedingt dadurch seinen Willen durchsetzen wollte, dass er sich vehement auf den Boden warf.
„Tschüss Insa“, sagte Alex und blickte ihr nach. „Tschüss“, sagte Insa zum Abschied und blickte sie an. Und die Mutter sagte resigniert lachend: „Wenn ich gewusst hätte, wie der zweite wird, wäre sie ein Einzelkind geblieben, aber zum Glück weiss ja niemand, was das Schicksal so parat hat, und missen möchte ich ihn“, sie nickte in Richtung ihres trotzigen Sprösslings, „nun auch nicht mehr. Schönen Tag noch…“ Mit diesen Worten drehte sie sich um, nahm Insa vertraut an die Hand, packten resolut und etwas ungerührt ihren Sohn an der Jacke und bugsierte ihn unter einer kurzen und wirkungsvollen Ermahnung, die Alex nicht verstand, zur Tür hinaus.
Als Alex sich im Laden umsah, erblickte sie die Verkäuferin, die die Szene amüsiert beobachtet hatte. „Ich kenne diese Familie seit Jahrzehnten, und die Mutter war genau wie ihr Sohn. Trotzig und starrköpfig. Aber süss…“ sie lachte vor sich hin und schüttelte den Kopf. „Wie sich die Bilder gleichen… Ihre Tante war genauso. Sie ging mit mir in eine Klasse. Tja, so gibt man von Generation zu Generation Charaktere weiter. Meine Mutter sagte immer, man solle sich die Familie des Mannes ansehen, bevor man heiratet.“
„Also, meinen Schwiegervater hätte ich sofort geheiratet, aber der war ja schon vergeben.“ Entgegnete Alex und brach damit das Eis der gedankenversunkenen Atmosphäre. „Und wenn ich mal ein Kind habe, dann wird es entweder verschmitzt wie er oder wild wie ich“, fügte sie trotzig hinzu. „Ich nehme „Mio, mein Mio“ mit, für meinen Mann, der soll auch ein wenig Zauberwelt erleben.“
„Soll ich es als Geschenk einpacken?“
„Ja gerne.“
„Wer Wunder verschenkt, ist offen für eigene“, sagte die ältere Dame sanft und vertiefte sich in das Einpacken des Buches.
Alex hatte sich von Hannah verabschiedet und war auf dem Weg zurück nach Hause. Seit Hannah in die andere Richtung gegangen war, fühlte sie sich mit jedem Schritt, den sie auf ihre eigene Wohnung zu machte, kraftloser. Hatte denn nur Hannah die Kraft gehabt und hatte sie mitgerissen? War sie selbst schon so leer, dass sie sich nicht mehr selbst aufraffen konnte? An einem Schaufenster eines Buchhandels blieb sie stehen. Früher hatte sie viel gelesen, stundenlang mit einem Buch im Bett gelegen und abends spät das Licht gelöscht. Oft genug hatte sie Ärger mit ihrer Mutter gehabt. Und sie hatte sich immer geschworen, dass sie, wenn sie einmal Kinder hatte, ganz anders, viel toleranter, reagieren würde.
Fast mechanisch betrat Alex den Laden. Kochbücher, das war jetzt ihre Lieblingslektüre. Vielleicht sollte sie sich mit dem neuen Buch von Jamie Oliver selbst eine Freude machen? Warum kam Matthias nie darauf, das zu tun, ihr einfach einmal wieder eine Freude zu machen, unabhängig, ob es Weihnachten, Ostern oder ihr Geburtstag war? Wie so oft in der letzten Zeit dachte sie an ihre Ehe. Nicht, dass sie sie für schlecht hielt, aber sie sprachen eben nicht richtig miteinander. Und schon gar nicht offen und ehrlich über das, was sie beide bewegte.
„Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes?“ Die Verkäuferin war eine ältere gepflegte Erscheinung mit grauem Haar.
„Ich weiss nicht, was ich will…“ stammelte Alex unentschlossen. Genauso ging es ihr, sie wusste nicht, was sie wollte.
„Soll es ein Buch für Sie selbst sein oder ein Geschenk?“
„Für mich selbst – haben Sie Kinderbücher?“
Die Dame lächelte über das ganze Gesicht, ihre Augen strahlten jugendlich und ihr Gesicht zeigte Hunderte von kleinen liebenswerten Fältchen. „Natürlich. Es ist schön, dass Sie sich ein Kinderbuch kaufen wollen, wir Erwachsenen träumen viel zu wenig, finden Sie nicht?“ Einladend ging sie den Weg voraus zu den Regalen, auf denen viele dickseitige Bücher für die ganz Kleinen standen, doch daneben fand sich ein Regal, das weniger spektakulär gebundene Bücher enthielt. „Hier sind meine besonderen Schätze…. Sie mögen das für vom Alter her unangemessen finden, aber ich geniesse an diesen Büchern die phantasievollen Beschreibungen, die ganze Welten vor meinem geistigen Auge entstehen lassen. Und literarisch braucht man die Texte nicht zu verachten, denken Sie an C.S. Lewis, dessen König von Narnia jetzt gerade in die Kinos kommt. Leider sind die Kritiken gar nicht so gut.. aber nach dem Herrn der Ringe ist der Kinobesucher leise Töne vielleicht gar nicht mehr gewöhnt…“ Die Verkäuferin blickte sorgenvoll vor sich hin. „Aber können Sie sich vorstellen, dass Bücher nach wie vor das meistverkaufte Geschenk auch zu Weihnachten sind?“
Alex antwortete nicht, aber ihre Augen suchten liebevoll die Reihen der Bücher auf und ab. Und dann blieben sie an einem etwa anderthalb Zentimeter dicken Buch mit rotem Einband hängen. „Mio, mein Mio“, sagte sie romantisch verklärt.
„Ein wunderbares Buch, Astrid Lindgren hat die Gabe, Kinder wie Erwachsene mit Worten zu fesseln.“ nahm die ältere Dame den Gedankenfaden auf. Normalerweise fand Alex es aufdringlich, wenn Verkäuferinnen neben ihr stehen blieben, wenn sie etwas suchte, doch hier war etwas anderes im Spiel: Sie beide bewunderten die Bücher und hatten die gleichen Gedanken dazu. Das fand man selten.
„Es war immer mein Lieblingsbuch. Einfach wunderschön, die Geschichte“, erklärte Alex.
„Wie wäre es, wenn Sie sich mit ein paar Büchern in die Lesecke zurückziehen, und ich bringe Ihnen einen Kaffee. Es ist ja nicht so viel los heute, da kann ich mich schon etwas um Sie kümmern…“ Die Verkäuferin lächelte ihr aufmunternd zu, und zunächst zögerlich, dann befreit lächelte Alex zurück und sagte: “Warum eigentlich nicht…“ und nahm ein paar Bücher mit zu dem kleinen gemütlichen Sofa mit einem Tisch, der genau dazu geeignet war, einer Reihe von Büchern als Ablage zu dienen.
Neben C.S. Lewis und Astrid Lindgren waren es auch Bücher von Selma Lagerlöf und Michael Ende, die Alex sich als Schnupperlektüre genommen hatte. Kurz nachdem sie sich gesetzt hatte, erhielt sie eine Tasse Milchkaffee und einen Keks dazu. Wohlig mummelte sie sich auf dem Sofa ein und begann zu lesen. Die Welt um sie herum verschwand, und sie tauchte ein in die Welt der Kinder, die mit staunenden Augen Neues entdeckten, gut und schlecht unterscheiden lernten und für die Zeit keine Rolle spielte.
„Was liest du da?“ fragte plötzlich ein etwa achtjähriges Mädchen, das schon eine Weile neben ihr gestanden haben musste. Sie trug eine Brille und hatte ihr aschblondes glattes Haar zu einem Zopf gebunden. Seitlich wurden die Strähnen von Spangen gehalten.
Alex blickte verstört auf. „Mio, mein Mio, das ist mein Lieblingsbuch“, antwortete sie wahrheitsgemäss. Die Kleine neigte den Kopf und schaute in das Buch. „Sind da Bilder drin?“ „Ja, aber nur wenige,. Aber die sind wunderschön. Von Mios Pferd, das ganz silbriges Haar hat. Und von Mios Freunden. Und was liest du?“ Alex spürte das Mädchen, das recht nahe an sie herangekommen war und dessen Haare frisch gewaschen dufteten. Überhaupt war das Mädchen sehr gepflegt, und das Buch in ihrer Hand behandelte sie vorsichtig.
„Wir Kinder von Bullerbü.“
„Ach, das ist auch von Astrid Lindgren, wie mein Buch hier auch. Ich finde, sie schreibt sehr schön. Die Kinder aus Bullerbü habe ich auch sehr gemocht.“ Sie schaute das Mädchen freundlich an. „Du bist doch nicht allein hier, oder?“
„Nö. Meine Mutter sucht für meinen Bruder was aus…“ sie machte eine Grimasse und deutete mit den Kopf auf eine Frau, die einen bockigen Jungen zur Räson zu bringen versuchte. Offensichtlich waren die beiden sich über ein Buch über Dinosaurier nicht einig geworden. „Wenn der sauer wird, dann wird es gleich laut…“, sagte das Mädchen und schaute unglücklich.
„Und, machst du das auch, wenn du sauer bist.“
„Nee, ich nicht, ich gehe dann.“ Und genau das konnte sich Alex vorstellen, die grosse Schwester zog sich dann zurück.
„Weisst du was, ich mache das auch immer, wenn ich sauer bin, dann gehe ich weg. Aber ich weiss gar nicht, ob das gut ist…“, sinnierte Alex vor sich hin.
„Ich hab’ mal Mama gehört, wie sie sagte, sie würde sich fast freuen, wenn ich mich mal so aufführen würde.“
„Deine Mama scheint eine kluge Frau zu sein…“ sagte Alex, die daran dachte, dass so viele Frauen in Konfliktfällen zu schweigsam waren. Und das schloss sie mit ein.
„Hehem, sie ist ja meine Mama.“ Entgegnete das Mädchen bestimmt und stolz zugleich.
Die Frau schaue auf und blickte ihre Tochter liebevoll an. „Insa, kommst du? Ich glaube, wir müssen hier raus… Marc will wohl doch kein Buch…“ Die letzten Worte erstickten im Geschrei des kleinen Jungen, der nun unbedingt dadurch seinen Willen durchsetzen wollte, dass er sich vehement auf den Boden warf.
„Tschüss Insa“, sagte Alex und blickte ihr nach. „Tschüss“, sagte Insa zum Abschied und blickte sie an. Und die Mutter sagte resigniert lachend: „Wenn ich gewusst hätte, wie der zweite wird, wäre sie ein Einzelkind geblieben, aber zum Glück weiss ja niemand, was das Schicksal so parat hat, und missen möchte ich ihn“, sie nickte in Richtung ihres trotzigen Sprösslings, „nun auch nicht mehr. Schönen Tag noch…“ Mit diesen Worten drehte sie sich um, nahm Insa vertraut an die Hand, packten resolut und etwas ungerührt ihren Sohn an der Jacke und bugsierte ihn unter einer kurzen und wirkungsvollen Ermahnung, die Alex nicht verstand, zur Tür hinaus.
Als Alex sich im Laden umsah, erblickte sie die Verkäuferin, die die Szene amüsiert beobachtet hatte. „Ich kenne diese Familie seit Jahrzehnten, und die Mutter war genau wie ihr Sohn. Trotzig und starrköpfig. Aber süss…“ sie lachte vor sich hin und schüttelte den Kopf. „Wie sich die Bilder gleichen… Ihre Tante war genauso. Sie ging mit mir in eine Klasse. Tja, so gibt man von Generation zu Generation Charaktere weiter. Meine Mutter sagte immer, man solle sich die Familie des Mannes ansehen, bevor man heiratet.“
„Also, meinen Schwiegervater hätte ich sofort geheiratet, aber der war ja schon vergeben.“ Entgegnete Alex und brach damit das Eis der gedankenversunkenen Atmosphäre. „Und wenn ich mal ein Kind habe, dann wird es entweder verschmitzt wie er oder wild wie ich“, fügte sie trotzig hinzu. „Ich nehme „Mio, mein Mio“ mit, für meinen Mann, der soll auch ein wenig Zauberwelt erleben.“
„Soll ich es als Geschenk einpacken?“
„Ja gerne.“
„Wer Wunder verschenkt, ist offen für eigene“, sagte die ältere Dame sanft und vertiefte sich in das Einpacken des Buches.
Folge 85
Das Buch in ihrer Hand war wie magisch. Es verkörperte für sie Kindheit und Zukunft zugleich, denn sie hatte sich immer vorgestellt, Mio ihren Kindern vorzulesen. „Heute werde ich mit Matthias sprechen“, versprach sie sich selbst. Und wenn sie an Insa dachte, dann sah sie die glücklichen Gesichter von Mutter und Tochter und die beiden ineinander verschränkten Hände.
„Das werde ich auch erreichen, ich versprech’ es dir“, sagte sich Alex leise, wobei sie selbst mit ihrem Gesprächspartner gemeint war.
Zuhause angekommen legte sie das Buch auf den Tisch; sie würde zum Abendessen etwas Leckeres kochen und dann mit ihrem Mann sprechen, und als Aufhänger würde sie das Buch nutzen. „Du, Matthias, ich muss mit dir sprechen“, sagte sie sich im Geiste und ging das Gespräch durch. “Nein, lass mich ausreden, ich…. Ja, du hast ja Recht, aber ich…. Nein, nun höre du mir mal zu…“ Sie stellte sich schon auf ein kleines hitziges Gespräch ein, als sie merkte, dass ihr etwas fehlte. Und dieses Etwas war Phoebe. Sie wuselte doch sonst immer um ihre Beine, wenn sie nach Hause kam, doch heute konnte sie ungehindert überall langgehen, ohne Gefahr zu laufen, über ihre Katze zu stolpern. „Phoebe, Süsse, versteck dich doch nicht immer…“ rief sie in die leere Wohnung hinein. Sie kannte nur zu gut die Angewohnheit dieses listigen kleinen Tieres, das sich irgendwo versteckte und dann gemächlich zusah, wie ihr Frauchen nach ihr suchte.
Alex fing also an, sie hob jede Decke, jedes Kissen, schaute in jede Ecke – wobei sie zum Teil feststellen musste, dass sich dort keine Katze, sondern Staub gesammelt hatte- und öffnete alle Schränke, doch Phoebe blieb verschwunden. Schliesslich rief sie entnervt und beunruhigt bei Hannah an.
„Hallo Hannah, sag mal, als wir aus dem Haus gingen, da war Phoebe doch noch da, oder? Ich finde sie nämlich nicht, kann es sein, dass sie mit uns rausgelaufen ist?“
„Nein, bestimmt nicht, Alex, ich weiss genau, dass sie drinnen war, als du die Tür geschlossen hast. Ach Mensch, und du findest sie nicht?“
„Nein, ich bin schon ganz unruhig. Aber ich suche noch einmal alles ab… bis dann.“ Wenn Phoebe also nicht nach draussen gelaufen war, wo war sie dann? Lag sie vielleicht schon apathisch irgendwo in einer Ecke und wartete auf Hilfe? „Phoebe, Süsse, komm, gib doch einen Laut.“ Alex hantierte laut mit der Futterschüssel. „Hm… lecker lecker lecker“, rief sie und lauschte angestrengt. Nichts, in der Wohnung herrschte Stille.
„Komm her, kleiner Muck, lass mich nicht so hängen“, sagte sie traurig. „Was soll ich denn nur ohne dich machen? Phoebe, lass mich nicht allein…“ Mühsam kämpfte sie gegen ihre Tränen. „Wo bist du denn bloss?“ Immer unruhiger wurde sie, und noch einmal ging sie in alle Zimmer, öffnete alles, horchte, nahm lose Dinge hoch, unter denen sich Phoebe nie versteckt hätte, zog Schubläden auf, um ja nichts zu übersehen. Schliesslich stand sie im Abstellraum und liess ihren Tränen freien Lauf.
„Ach menno, nicht auch noch du. Phoebe!“
Alex schniefte und fühlte sich völlig einsam. Sie schaute sich im Raum um, alles war wie immer. Und die Schränke hatte sie nun dreimal geöffnet und durchgesehen. Sie putzte sich lautstark die Nase und sog befreit die Luft durch sie ein. Moment mal, da war etwas: der leicht stechende Geruch von Katzenpipi, und der konnte hier gar nicht sein, weil das Katzenklo in einem anderen Raum stand und diese Tür eigentlich immer verschlossen war. Und als sie so der Nase folgte, fiel ihr auf, dass der Schuhschrank geschlossen war, dabei hatte sie ihn am Morgen nachlässig offen gelassen, oder? „Phoebe, Süsse, Motte? Bist du hier?“ Und plötzlich hörte sie ein ganz leises Maunzen, und als sie den Schuhschrank vorsichtig aufklappte, sah sie ein jämmerliches Köpfchen zwischen den Schuhen auftauchen. Der Schuhschrank hatte eine Kippvorrichtung, und offensichtlich war Phoebe in den Schrank geklettert, und die Gewichtsverlagerung auf dem Regal hatte den Schrank zuklappen lassen. „Ach Mensch, meine Kleine, bin ich froh…“ Vorsichtig zog Alex ihre Katze ans Licht, die sich dankbar auf den Arm nehmen liess. „Ich weiss nicht, was ich ohne dich gemacht hätte“, sagte Alex erleichtert und drückte ihre Nase in das weiche Fell. Phoebe langte das schon, sie hatte Hunger und strebte nun dem Futternapf zu. Alex aber beruhigte sich nicht so schnell, ihr liefen die Tränen über die Wangen, und genau in diesem Augenblick kam Matthias nach Hause.
„Hallo mein Schatz….“ Matthias stockte mittendrin. „ Was ist denn los? Ist was passiert?“
„Phoebe war verschwunden, ich habe sie über eine Stunde lang gesucht, ich dachte schon sie wäre weg..“ Alex war ganz aufgelöst.
„Ach Älchen, Mensch, was für ein Schreck.“ Er nahm sie liebevoll in den Arm. „Wo war sie denn?“
„Im Schuhschrank, dabei kann sie da gar nicht hin eigentlich,“ Alex schniefte erneut “… weil ich ja immer die Tür zum Raum zumache, aber du hast sie bestimmt wieder offen gelassen.“ Das machte Matthias nämlich aus unerfindlichen Gründen immer.
„Ach nee, und jetzt bin ich wieder Schuld, was? Dann pass’ eben besser auf deine blöde Katze auf, dann passiert das nicht. Und lass’ den Schuhschrank nicht offen… überhaupt ist dir deine Katze wichtiger als ich, damit das mal gesagt ist. Die darf ja sogar in deinem Bett schlafen, im Unterschied zu deinem Mann…“
Nun platzte Alex der Kragen, und alle Schleusen ihrer Tränen wurden gleichzeitig geöffnet. „Wenn du netter zu mir wärst, dann wäre das auch anders. Sie hält immer zu mir. Und sie gibt mir das Gefühl, für sie wichtig zu sein. Und… überhaupt…“ Sie stapfte zum Tisch und nahm das eingepackte Buch. „Da, für dich, ich wollte es immer gemeinsam mit meinem Mann unseren Kindern vorlesen, aber dazu kommt es ja nicht mehr. Wir haben ja keine, und kriegen tun wir auch keine.“ Sie heulte auf. „Und ich will auch nicht mehr die Verantwortung dafür tragen, du fragst ja nicht mal, ob du helfen kannst. Ehe ich alles tue, musst du auch mal ran, wenn du überhaupt noch Kinder haben willst…“ Alex weinte haltlos, aber immerhin war das Wichtigste raus. „Du machst ja nicht mal ein Spermiogramm, eher würdest du eine Bauchspiegelung – und das ist eine OP ! – von mir verlangen…“ Alex war laut gewesen und wollte sich von ihm losmachen, aber Matthias hielt sie fest im Arm. Er nahm ein Taschentuch und hielt es ihr hin, während er mit der anderen Hand ihr Haar streichelte.
„Ist doch nicht wahr. Und das mit Phoebe tut mir leid, ich nehms zurück, ich war auch nur froh, dass ihr nichts passiert ist. Und wenn dir ein Spermiogramm so wichtig ist, warum hast du es dann nicht einfach mit mir besprochen. Natürlich mache ich eines, ist doch kein Ding, schliesslich geht das uns beide an, oder? Mensch Alex, wir wollen uns doch nicht streiten, schon gar nicht über Kinder, oder?“
„Ich will mich ja auch gar nicht streiten.“ Sie zog geräuschswirksam hoch und nahm dann das Taschentuch. „Halt mich fest, ja? Ich bin nur so traurig… und du gehst wirklich zum Arzt und machst ein Spermiogramm?“
„Na, klar, sag ich doch, ich habe schon einen Termin. Oder glaubst du ernsthaft, ich lasse dich damit allein, du Traumfrau?“ Matthias stand da, und auf einmal war der Anruf beim Arzt so selbstverständlich, als habe er nicht tagelang mit sich gerungen.
„Du hättest doch nur eine Anmerkung zu machen brauchen, dass du Hilfe brauchst…“ fügte er an und hielt sich tatsächlich für den sensibelsten Ehemann der Welt. Und Alex schmolz dahin, auch sie war dankbar, einen solchen Mann zu haben. Jetzt war alles ganz einfach. „Und das lesen wir dann den Kindern vor?“ fragte sie unsicher und hielt Matthias das Geschenk hin. „Natürlich, das mache ich dann, und du ruhst dich abends aus.“ Er hielt seine Frau glücklich im Arm, und beide hatten auf einmal das Gefühl, dass sie den Weg schon fast bis zum Ende gegangen waren.
Das Buch in ihrer Hand war wie magisch. Es verkörperte für sie Kindheit und Zukunft zugleich, denn sie hatte sich immer vorgestellt, Mio ihren Kindern vorzulesen. „Heute werde ich mit Matthias sprechen“, versprach sie sich selbst. Und wenn sie an Insa dachte, dann sah sie die glücklichen Gesichter von Mutter und Tochter und die beiden ineinander verschränkten Hände.
„Das werde ich auch erreichen, ich versprech’ es dir“, sagte sich Alex leise, wobei sie selbst mit ihrem Gesprächspartner gemeint war.
Zuhause angekommen legte sie das Buch auf den Tisch; sie würde zum Abendessen etwas Leckeres kochen und dann mit ihrem Mann sprechen, und als Aufhänger würde sie das Buch nutzen. „Du, Matthias, ich muss mit dir sprechen“, sagte sie sich im Geiste und ging das Gespräch durch. “Nein, lass mich ausreden, ich…. Ja, du hast ja Recht, aber ich…. Nein, nun höre du mir mal zu…“ Sie stellte sich schon auf ein kleines hitziges Gespräch ein, als sie merkte, dass ihr etwas fehlte. Und dieses Etwas war Phoebe. Sie wuselte doch sonst immer um ihre Beine, wenn sie nach Hause kam, doch heute konnte sie ungehindert überall langgehen, ohne Gefahr zu laufen, über ihre Katze zu stolpern. „Phoebe, Süsse, versteck dich doch nicht immer…“ rief sie in die leere Wohnung hinein. Sie kannte nur zu gut die Angewohnheit dieses listigen kleinen Tieres, das sich irgendwo versteckte und dann gemächlich zusah, wie ihr Frauchen nach ihr suchte.
Alex fing also an, sie hob jede Decke, jedes Kissen, schaute in jede Ecke – wobei sie zum Teil feststellen musste, dass sich dort keine Katze, sondern Staub gesammelt hatte- und öffnete alle Schränke, doch Phoebe blieb verschwunden. Schliesslich rief sie entnervt und beunruhigt bei Hannah an.
„Hallo Hannah, sag mal, als wir aus dem Haus gingen, da war Phoebe doch noch da, oder? Ich finde sie nämlich nicht, kann es sein, dass sie mit uns rausgelaufen ist?“
„Nein, bestimmt nicht, Alex, ich weiss genau, dass sie drinnen war, als du die Tür geschlossen hast. Ach Mensch, und du findest sie nicht?“
„Nein, ich bin schon ganz unruhig. Aber ich suche noch einmal alles ab… bis dann.“ Wenn Phoebe also nicht nach draussen gelaufen war, wo war sie dann? Lag sie vielleicht schon apathisch irgendwo in einer Ecke und wartete auf Hilfe? „Phoebe, Süsse, komm, gib doch einen Laut.“ Alex hantierte laut mit der Futterschüssel. „Hm… lecker lecker lecker“, rief sie und lauschte angestrengt. Nichts, in der Wohnung herrschte Stille.
„Komm her, kleiner Muck, lass mich nicht so hängen“, sagte sie traurig. „Was soll ich denn nur ohne dich machen? Phoebe, lass mich nicht allein…“ Mühsam kämpfte sie gegen ihre Tränen. „Wo bist du denn bloss?“ Immer unruhiger wurde sie, und noch einmal ging sie in alle Zimmer, öffnete alles, horchte, nahm lose Dinge hoch, unter denen sich Phoebe nie versteckt hätte, zog Schubläden auf, um ja nichts zu übersehen. Schliesslich stand sie im Abstellraum und liess ihren Tränen freien Lauf.
„Ach menno, nicht auch noch du. Phoebe!“
Alex schniefte und fühlte sich völlig einsam. Sie schaute sich im Raum um, alles war wie immer. Und die Schränke hatte sie nun dreimal geöffnet und durchgesehen. Sie putzte sich lautstark die Nase und sog befreit die Luft durch sie ein. Moment mal, da war etwas: der leicht stechende Geruch von Katzenpipi, und der konnte hier gar nicht sein, weil das Katzenklo in einem anderen Raum stand und diese Tür eigentlich immer verschlossen war. Und als sie so der Nase folgte, fiel ihr auf, dass der Schuhschrank geschlossen war, dabei hatte sie ihn am Morgen nachlässig offen gelassen, oder? „Phoebe, Süsse, Motte? Bist du hier?“ Und plötzlich hörte sie ein ganz leises Maunzen, und als sie den Schuhschrank vorsichtig aufklappte, sah sie ein jämmerliches Köpfchen zwischen den Schuhen auftauchen. Der Schuhschrank hatte eine Kippvorrichtung, und offensichtlich war Phoebe in den Schrank geklettert, und die Gewichtsverlagerung auf dem Regal hatte den Schrank zuklappen lassen. „Ach Mensch, meine Kleine, bin ich froh…“ Vorsichtig zog Alex ihre Katze ans Licht, die sich dankbar auf den Arm nehmen liess. „Ich weiss nicht, was ich ohne dich gemacht hätte“, sagte Alex erleichtert und drückte ihre Nase in das weiche Fell. Phoebe langte das schon, sie hatte Hunger und strebte nun dem Futternapf zu. Alex aber beruhigte sich nicht so schnell, ihr liefen die Tränen über die Wangen, und genau in diesem Augenblick kam Matthias nach Hause.
„Hallo mein Schatz….“ Matthias stockte mittendrin. „ Was ist denn los? Ist was passiert?“
„Phoebe war verschwunden, ich habe sie über eine Stunde lang gesucht, ich dachte schon sie wäre weg..“ Alex war ganz aufgelöst.
„Ach Älchen, Mensch, was für ein Schreck.“ Er nahm sie liebevoll in den Arm. „Wo war sie denn?“
„Im Schuhschrank, dabei kann sie da gar nicht hin eigentlich,“ Alex schniefte erneut “… weil ich ja immer die Tür zum Raum zumache, aber du hast sie bestimmt wieder offen gelassen.“ Das machte Matthias nämlich aus unerfindlichen Gründen immer.
„Ach nee, und jetzt bin ich wieder Schuld, was? Dann pass’ eben besser auf deine blöde Katze auf, dann passiert das nicht. Und lass’ den Schuhschrank nicht offen… überhaupt ist dir deine Katze wichtiger als ich, damit das mal gesagt ist. Die darf ja sogar in deinem Bett schlafen, im Unterschied zu deinem Mann…“
Nun platzte Alex der Kragen, und alle Schleusen ihrer Tränen wurden gleichzeitig geöffnet. „Wenn du netter zu mir wärst, dann wäre das auch anders. Sie hält immer zu mir. Und sie gibt mir das Gefühl, für sie wichtig zu sein. Und… überhaupt…“ Sie stapfte zum Tisch und nahm das eingepackte Buch. „Da, für dich, ich wollte es immer gemeinsam mit meinem Mann unseren Kindern vorlesen, aber dazu kommt es ja nicht mehr. Wir haben ja keine, und kriegen tun wir auch keine.“ Sie heulte auf. „Und ich will auch nicht mehr die Verantwortung dafür tragen, du fragst ja nicht mal, ob du helfen kannst. Ehe ich alles tue, musst du auch mal ran, wenn du überhaupt noch Kinder haben willst…“ Alex weinte haltlos, aber immerhin war das Wichtigste raus. „Du machst ja nicht mal ein Spermiogramm, eher würdest du eine Bauchspiegelung – und das ist eine OP ! – von mir verlangen…“ Alex war laut gewesen und wollte sich von ihm losmachen, aber Matthias hielt sie fest im Arm. Er nahm ein Taschentuch und hielt es ihr hin, während er mit der anderen Hand ihr Haar streichelte.
„Ist doch nicht wahr. Und das mit Phoebe tut mir leid, ich nehms zurück, ich war auch nur froh, dass ihr nichts passiert ist. Und wenn dir ein Spermiogramm so wichtig ist, warum hast du es dann nicht einfach mit mir besprochen. Natürlich mache ich eines, ist doch kein Ding, schliesslich geht das uns beide an, oder? Mensch Alex, wir wollen uns doch nicht streiten, schon gar nicht über Kinder, oder?“
„Ich will mich ja auch gar nicht streiten.“ Sie zog geräuschswirksam hoch und nahm dann das Taschentuch. „Halt mich fest, ja? Ich bin nur so traurig… und du gehst wirklich zum Arzt und machst ein Spermiogramm?“
„Na, klar, sag ich doch, ich habe schon einen Termin. Oder glaubst du ernsthaft, ich lasse dich damit allein, du Traumfrau?“ Matthias stand da, und auf einmal war der Anruf beim Arzt so selbstverständlich, als habe er nicht tagelang mit sich gerungen.
„Du hättest doch nur eine Anmerkung zu machen brauchen, dass du Hilfe brauchst…“ fügte er an und hielt sich tatsächlich für den sensibelsten Ehemann der Welt. Und Alex schmolz dahin, auch sie war dankbar, einen solchen Mann zu haben. Jetzt war alles ganz einfach. „Und das lesen wir dann den Kindern vor?“ fragte sie unsicher und hielt Matthias das Geschenk hin. „Natürlich, das mache ich dann, und du ruhst dich abends aus.“ Er hielt seine Frau glücklich im Arm, und beide hatten auf einmal das Gefühl, dass sie den Weg schon fast bis zum Ende gegangen waren.
Folge 86
Während Alex in der Küche das Essen zuzubereiten versuchte, drehte Matthias im Wohnzimmer die Stereoanlage auf. Auch er hatte gute Laune.
„Na Süsse, was willst du hören? Kuschelrock?“
„Au ja, wie in alten Zeiten, was?“ ertönte es aus der Küche. Kurz darauf hörte man „Say you, Say me“ von Lionel Ritchie, das von beiden laut mitgesungen wurde. „Mensch, der Film war Klasse, was? White Nights, werde ich nie vergessen…“ Matthias kam ins Schwärmen, und grübelte über seine damalige Flamme Rita. „Das war eine Frau, voller Rasse, nur etwas zu anstrengend,“ dachte er ein bisschen wehmütig.
„Hast du eigentlich mal wieder was von Rita gehört?“ hörte er in diesem Augenblick aus der Küche. Wenn Männer nur ein wenig mehr von der Psyche der Frauen verstehen würden, dann wüssten sie, dass die wunderbarste Stimmung zwischen zwei Menschen, wie sie gerade in Matthias und Alex’ Wohnung herrschte, im Nu zerstört werden kann durch die Schwärmerei über einen Ex-Partner. Aber – wie Männer selbst beteuern – Männer verstehen Frauen nun einmal nicht, zumindest nur oberflächlich, und so begann Alex Angetrauter von Rita zu erzählen.
„Ja, ich habe sie letztens einmal zufällig gesehen, sieht toll aus, super Figur mit ihren langen Beinen. Wie schon früher war sie perfekt geschminkt und die Haare, du weisst ja, dieses tolle Blond, boah, einfach zum Anbeissen. Und, ach ja, das habe ich dir gar nicht erzählt, aber Jürgen wusste das, sie hat vor drei Jahren geheiratet und hat einen süssen Jungen von zwei Jahren. Ihr Mann soll richtig Kohle haben.“
Das genügte Alex. Neben der Tatsache, dass ihre Widersacherin offensichtlich all das aufwies, was sie an sich vermisste, hatte sie auch noch Geld ohne Ende und nach einem Jahr Ehe auch schon einen kleinen Sohn. „Na, das ist ja schön“, sagte sie mit leicht bissigem Unterton. Jeder sensible Zuhörer hätte die Botschaft „Erzähle bloss nicht weiter“ aus diesem Ton herausgehört, nicht so Matthias.
„Du weisst ja, dass sie mal als Mannequin gearbeitet hat, oder? Kein Wunder, bei den Beinen! Bis auf den Boden, hätte Vattern gesagt. Mannomann, habe ich mit der Spass gehabt. Überall…“ er lachte in seinen Erinnerungen gebannt. „Die sieht bestimmt mit 40 auch noch toll aus…“
„Bestimmt. Schön für sie“, lautete der eifersüchtige Kommentar aus der Küche. Alex schnippelte für einen Salat, rechts den Abfall in den fast vollen Mülleimer, links die zerstückelten Paprika, Gurken etc. Rechts, links, rechts links. Mechanisch arbeitete sie sich durch das Gemüse, während ihre Gedanken bei Rita waren. Sie hatte sie vor Jahren kennen gelernt, eine tatsächlich atemberaubend langbeinige Blondine ohne auch nur ein Gramm Fett zuviel, der bestimmt nicht einmal eine Schwangerschaft figürlich zuschaffen machte. Eben eine dieser sauberen Blondinnen, die immer perfekt frisiert und gutgelaunt herumliefen und denen scheinbar alles gelang. Dagegen fühlte sie sich schon seit ihrer Kinderzeit dicklich und ungepflegt; denn ihre Haare standen ja oft buchstäblich zu Berge. Und sie wusste, dass es Rita gewesen war, die sich von Matthias getrennt hatte, nicht umgekehrt.
Das Messer auf dem Brett wurde energischer und die geschnittenen Stücke gröber, während sie vor sich hinsinnierte. Dass solche Frauen dann auch noch so unkompliziert schwanger werden mussten, gab es denn nichts, was sie nicht einfach einmal eben so nebenbei machten?
Rechts, links, rechts links. In ihren Gedanken hatte Alex nicht gemerkt, dass sie seit geraumer Zeit den Takt verändert hatte. „Och nö, das kann doch nicht wahr sein!“ hörte Matthias aus der Küche und wurde dadurch aus seinen Gedanken geschreckt. Als er Alex erreichte, sass diese auf dem Stuhl in der Küche und starrte in den Mülleimer. „Sag’ mal, wie blöd kann man eigentlich sein“, fragte sie ihren Mann und zeigte auf den Abfall: Alex hatte die Gemüseabfälle in die Marinade getan und das geschnittene Gemüse in den Abfall geworfen. Sie guckte unglücklich, und Matthias lachte los und nahm sie in den Arm. Seine Laune konnte durch den scheinbaren Verlust des Abendessens nicht getrübt werden, das stand fest.
„Ach Schatz, du bist süss! Dass ich erleben darf, dass dir etwas daneben geht; sonst ist immer alles perfekt bei dir.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. Plötzlich musste auch Alex lachen, er hatte gesagt, bei ihr sei immer alles perfekt. „Meinst du das im Ernst? Ich meine, das mit dem perfekt Sein?“
„Na klar, dir gelingt immer alles, ist ja schon beängstigend. Komm, jetzt sorge ich für das Abendessen: Ab zum Italiener! Ich lade dich ein, wie in alten Zeiten.“ Er gab ihr einen weiteren Kuss und holte ihren Mantel. Alex fühlte sich wie im siebten Himmel: Er sah sie als perfekt an! Das hätte sie nie gedacht, sie dachte immer, alles sähe bei anderen so einfach aus, nur bei ihr nicht.
„Echt, sieht das bei mir immer so aus?“
„Was?“
„Naja, so einfach mal nebenbei?“
„Ja klar, was denkst du denn? Komm, wir gehen.“ Kurz darauf sassen beide im Kerzenlicht bei ihrem Lieblingsitaliener, zwei Prosecco zur Begrüssung waren bereits am Eingang von Matthais geordert worden und nun wurde die Karte wie immer studiert. Allerdings nahmen sie dann auch fast immer das gleiche, also wäre es auch ohne Karte gegangen. „Einen grossen Vorspeisenteller, einmal Linguine mit Venusmuscheln…“, Matthias zwinkerte Alex verschwörerisch zu “… und einmal Filetto Firenze, dazu ein grosses Wasser und ein halber Liter trockenen Rotwein“. Er lächelte seiner Frau verliebt zu. So hatten sie lange nicht im Restaurant gesessen. Wie hübsch sie im Kerzenlicht aussah!
„Das sollten wir viel öfter machen, findest du nicht.“
„Stimmt, wir haben uns ganz schön vernachlässigt, ich meine, uns als Paar, oder?“
Statt einer Antwort nahm Matthias die Hand von Alex und drückte sie liebevoll. Und seiner Frau stiegen vor Rührung die Tränen auf, das hatte er lange nicht getan.
„Prosecco…“ unterbrach der Ober vorsichtig. Als Italiener verstand er etwas von der Liebe, und es tat ihm leid, die Stimmung zu stören.
„Prost, meine Traumfrau, auf eine weiteren gemeinsamen Weg…“ Matthias schaute ihr tief in die Augen.
„Prost, mein Schatz, ja auf einen gemeinsamen Weg.“ Die Gläser klangen - zwar nicht wie Kristallgläser – aber doch wie Musik in beider Ohren.
Am Nebentisch nahm ein Pärchen Platz. Anders als Matthias, der Alex noch nach diesen langen Jahren den Stuhl an den Tisch heranschob, setzte sich der Mann ohne seine Begleiterin zu fragen, welchen Stuhl sie bevorzugte, auf den psychologisch angenehmeren Platz: mit dem Rücken zur Wand und dem Blick in den Raum. Seine Partnerin musste sich mit dem Rücken zum Gästeraum setzen. „Was willst denn?“ fragte er, noch ehe sie Zeit hatte, die Karte zu studieren. Alex und Matthias schauten sich in übereinstimmender Weise an, blinzelten und grinsten. Das versprach ein interessanter Abend zu werden. Sie liebten es beide, andere Menschen beobachten.
„Hast du eine Ahnung, wie die Ente hier ist?“ fragte die Frau am Nebentisch ihren Partner vorsichtig.
„Nee, aber ich habe letztens eine im Konsum gegessen, war voll eklig, kann ich dir nicht empfehlen.“
Alex lachte nun in sich hinein. Den kausalen Zusammenhang der Ente im Konsum mit der beim Italiener fand sie zu komisch, doch die Frau am Nebentisch nickte zustimmend.
„Haste Recht, und was ist bei diesen Vorspeisen dabei?“
„Bestimmt so Zeug wie Kraken in Essig und Rindfleisch mit Thunfisch. Kannst du dir vorstellen, wie das schmecken muss. Widerlich, diese Vorstellung.“ Es folgte ein Kommentar über alles, was die italienische Küche zu bieten hatte und was - richtig zubereitet- den Gaumen von Gourmets erfreut: Carpaccio war ja rohes Fleisch und somit sicher nicht zu geniessen, Mozzarella war Büffelkäse und daher konnte man den kaum essen, Scampis wurden als Krabben verächtlich heruntergespielt, weil die bestimmt in Mayonnaise serviert und somit salmonellenverseucht waren. Es erfolgte eine detaillierte Beschreibung einer Salmonellenvergiftung mit allen Symptomen. Dennoch, die Gattung „Pizza“ fand Gnade vor den Augen des Paares, und als der dezent abwartende Ober nach der Bestellung fragte, hatte sich das Paar für Pizza Salami und Pizza Arrabiata entschieden.
„Ist doch immer wieder ein Genuss, italienisch essen zu gehen“, sagte der Mann überzeugt als Mann von Welt.
„Was du alles weisst. Du Kennst ja jedes Gericht“, kommentierte seine – offensichtlich - Freundin und schaute ihn bewundernd an.
„Das wird ein schöner und informativer Abend“, erhob Alex das Glas und prostete ihrem ebenfalls lachenden Ehemann zu.
Während Alex in der Küche das Essen zuzubereiten versuchte, drehte Matthias im Wohnzimmer die Stereoanlage auf. Auch er hatte gute Laune.
„Na Süsse, was willst du hören? Kuschelrock?“
„Au ja, wie in alten Zeiten, was?“ ertönte es aus der Küche. Kurz darauf hörte man „Say you, Say me“ von Lionel Ritchie, das von beiden laut mitgesungen wurde. „Mensch, der Film war Klasse, was? White Nights, werde ich nie vergessen…“ Matthias kam ins Schwärmen, und grübelte über seine damalige Flamme Rita. „Das war eine Frau, voller Rasse, nur etwas zu anstrengend,“ dachte er ein bisschen wehmütig.
„Hast du eigentlich mal wieder was von Rita gehört?“ hörte er in diesem Augenblick aus der Küche. Wenn Männer nur ein wenig mehr von der Psyche der Frauen verstehen würden, dann wüssten sie, dass die wunderbarste Stimmung zwischen zwei Menschen, wie sie gerade in Matthias und Alex’ Wohnung herrschte, im Nu zerstört werden kann durch die Schwärmerei über einen Ex-Partner. Aber – wie Männer selbst beteuern – Männer verstehen Frauen nun einmal nicht, zumindest nur oberflächlich, und so begann Alex Angetrauter von Rita zu erzählen.
„Ja, ich habe sie letztens einmal zufällig gesehen, sieht toll aus, super Figur mit ihren langen Beinen. Wie schon früher war sie perfekt geschminkt und die Haare, du weisst ja, dieses tolle Blond, boah, einfach zum Anbeissen. Und, ach ja, das habe ich dir gar nicht erzählt, aber Jürgen wusste das, sie hat vor drei Jahren geheiratet und hat einen süssen Jungen von zwei Jahren. Ihr Mann soll richtig Kohle haben.“
Das genügte Alex. Neben der Tatsache, dass ihre Widersacherin offensichtlich all das aufwies, was sie an sich vermisste, hatte sie auch noch Geld ohne Ende und nach einem Jahr Ehe auch schon einen kleinen Sohn. „Na, das ist ja schön“, sagte sie mit leicht bissigem Unterton. Jeder sensible Zuhörer hätte die Botschaft „Erzähle bloss nicht weiter“ aus diesem Ton herausgehört, nicht so Matthias.
„Du weisst ja, dass sie mal als Mannequin gearbeitet hat, oder? Kein Wunder, bei den Beinen! Bis auf den Boden, hätte Vattern gesagt. Mannomann, habe ich mit der Spass gehabt. Überall…“ er lachte in seinen Erinnerungen gebannt. „Die sieht bestimmt mit 40 auch noch toll aus…“
„Bestimmt. Schön für sie“, lautete der eifersüchtige Kommentar aus der Küche. Alex schnippelte für einen Salat, rechts den Abfall in den fast vollen Mülleimer, links die zerstückelten Paprika, Gurken etc. Rechts, links, rechts links. Mechanisch arbeitete sie sich durch das Gemüse, während ihre Gedanken bei Rita waren. Sie hatte sie vor Jahren kennen gelernt, eine tatsächlich atemberaubend langbeinige Blondine ohne auch nur ein Gramm Fett zuviel, der bestimmt nicht einmal eine Schwangerschaft figürlich zuschaffen machte. Eben eine dieser sauberen Blondinnen, die immer perfekt frisiert und gutgelaunt herumliefen und denen scheinbar alles gelang. Dagegen fühlte sie sich schon seit ihrer Kinderzeit dicklich und ungepflegt; denn ihre Haare standen ja oft buchstäblich zu Berge. Und sie wusste, dass es Rita gewesen war, die sich von Matthias getrennt hatte, nicht umgekehrt.
Das Messer auf dem Brett wurde energischer und die geschnittenen Stücke gröber, während sie vor sich hinsinnierte. Dass solche Frauen dann auch noch so unkompliziert schwanger werden mussten, gab es denn nichts, was sie nicht einfach einmal eben so nebenbei machten?
Rechts, links, rechts links. In ihren Gedanken hatte Alex nicht gemerkt, dass sie seit geraumer Zeit den Takt verändert hatte. „Och nö, das kann doch nicht wahr sein!“ hörte Matthias aus der Küche und wurde dadurch aus seinen Gedanken geschreckt. Als er Alex erreichte, sass diese auf dem Stuhl in der Küche und starrte in den Mülleimer. „Sag’ mal, wie blöd kann man eigentlich sein“, fragte sie ihren Mann und zeigte auf den Abfall: Alex hatte die Gemüseabfälle in die Marinade getan und das geschnittene Gemüse in den Abfall geworfen. Sie guckte unglücklich, und Matthias lachte los und nahm sie in den Arm. Seine Laune konnte durch den scheinbaren Verlust des Abendessens nicht getrübt werden, das stand fest.
„Ach Schatz, du bist süss! Dass ich erleben darf, dass dir etwas daneben geht; sonst ist immer alles perfekt bei dir.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. Plötzlich musste auch Alex lachen, er hatte gesagt, bei ihr sei immer alles perfekt. „Meinst du das im Ernst? Ich meine, das mit dem perfekt Sein?“
„Na klar, dir gelingt immer alles, ist ja schon beängstigend. Komm, jetzt sorge ich für das Abendessen: Ab zum Italiener! Ich lade dich ein, wie in alten Zeiten.“ Er gab ihr einen weiteren Kuss und holte ihren Mantel. Alex fühlte sich wie im siebten Himmel: Er sah sie als perfekt an! Das hätte sie nie gedacht, sie dachte immer, alles sähe bei anderen so einfach aus, nur bei ihr nicht.
„Echt, sieht das bei mir immer so aus?“
„Was?“
„Naja, so einfach mal nebenbei?“
„Ja klar, was denkst du denn? Komm, wir gehen.“ Kurz darauf sassen beide im Kerzenlicht bei ihrem Lieblingsitaliener, zwei Prosecco zur Begrüssung waren bereits am Eingang von Matthais geordert worden und nun wurde die Karte wie immer studiert. Allerdings nahmen sie dann auch fast immer das gleiche, also wäre es auch ohne Karte gegangen. „Einen grossen Vorspeisenteller, einmal Linguine mit Venusmuscheln…“, Matthias zwinkerte Alex verschwörerisch zu “… und einmal Filetto Firenze, dazu ein grosses Wasser und ein halber Liter trockenen Rotwein“. Er lächelte seiner Frau verliebt zu. So hatten sie lange nicht im Restaurant gesessen. Wie hübsch sie im Kerzenlicht aussah!
„Das sollten wir viel öfter machen, findest du nicht.“
„Stimmt, wir haben uns ganz schön vernachlässigt, ich meine, uns als Paar, oder?“
Statt einer Antwort nahm Matthias die Hand von Alex und drückte sie liebevoll. Und seiner Frau stiegen vor Rührung die Tränen auf, das hatte er lange nicht getan.
„Prosecco…“ unterbrach der Ober vorsichtig. Als Italiener verstand er etwas von der Liebe, und es tat ihm leid, die Stimmung zu stören.
„Prost, meine Traumfrau, auf eine weiteren gemeinsamen Weg…“ Matthias schaute ihr tief in die Augen.
„Prost, mein Schatz, ja auf einen gemeinsamen Weg.“ Die Gläser klangen - zwar nicht wie Kristallgläser – aber doch wie Musik in beider Ohren.
Am Nebentisch nahm ein Pärchen Platz. Anders als Matthias, der Alex noch nach diesen langen Jahren den Stuhl an den Tisch heranschob, setzte sich der Mann ohne seine Begleiterin zu fragen, welchen Stuhl sie bevorzugte, auf den psychologisch angenehmeren Platz: mit dem Rücken zur Wand und dem Blick in den Raum. Seine Partnerin musste sich mit dem Rücken zum Gästeraum setzen. „Was willst denn?“ fragte er, noch ehe sie Zeit hatte, die Karte zu studieren. Alex und Matthias schauten sich in übereinstimmender Weise an, blinzelten und grinsten. Das versprach ein interessanter Abend zu werden. Sie liebten es beide, andere Menschen beobachten.
„Hast du eine Ahnung, wie die Ente hier ist?“ fragte die Frau am Nebentisch ihren Partner vorsichtig.
„Nee, aber ich habe letztens eine im Konsum gegessen, war voll eklig, kann ich dir nicht empfehlen.“
Alex lachte nun in sich hinein. Den kausalen Zusammenhang der Ente im Konsum mit der beim Italiener fand sie zu komisch, doch die Frau am Nebentisch nickte zustimmend.
„Haste Recht, und was ist bei diesen Vorspeisen dabei?“
„Bestimmt so Zeug wie Kraken in Essig und Rindfleisch mit Thunfisch. Kannst du dir vorstellen, wie das schmecken muss. Widerlich, diese Vorstellung.“ Es folgte ein Kommentar über alles, was die italienische Küche zu bieten hatte und was - richtig zubereitet- den Gaumen von Gourmets erfreut: Carpaccio war ja rohes Fleisch und somit sicher nicht zu geniessen, Mozzarella war Büffelkäse und daher konnte man den kaum essen, Scampis wurden als Krabben verächtlich heruntergespielt, weil die bestimmt in Mayonnaise serviert und somit salmonellenverseucht waren. Es erfolgte eine detaillierte Beschreibung einer Salmonellenvergiftung mit allen Symptomen. Dennoch, die Gattung „Pizza“ fand Gnade vor den Augen des Paares, und als der dezent abwartende Ober nach der Bestellung fragte, hatte sich das Paar für Pizza Salami und Pizza Arrabiata entschieden.
„Ist doch immer wieder ein Genuss, italienisch essen zu gehen“, sagte der Mann überzeugt als Mann von Welt.
„Was du alles weisst. Du Kennst ja jedes Gericht“, kommentierte seine – offensichtlich - Freundin und schaute ihn bewundernd an.
„Das wird ein schöner und informativer Abend“, erhob Alex das Glas und prostete ihrem ebenfalls lachenden Ehemann zu.
Folge 87
Kurz darauf servierte der Ober Alex und Matthias den Vorspeisenteller, der alles enthielt, was das Herz des Fans italienischer Küche erwärmt; es reichte von Vitello tonnato, das Alex besonders wegen seines feinen Thunfisch-Geschmackes liebte, über mit Käse überbackene Pilze bis zu Blattspinat mit leichter Knoblauchnote. Und in der Mitte des Tellers prangten Frutti di Mare, wobei die Baby-Calamaris in ihrer Form schön ausgeprägt waren. Das Paar am Nebentisch begann ungeniert zu ihnen hinüberzustarren, oder besser: auf ihren Teller. Beide, Alex und Matthias, griffen herzhaft zu und hielten sich mit einen „Mann, ist der wieder lecker“ oder “Hast du schon das hier probiert“ trotz der offensichtlichen Neugierde des benachbarten Paares nicht zurück. Sie genossen das Essen einfach in ganzen Zügen.
„Die Frutti di Mare iss’ du lieber, ich halte mich da zurück, der Eiweissgehalt soll ja gut sein für Männer…“ sagte Alex scherzhaft.
„Echt? Her damit…. Kann man damit was auffüllen?“ Matthais lachte und schob sich genüsslich einen Scampi zwischen die Zähne, wobei der ihn sichtbar zubiss und sich dann die Lippen leckte. „Hmm… wirkt schon…“ Er schaute seine Frau liebevoll an. Wer weiss, wie der Tag noch enden würde.
„Ja, ich habe einmal gelesen, dass der Eiweissgehalt von Fisch und anderem Meeresgetier die Manneskraft verstärkt. Ist ja auch kein Wunder bei dem Eiweissverlust, den ihr manchmal so hinnehmen müsst…“ Alex hatte die Stimme gesenkt; ihr war nicht verborgen geblieben, dass das Gespräch am Nebentisch wie zuvor bei ihnen weitgehend verstummt war und insbesondere der Mann scheinbar seine Antennen zu ihnen ausgerichtet hatte. Zweimal hatte seine Begleiterin ein erneutes Gespräch angefangen, doch sie hatte beide Male keine Antwort erhalten.
„Ist schon schade, dass das so wenige Männer wissen, die lassen sich ganz schön was entgehen“, grinste Matthias schon etwas lauter. „Was meinst du, warum ich die Linguine mit den Venusmuscheln genommen habe, mein Schatz.“ Er prostete Alex erneut zu und warf ihr einen leichten Kuss zu. Alex fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und erwiderte den Kuss. Sie genoss die leichte Art, wie sie sich über ihren Tischnachbarn lustig machten; diesem Herren wurde nämlich sichtlich wärmer, und ob seiner neuen Erkenntnisse über die italienische Küche nahm er nun schon zum zweiten Male die Karte in die Hand und begann diese unsicher zu studieren.
„Bedienung!“ sagte er dann plötzlich laut, so dass alle nahe sitzenden Besucher des Restaurants förmlich zusammenschraken. Der Ober kam geräuscharm und freundlich an den Tisch.
„Prego, Senor?“
„Ich will doch keine Pizza. Haben Sie nicht was so richtig aus dem Meer?“ fragte der verunsicherte Gast.
„Ma certo. Ich kann Ihnen da einen gegrillten Calamaris empfehlen, mit Röstkartoffeln und Gemüse der Saison.“
„Ist das so Fisch?“
„Nicht ganz, aber aus der Tiefe des Meeres und sehr gesund.“ Er zwinkerte dem Gast verständnisvoll zu, so dass dieser aufatmete.
„Gut, nehme ich. Und das Gemüse hat bestimmt auch Vitamine?“
„Sicher, sehr viel sogar, besonders der gedünstete Chicoree.“ Mit diesen Worten nahm er die Bestellung auf und eilte in die Küche, um die Pizza zu stornieren. Und der Gast lehnte sich weit in seinem Stuhl zurück und schaute seine Freundin begierlich an. Er taxierte sie und schien zu überlegen.
„Siehst super aus heute, mein Sonnchen…“ hob er an. Sie sah ihm verliebt in die Augen und rückte ihre Kleidung zurecht. Das enge Shirt zeigte ihre Rundungen nur zu gut, und ihre Hüfthose liess eine im Sitzen entstehende kleine Speckrolle sichtbar werden.
„Meinst du?“ fragte sie unsicher und hätte beinahe eine Haarsträhne genommen, um sie in den Mund zu nehmen, doch wurde ihr in letzter Sekunde ihre Umgebung bewusst und sie warf die Strähne nach hinten.
„Hehem. Steh’ total auf dich heute.“
„Ach Tobi, du bist süss.“ In diesem Augenblick kam zumindest ihre Pizza, und der Ober entschuldigte sich, dass der Calamaris noch einen Augenblick dauern würde, er wollte aber die Pizza ganz frisch servieren.
Alex und Matthias beobachteten die Szene mit Genuss. Sie hätten sich beinahe die Stühle anders hingestellt, um kinomässig besseren Blick zu haben. Ab und zu sagte der eine oder die andere etwas, um sich den Schein des Gespräches zu geben, doch im Grunde waren sie zu abgelenkt. Und da sie auf den Hauptgang warteten, war das zeitlich auch zu verschmerzen. Am Nebentisch ging das Geplänkel weiter, „Tobi“ sonnte sich weiter in der Bewunderung seines Sonnchen, die eigentlich Sonja hiess, wie dem Gespräch zu entnehmen war. Sonja erzählte herzhaft kauend von ihrem Erlebnis im Nagelstudio. Bei dieser Gelegenheit schaute Alex neidisch erst auf die Finger von Sonja, die makellos gepflegt und mit langen farbigen Nägeln versehen waren, und dann auf ihre eigenen, denen man deutlich ansah, dass sie die Küche selbst sauber hielt.
„Matthias, da würde ich auch gerne einmal hin..“ sagte sie leise und sah ihren Mann auffordernd an. Und es klappte, Matthias erklärte sich sofort bereit, sie dazu einzuladen. Allerdings fügte er schmunzelnd hinzu: „Aber nun mach nicht alles nach, was sie macht, vielleicht erzählt sie gleich noch von ihrem Steiss-Tatoo…“ Doch das war gar nicht nötig, kurz darauf erhob sich Sonja, weil sie – wie sie laut erzählte – sich die Nase pudern wollte. Dabei lachte sie und fügte hinzu, sie müsse sich ein Stück Salami aus den Zähnen puhlen, Tobi müsse sie entschuldigen. Und als sie sich abwandte, hielt sie Matthias ein Elchgeweih fast direkt vor die Nase. Somit war auch dieser Punkt geklärt. Alex konnte sich das Lachen nicht mehr verkneifen und nahm schnell ihre Serviette, um einen Hustenanfall vorzutäuschen.
„Soll ich dir auf den Rücken hauen, Liebes“, fragte Matthias ironisch. Auch er musste lachen, so reine Klischees fanden sich nur selten am Nebentisch.
Sonja war auf dem Örtchen, als der Ober endlich den Calamaris brachte. Tobi schaute auf den Teller, auf dem sich ein fangarmloser Tintenfisch von etwa 15 cm Länge befand, leicht angeröstet und gesalzen. Auf einem separaten Teller lagen Röstkartoffeln und verschiedene gedünstete Gemüse.
„Was ist das denn?“ fragte Tobi angeekelt. Der Ober erläuterte ungerührt, dass dies der bestellte Calamaris sei, somit höchst eiweissreicher Tintenfisch. „Nee, nee, mein Guter, das können Sie gleich wieder mitnehmen, ich hatte Fisch bestellt. Ist ja ekelhaft… so was esse ich nicht. Fisch, comprende????“ Der Ober holte einmal tief Luft und zeigte dann südländische Gelassenheit; er wusste, dass Argumentieren an dieser Stelle ergebnislos bleiben würde. Mit einer grossen Geste und einem würdevollen Gesichtsausdruck nahm er servil den Teller und ging erneut hinaus.
„Ach Tobi, immer noch kein Essen?“ fragte Sonja, als sie zurückkam. Sie zeigte Tobi zur Kontrolle kurz ihre weissen Zähne.
„Du, der Ober wollte mich reinlegen, aber nicht mit mir…“ Er erläutete in schillernden Farben, er den Ober zur Rede gestellt hatte. Und dass er gleich seinen Fisch bekommen würde. Nur wenige Minuten später kam der Ober zurück und stellte ebenso ungerührt einen Teller mit fünf etwa 12 cm langen Fischschnitten vor Tobi.
„Siehste, es geht doch, man muss nur hartnäckig genug sein… “triumphierte dieser und begann zu essen. „Hmmm…, so muss Fisch schmecken“!, murmelte er vor sich hin.
Alex konnte es kaum fassen, und sie raunte Matthias zu: “Das glaub ich nicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, es sind Fischstäbchen ohne Panade.“ Sie gluckste vor sich hin, und dabei fing zufällig der Ober einen ihrer Blicke. Und dieser schloss für einen Bruchteil der Sekunde sein linkes Auge und stand dann wieder unbeweglich und ungerührt am Rande des Geschehens. Alex nutzte erneut die Serviette zur Ablenkung und keuchte nur: „Schatz, lass uns das Essen einpacken lassen, wir essen zuhause weiter, ich kann nicht mehr.“
Matthias hatte seine Frau nun schon geraume Zeit beobachtet, und jetzt ging ihm ein Licht auf: „Sage mal, Alex, du bist so gut drauf, bist du geschlechtsreif?“
Alex schaute ihn eine Sekunde stumm an, ehe sie begriff, was er meinte, beugte sich vor und sagte unter grössten Schwierigkeiten: Ich bin seit mehr als 25 Jahren geschlechtsreif, mein Schatz…. Ich muss hier raus, sonst platze ich“. Und mit diesen Worten schnappte sie sich ihren Mantel und ihre Tasche und stürmte ins Freie, wo man nur noch ein lautes Lachen hörte.
Kurz darauf servierte der Ober Alex und Matthias den Vorspeisenteller, der alles enthielt, was das Herz des Fans italienischer Küche erwärmt; es reichte von Vitello tonnato, das Alex besonders wegen seines feinen Thunfisch-Geschmackes liebte, über mit Käse überbackene Pilze bis zu Blattspinat mit leichter Knoblauchnote. Und in der Mitte des Tellers prangten Frutti di Mare, wobei die Baby-Calamaris in ihrer Form schön ausgeprägt waren. Das Paar am Nebentisch begann ungeniert zu ihnen hinüberzustarren, oder besser: auf ihren Teller. Beide, Alex und Matthias, griffen herzhaft zu und hielten sich mit einen „Mann, ist der wieder lecker“ oder “Hast du schon das hier probiert“ trotz der offensichtlichen Neugierde des benachbarten Paares nicht zurück. Sie genossen das Essen einfach in ganzen Zügen.
„Die Frutti di Mare iss’ du lieber, ich halte mich da zurück, der Eiweissgehalt soll ja gut sein für Männer…“ sagte Alex scherzhaft.
„Echt? Her damit…. Kann man damit was auffüllen?“ Matthais lachte und schob sich genüsslich einen Scampi zwischen die Zähne, wobei der ihn sichtbar zubiss und sich dann die Lippen leckte. „Hmm… wirkt schon…“ Er schaute seine Frau liebevoll an. Wer weiss, wie der Tag noch enden würde.
„Ja, ich habe einmal gelesen, dass der Eiweissgehalt von Fisch und anderem Meeresgetier die Manneskraft verstärkt. Ist ja auch kein Wunder bei dem Eiweissverlust, den ihr manchmal so hinnehmen müsst…“ Alex hatte die Stimme gesenkt; ihr war nicht verborgen geblieben, dass das Gespräch am Nebentisch wie zuvor bei ihnen weitgehend verstummt war und insbesondere der Mann scheinbar seine Antennen zu ihnen ausgerichtet hatte. Zweimal hatte seine Begleiterin ein erneutes Gespräch angefangen, doch sie hatte beide Male keine Antwort erhalten.
„Ist schon schade, dass das so wenige Männer wissen, die lassen sich ganz schön was entgehen“, grinste Matthias schon etwas lauter. „Was meinst du, warum ich die Linguine mit den Venusmuscheln genommen habe, mein Schatz.“ Er prostete Alex erneut zu und warf ihr einen leichten Kuss zu. Alex fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und erwiderte den Kuss. Sie genoss die leichte Art, wie sie sich über ihren Tischnachbarn lustig machten; diesem Herren wurde nämlich sichtlich wärmer, und ob seiner neuen Erkenntnisse über die italienische Küche nahm er nun schon zum zweiten Male die Karte in die Hand und begann diese unsicher zu studieren.
„Bedienung!“ sagte er dann plötzlich laut, so dass alle nahe sitzenden Besucher des Restaurants förmlich zusammenschraken. Der Ober kam geräuscharm und freundlich an den Tisch.
„Prego, Senor?“
„Ich will doch keine Pizza. Haben Sie nicht was so richtig aus dem Meer?“ fragte der verunsicherte Gast.
„Ma certo. Ich kann Ihnen da einen gegrillten Calamaris empfehlen, mit Röstkartoffeln und Gemüse der Saison.“
„Ist das so Fisch?“
„Nicht ganz, aber aus der Tiefe des Meeres und sehr gesund.“ Er zwinkerte dem Gast verständnisvoll zu, so dass dieser aufatmete.
„Gut, nehme ich. Und das Gemüse hat bestimmt auch Vitamine?“
„Sicher, sehr viel sogar, besonders der gedünstete Chicoree.“ Mit diesen Worten nahm er die Bestellung auf und eilte in die Küche, um die Pizza zu stornieren. Und der Gast lehnte sich weit in seinem Stuhl zurück und schaute seine Freundin begierlich an. Er taxierte sie und schien zu überlegen.
„Siehst super aus heute, mein Sonnchen…“ hob er an. Sie sah ihm verliebt in die Augen und rückte ihre Kleidung zurecht. Das enge Shirt zeigte ihre Rundungen nur zu gut, und ihre Hüfthose liess eine im Sitzen entstehende kleine Speckrolle sichtbar werden.
„Meinst du?“ fragte sie unsicher und hätte beinahe eine Haarsträhne genommen, um sie in den Mund zu nehmen, doch wurde ihr in letzter Sekunde ihre Umgebung bewusst und sie warf die Strähne nach hinten.
„Hehem. Steh’ total auf dich heute.“
„Ach Tobi, du bist süss.“ In diesem Augenblick kam zumindest ihre Pizza, und der Ober entschuldigte sich, dass der Calamaris noch einen Augenblick dauern würde, er wollte aber die Pizza ganz frisch servieren.
Alex und Matthias beobachteten die Szene mit Genuss. Sie hätten sich beinahe die Stühle anders hingestellt, um kinomässig besseren Blick zu haben. Ab und zu sagte der eine oder die andere etwas, um sich den Schein des Gespräches zu geben, doch im Grunde waren sie zu abgelenkt. Und da sie auf den Hauptgang warteten, war das zeitlich auch zu verschmerzen. Am Nebentisch ging das Geplänkel weiter, „Tobi“ sonnte sich weiter in der Bewunderung seines Sonnchen, die eigentlich Sonja hiess, wie dem Gespräch zu entnehmen war. Sonja erzählte herzhaft kauend von ihrem Erlebnis im Nagelstudio. Bei dieser Gelegenheit schaute Alex neidisch erst auf die Finger von Sonja, die makellos gepflegt und mit langen farbigen Nägeln versehen waren, und dann auf ihre eigenen, denen man deutlich ansah, dass sie die Küche selbst sauber hielt.
„Matthias, da würde ich auch gerne einmal hin..“ sagte sie leise und sah ihren Mann auffordernd an. Und es klappte, Matthias erklärte sich sofort bereit, sie dazu einzuladen. Allerdings fügte er schmunzelnd hinzu: „Aber nun mach nicht alles nach, was sie macht, vielleicht erzählt sie gleich noch von ihrem Steiss-Tatoo…“ Doch das war gar nicht nötig, kurz darauf erhob sich Sonja, weil sie – wie sie laut erzählte – sich die Nase pudern wollte. Dabei lachte sie und fügte hinzu, sie müsse sich ein Stück Salami aus den Zähnen puhlen, Tobi müsse sie entschuldigen. Und als sie sich abwandte, hielt sie Matthias ein Elchgeweih fast direkt vor die Nase. Somit war auch dieser Punkt geklärt. Alex konnte sich das Lachen nicht mehr verkneifen und nahm schnell ihre Serviette, um einen Hustenanfall vorzutäuschen.
„Soll ich dir auf den Rücken hauen, Liebes“, fragte Matthias ironisch. Auch er musste lachen, so reine Klischees fanden sich nur selten am Nebentisch.
Sonja war auf dem Örtchen, als der Ober endlich den Calamaris brachte. Tobi schaute auf den Teller, auf dem sich ein fangarmloser Tintenfisch von etwa 15 cm Länge befand, leicht angeröstet und gesalzen. Auf einem separaten Teller lagen Röstkartoffeln und verschiedene gedünstete Gemüse.
„Was ist das denn?“ fragte Tobi angeekelt. Der Ober erläuterte ungerührt, dass dies der bestellte Calamaris sei, somit höchst eiweissreicher Tintenfisch. „Nee, nee, mein Guter, das können Sie gleich wieder mitnehmen, ich hatte Fisch bestellt. Ist ja ekelhaft… so was esse ich nicht. Fisch, comprende????“ Der Ober holte einmal tief Luft und zeigte dann südländische Gelassenheit; er wusste, dass Argumentieren an dieser Stelle ergebnislos bleiben würde. Mit einer grossen Geste und einem würdevollen Gesichtsausdruck nahm er servil den Teller und ging erneut hinaus.
„Ach Tobi, immer noch kein Essen?“ fragte Sonja, als sie zurückkam. Sie zeigte Tobi zur Kontrolle kurz ihre weissen Zähne.
„Du, der Ober wollte mich reinlegen, aber nicht mit mir…“ Er erläutete in schillernden Farben, er den Ober zur Rede gestellt hatte. Und dass er gleich seinen Fisch bekommen würde. Nur wenige Minuten später kam der Ober zurück und stellte ebenso ungerührt einen Teller mit fünf etwa 12 cm langen Fischschnitten vor Tobi.
„Siehste, es geht doch, man muss nur hartnäckig genug sein… “triumphierte dieser und begann zu essen. „Hmmm…, so muss Fisch schmecken“!, murmelte er vor sich hin.
Alex konnte es kaum fassen, und sie raunte Matthias zu: “Das glaub ich nicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, es sind Fischstäbchen ohne Panade.“ Sie gluckste vor sich hin, und dabei fing zufällig der Ober einen ihrer Blicke. Und dieser schloss für einen Bruchteil der Sekunde sein linkes Auge und stand dann wieder unbeweglich und ungerührt am Rande des Geschehens. Alex nutzte erneut die Serviette zur Ablenkung und keuchte nur: „Schatz, lass uns das Essen einpacken lassen, wir essen zuhause weiter, ich kann nicht mehr.“
Matthias hatte seine Frau nun schon geraume Zeit beobachtet, und jetzt ging ihm ein Licht auf: „Sage mal, Alex, du bist so gut drauf, bist du geschlechtsreif?“
Alex schaute ihn eine Sekunde stumm an, ehe sie begriff, was er meinte, beugte sich vor und sagte unter grössten Schwierigkeiten: Ich bin seit mehr als 25 Jahren geschlechtsreif, mein Schatz…. Ich muss hier raus, sonst platze ich“. Und mit diesen Worten schnappte sie sich ihren Mantel und ihre Tasche und stürmte ins Freie, wo man nur noch ein lautes Lachen hörte.
Folge 88
Dass der Abend für beide ein wunderbar entspanntes Ende hatte, war vorherzusehen. Nachdem sie in Ruhe und ohne neugierige Blicke das mitgenommene italienische Essen – zwar erwärmt aber immer noch sehr lecker – genossen hatten, zog sich Alex für einen kurzen Augenblick zu Klothilde zurück und prüfte den Muttermund. Und hier fand sie bestätigt, was Matthias so schön auf den Punkt gebracht hatte: Ihre monatliche Geschlechtsreife kündigte sich an.
„Also, mein Schatz, wenn ich meine Goldene Pforte schon einmal soweit geöffnet habe…“ mit diesen Worten und mit einem zufriedenen Zwinkern biss sie ihrem Mann zärtlich ins Ohrläppchen und nahm ihn mit ins Schlafzimmer.
Beide genossen den Abend und ihre Gemeinsamkeit. Und bevor Matthias schlaftrunken in Morpheus Armen sank, sagte er noch: „Ehe ich es vergesse, wir müssen noch ein Geburtstagsgeschenk für Jürgen kaufen. Das machst du doch morgen, oder? Feier ist Samstag…“ Alex nahm dies wie üblich zur Kenntnis: Sie hatte fast immer die Führungsaufgabe, für Geschenke kurzfristiger Art zu sorgen, weil ihr Mann dazu ja nie Zeit hatte – oder finden wollte. Also folgte nur ein bestätigendes Grunzen und beide schliefen.
Drei Tage später fand sich das Paar unter lauter Freunden und Bekannten wieder, die den Jubeltag von Jürgen gebührend begossen. Typischerweise rotteten sich die Männer an einer Ecke und die Frauen an einer anderen Ecke des Raumes zusammen, wobei sich ab und zu beide Geschlechter munter an den Tischen mischten, um sich dann wieder ordentlich zu sortieren. Es war ein lustiges Treiben, und über den Raum hinweg prosteten sich Matthias- mit einer Flasche Bier in der Hand – und Alex mit einem Glas Sekt in Einhelligkeit zu.
Nach und nach stieg der Alkoholpegel der Gäste, und es war allen bekannt, dass Bernd, ein alter Freund des Gastherren, unter dem Einfluss von Alkohol wegen seiner lauten Stimme ein Fall für jeden Lärmschutzbeauftragten wurde. Bernd dominierte alles um ihn herum, und je lauter die Stimme, je höher der Alkoholgehalt seines Blutes, desto geringer die Schamgrenze seiner Wortwahl. Und - wie immer, wenn er da war – platzte irgendwann die Bombe, durch den ganzen Raum schallte es: „Das ist doch zum Kotzen, ich krieg’ meine Alte nicht fett!“ Alex verstand den Satz zunächst gar nicht, da sie „seine Alte“, also seine angetraute Ehefrau Monika, nicht gerade für super schlank hielt, und sie auch nie gedacht hätte, dass Bernd auf dicke Frauen stand, bis die weitere Erläuterungen des Betrunkenen hier Abhilfe schaffte: „Wir treiben es auf jede Weise, aber es klappt nicht.“ Es folgten deutliche Bewegungen von Hand und Unterarm, die sich bis zur Schulter hinauf fortführten. Und es folgten auch wortgewaltige Beschreibungen, was man alles tat, um fett zu werden.
Aber wozu waren Freunde da, aus der Reihe der umstehenden Männer kam weiterer Rat: „Dann musst du sie mal richtig von hinten übers Parkett, bis die Knie bluten…“ lautete die Anweisung. An dieser Stelle mischte sich eine bekennend kinderwunschlose Anwesende ein: „Naja, und dann an den Beinen aufhängen, damit… na ja, ihr wisst schon.“
Gut, das war also geklärt, aber Bernd war trotz dieser fundamentalen neuen Erkenntnisse noch nicht zufrieden. „Quatsch, ich habe ja schon alles versucht.“ Seine Frau grinste bierselig und ein wenig dümmlich zu diesem Thema. „Ich habe ja schon einmal die Champions League erreicht, aber nun will es nicht klappen. Das liegt bestimmt an diesen Sch… Zigaretten, da steht ja drauf, dass die impotent machen. Und da habe ich extra aufgehört, und nun geht gar nichts mehr. Am besten, ich fange wieder an…“ Bernd sinnierte vor sich hin, und dabei fiel sein Blick auf eine der Umstehenden, die er focussierte.
Er trat auf sie zu und schlug ihr auf die Schulter: „Na, Karin, und du? Willst du nicht auch endlich Kinder?“ Nun hatte Karin noch bis ein Jahr zuvor einen Gatten gehabt, der in ähnlicher Weise unsensibel gesagt hatte, Kinderzeugen könnte ja wohl jeder, und der jedem seinen Rat und seine Tat in der Hinsicht angeboten hatte, doch dieser war spürbar ruhiger geworden. Karin öffnete den Mund und stammelte etwas von „Zur Zeit nicht“ und versuchte, sich dem Eindringen in ihre Intimsphäre zu entziehen. Und sogar eine ihrer Freundinnen, die wusste, dass Karin seit mehr als zwei Jahren jeden Monat eine herbe Enttäuschung mit der Mens erlebte, sprang hier hilfreich zur Seite: „Quatsch, Bernd, Karin ist doch noch jung…“
Bernd schaute Karin ganz dicht ins Gesicht und polterte los: „Die und jung? Die alte Schnepfe? Die muss sich beeilen, sonst ist der Zug abgefahren…“ Karin war immerhin 32 und somit ein Jahr jünger als Monika.
„Ich kann das Grossmaul nicht ab, das sollte man ihm mal stopfen“, raunte ihr da Matthias ins Ohr und bot ihr ein frisches Glas Sekt an. „Ich bin bloss froh, dass wir den nicht öfter ertragen müssen, wie dumm kann ein Mensch denn sein, dass er sich so aufführt?“ Er schüttelte den Kopf.
„Männer können doch ekelhaft sein, oder?“ fragte Alex. Und Matthias antwortete mit einem verschmitztem Lächeln: „Naja, seine Alte hat sich ja auch nicht gerade als hochgeistig dabei erweisen; ich vermute mal, du hättest mir zwischen die Beine getreten, wenn ich dich so blossgestellt hätte, aber sie hat nur blöd gegrinst.“
„Und ich bin mit dir zusammen, weil ich weiss, dass du mich nie so behandeln würdest.“ Und mit diesen Worten nahmen sie Glas und Bierflasche, prosteten sich in trauter Übereinstimmung zu, stellten die Getränke ab und nahmen still und leise ihre Jacken. Zuhause war es doch schöner, und einen Samstagabend musste man sich ja nicht durch Primitivität vermiesen lassen. Selbst von draussen hörten sie Bernd, wie er weiter seine Eheprobleme und seine mögliche Abhilfe diskutierte. Alex schmiegte sich nur noch enger an ihren Mann: Mochten sie auch noch so viele Probleme haben, die übereinstimmende Bewertung dieses Vorfalles hatte ihr doch klar gemacht, dass sie in vielem einen Gleichklang der Gedanken hatten, und das beruhigte sie sehr.
Dass der Abend für beide ein wunderbar entspanntes Ende hatte, war vorherzusehen. Nachdem sie in Ruhe und ohne neugierige Blicke das mitgenommene italienische Essen – zwar erwärmt aber immer noch sehr lecker – genossen hatten, zog sich Alex für einen kurzen Augenblick zu Klothilde zurück und prüfte den Muttermund. Und hier fand sie bestätigt, was Matthias so schön auf den Punkt gebracht hatte: Ihre monatliche Geschlechtsreife kündigte sich an.
„Also, mein Schatz, wenn ich meine Goldene Pforte schon einmal soweit geöffnet habe…“ mit diesen Worten und mit einem zufriedenen Zwinkern biss sie ihrem Mann zärtlich ins Ohrläppchen und nahm ihn mit ins Schlafzimmer.
Beide genossen den Abend und ihre Gemeinsamkeit. Und bevor Matthias schlaftrunken in Morpheus Armen sank, sagte er noch: „Ehe ich es vergesse, wir müssen noch ein Geburtstagsgeschenk für Jürgen kaufen. Das machst du doch morgen, oder? Feier ist Samstag…“ Alex nahm dies wie üblich zur Kenntnis: Sie hatte fast immer die Führungsaufgabe, für Geschenke kurzfristiger Art zu sorgen, weil ihr Mann dazu ja nie Zeit hatte – oder finden wollte. Also folgte nur ein bestätigendes Grunzen und beide schliefen.
Drei Tage später fand sich das Paar unter lauter Freunden und Bekannten wieder, die den Jubeltag von Jürgen gebührend begossen. Typischerweise rotteten sich die Männer an einer Ecke und die Frauen an einer anderen Ecke des Raumes zusammen, wobei sich ab und zu beide Geschlechter munter an den Tischen mischten, um sich dann wieder ordentlich zu sortieren. Es war ein lustiges Treiben, und über den Raum hinweg prosteten sich Matthias- mit einer Flasche Bier in der Hand – und Alex mit einem Glas Sekt in Einhelligkeit zu.
Nach und nach stieg der Alkoholpegel der Gäste, und es war allen bekannt, dass Bernd, ein alter Freund des Gastherren, unter dem Einfluss von Alkohol wegen seiner lauten Stimme ein Fall für jeden Lärmschutzbeauftragten wurde. Bernd dominierte alles um ihn herum, und je lauter die Stimme, je höher der Alkoholgehalt seines Blutes, desto geringer die Schamgrenze seiner Wortwahl. Und - wie immer, wenn er da war – platzte irgendwann die Bombe, durch den ganzen Raum schallte es: „Das ist doch zum Kotzen, ich krieg’ meine Alte nicht fett!“ Alex verstand den Satz zunächst gar nicht, da sie „seine Alte“, also seine angetraute Ehefrau Monika, nicht gerade für super schlank hielt, und sie auch nie gedacht hätte, dass Bernd auf dicke Frauen stand, bis die weitere Erläuterungen des Betrunkenen hier Abhilfe schaffte: „Wir treiben es auf jede Weise, aber es klappt nicht.“ Es folgten deutliche Bewegungen von Hand und Unterarm, die sich bis zur Schulter hinauf fortführten. Und es folgten auch wortgewaltige Beschreibungen, was man alles tat, um fett zu werden.
Aber wozu waren Freunde da, aus der Reihe der umstehenden Männer kam weiterer Rat: „Dann musst du sie mal richtig von hinten übers Parkett, bis die Knie bluten…“ lautete die Anweisung. An dieser Stelle mischte sich eine bekennend kinderwunschlose Anwesende ein: „Naja, und dann an den Beinen aufhängen, damit… na ja, ihr wisst schon.“
Gut, das war also geklärt, aber Bernd war trotz dieser fundamentalen neuen Erkenntnisse noch nicht zufrieden. „Quatsch, ich habe ja schon alles versucht.“ Seine Frau grinste bierselig und ein wenig dümmlich zu diesem Thema. „Ich habe ja schon einmal die Champions League erreicht, aber nun will es nicht klappen. Das liegt bestimmt an diesen Sch… Zigaretten, da steht ja drauf, dass die impotent machen. Und da habe ich extra aufgehört, und nun geht gar nichts mehr. Am besten, ich fange wieder an…“ Bernd sinnierte vor sich hin, und dabei fiel sein Blick auf eine der Umstehenden, die er focussierte.
Er trat auf sie zu und schlug ihr auf die Schulter: „Na, Karin, und du? Willst du nicht auch endlich Kinder?“ Nun hatte Karin noch bis ein Jahr zuvor einen Gatten gehabt, der in ähnlicher Weise unsensibel gesagt hatte, Kinderzeugen könnte ja wohl jeder, und der jedem seinen Rat und seine Tat in der Hinsicht angeboten hatte, doch dieser war spürbar ruhiger geworden. Karin öffnete den Mund und stammelte etwas von „Zur Zeit nicht“ und versuchte, sich dem Eindringen in ihre Intimsphäre zu entziehen. Und sogar eine ihrer Freundinnen, die wusste, dass Karin seit mehr als zwei Jahren jeden Monat eine herbe Enttäuschung mit der Mens erlebte, sprang hier hilfreich zur Seite: „Quatsch, Bernd, Karin ist doch noch jung…“
Bernd schaute Karin ganz dicht ins Gesicht und polterte los: „Die und jung? Die alte Schnepfe? Die muss sich beeilen, sonst ist der Zug abgefahren…“ Karin war immerhin 32 und somit ein Jahr jünger als Monika.
„Ich kann das Grossmaul nicht ab, das sollte man ihm mal stopfen“, raunte ihr da Matthias ins Ohr und bot ihr ein frisches Glas Sekt an. „Ich bin bloss froh, dass wir den nicht öfter ertragen müssen, wie dumm kann ein Mensch denn sein, dass er sich so aufführt?“ Er schüttelte den Kopf.
„Männer können doch ekelhaft sein, oder?“ fragte Alex. Und Matthias antwortete mit einem verschmitztem Lächeln: „Naja, seine Alte hat sich ja auch nicht gerade als hochgeistig dabei erweisen; ich vermute mal, du hättest mir zwischen die Beine getreten, wenn ich dich so blossgestellt hätte, aber sie hat nur blöd gegrinst.“
„Und ich bin mit dir zusammen, weil ich weiss, dass du mich nie so behandeln würdest.“ Und mit diesen Worten nahmen sie Glas und Bierflasche, prosteten sich in trauter Übereinstimmung zu, stellten die Getränke ab und nahmen still und leise ihre Jacken. Zuhause war es doch schöner, und einen Samstagabend musste man sich ja nicht durch Primitivität vermiesen lassen. Selbst von draussen hörten sie Bernd, wie er weiter seine Eheprobleme und seine mögliche Abhilfe diskutierte. Alex schmiegte sich nur noch enger an ihren Mann: Mochten sie auch noch so viele Probleme haben, die übereinstimmende Bewertung dieses Vorfalles hatte ihr doch klar gemacht, dass sie in vielem einen Gleichklang der Gedanken hatten, und das beruhigte sie sehr.
Folge 89
Ihre vor-ovulatorische Hormonhochlage bestimmte den Abend weiter: Alex ass das eingepackte Essen gemütlich bei Kerzenlicht im eigenen Heim, im Hintergrund spielte erneut Kuschelrock und beide Partner schauten sich verliebt an. Es hatte den Anschein, als würde der Kinderwunsch sie nun doch endlich näher zueinander bringen. In Gedanken versunken begann Alex dann zu rechnen.
„Sag’ mal, Schatz, wann gehst du zum Spermiogramm?“
„In knappen sechs Wochen…“ Matthias ass weiter, sichtlich beruhigt, dass er seiner Frau etwas vorzuweisen hatte.
„Das geht nicht…“ kam dann plötzlich von seiner Angebeteten. Ihm blieb fast der Bissen im Munde stecken.
„Wieso das denn nicht?“
„Weil, wenn sich mein Eisprung auch nur minimal verschiebt, genau dann das Ei springt, wenn du nicht darfst, um 5 Tage deine Männlichkeit zu sammeln für das grosse Event.“
Matthias schaute sie verständnislos an.
„Mensch, du darfst 5 Tage vorher keinen Sex haben, und die Schwimmer brauche ich nun mal für mein Ei. Und wenn du nicht kannst, dann ist der ganze Zyklus verschenkt. Kannst du dir vorstellen, wie das wäre? Vier weitere Wochen warten, ohne Hoffnung?“ Alex schaute ihren Mann bittend an.
„Okay, dann verschiebe ich den Termin eben,“ sagte er grossmütig. „Vielleicht haben die ja eine Woche später noch eine freie Stunde für mich…“
„Geht es nicht vorher, so in drei Wochen? Da habe ich eh’ noch meine Tage, da läuft doch gar nichts…“ warf Alex ein.
„Nee, alles dicht, die haben mich jetzt schon zwischengeschoben, ich musste es schon dringend machen.“ Nicht, dass Matthias schwindeln wollte, er hatte wirklich das Gefühl, dass er gegen Mauern angelaufen war, um den Termin zu ergattern; dass diese Widerstände nur in ihm begründet lagen, nahm er gar nicht mehr wahr.
„Ach menno, aber immerhin. Und ich mache in der Zeit das Monitoring…“ sinnierte Alex vor sich hin. Matthias verstand zwar nicht, wovon sie sprach, aber er nickte begeistert und unterstützend.
Der Abend verlief wie die Hormone es in der Evolution so eindrucksvoll manifestiert hatten. Doch so um 3 Uhr morgens wachte Alex auf, da sich das Wasser des Abendessens bemerkbar machte. Hin- und hergerissen, ob sie nun gehen sollte oder noch ausharren konnte, lag sie wach. Der Persona würde erst in 2 Stunden einen Test fordern oder überhaupt zulassen, und diese Tests sollten ja nicht älter als 15 Minuten sein, wenn man sie verwendetet. Würde aber der Urin ab 3 Uhr ausreichen, um das Eisymbol auszulösen? Sie konnte es wohl kaum darauf ankommen lassen, das zu verpassen, denn wer weiss, was der Persona am nächsten Tag zeigen würde, und nachher würde sie eisymbollos den Zyklus verbringen?
Doch Alex war ja eine erfahrene Testerin, im Bad angekommen, angelte sie eines dieser schmucklosen Schnapsgläser heraus, das nun schon seit langem für das kostbare Nass der Testung benutzt wurde. Das wurde gefüllt und dann versteckt hinter der Badezimmerdeko auf dem Fensterbrett deponiert, dort, wo sich auch die zusätzlichen Toilettenpapierrollen befanden. Doch die am Halter war noch voll, so dass keine Gefahr drohte. Alex kroch befriedigt über ihre Schläue ins Bett zurück.
Die ersten Strahlen weckten Matthias, der liebevoll seine Frau neben sich betrachtete. Sie hatte ja Recht, ein Kind von ihr würde sein Leben krönen. Eine Welle von Zärtlichkeit überkam ihn, und er fühlte sich ein wenig schuldig, dass er ihr diesen Wunsch noch nicht hatte erfüllen können. Auch wenn er sich sicher war, dass es nicht an ihm lag – nein, er schob die Schuld nicht seiner Frau zu, nur war sie eben als Frau ja auch nicht ganz jung und wer weiss schon, was dann im weiblichen Körper passiert, und schliesslich war es ja auch gar keine Frage von Schuld – so wollte er doch alles, oder fast alles, tun, um ein Kind zu haben. „So einen Max…“ Der Kleine hatte ihn innerlich voll im Griff.
Mit zerzaustem Haar wankte Matthias ins Badezimmer, und entgegen seiner Gewohnheit, sich hinzusetzen, blickte er sich prüfend um, ob Alex wach war und ihn ertappen konnte, und tat dann im Stehen das, was Frauen so hassen. Und da er sich aus dieser aufrechten Haltung hätte bücken müssen, um an das Papier zu kommen, angelte er hinter die Deko, um eine neue Rolle zu öffnen: Das konnte er nämlich, ohne seine Haltung zu verlieren. Dass er dabei versehentlich mit dem Papier an das Schnapsglas stiess, das dadurch umgestossen und dessen Inhalt nach Zurückstellen der Rolle genau dorthin kam, wo es eigentlich hingehörte, nämlich ins Papier, merkte er gar nicht. Und dann schlappte er, nachdem er sich ordnungsgemäss die Hände gewaschen hatte, in die Küche, um seiner Liebsten einen Kaffee aufzusetzen.
Ihre vor-ovulatorische Hormonhochlage bestimmte den Abend weiter: Alex ass das eingepackte Essen gemütlich bei Kerzenlicht im eigenen Heim, im Hintergrund spielte erneut Kuschelrock und beide Partner schauten sich verliebt an. Es hatte den Anschein, als würde der Kinderwunsch sie nun doch endlich näher zueinander bringen. In Gedanken versunken begann Alex dann zu rechnen.
„Sag’ mal, Schatz, wann gehst du zum Spermiogramm?“
„In knappen sechs Wochen…“ Matthias ass weiter, sichtlich beruhigt, dass er seiner Frau etwas vorzuweisen hatte.
„Das geht nicht…“ kam dann plötzlich von seiner Angebeteten. Ihm blieb fast der Bissen im Munde stecken.
„Wieso das denn nicht?“
„Weil, wenn sich mein Eisprung auch nur minimal verschiebt, genau dann das Ei springt, wenn du nicht darfst, um 5 Tage deine Männlichkeit zu sammeln für das grosse Event.“
Matthias schaute sie verständnislos an.
„Mensch, du darfst 5 Tage vorher keinen Sex haben, und die Schwimmer brauche ich nun mal für mein Ei. Und wenn du nicht kannst, dann ist der ganze Zyklus verschenkt. Kannst du dir vorstellen, wie das wäre? Vier weitere Wochen warten, ohne Hoffnung?“ Alex schaute ihren Mann bittend an.
„Okay, dann verschiebe ich den Termin eben,“ sagte er grossmütig. „Vielleicht haben die ja eine Woche später noch eine freie Stunde für mich…“
„Geht es nicht vorher, so in drei Wochen? Da habe ich eh’ noch meine Tage, da läuft doch gar nichts…“ warf Alex ein.
„Nee, alles dicht, die haben mich jetzt schon zwischengeschoben, ich musste es schon dringend machen.“ Nicht, dass Matthias schwindeln wollte, er hatte wirklich das Gefühl, dass er gegen Mauern angelaufen war, um den Termin zu ergattern; dass diese Widerstände nur in ihm begründet lagen, nahm er gar nicht mehr wahr.
„Ach menno, aber immerhin. Und ich mache in der Zeit das Monitoring…“ sinnierte Alex vor sich hin. Matthias verstand zwar nicht, wovon sie sprach, aber er nickte begeistert und unterstützend.
Der Abend verlief wie die Hormone es in der Evolution so eindrucksvoll manifestiert hatten. Doch so um 3 Uhr morgens wachte Alex auf, da sich das Wasser des Abendessens bemerkbar machte. Hin- und hergerissen, ob sie nun gehen sollte oder noch ausharren konnte, lag sie wach. Der Persona würde erst in 2 Stunden einen Test fordern oder überhaupt zulassen, und diese Tests sollten ja nicht älter als 15 Minuten sein, wenn man sie verwendetet. Würde aber der Urin ab 3 Uhr ausreichen, um das Eisymbol auszulösen? Sie konnte es wohl kaum darauf ankommen lassen, das zu verpassen, denn wer weiss, was der Persona am nächsten Tag zeigen würde, und nachher würde sie eisymbollos den Zyklus verbringen?
Doch Alex war ja eine erfahrene Testerin, im Bad angekommen, angelte sie eines dieser schmucklosen Schnapsgläser heraus, das nun schon seit langem für das kostbare Nass der Testung benutzt wurde. Das wurde gefüllt und dann versteckt hinter der Badezimmerdeko auf dem Fensterbrett deponiert, dort, wo sich auch die zusätzlichen Toilettenpapierrollen befanden. Doch die am Halter war noch voll, so dass keine Gefahr drohte. Alex kroch befriedigt über ihre Schläue ins Bett zurück.
Die ersten Strahlen weckten Matthias, der liebevoll seine Frau neben sich betrachtete. Sie hatte ja Recht, ein Kind von ihr würde sein Leben krönen. Eine Welle von Zärtlichkeit überkam ihn, und er fühlte sich ein wenig schuldig, dass er ihr diesen Wunsch noch nicht hatte erfüllen können. Auch wenn er sich sicher war, dass es nicht an ihm lag – nein, er schob die Schuld nicht seiner Frau zu, nur war sie eben als Frau ja auch nicht ganz jung und wer weiss schon, was dann im weiblichen Körper passiert, und schliesslich war es ja auch gar keine Frage von Schuld – so wollte er doch alles, oder fast alles, tun, um ein Kind zu haben. „So einen Max…“ Der Kleine hatte ihn innerlich voll im Griff.
Mit zerzaustem Haar wankte Matthias ins Badezimmer, und entgegen seiner Gewohnheit, sich hinzusetzen, blickte er sich prüfend um, ob Alex wach war und ihn ertappen konnte, und tat dann im Stehen das, was Frauen so hassen. Und da er sich aus dieser aufrechten Haltung hätte bücken müssen, um an das Papier zu kommen, angelte er hinter die Deko, um eine neue Rolle zu öffnen: Das konnte er nämlich, ohne seine Haltung zu verlieren. Dass er dabei versehentlich mit dem Papier an das Schnapsglas stiess, das dadurch umgestossen und dessen Inhalt nach Zurückstellen der Rolle genau dorthin kam, wo es eigentlich hingehörte, nämlich ins Papier, merkte er gar nicht. Und dann schlappte er, nachdem er sich ordnungsgemäss die Hände gewaschen hatte, in die Küche, um seiner Liebsten einen Kaffee aufzusetzen.
Folge 90
„Guten Morgen mein lieber Schatz, der Kaffee ist fertig!“ Liebevoll flüsterte Matthias Alex die Worte in ihr Ohr und gab ihr den üblichen Morgenkuss auf die Wange. Beide liebten dieses Ritual und hätten nie darauf verzichtet. Selbst im Hotel organisierte Matthias diesen Kaffee, der für Alex immer der angenehme Einstieg in den Tag war.
„Ach, du bist so süss…“ murmelte sie und zog ihn dann zu sich, um den Kuss zu erwidern. Kurze Zeit später sass sie wohlig eingemummelt im Bett und trank das köstliche Rauschmittel.
„Sag mal, weisst du, dass Kaffee ein tödliches Gift sein kann?“ fragte sie Matthias beiläufig.
„Naja, dass es nicht gut für den Organismus ist, wenn man zuviel davon trinkt, weiss ich, aber dass er tödlich sein kann…“
„Ja, wenn du 100 Tassen starken Kaffee in einer Stunde trinkst.“ Alex wollte sich vor Lachen ausschütten und Matthias stimmte mit ein. „Vermutlich wäre das bei Tee aber auch nicht viel anders…“
„Ups, ich muss ins Bad… komme gleich wieder, Schatzi“, sagte Alex mit einem Blick auf die Uhr. Es war mittlerweile halb zehn geworden, und wenn sie den Test ausnutzen wollte, musste dies vor 10 geschehen, sonst war der Testzeitraum überzogen. Nun war guter Rat teuer, reichte die Zeit bis 3 Uhr oder ab 3 Uhr, was sollte gelten?
„Ach, ich habe ja noch viele Stäbchen, ich nehme beide und dann sehe ich ja, wie sich was entwickelt“, entschied Alex, wobei sie leise vor sich hin sprach. Als ihr das auffiel, musste sie lachen und kam sich wie eine zahnlose Alte mit wirrem Haar aus einem Märchen vor. Doch der prüfende Blick in den Spiegel zeigte eine komplette Zahnreihe und eine Frische, dass Alex aussah wie frisch gebügelt. „Aha, dazu ist Sex also auch gut“, dachte sie befriedigt und fummelte den ersten Test aus der widerspenstigen Umhüllung. Dann langte sie hinter die Deko. Nichts, das Glas war nicht, da, wo es sein sollte. Alex stellte sich auf die Zehenspitzen und schaute nach – und da sah sie die Misere: Das Glas lag umgestürzt dort, wo es eigentlich stehen sollte, und der Untergrund war feucht; im Glas war praktisch kein Urin mehr. „Ach Mensch, das kann doch nicht wahr sein!“ entfuhr es Alex, und sie kniete sich auf Klothilde, um besser sehen zu können. Tatsächlich, das Papier war wellig, es hatte also Feuchtigkeit aufgesogen. Hatte sie das Glas nicht richtig hingestellt, als sie hinter die Deko gelangt hatte? Phoebe, die war auch hier gewesen, und vielleicht war sie wie so oft auf das Fensterbrett gesprungen, um von dort aus hinter das Rollo zu kriechen. Das würde schon erklären…. „Phoebe… du.. achichweissnichtwas…“ Alex war enttäuscht. Sie war sich nun sicher, dass nur der erste Test ausschlaggebend sein würde.
„Also gut, dann eben mit dem Rest“, entschied sie ergeben, nahm das Glas mit der geringen Flüssigkeit und liess den Saugstreifen am Test sein Werk tun. Dann hielt den Vliesbereich etwa zwei Minuten gegen das Toilettenpapier in der Hoffnung, dass sich noch eine Reaktion zeigen würde.
Doch auch 5 Minuten später tat sich rein gar nichts, der Test verweigerte jegliche Aussage. Also musste nun der Frischtest herhalten. Doch als Alex sich der Porzellanabteilung hautnah nähern wollte, zeigte ein kleines verräterisches Tröpfchen an falscher Stelle, dass Matthias seiner Männlichkeit nachgegeben hatte. Und da Alex aufgrund der ab und zu frühzeitig angebrochenen Toilettenrollen ermitteln konnte, was dann passiert war, wurde ihr schlagartig klar, dass es nicht ihre Katze gewesen war, die den Test verpatzt hatte.
Es half nichts, das Frischmaterial musste genügen, sie hatte keine Wahl. „Parsi, komm, ich füttere dich doch immer regelmässig, lass mich nicht im Stich“, betete sie sinnloserweise vor sich hin, als sie den Test einlegte. Doch Parsi konnte eben nur das beurteilen, was er sah, nicht, was er hätte sehen können, wenn der erste Test anders ausgefallen wäre: zwei gleichmässig starke Striche, und das nur bei freundlicher Betrachtung, kritisch gesehen war sogar der linke Strich dunkler. Und das am Tag des ersten Eisymbols!!! Und genau das erschien nun nicht, sondern nur ein weiterhin auf Rot gestellter Persona.
Alex war zutiefst enttäuscht, sie hatte immer um diese Zeit den Eisprung, und nach ihrem Gefühl und Zervixschleim zu urteilen musste der Eisprung heute sein. Oder morgen? Doch wenn er morgen kam, dann war der LH-Spiegel morgen schon wieder unten und der Zykluscomputer würde den Hochpunkt nicht ermitteln könne, denn der musste ja heute sein. Somit gäbe es kein Eisymbol! Auch der Muttermund war so weit offen, wie er sein musste. Ihr hätten die Tränen kommen können, doch sie riss sich zusammen und ging langsam zurück in das Schlafzimmer. Matthias schaute sie erwartungsvoll an, er hatte sich diesmal die Tage einigermassen gemerkt, und wenn Alex morgens mit einem triumphierenden Blick in das Schlafzimmer kam, dann war für gute Laune auf beiden Seiten für mindestens drei Tage gesorgt.
„Und, alles klar?“
„Nein, natürlich nicht, bei einem Mann, der im Stehen pinkelt, kann das ja auch nicht klappen.“ Alex brachte diese Worte giftig heraus und liess ihren Mann verstummen. Er war sich nun gar keiner Schuld bewusst, nur, dass er generell natürlich versprochen hatte, eine sitzende Haltung anzunehmen. Aber war schliesslich ein Mann!
„Ich glaube nicht, dass das eine mit dem anderen ursächlich zusammenhängt“, entgegnete er defensiv.
„Und wie!“ brach es aus Alex heraus, die ihm spontan den Rücken zudrehte, als sie sich ins Bett legte. Nun gab es eine einfache Methode, eine Frau, die so reagierte, zu trösten. Denn ihr ganzes Verhalten zeigte ja, dass sie schlichtweg nun in den Arm genommen werden wollte. Aber – es war wie es war – Männer denken nun einmal anders, und Matthias missverstand diese körperliche Haltung seiner Frau. So sagte er nur: ,“Na dann eben nicht…“ und stand auf, während Alex im Bett lag und ihren Tränen freien Lauf liess.
„Männer verstehen uns eben nicht“, brachte sie hervor und nahm Phoebe hoch, die mit grossen Augen vor ihr stand. Das weiche Fell und das spontane Schnurren trösteten und wenige Sekunden später schob Alex wie immer den Unterkiefer vor und sagte: „Na, du wirst schon sehen, wenn der Eisprung jetzt war, dann habe ich jetzt wieder 26 Tage ohne…“ Ohne was, spezifizierte sie allerdings nicht.
„Guten Morgen mein lieber Schatz, der Kaffee ist fertig!“ Liebevoll flüsterte Matthias Alex die Worte in ihr Ohr und gab ihr den üblichen Morgenkuss auf die Wange. Beide liebten dieses Ritual und hätten nie darauf verzichtet. Selbst im Hotel organisierte Matthias diesen Kaffee, der für Alex immer der angenehme Einstieg in den Tag war.
„Ach, du bist so süss…“ murmelte sie und zog ihn dann zu sich, um den Kuss zu erwidern. Kurze Zeit später sass sie wohlig eingemummelt im Bett und trank das köstliche Rauschmittel.
„Sag mal, weisst du, dass Kaffee ein tödliches Gift sein kann?“ fragte sie Matthias beiläufig.
„Naja, dass es nicht gut für den Organismus ist, wenn man zuviel davon trinkt, weiss ich, aber dass er tödlich sein kann…“
„Ja, wenn du 100 Tassen starken Kaffee in einer Stunde trinkst.“ Alex wollte sich vor Lachen ausschütten und Matthias stimmte mit ein. „Vermutlich wäre das bei Tee aber auch nicht viel anders…“
„Ups, ich muss ins Bad… komme gleich wieder, Schatzi“, sagte Alex mit einem Blick auf die Uhr. Es war mittlerweile halb zehn geworden, und wenn sie den Test ausnutzen wollte, musste dies vor 10 geschehen, sonst war der Testzeitraum überzogen. Nun war guter Rat teuer, reichte die Zeit bis 3 Uhr oder ab 3 Uhr, was sollte gelten?
„Ach, ich habe ja noch viele Stäbchen, ich nehme beide und dann sehe ich ja, wie sich was entwickelt“, entschied Alex, wobei sie leise vor sich hin sprach. Als ihr das auffiel, musste sie lachen und kam sich wie eine zahnlose Alte mit wirrem Haar aus einem Märchen vor. Doch der prüfende Blick in den Spiegel zeigte eine komplette Zahnreihe und eine Frische, dass Alex aussah wie frisch gebügelt. „Aha, dazu ist Sex also auch gut“, dachte sie befriedigt und fummelte den ersten Test aus der widerspenstigen Umhüllung. Dann langte sie hinter die Deko. Nichts, das Glas war nicht, da, wo es sein sollte. Alex stellte sich auf die Zehenspitzen und schaute nach – und da sah sie die Misere: Das Glas lag umgestürzt dort, wo es eigentlich stehen sollte, und der Untergrund war feucht; im Glas war praktisch kein Urin mehr. „Ach Mensch, das kann doch nicht wahr sein!“ entfuhr es Alex, und sie kniete sich auf Klothilde, um besser sehen zu können. Tatsächlich, das Papier war wellig, es hatte also Feuchtigkeit aufgesogen. Hatte sie das Glas nicht richtig hingestellt, als sie hinter die Deko gelangt hatte? Phoebe, die war auch hier gewesen, und vielleicht war sie wie so oft auf das Fensterbrett gesprungen, um von dort aus hinter das Rollo zu kriechen. Das würde schon erklären…. „Phoebe… du.. achichweissnichtwas…“ Alex war enttäuscht. Sie war sich nun sicher, dass nur der erste Test ausschlaggebend sein würde.
„Also gut, dann eben mit dem Rest“, entschied sie ergeben, nahm das Glas mit der geringen Flüssigkeit und liess den Saugstreifen am Test sein Werk tun. Dann hielt den Vliesbereich etwa zwei Minuten gegen das Toilettenpapier in der Hoffnung, dass sich noch eine Reaktion zeigen würde.
Doch auch 5 Minuten später tat sich rein gar nichts, der Test verweigerte jegliche Aussage. Also musste nun der Frischtest herhalten. Doch als Alex sich der Porzellanabteilung hautnah nähern wollte, zeigte ein kleines verräterisches Tröpfchen an falscher Stelle, dass Matthias seiner Männlichkeit nachgegeben hatte. Und da Alex aufgrund der ab und zu frühzeitig angebrochenen Toilettenrollen ermitteln konnte, was dann passiert war, wurde ihr schlagartig klar, dass es nicht ihre Katze gewesen war, die den Test verpatzt hatte.
Es half nichts, das Frischmaterial musste genügen, sie hatte keine Wahl. „Parsi, komm, ich füttere dich doch immer regelmässig, lass mich nicht im Stich“, betete sie sinnloserweise vor sich hin, als sie den Test einlegte. Doch Parsi konnte eben nur das beurteilen, was er sah, nicht, was er hätte sehen können, wenn der erste Test anders ausgefallen wäre: zwei gleichmässig starke Striche, und das nur bei freundlicher Betrachtung, kritisch gesehen war sogar der linke Strich dunkler. Und das am Tag des ersten Eisymbols!!! Und genau das erschien nun nicht, sondern nur ein weiterhin auf Rot gestellter Persona.
Alex war zutiefst enttäuscht, sie hatte immer um diese Zeit den Eisprung, und nach ihrem Gefühl und Zervixschleim zu urteilen musste der Eisprung heute sein. Oder morgen? Doch wenn er morgen kam, dann war der LH-Spiegel morgen schon wieder unten und der Zykluscomputer würde den Hochpunkt nicht ermitteln könne, denn der musste ja heute sein. Somit gäbe es kein Eisymbol! Auch der Muttermund war so weit offen, wie er sein musste. Ihr hätten die Tränen kommen können, doch sie riss sich zusammen und ging langsam zurück in das Schlafzimmer. Matthias schaute sie erwartungsvoll an, er hatte sich diesmal die Tage einigermassen gemerkt, und wenn Alex morgens mit einem triumphierenden Blick in das Schlafzimmer kam, dann war für gute Laune auf beiden Seiten für mindestens drei Tage gesorgt.
„Und, alles klar?“
„Nein, natürlich nicht, bei einem Mann, der im Stehen pinkelt, kann das ja auch nicht klappen.“ Alex brachte diese Worte giftig heraus und liess ihren Mann verstummen. Er war sich nun gar keiner Schuld bewusst, nur, dass er generell natürlich versprochen hatte, eine sitzende Haltung anzunehmen. Aber war schliesslich ein Mann!
„Ich glaube nicht, dass das eine mit dem anderen ursächlich zusammenhängt“, entgegnete er defensiv.
„Und wie!“ brach es aus Alex heraus, die ihm spontan den Rücken zudrehte, als sie sich ins Bett legte. Nun gab es eine einfache Methode, eine Frau, die so reagierte, zu trösten. Denn ihr ganzes Verhalten zeigte ja, dass sie schlichtweg nun in den Arm genommen werden wollte. Aber – es war wie es war – Männer denken nun einmal anders, und Matthias missverstand diese körperliche Haltung seiner Frau. So sagte er nur: ,“Na dann eben nicht…“ und stand auf, während Alex im Bett lag und ihren Tränen freien Lauf liess.
„Männer verstehen uns eben nicht“, brachte sie hervor und nahm Phoebe hoch, die mit grossen Augen vor ihr stand. Das weiche Fell und das spontane Schnurren trösteten und wenige Sekunden später schob Alex wie immer den Unterkiefer vor und sagte: „Na, du wirst schon sehen, wenn der Eisprung jetzt war, dann habe ich jetzt wieder 26 Tage ohne…“ Ohne was, spezifizierte sie allerdings nicht.
Folge 91
Alex schniefte noch etwas pathetisch vor sich hin. Ihre Gedanken kreisten um das fehlende Eisymbol und die Statistik: Wenn sie nun ihren statistischen eisprunglosen Zyklus hatte – was ja noch gar nicht bewiesen war – so konnte das natürlich auch ein Hinweis auf frühe Wechseljahre sein. Als sie etwa 28 war, hatte sie im Büro einmal den Scherz gemacht und sich Frischluft zugewedelt, und als dann ein Kollege fragte, was war, hatte sie mit ernster Stimme gesagt: „Fliegende Hitze, das kommt so mit den Jahren.“ Worauf dieser mitleidig geschaut hatte und sagte: „Ja, das kenne ich, das hat meine Frau auch seit sie 35 ist.“ Damals hatte sie gelacht, aber sie hatte die Aussage nie vergessen. „Nicht auch das noch“, sagte sie zu sich und vergrub ihre Nase in Phoebes Tigerfell.
„Noch einen Kaffee, Älchen?“ fragte Matthias vorsichtig und schob ihr eine weitere Tasse heissen Kaffee vor die Nase; Phoebe musterte sein Tun feindselig und stand demonstrativ auf. „Ich will mich doch gar nicht streiten. Und wenn ich das Klo… na ja, ich mache es gleich sauber, okay? Was ist denn? So schlimm ist das doch nicht?“ Matthias war hilflos, und er bemühte sich redlich herauszufinden, was diesen Gefühlsausbruch bei Alex hervorgerufen hatte. „Und ich rufe auch in der Praxis an wegen des Testes meiner… du weisst schon, vielleicht geht es ja doch in drei Wochen, okay? Nicht mehr böse sein…“ Er strich ihr mit der Hand über den Rücken und stupste sie leicht an.
Dem Charme ihres hilflosen und gutwilligen Mannes konnte Alex nicht widerstehen, sie drehte sich zu ihm um und nahm ihn in den Arm. „Das machst du wirklich?“ Sie lächelte ihn an.
„Na klar, kein Problem, wenn ich dir damit eine Freude machen…“ Matthias wagte ein zaghaftes Lächeln und drückte seine Frau. „Mensch, wir wollen doch das gleiche : ein Baby, oder? Da müssen wir uns doch nicht streiten.“
„War doch nur, weil ich so enttäuscht war, weil das Eisymbol nicht kam, weil die Klorolle und das Glas nicht mehr standen und so…“ Alex wusste, was sie meinte, Matthias nicht, aber er hatte seit langem die Taktik, wenn seine Frau unzusammenhängend sprach, nicht nachzufragen, sondern nur ein beruhigendes „Ja, aber jetzt ist es okay, oder?“ oder etwas Ähnliches zu sagen. In diesem Fall murmelte er nur ein „Hmm“, weil er sich nicht ganz sicher war, ob Alex nicht erneut einen Ausbruch haben würde, wenn er das Thema kommentierte. Keine Frage, erste Grundlagen des Frauenverstehens begann er zu verstehen.
Und so lagen sie sinnierend erneut im Bett, tranken Kaffee und machten Vorschläge, wie sie den Tag verbringen wollten. Matthias schlug die Sauna vor, aber Alex war sich nicht sicher, ob das so kurz nach dem Eisprung – hier musste sie wieder schlucken, denn es erinnerte sie an ihr etwaiges Ovulationsversagen – gut für den Körper war. Sie selbst schlug einen Spaziergang vor, den sie in einem Cafe beenden wollten.
Kurz darauf bereiteten sie gemeinsam das späte Frühstück vor, als das Telefon klingelte.
„Hi Alex, tut mir leid, dass ich störe, aber sag mal, kannst du mir dein Thermometer leihen?“ fragte Hannah. “Ich komme mir echt blöd vor, aber ich habe nicht gemerkt, dass mein Thermometer schon seit drei Tagen kaputt ist. Es zeigt an, als hätte ich eine Erkältung. Und morgen will ich mir so ein Thermometer mit Sprachanzeige holen, aber dazu muss ich ja aufgestanden sein, und dann kann ich nicht mehr messen. Und zwei Tage aussetzen, das will ich auch nicht, das ruiniert mir ja meine gesamte Kurve.“
„Klar kannst du meins haben. Und da gibt es echt so Teile mit Sprachfunktion?“ Sie verstellte ihre Stimme: “Sie – haben – 35 Grad Temperatur – trinken- Sie- einen -Grog. Oder: Sie-haben- 37 Grad – trinken- Sie- schleunigst – eine –eisgekühlte- Caipi… So ein Ding brauche ich dann auch!“ Alex lachte. „Matthias und ich wollen sowieso einen Spaziergang machen, reicht dir der Nachmittag? Dann bringe ich es dir vorbei, und wenn du nicht da bist, dann werfe ich es dir in den Briefkasten, verpackt natürlich, bin ja nicht blöd.“
„Supi, dank dir, es macht mich immer irre, wenn meine Kurve nicht stimmt. Bist ein Schatz, bis dann“ Und mit diesen Worten legte sie auf und Alex wandte sich ihrem Mann erneut zu.
Alex schniefte noch etwas pathetisch vor sich hin. Ihre Gedanken kreisten um das fehlende Eisymbol und die Statistik: Wenn sie nun ihren statistischen eisprunglosen Zyklus hatte – was ja noch gar nicht bewiesen war – so konnte das natürlich auch ein Hinweis auf frühe Wechseljahre sein. Als sie etwa 28 war, hatte sie im Büro einmal den Scherz gemacht und sich Frischluft zugewedelt, und als dann ein Kollege fragte, was war, hatte sie mit ernster Stimme gesagt: „Fliegende Hitze, das kommt so mit den Jahren.“ Worauf dieser mitleidig geschaut hatte und sagte: „Ja, das kenne ich, das hat meine Frau auch seit sie 35 ist.“ Damals hatte sie gelacht, aber sie hatte die Aussage nie vergessen. „Nicht auch das noch“, sagte sie zu sich und vergrub ihre Nase in Phoebes Tigerfell.
„Noch einen Kaffee, Älchen?“ fragte Matthias vorsichtig und schob ihr eine weitere Tasse heissen Kaffee vor die Nase; Phoebe musterte sein Tun feindselig und stand demonstrativ auf. „Ich will mich doch gar nicht streiten. Und wenn ich das Klo… na ja, ich mache es gleich sauber, okay? Was ist denn? So schlimm ist das doch nicht?“ Matthias war hilflos, und er bemühte sich redlich herauszufinden, was diesen Gefühlsausbruch bei Alex hervorgerufen hatte. „Und ich rufe auch in der Praxis an wegen des Testes meiner… du weisst schon, vielleicht geht es ja doch in drei Wochen, okay? Nicht mehr böse sein…“ Er strich ihr mit der Hand über den Rücken und stupste sie leicht an.
Dem Charme ihres hilflosen und gutwilligen Mannes konnte Alex nicht widerstehen, sie drehte sich zu ihm um und nahm ihn in den Arm. „Das machst du wirklich?“ Sie lächelte ihn an.
„Na klar, kein Problem, wenn ich dir damit eine Freude machen…“ Matthias wagte ein zaghaftes Lächeln und drückte seine Frau. „Mensch, wir wollen doch das gleiche : ein Baby, oder? Da müssen wir uns doch nicht streiten.“
„War doch nur, weil ich so enttäuscht war, weil das Eisymbol nicht kam, weil die Klorolle und das Glas nicht mehr standen und so…“ Alex wusste, was sie meinte, Matthias nicht, aber er hatte seit langem die Taktik, wenn seine Frau unzusammenhängend sprach, nicht nachzufragen, sondern nur ein beruhigendes „Ja, aber jetzt ist es okay, oder?“ oder etwas Ähnliches zu sagen. In diesem Fall murmelte er nur ein „Hmm“, weil er sich nicht ganz sicher war, ob Alex nicht erneut einen Ausbruch haben würde, wenn er das Thema kommentierte. Keine Frage, erste Grundlagen des Frauenverstehens begann er zu verstehen.
Und so lagen sie sinnierend erneut im Bett, tranken Kaffee und machten Vorschläge, wie sie den Tag verbringen wollten. Matthias schlug die Sauna vor, aber Alex war sich nicht sicher, ob das so kurz nach dem Eisprung – hier musste sie wieder schlucken, denn es erinnerte sie an ihr etwaiges Ovulationsversagen – gut für den Körper war. Sie selbst schlug einen Spaziergang vor, den sie in einem Cafe beenden wollten.
Kurz darauf bereiteten sie gemeinsam das späte Frühstück vor, als das Telefon klingelte.
„Hi Alex, tut mir leid, dass ich störe, aber sag mal, kannst du mir dein Thermometer leihen?“ fragte Hannah. “Ich komme mir echt blöd vor, aber ich habe nicht gemerkt, dass mein Thermometer schon seit drei Tagen kaputt ist. Es zeigt an, als hätte ich eine Erkältung. Und morgen will ich mir so ein Thermometer mit Sprachanzeige holen, aber dazu muss ich ja aufgestanden sein, und dann kann ich nicht mehr messen. Und zwei Tage aussetzen, das will ich auch nicht, das ruiniert mir ja meine gesamte Kurve.“
„Klar kannst du meins haben. Und da gibt es echt so Teile mit Sprachfunktion?“ Sie verstellte ihre Stimme: “Sie – haben – 35 Grad Temperatur – trinken- Sie- einen -Grog. Oder: Sie-haben- 37 Grad – trinken- Sie- schleunigst – eine –eisgekühlte- Caipi… So ein Ding brauche ich dann auch!“ Alex lachte. „Matthias und ich wollen sowieso einen Spaziergang machen, reicht dir der Nachmittag? Dann bringe ich es dir vorbei, und wenn du nicht da bist, dann werfe ich es dir in den Briefkasten, verpackt natürlich, bin ja nicht blöd.“
„Supi, dank dir, es macht mich immer irre, wenn meine Kurve nicht stimmt. Bist ein Schatz, bis dann“ Und mit diesen Worten legte sie auf und Alex wandte sich ihrem Mann erneut zu.
Folge 92
Der doch so kompliziert begonnene Tag setzte sich entspannt fort, Matthias wollte gerne an einem seiner Motorräder schrauben, weil er eine Sonderzusatzteil auf einer Oldtimer-Messe gekauft hatte, das nun unbedingt an seinen vorgesehenen Platz sollte. Und Alex hatte sich vorgenommen, sich endlich an ihre Steuererklärung zu setzen, natürlich ganz in Ruhe.
Das tat sich dann auch, nur leider lockte das Bett im Raum sie dann so sehr, dass sie sich mit einem neuen Buch dorthin zurückzog, wo sie prompt in tiefen Schlummer fiel. Am frühen Nachmittag versuchte sie dann, Matthias über Handy zu erreichen, vergeblich, und als sie zu ihm in die Garage gehen wollte, konnte sie schon von weitem die Silhouette von Jürgen erkennen, der an den Eingang gelehnt genüsslich eine Flasche Bier köpfte. Beide Männer lachten.
„Oh, hallo Alex.“ Jürgen umarmte Alex flüchtig und verkniff sich ein Lachen. Damit war Alex einiges klar: 1. Der gemeinsame Spaziergang war gestrichen. 2. Sie hatten einen Männerwitz gemacht 3. Ein gemeinsamer Abend war auch gestrichen. Denn erfahrungsgemäss würde Jürgen nun stundenlang bleiben, zwischen Witzen über Frauen, die weder er noch Matthias verstanden, über PS, Umdrehungen, Spaltmasse, gespachtelte Sicken und so weiter diskutieren und ganz in aller Gemütlichkeit ein Bierchen nach dem anderen zischen. Ein echter Männersonntag würde es werden.
„Ich wollte euch nicht stören, ich wollte nur fragen, ob wir den Spaziergang noch machen wollen, aber ich sehe schon… ist aber nicht so schlimm, ich kann mich gut anders beschäftigen, geniesst eure Zweisamkeit.“ Mit diesen Worten hauchte sie einem nach Motoröl und Bier riechenden Matthias einen Kuss auf die Wange, winkte Jürgen und verschwand.
„Boah, du hast echt eine tolle Frau, Matze, andere hätten das nicht so akzeptiert“, sagte Jürgen. Und Matthias sagte nur stolz zur Erklärung: „Naja, ist ja auch meine…“ und damit war der Fall erledigt und der Geist wieder bei PS und Prozent.
Alex hingegen zog sich warm an und brachte Hannah das Thermometer. Die Sonne schien warm auf ihren Rücken und ein paar vorwitzige Meisen riefen einander ihr „Zitzedäh“ zu. „Es wird Frühling“, dachte Alex bei sich und freute sich an jeder Kleinigkeit, am schönen Wetter, an den Vögeln, an freundlichen Gesichtern, die ihr entgegenkamen. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, Mann, wie ging das nur weiter…? Osterspaziergang im Faust, soweit so gut, aber der Text…“, grübelte sie etwas unzusammenhängend vor sich hin. Und da war noch etwas, woran sie sich erinnern sollte, etwas, worauf sie Hannah ansprechen wollte. Doch es fiel ihr nicht ein, und so plazierte sie das gut eingepackte Thermometer in der Zeitungsrolle an Hannahs Briefkasten. Sie hatte zwar geklingelt, doch aufgemacht hatte niemand, scheinbar nutzen Hannah und Thomas das schöne Wetter ebenfalls aus.
„Egal, wir sehen uns ja auch morgen“, dachte Alex noch, als sie sich auf den Rückweg machte.
Der Tag verging wie im Fluge. Matthias kam gut gelaunt aus der Garage, zum Glück nur leicht nach Bier riechend und sang kurz darauf lauthals unter der Dusche. „Wenn bei Capri des Maurers Capri im Meer versinkt“, konnte Alex undeutlich verstehen. Sie verdrehte die Augen und dachte nur, dass sie von Glück sagen konnte, dass er nicht das Kufsteinlied sang. In manchen Dingen unterscheid sich ihr Geschmack deutlich.
Eine Stunde später lagen sie angekuschelt im Bett. Es war ja Sonntag und somit Tatort- Tag.
„Heute gibt’s wieder meine Charlotte“, schwärmte Matthias und deutete auf die Fernsehzeitung, auf der Maria Furtwänglers Bild zu sehen war. „Tolle Frau..“
„Danke, mir gefällt Tobias auch gut – und Martin ist so einfühlsam“, konterte Alex spöttisch. „Meinst du, dass das abfärbt, wenn man beim Fernsehen Sex hat und bestimmte Typen sieht? Also, würde dann ein Kind schwul wie Martin – immer noch besser als Maddin fällt mir dabei ein – oder so toll blond wie Maria oder so dick und unbeweglich wie der Benno werden?“ Alex lachte und stellte sich das vor. Ein kleiner fetter Ottfried würde in ihr wachsen, welche unglaubliche Vorstellung. Wäre bestimmt eine äusserst ruhige Schwangerschaft ohne jegliche Anzeichen, denn vor lauter Wachsen könnte sich Otti ja gar nicht bemerkbar machen.
„Egal, Hauptsache ein Kind…“ hörte sie da von ihrem Angetrauten und fühlte sich zärtlich in den Arm genommen.
Der doch so kompliziert begonnene Tag setzte sich entspannt fort, Matthias wollte gerne an einem seiner Motorräder schrauben, weil er eine Sonderzusatzteil auf einer Oldtimer-Messe gekauft hatte, das nun unbedingt an seinen vorgesehenen Platz sollte. Und Alex hatte sich vorgenommen, sich endlich an ihre Steuererklärung zu setzen, natürlich ganz in Ruhe.
Das tat sich dann auch, nur leider lockte das Bett im Raum sie dann so sehr, dass sie sich mit einem neuen Buch dorthin zurückzog, wo sie prompt in tiefen Schlummer fiel. Am frühen Nachmittag versuchte sie dann, Matthias über Handy zu erreichen, vergeblich, und als sie zu ihm in die Garage gehen wollte, konnte sie schon von weitem die Silhouette von Jürgen erkennen, der an den Eingang gelehnt genüsslich eine Flasche Bier köpfte. Beide Männer lachten.
„Oh, hallo Alex.“ Jürgen umarmte Alex flüchtig und verkniff sich ein Lachen. Damit war Alex einiges klar: 1. Der gemeinsame Spaziergang war gestrichen. 2. Sie hatten einen Männerwitz gemacht 3. Ein gemeinsamer Abend war auch gestrichen. Denn erfahrungsgemäss würde Jürgen nun stundenlang bleiben, zwischen Witzen über Frauen, die weder er noch Matthias verstanden, über PS, Umdrehungen, Spaltmasse, gespachtelte Sicken und so weiter diskutieren und ganz in aller Gemütlichkeit ein Bierchen nach dem anderen zischen. Ein echter Männersonntag würde es werden.
„Ich wollte euch nicht stören, ich wollte nur fragen, ob wir den Spaziergang noch machen wollen, aber ich sehe schon… ist aber nicht so schlimm, ich kann mich gut anders beschäftigen, geniesst eure Zweisamkeit.“ Mit diesen Worten hauchte sie einem nach Motoröl und Bier riechenden Matthias einen Kuss auf die Wange, winkte Jürgen und verschwand.
„Boah, du hast echt eine tolle Frau, Matze, andere hätten das nicht so akzeptiert“, sagte Jürgen. Und Matthias sagte nur stolz zur Erklärung: „Naja, ist ja auch meine…“ und damit war der Fall erledigt und der Geist wieder bei PS und Prozent.
Alex hingegen zog sich warm an und brachte Hannah das Thermometer. Die Sonne schien warm auf ihren Rücken und ein paar vorwitzige Meisen riefen einander ihr „Zitzedäh“ zu. „Es wird Frühling“, dachte Alex bei sich und freute sich an jeder Kleinigkeit, am schönen Wetter, an den Vögeln, an freundlichen Gesichtern, die ihr entgegenkamen. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, Mann, wie ging das nur weiter…? Osterspaziergang im Faust, soweit so gut, aber der Text…“, grübelte sie etwas unzusammenhängend vor sich hin. Und da war noch etwas, woran sie sich erinnern sollte, etwas, worauf sie Hannah ansprechen wollte. Doch es fiel ihr nicht ein, und so plazierte sie das gut eingepackte Thermometer in der Zeitungsrolle an Hannahs Briefkasten. Sie hatte zwar geklingelt, doch aufgemacht hatte niemand, scheinbar nutzen Hannah und Thomas das schöne Wetter ebenfalls aus.
„Egal, wir sehen uns ja auch morgen“, dachte Alex noch, als sie sich auf den Rückweg machte.
Der Tag verging wie im Fluge. Matthias kam gut gelaunt aus der Garage, zum Glück nur leicht nach Bier riechend und sang kurz darauf lauthals unter der Dusche. „Wenn bei Capri des Maurers Capri im Meer versinkt“, konnte Alex undeutlich verstehen. Sie verdrehte die Augen und dachte nur, dass sie von Glück sagen konnte, dass er nicht das Kufsteinlied sang. In manchen Dingen unterscheid sich ihr Geschmack deutlich.
Eine Stunde später lagen sie angekuschelt im Bett. Es war ja Sonntag und somit Tatort- Tag.
„Heute gibt’s wieder meine Charlotte“, schwärmte Matthias und deutete auf die Fernsehzeitung, auf der Maria Furtwänglers Bild zu sehen war. „Tolle Frau..“
„Danke, mir gefällt Tobias auch gut – und Martin ist so einfühlsam“, konterte Alex spöttisch. „Meinst du, dass das abfärbt, wenn man beim Fernsehen Sex hat und bestimmte Typen sieht? Also, würde dann ein Kind schwul wie Martin – immer noch besser als Maddin fällt mir dabei ein – oder so toll blond wie Maria oder so dick und unbeweglich wie der Benno werden?“ Alex lachte und stellte sich das vor. Ein kleiner fetter Ottfried würde in ihr wachsen, welche unglaubliche Vorstellung. Wäre bestimmt eine äusserst ruhige Schwangerschaft ohne jegliche Anzeichen, denn vor lauter Wachsen könnte sich Otti ja gar nicht bemerkbar machen.
„Egal, Hauptsache ein Kind…“ hörte sie da von ihrem Angetrauten und fühlte sich zärtlich in den Arm genommen.
Folge 93
Am nächsten Morgen musste Alex ins ihr Büro, die schöne Urlaubszeit neigte sich dem Ende zu und ihr Chef hatte wegen dringender Projekte darum gebeten, dass sie kurz vorbei käme. Und wie es dann so war, natürlich blieb Alex fast den ganzen Tag, klönte mit Kollegen, sah den wachsenden Bauch von Frau Berthold und konnte sich ehrlich darüber freuen und genoss den Kontakt zu den guten Bekannten dort. Vielleicht lag ihre gute Laune auch nicht nur am schönen Tag, sondern auch daran, dass der LH-Test am Morgen zwar wieder kein Eisymbol hervorgerufen hatte, sie sich aber aufgrund der Stärke bzw. Schwäche der Linien ganz sicher war – zumindest fast ganz – dass sie das Eisprungsymbol nur aufgrund der widrigen Umstände mit der Klorolle verpasst hatte, nicht aber den Eisprung selbst. Und auch das X im Kalender passte perfekt.
Der Tag verstrich angenehm, und um 18 Uhr stand Alex dann vor Hannahs Tür, um ihre Reise ins Wellness-Land am nächsten Wochenende genau zu besprechen. Sozusagen wollten sie alle nichtigen Details klären.
„Hallo Süsse, komm rein.“ Hannah öffnete die Tür weit in ihre gemütliche, wenn auch nicht sehr grosse Wohnung. Es war ein Mischmasch aus alten und neuen Möbeln, Erbstücken von Tanten, weissen Billi-Regalen mit zahlreichen Bildbänden und Künstlermonographien, gemütlichen alten Teppichen und echten Ölbildern an der Wand.
„Magst du einen Sekt? Ich habe ihn schon offen.“
„Klar… gerne. Übrigens, da war noch was, ich wollte dich noch was fragen, aber ich komme nicht drauf.“ Hannah lachte sie aus und machte sich über ihre Vergesslichkeit lustig.
„Mann, wenn das bei dir jetzt schon anfängt, dann sehe ich schwarz für deine Zukunft. Aber dass ich Hannah heisse, das weisst du noch, oder?“ Sie lachte fröhlich.
„Du siehst echt gut aus heute, neue Creme für die Frau ab 30?“ Grinste Alex und streckte ihr die Zunge raus.
„Prost, auf uns.“
„Auf uns.“ Und danach klönten sie eine Weile über das bevorstehende Wellness-Wochenende, sprachen ab, wer fahren sollte, überlegten, was mitzunehmen sei und und und. Nach einer knappen Stunde fiel Alex die Frage ein: „Mensch, jetzt weiss ich es, deine Temperatur, wie war die denn heute?“
„Du, wo du es sagst, deine Thermometer ist genauso ein Versager wie meines, auch erhöhte Temperatur…“ antwortete Hannah und kramte ihre Kurve hervor. Beide starrten auf das Blatt und schauten sich dann an.
Schliesslich sagte Alex trocken: „Hast du mal an eine Test gedacht?“
„Nee, bisher nicht…“ sagte Hannah und starrte weiter auf den Strich, der so schön triphasisch anstieg. „Und ich dachte, ich hätte vielleicht eine Infektion, von der ich nichts gemerkt habe, ich Idiot.“
„Na, das kannst du ihr dann bei der Einschulung erklären. Los, jetzt wird getestet, wo ist der Test?“
„Hab’ keinen..“
„Was? Bist du wahnsinnig? Da willst du schwanger werden und hast keinen Test zuhause?“ Sie warf einen Blick auf ihre Uhr.
„Komm, bis zu mir ist es zu weit, das halte ich nicht aus, aber deine Drogerie hier um die Ecke hat doch die billigen Frühtests, oder? Nichts wie hin!“ bestimmte Alex, die schon aufgestanden war und sich den Mantel anzog.
„Los, komm, die machen gleich zu…“ Nun kam Leben in Hannah, die teilnahmslos auf dem Sofa gesessen hatte und ihre Kurve anstarrte. Und kurze Zeit später sah man zwei hektische Frauen die Treppe hinunter stürmen, wobei sie sich noch den Schal umlegten und den Mantel schlossen.
Der Laden war nur um die Ecke, aber leider war es nach 19.00 Uhr- und somit war er geschlossen. Doch es brannte noch Licht, und Alex, ganz beherzt, klopfte laut an die Tür, während Hannah sie zurückhalten wollte mit einem „Nee, lass man, die arme Verkäuferin…“ Doch zu spät, die Zitierte schrak Böses ahnend zusammen, als hätte sie einen Einbrecher gesehen. Realistisch betrachtet lag diese Vermutung ja auch nicht allzu fern um jene Zeit. Beim Anblick der beiden Gestalten stand sie aber gutmütig auf und kam zur Tür.
„Bitte, wir MÜSSEN noch mal rein.“ Sagte Alex und machte eine flehende Geste. Ein Kopfschütteln und ein Fingerzeig auf die Uhr waren die Antwort. „Bitte, wir brauchen GANZ DRINGEND noch etwas.“ Alex zeigte in die Abteilung, die mit dem Schild „Damenhygiene“ ausgewiesen war. Welche Frau kennt nicht die Pein, dringend Damenhygiene zu benötigen und diese nicht zu bekommen? Ein verständnisvoller Gesichtausdruck, begeleitet von einen „Na gut“, wurde hörbar, als der Schlüssel das Schloss bereits entriegelte. Wie Junkies, die den nächsten Schuss brauchen, stürmten Alex und Hannah in das Geschäft, vorbei an allen Alkoholika, um dann beratend vor den Kondomen und den Schwangerschaftstests zu verharren.
„Na, schon gefunden?“ tönte es aus dem Hintergrund. „Nehmen Sie ruhig die Hausmarke, die ist sehr gut“, fügte die freundliche Verkäuferin gutmütig an.
„Haben schon alles“, sagte Alex und nahm 5 Schwangerschaftstests ab 15 Einheiten vom Haken. „Die sollten reichen…“ bestimmte sie zur errötenden Hannah gewandt und hastete zur Kasse.
„Danke, das war echt ein Notfall“, informierte sie die erstaunte Drogerieangestellte, die dann mit flinken Fingern und wachsendem Verständnis den Betrag eintippte. „Na dann viel Glück, so oder so…“ sagte sie zum Abschied, und schloss – sich ein wenig ängstlich nach echten Einbrechern umschauend- endgültig hinter ihnen die schwere Ladentür.
„Boah, Schwein gehabt, das war nett“, sagte Alex, als sie triumphierend die Tests schwenkend nach Hause gingen – oder eher hasteten, denn mit beider Ruhe war es vorbei. Und kurze Zeit später sahen sie mit steigender Spannung erst einen, dann einen weiteren Strich auf drei Teststreifen erscheinen, zwei waren für den nächsten Tag oder zur Nachkontrolle.
„Ich bin schwanger“, sagte Hannah tonlos.
„Mensch, du bist echt schwanger!“ sagte Alex und umarmte Hannah stürmisch. „Und du hast es wirklich verdient!“
Am nächsten Morgen musste Alex ins ihr Büro, die schöne Urlaubszeit neigte sich dem Ende zu und ihr Chef hatte wegen dringender Projekte darum gebeten, dass sie kurz vorbei käme. Und wie es dann so war, natürlich blieb Alex fast den ganzen Tag, klönte mit Kollegen, sah den wachsenden Bauch von Frau Berthold und konnte sich ehrlich darüber freuen und genoss den Kontakt zu den guten Bekannten dort. Vielleicht lag ihre gute Laune auch nicht nur am schönen Tag, sondern auch daran, dass der LH-Test am Morgen zwar wieder kein Eisymbol hervorgerufen hatte, sie sich aber aufgrund der Stärke bzw. Schwäche der Linien ganz sicher war – zumindest fast ganz – dass sie das Eisprungsymbol nur aufgrund der widrigen Umstände mit der Klorolle verpasst hatte, nicht aber den Eisprung selbst. Und auch das X im Kalender passte perfekt.
Der Tag verstrich angenehm, und um 18 Uhr stand Alex dann vor Hannahs Tür, um ihre Reise ins Wellness-Land am nächsten Wochenende genau zu besprechen. Sozusagen wollten sie alle nichtigen Details klären.
„Hallo Süsse, komm rein.“ Hannah öffnete die Tür weit in ihre gemütliche, wenn auch nicht sehr grosse Wohnung. Es war ein Mischmasch aus alten und neuen Möbeln, Erbstücken von Tanten, weissen Billi-Regalen mit zahlreichen Bildbänden und Künstlermonographien, gemütlichen alten Teppichen und echten Ölbildern an der Wand.
„Magst du einen Sekt? Ich habe ihn schon offen.“
„Klar… gerne. Übrigens, da war noch was, ich wollte dich noch was fragen, aber ich komme nicht drauf.“ Hannah lachte sie aus und machte sich über ihre Vergesslichkeit lustig.
„Mann, wenn das bei dir jetzt schon anfängt, dann sehe ich schwarz für deine Zukunft. Aber dass ich Hannah heisse, das weisst du noch, oder?“ Sie lachte fröhlich.
„Du siehst echt gut aus heute, neue Creme für die Frau ab 30?“ Grinste Alex und streckte ihr die Zunge raus.
„Prost, auf uns.“
„Auf uns.“ Und danach klönten sie eine Weile über das bevorstehende Wellness-Wochenende, sprachen ab, wer fahren sollte, überlegten, was mitzunehmen sei und und und. Nach einer knappen Stunde fiel Alex die Frage ein: „Mensch, jetzt weiss ich es, deine Temperatur, wie war die denn heute?“
„Du, wo du es sagst, deine Thermometer ist genauso ein Versager wie meines, auch erhöhte Temperatur…“ antwortete Hannah und kramte ihre Kurve hervor. Beide starrten auf das Blatt und schauten sich dann an.
Schliesslich sagte Alex trocken: „Hast du mal an eine Test gedacht?“
„Nee, bisher nicht…“ sagte Hannah und starrte weiter auf den Strich, der so schön triphasisch anstieg. „Und ich dachte, ich hätte vielleicht eine Infektion, von der ich nichts gemerkt habe, ich Idiot.“
„Na, das kannst du ihr dann bei der Einschulung erklären. Los, jetzt wird getestet, wo ist der Test?“
„Hab’ keinen..“
„Was? Bist du wahnsinnig? Da willst du schwanger werden und hast keinen Test zuhause?“ Sie warf einen Blick auf ihre Uhr.
„Komm, bis zu mir ist es zu weit, das halte ich nicht aus, aber deine Drogerie hier um die Ecke hat doch die billigen Frühtests, oder? Nichts wie hin!“ bestimmte Alex, die schon aufgestanden war und sich den Mantel anzog.
„Los, komm, die machen gleich zu…“ Nun kam Leben in Hannah, die teilnahmslos auf dem Sofa gesessen hatte und ihre Kurve anstarrte. Und kurze Zeit später sah man zwei hektische Frauen die Treppe hinunter stürmen, wobei sie sich noch den Schal umlegten und den Mantel schlossen.
Der Laden war nur um die Ecke, aber leider war es nach 19.00 Uhr- und somit war er geschlossen. Doch es brannte noch Licht, und Alex, ganz beherzt, klopfte laut an die Tür, während Hannah sie zurückhalten wollte mit einem „Nee, lass man, die arme Verkäuferin…“ Doch zu spät, die Zitierte schrak Böses ahnend zusammen, als hätte sie einen Einbrecher gesehen. Realistisch betrachtet lag diese Vermutung ja auch nicht allzu fern um jene Zeit. Beim Anblick der beiden Gestalten stand sie aber gutmütig auf und kam zur Tür.
„Bitte, wir MÜSSEN noch mal rein.“ Sagte Alex und machte eine flehende Geste. Ein Kopfschütteln und ein Fingerzeig auf die Uhr waren die Antwort. „Bitte, wir brauchen GANZ DRINGEND noch etwas.“ Alex zeigte in die Abteilung, die mit dem Schild „Damenhygiene“ ausgewiesen war. Welche Frau kennt nicht die Pein, dringend Damenhygiene zu benötigen und diese nicht zu bekommen? Ein verständnisvoller Gesichtausdruck, begeleitet von einen „Na gut“, wurde hörbar, als der Schlüssel das Schloss bereits entriegelte. Wie Junkies, die den nächsten Schuss brauchen, stürmten Alex und Hannah in das Geschäft, vorbei an allen Alkoholika, um dann beratend vor den Kondomen und den Schwangerschaftstests zu verharren.
„Na, schon gefunden?“ tönte es aus dem Hintergrund. „Nehmen Sie ruhig die Hausmarke, die ist sehr gut“, fügte die freundliche Verkäuferin gutmütig an.
„Haben schon alles“, sagte Alex und nahm 5 Schwangerschaftstests ab 15 Einheiten vom Haken. „Die sollten reichen…“ bestimmte sie zur errötenden Hannah gewandt und hastete zur Kasse.
„Danke, das war echt ein Notfall“, informierte sie die erstaunte Drogerieangestellte, die dann mit flinken Fingern und wachsendem Verständnis den Betrag eintippte. „Na dann viel Glück, so oder so…“ sagte sie zum Abschied, und schloss – sich ein wenig ängstlich nach echten Einbrechern umschauend- endgültig hinter ihnen die schwere Ladentür.
„Boah, Schwein gehabt, das war nett“, sagte Alex, als sie triumphierend die Tests schwenkend nach Hause gingen – oder eher hasteten, denn mit beider Ruhe war es vorbei. Und kurze Zeit später sahen sie mit steigender Spannung erst einen, dann einen weiteren Strich auf drei Teststreifen erscheinen, zwei waren für den nächsten Tag oder zur Nachkontrolle.
„Ich bin schwanger“, sagte Hannah tonlos.
„Mensch, du bist echt schwanger!“ sagte Alex und umarmte Hannah stürmisch. „Und du hast es wirklich verdient!“
Folge 94
„Tja, Mädel, dann war das wohl dein letzter Sekt für schlappe 36 Monat zuzüglich Stillzeit von sagen wir 3 Monaten, macht 45 Wochen- hört sich grauenhaft an, aber du schaffst das.“ Alex gab Hannah einen liebvollen Knuff und trank deren Glas auf Ex aus.
„Ja, diesmal geht es bestimmt gut, eine zweite Fehlgeburt wäre ja auch unwahrscheinlich, so was passiert nur einmal“, sagte Hannah voller Überzeugung und goss sich Orangensaft ein. „Den darf ich doch, oder?“ fragte sie dann unsicher.
„Klar, nur wenn das Baby dann da ist, soll man den nicht trinken, weil viele Babies davon wunde Pöter bekommen – glaube ich zumindest.“
„Na dann prost. Ich kann es noch gar nicht glauben.“ Ein Strahlen ging über Hannahs Gesicht. „Mensch, ich bin wirklich schwanger.“
„Klar. Und wenn du das jetzt wieder geschafft hast, dann schaffe ich das auch bald, ich war ja schon etwas frustriert, aber nun habe ich neue Hoffnung. Boah, ein Baby, und ich war beim Schwangerschaftstest life dabei.“ Sie sinnierte vor sich hin. „Du, ich habe noch nie einen positiven Test gesehen, auch komisch, was? Ist schon toll, wenn der zweite Strich da erscheint. Und jetzt musst du nur noch die paar Wochen abwarten, und dann ist echt was los in der Bude hier – zu Weihnachten seid ihr zu dritt.“ Sie schaute ein bisschen traurig.
Hannah sah das und sagte: „Das wirst du auch bald sein, wenn nicht Weihnachten, dann doch bestimmt zu Ostern. Und dann schieben wir gemeinsam die Kinderwagen und unsere Kinder wachsen zusammen auf. Mann, das wäre ja so schön, ich würde dir das auch so wünschen.“ Sie strich Alex leicht über die Hand. „Hey, guck nicht so, das wird schon. Alles wird gut…“
„Nee, wird es nicht so einfach, aber egal. Erst mal hast du es geschafft, und das ist wichtig.“ Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. „Mensch, schon so spät! Matthias wartet bestimmt schon. Ich muss los!“
Hektisch stand sie auf und griff zur Jacke.
„Aber nicht, weil ich das hier jetzt habe, oder?“ Hannah zeigte auf den Test mit den beiden Strichen und schaute ihre Freundin bittend an.
„Quatsch, du Nuss, weil ich Matthias ohnehin nie lange sehe, bevor er einschläft. Ausserdem beflügelt mich der da“, sie zeigte mit dem Kopf auf den Schwangerschaftstest, „vielleicht trete ich heute noch mal einfach so zur Übung in Aktion. Ausserdem: Wer weiss, an welchem Tag das Ei wirklich springt, dann 12 Stunden drauf, 5 Stunden Schwimmer…“ sie rechnete und grinste dann .“Ich muss dringend nach Hause.“ Mit einem verschwörerischen Blick umarmte sie Hannah und rauschte zur Tür hinaus.
Auf dem Weg zuhause dachte sie daran, wie oft sie schon Schwangerschaftstests gemacht hatte, und dass auch das intensivste Hypnotisieren des Streifens nie ein Ergebnis erbracht hatte, wie es sich heute bei Hannah gezeigt hatte. „So sieht das also aus“, sagte sie verwundert zu sich.
Ihre Freude für Hannah war rein, wer denn wenn nicht sie hatte es so sehr verdient. Und doch war da wieder dieses kleine Teufelchen, das sagte: “Aber ich möchte auch gerne…“ Das Wort „auch“ in diesem Satz beruhigte sie. Sie gönnte es ihrer Freundin – und sich selbst auch. Und wenn sie es nun geschafft hatte, wieder schwanger zu werden, dann würde sie selbst bestimmt bald nachfolgen. Das Bild des gemeinsamen Kinderwagenschiebens, das Hannah heraufbeschworen hatte, kam ihr in den Sinn, und mit einem fröhlichen Lächeln ging sie weiter. „Genau so machen wir das, Schatzi, zieh dich warm an. Quatsch, eben nicht… „ Sie lachte vor sich hin, als sie zuhause ankam. Ein bisschen albern durfte sie heute schon sein, immerhin hatte sie ja als Co-Testerin Premiere gehabt. Und das fühlte sich schon fast an wie Patentante zu sein, befand sie für sich selbst.
„Tja, Mädel, dann war das wohl dein letzter Sekt für schlappe 36 Monat zuzüglich Stillzeit von sagen wir 3 Monaten, macht 45 Wochen- hört sich grauenhaft an, aber du schaffst das.“ Alex gab Hannah einen liebvollen Knuff und trank deren Glas auf Ex aus.
„Ja, diesmal geht es bestimmt gut, eine zweite Fehlgeburt wäre ja auch unwahrscheinlich, so was passiert nur einmal“, sagte Hannah voller Überzeugung und goss sich Orangensaft ein. „Den darf ich doch, oder?“ fragte sie dann unsicher.
„Klar, nur wenn das Baby dann da ist, soll man den nicht trinken, weil viele Babies davon wunde Pöter bekommen – glaube ich zumindest.“
„Na dann prost. Ich kann es noch gar nicht glauben.“ Ein Strahlen ging über Hannahs Gesicht. „Mensch, ich bin wirklich schwanger.“
„Klar. Und wenn du das jetzt wieder geschafft hast, dann schaffe ich das auch bald, ich war ja schon etwas frustriert, aber nun habe ich neue Hoffnung. Boah, ein Baby, und ich war beim Schwangerschaftstest life dabei.“ Sie sinnierte vor sich hin. „Du, ich habe noch nie einen positiven Test gesehen, auch komisch, was? Ist schon toll, wenn der zweite Strich da erscheint. Und jetzt musst du nur noch die paar Wochen abwarten, und dann ist echt was los in der Bude hier – zu Weihnachten seid ihr zu dritt.“ Sie schaute ein bisschen traurig.
Hannah sah das und sagte: „Das wirst du auch bald sein, wenn nicht Weihnachten, dann doch bestimmt zu Ostern. Und dann schieben wir gemeinsam die Kinderwagen und unsere Kinder wachsen zusammen auf. Mann, das wäre ja so schön, ich würde dir das auch so wünschen.“ Sie strich Alex leicht über die Hand. „Hey, guck nicht so, das wird schon. Alles wird gut…“
„Nee, wird es nicht so einfach, aber egal. Erst mal hast du es geschafft, und das ist wichtig.“ Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. „Mensch, schon so spät! Matthias wartet bestimmt schon. Ich muss los!“
Hektisch stand sie auf und griff zur Jacke.
„Aber nicht, weil ich das hier jetzt habe, oder?“ Hannah zeigte auf den Test mit den beiden Strichen und schaute ihre Freundin bittend an.
„Quatsch, du Nuss, weil ich Matthias ohnehin nie lange sehe, bevor er einschläft. Ausserdem beflügelt mich der da“, sie zeigte mit dem Kopf auf den Schwangerschaftstest, „vielleicht trete ich heute noch mal einfach so zur Übung in Aktion. Ausserdem: Wer weiss, an welchem Tag das Ei wirklich springt, dann 12 Stunden drauf, 5 Stunden Schwimmer…“ sie rechnete und grinste dann .“Ich muss dringend nach Hause.“ Mit einem verschwörerischen Blick umarmte sie Hannah und rauschte zur Tür hinaus.
Auf dem Weg zuhause dachte sie daran, wie oft sie schon Schwangerschaftstests gemacht hatte, und dass auch das intensivste Hypnotisieren des Streifens nie ein Ergebnis erbracht hatte, wie es sich heute bei Hannah gezeigt hatte. „So sieht das also aus“, sagte sie verwundert zu sich.
Ihre Freude für Hannah war rein, wer denn wenn nicht sie hatte es so sehr verdient. Und doch war da wieder dieses kleine Teufelchen, das sagte: “Aber ich möchte auch gerne…“ Das Wort „auch“ in diesem Satz beruhigte sie. Sie gönnte es ihrer Freundin – und sich selbst auch. Und wenn sie es nun geschafft hatte, wieder schwanger zu werden, dann würde sie selbst bestimmt bald nachfolgen. Das Bild des gemeinsamen Kinderwagenschiebens, das Hannah heraufbeschworen hatte, kam ihr in den Sinn, und mit einem fröhlichen Lächeln ging sie weiter. „Genau so machen wir das, Schatzi, zieh dich warm an. Quatsch, eben nicht… „ Sie lachte vor sich hin, als sie zuhause ankam. Ein bisschen albern durfte sie heute schon sein, immerhin hatte sie ja als Co-Testerin Premiere gehabt. Und das fühlte sich schon fast an wie Patentante zu sein, befand sie für sich selbst.
Folge 95
Gut gelaunt schloss sie die Haustür auf und rief ein fröhliches: „Hallo mein Schatz, ich bin wieder da!“ Doch es erfolgte keine Antwort. Allerdings musste Matthias schon zuhause sein, denn sein Mantel hing an der Garderobe und die Schuhe standen wie immer neben dem Abtreter – eine Angewohnheit, die Alex täglich aufregte, die sie aber nicht ändern konnte. „Männer sind einfach nicht lernfähig – und ausserdem passen wir nicht zusammen. Ich sollte Hannah anrufen, ob sie zu mir ziehen will…“ Scherzhaft spann sie ihre Idee weiter. Während sie die schmutzigen Schuhe dorthin stellte, wo der Dreck ruhig abbröselt durfte, ohne den Teppich zu beschmutzen, rief sie: „Matthias? Bist du da?“
Als Antwort hörte sie ein Stöhnen aus dem Schlafzimmer, und während viele Frauen nun Schlimmes ahnend ins Schlafzimmer gehetzt wären, schlug Alex mit verdrehten Augen die entgegengesetzte Richtung ein, um sich in der Küche zu sammeln. Dieses Stöhnen konnte nur eines bedeuten: Matthias fühlte sich krank. Nicht: Matthias war krank, nein, Matthias fühlte sich krank. Und jede Frau würde nachfühlen können, was nun in Alex vorging: Einerseits wäre sie gerne wieder zu Hannah zurückgegangen, um ihrem Mann den Dingen zu überlassen, andererseits wäre das zwar eine logische Form der weiblichen Selbsterhaltung gewesen, dennoch unstrittig herzlos und dem Schwur der guten und schlechten Tage nicht entsprechend.
„Ich komme, mein Herz“, rief sie also und ging zu ihrem angetrauten Ehemann.
Matthias lag im Bett und stöhnte. Neben ihm lag bereits eine Menge Papiertaschentücher, auf dem Nachtschrank standen Nasentropfen und lagen Schmerztabletten.
„Na, geht es dir nicht gut?“ fragte Alex und zwang sich, tiefes Mitgefühl in ihre Stimme zu basteln.
„Ich habe Grippe“, antwortete Matthias pathetisch und schnaubte laut in ein Taschentuch, um dann das Ergebnis kurz zu prüfen.
„Hast du Gliederschmerzen? Hast du Fieber? Hast Du Kopfschmerzen?“
„Nein, aber eine verstopfte Nase…“
Die Diskussion über den Unterschied zwischen einer Erkältung, einer fiebrigen Erkältung und einer Grippe hatte Alex im ersten Jahr ihrer Beziehung fortlaufend und immer ergebnislos geführt, für Matthias war es immer eine schwere Grippe, wenn seine Nase lief.
„Kann ich dir was Gutes tun? Willst du heisses Bier mit Zucker? Oder soll ich dir das Rezept von Oma machen?“ Mit „diesem Rezept von Oma“ konnte sie ihn immer bei einer Erkältung erfreuen: Es handelte sich um eine Art Kutschertrunk, denn ihre Oma war auf einem Hof aufgewachsen und hatte erzählt, dass die Stallburschen und Kutscher dieses Mittel zu sich nahmen, wenn es kalt und eine Erkältung im Anmarsch war. Sie vermutete allerdings, dass damals häufig auf die Zitrone als Inhaltsstoff verzichtet werden musste, dafür aber umso mehr Alkohol genommen wurde: Der Kutschertrunk war nämlich eine Mischung aus einer halben Tasse Weinbrand, dem Saft einer Zitrone und nach Belieben Zucker. Zitrone und Weinbrand wurden erhitzt und dann gesüsst. Das Getränk musste heiss getrunken werden. Wer dieses Getränk zu sich nehmen wollte, nahm meist erst einen tiefen Zug des heissen Dampfes – mit dem Erfolg, dass garantiert alle Nasengänge freigeblasen waren; denn der Dampf enthielt eine so starke Mischung aus Zitrone und Alkohol, dass er direkt ins Gehirn zu gehen schien.
„Au ja, wenn du das tun würdest, du bist so gut zu mir“, war die schwache Antwort aus dem Federbettberg.
Alex verschwand also umgehend wieder in der Küche und stöhnte dort ihrerseits. Sie fand es immer besonders lästig, wenn Matthias so ganz kranker Mann spielte. Der Unterschied zwischen der Bewältigung solcher minderschweren Krankheiten durch Männer und Frauen zeigte solche Unterschiede, dass Alex noch mehr als zuvor davon überzeugt war, dass Männer und Frauen Wesen von unterschiedlichen Sternen waren. Wie hatte ihre Apothekerin beim letzten Kauf von Nasensprays, Taschentüchern etc. noch reagiert. „Oh, ist bei Ihnen jemand krank?“ „Ja, mein Mann hat eine Erkältung…“ „Sie Ärmste, lieber zwei kranke Kinder als ein kranker Mann…“
Während dieser Gedanken kochte der Weinbrand und Alex musste die Mischung erneut aufsetzen. „Mist, verdammter, auch das noch…“ schimpfte sie mit sich und rief Matthias zu: “Ich komme gleich, Schatz, halt noch einen Augenblick durch!“
Kurze Zeit später brachte sie den heissen Trunk ins Schlafzimmer und sagte: „Na, dann bleibe ich lieber im Arbeitszimmer, nicht, dass du mich auch noch ansteckst…“
„Nein, bitte bleib bei mir…“ war die klägliche Antwort, die von einem tiefen Seufzer begleitet wurde.
„Soll ich Fernsehen anmachen? Damit du abgelenkt bist?“
„Nein, das wäre zu laut…“
„Hast du doch Kopfschmerzen?“
„Nein, aber die kommen bestimmt noch…“
Eine Viertelstunde später, in der Alex ihrem schwerkranken Man die tapfere Hand gehalten hatte, hatte der Trunk seine Wirkung entfaltet – Matthias schlief und Alex konnte sich gemütlich ins Wohnzimmer setzen und in einer Zeitungsblättern. Mechanisch strich sie dabei kreiselnd im Uhrzeigersinn über ihren Bauch. „Ob sich da schon etwas tut?“ fragte sie und verlor sich in leichtem Tagtraum.
Gut gelaunt schloss sie die Haustür auf und rief ein fröhliches: „Hallo mein Schatz, ich bin wieder da!“ Doch es erfolgte keine Antwort. Allerdings musste Matthias schon zuhause sein, denn sein Mantel hing an der Garderobe und die Schuhe standen wie immer neben dem Abtreter – eine Angewohnheit, die Alex täglich aufregte, die sie aber nicht ändern konnte. „Männer sind einfach nicht lernfähig – und ausserdem passen wir nicht zusammen. Ich sollte Hannah anrufen, ob sie zu mir ziehen will…“ Scherzhaft spann sie ihre Idee weiter. Während sie die schmutzigen Schuhe dorthin stellte, wo der Dreck ruhig abbröselt durfte, ohne den Teppich zu beschmutzen, rief sie: „Matthias? Bist du da?“
Als Antwort hörte sie ein Stöhnen aus dem Schlafzimmer, und während viele Frauen nun Schlimmes ahnend ins Schlafzimmer gehetzt wären, schlug Alex mit verdrehten Augen die entgegengesetzte Richtung ein, um sich in der Küche zu sammeln. Dieses Stöhnen konnte nur eines bedeuten: Matthias fühlte sich krank. Nicht: Matthias war krank, nein, Matthias fühlte sich krank. Und jede Frau würde nachfühlen können, was nun in Alex vorging: Einerseits wäre sie gerne wieder zu Hannah zurückgegangen, um ihrem Mann den Dingen zu überlassen, andererseits wäre das zwar eine logische Form der weiblichen Selbsterhaltung gewesen, dennoch unstrittig herzlos und dem Schwur der guten und schlechten Tage nicht entsprechend.
„Ich komme, mein Herz“, rief sie also und ging zu ihrem angetrauten Ehemann.
Matthias lag im Bett und stöhnte. Neben ihm lag bereits eine Menge Papiertaschentücher, auf dem Nachtschrank standen Nasentropfen und lagen Schmerztabletten.
„Na, geht es dir nicht gut?“ fragte Alex und zwang sich, tiefes Mitgefühl in ihre Stimme zu basteln.
„Ich habe Grippe“, antwortete Matthias pathetisch und schnaubte laut in ein Taschentuch, um dann das Ergebnis kurz zu prüfen.
„Hast du Gliederschmerzen? Hast du Fieber? Hast Du Kopfschmerzen?“
„Nein, aber eine verstopfte Nase…“
Die Diskussion über den Unterschied zwischen einer Erkältung, einer fiebrigen Erkältung und einer Grippe hatte Alex im ersten Jahr ihrer Beziehung fortlaufend und immer ergebnislos geführt, für Matthias war es immer eine schwere Grippe, wenn seine Nase lief.
„Kann ich dir was Gutes tun? Willst du heisses Bier mit Zucker? Oder soll ich dir das Rezept von Oma machen?“ Mit „diesem Rezept von Oma“ konnte sie ihn immer bei einer Erkältung erfreuen: Es handelte sich um eine Art Kutschertrunk, denn ihre Oma war auf einem Hof aufgewachsen und hatte erzählt, dass die Stallburschen und Kutscher dieses Mittel zu sich nahmen, wenn es kalt und eine Erkältung im Anmarsch war. Sie vermutete allerdings, dass damals häufig auf die Zitrone als Inhaltsstoff verzichtet werden musste, dafür aber umso mehr Alkohol genommen wurde: Der Kutschertrunk war nämlich eine Mischung aus einer halben Tasse Weinbrand, dem Saft einer Zitrone und nach Belieben Zucker. Zitrone und Weinbrand wurden erhitzt und dann gesüsst. Das Getränk musste heiss getrunken werden. Wer dieses Getränk zu sich nehmen wollte, nahm meist erst einen tiefen Zug des heissen Dampfes – mit dem Erfolg, dass garantiert alle Nasengänge freigeblasen waren; denn der Dampf enthielt eine so starke Mischung aus Zitrone und Alkohol, dass er direkt ins Gehirn zu gehen schien.
„Au ja, wenn du das tun würdest, du bist so gut zu mir“, war die schwache Antwort aus dem Federbettberg.
Alex verschwand also umgehend wieder in der Küche und stöhnte dort ihrerseits. Sie fand es immer besonders lästig, wenn Matthias so ganz kranker Mann spielte. Der Unterschied zwischen der Bewältigung solcher minderschweren Krankheiten durch Männer und Frauen zeigte solche Unterschiede, dass Alex noch mehr als zuvor davon überzeugt war, dass Männer und Frauen Wesen von unterschiedlichen Sternen waren. Wie hatte ihre Apothekerin beim letzten Kauf von Nasensprays, Taschentüchern etc. noch reagiert. „Oh, ist bei Ihnen jemand krank?“ „Ja, mein Mann hat eine Erkältung…“ „Sie Ärmste, lieber zwei kranke Kinder als ein kranker Mann…“
Während dieser Gedanken kochte der Weinbrand und Alex musste die Mischung erneut aufsetzen. „Mist, verdammter, auch das noch…“ schimpfte sie mit sich und rief Matthias zu: “Ich komme gleich, Schatz, halt noch einen Augenblick durch!“
Kurze Zeit später brachte sie den heissen Trunk ins Schlafzimmer und sagte: „Na, dann bleibe ich lieber im Arbeitszimmer, nicht, dass du mich auch noch ansteckst…“
„Nein, bitte bleib bei mir…“ war die klägliche Antwort, die von einem tiefen Seufzer begleitet wurde.
„Soll ich Fernsehen anmachen? Damit du abgelenkt bist?“
„Nein, das wäre zu laut…“
„Hast du doch Kopfschmerzen?“
„Nein, aber die kommen bestimmt noch…“
Eine Viertelstunde später, in der Alex ihrem schwerkranken Man die tapfere Hand gehalten hatte, hatte der Trunk seine Wirkung entfaltet – Matthias schlief und Alex konnte sich gemütlich ins Wohnzimmer setzen und in einer Zeitungsblättern. Mechanisch strich sie dabei kreiselnd im Uhrzeigersinn über ihren Bauch. „Ob sich da schon etwas tut?“ fragte sie und verlor sich in leichtem Tagtraum.