Die Schwangerschaft mit Dir verlief so komplett anders als diejenige mit Deinem grossen Bruder. Die ersten Wochen waren geprägt von einer starken Übelkeit und Müdigkeit, so dass ich teils kaum essen konnte, und das heisst bei mir dann wirklich viel. Ich habe normalerweise immer einen gesegneten Appetit. Jedenfalls habe ich in 4 Wochen etwa 3 Kilo verloren – hat ja auch nicht geschadet Erbrechen musste ich zum Glück jedoch nie. Irgendwann war dann das schwierige erste Drittel vorbei, und ich fühlte mich wieder wohler. Monatelang ging es mir sehr gut. Ich war voll Tatendrang und brachte unseren Haushalt mit Ausmisten und Umorganisieren soweit auf Vordermann, dass wir dann wirklich genug Platz haben würden, um Dir ein schönes und gemütliches Zuhause schaffen zu können.
Mitte April begann es dann, dass ich täglich starke Bauchschmerzen hatte, und anfangs Mai erzählte ich dies der Frauenärztin bei der Kontrolle. Sie stellte fest, dass der Gebärmutterhals bereits verkürzt sei und ich mich unbedingt schonen müsse. Am liebsten hätte sie mich krank geschrieben, doch das wollte ich gar nicht, denn ich habe einen sitzenden Bürojob und sah den Sinn hinter einer Krankschreibung überhaupt nicht. Sie hat dies akzeptiert, doch von diesem Moment an versuchte ich schon, im Haushalt und bei übrigen körperlichen Tätigkeiten fest zurückzustecken. Ich wollte ja schliesslich nicht, dass Du 7-8 Wochen zu früh auf die Welt kommst. Du solltest noch Zeit haben, in Ruhe in meinem Bauch heranzuwachsen, damit Du nachher stark und gesund zur Welt kommst. Der Gedanke an eine drohende Frühgeburt prägte mich während den letzten 2 Monaten vor dem errechneten Termin vom 4. Juli. Bis zu dieser gynäkologischen Kontrolle hatte ich ganz starkes Urvertrauen in meinen Körper, und ich war sehr zuversichtlich, dass es Dir gut geht und alles gut kommt. Diese Zuversicht war für mich überhaupt nicht verständlich, denn die Schwangerschaft mit Deinem grossen Bruder war begleitet von vielen Ängsten, da ich zuvor ein Sternchen ziehen lassen musste. Es freute mich sehr, dass ich diese Schwangerschaft mit so positiven Gedanken erleben durfte und mir nicht ständig Sorgen machte. Doch mit dem Befund der Ärztin schlichen sich doch so kleinere Sorgen ein. Im Hinterkopf stellte ich mich jetzt immer darauf ein, dass Du wohl auch zu früh zur Welt kommen würdest. Schliesslich ist auch Dein grosser Bruder 20 Tage vor dem errechneten Termin zur Welt gekommen, und es hiess ja, die zweiten Babys kämen meist noch früher als die Erstgeborenen.
Ich bemühte mich, bei meinen Arbeitsstellen möglichst viele Pendenzen bald abzuschliessen, denn ich wusste ja nie, wann ich das letzte Mal bei der Arbeit sein würde. Auch zuhause wollte ich alles vorbereitet haben: Kleider gewaschen und eingeräumt, Betten umgestellt, Kinderwagen umgebaut, Tragehilfen aus dem Keller geholt etc. Irgendwann anfangs Juni waren wir so weit, dass ich sagen konnte, bei meinen Arbeitsstellen und auch zuhause wäre jetzt theoretisch alles bereit für Dich. Trotzdem wünschte ich mir fest, dass Du noch ein Weilchen in meinem Bauch gedeihen darfst, denn ich hätte es schade gefunden, wenn Du den gleichen Geburtstag (7. Juni) wie Dein Bruder gehabt hättest oder ein Datum, welches sehr nah am 7. Juni liegt. Ihr solltet beide euren eigenen grossen Tag haben dürfen. Zudem wusste ich, dass Dein Götti und Dein Gotti vom 5. bis 27. Juni in Kanada sind, und es wäre doch schade, wenn Du das Licht der Welt erblickst und die beiden Dich nicht bald nach der Geburt kennen lernen könnten.
Da ich so früh mit allem bereit war, ergab sich der Monat Juni als eine Zeit des Wartens. Meine Pendenzen waren erledigt, ich habe die meisten Termine abgesagt, hatte kaum noch Verpflichtungen. Diese Zeit wollte ich noch möglichst intensiv mit Deinem grossen Bruder verbringen, da ich wusste, dass ich danach nicht mehr so viel Zeit für ihn alleine haben würde. Wir haben viele gemütliche Tage zu zweit verbracht. Das Wetter war schlecht, also haben wir es uns zuhause bequem gemacht und gaaaanz viele Büechli angeschaut. Aber irgendwann fand ich es langsam langweilig. Kurz vor der Rückkehr von Deinem Gotti und Deinem Götti wurde ich langsam ungeduldig und fand, Du dürftest Dich jetzt schon langsam auf den Weg machen. Etwa 1,5 Wochen vor Termin wärst Du ja sicher gross und stark genug für diese Welt, und ich war nun schon länger schwanger als mit Deinem grossen Bruder. So viel zum Thema „drohende Frühgeburt“… An den errechneten Termin vom 4. Juli hatte ich sowieso nie geglaubt. Für mich habe ich immer den 30. Juni ausgerechnet, da ich nie 28-er-Zyklen hatte, sondern immer kürzere. Der 30. Juni nahte, aber es tat sich überhaupt nichts. Körperlich fühlte ich mich jetzt wieder ziemlich gut, spürte keine Schmerzen, keine verdächtigen Ziehen – nichts. So verstrich auch der 30. Juni, und ich startete tatsächlich schwanger in den Monat Juli. Langsam begann ich mich mit dem Gedanken auseinander zu setzen, dass ich sogar übertragen würde und es im schlimmsten Fall noch 2 Wochen dauern könnte. Ich googelte nach wehenfördernden Massnahmen, war aber irgendwie nicht dazu bereit, etwas davon auszuprobieren. Ich wollte es ganz alleine Dir überlassen, wann Du bereit bist für diese Welt. Ich wollte nicht in Deinen Zeitplan eingreifen oder reinpfuschen. Ich versuchte, möglichst normal weiterzuleben, auch wenn diese Ungewissheit mich schon ein bisschen plagte. Normalerweise bin ich doch so organisiert und plane gerne, und jetzt war alles so unklar. Nicht einmal meinen Wochenmenüplan konnte ich mehr machen, weil ich ja nicht wusste, wann Du zu uns kommen und unseren Alltag auf den Kopf stellen würdest .
Der 3. Juli begann wie jeder andere der letzten Tage: gemütlich und ohne Stress und ohne Termine. Einzige kleine Auffälligkeit: morgens hatte ich leicht rosafarbigen Schleim in der Unterhose, bisher war der Ausfluss nur klar. Aber ansonsten war es ein Tag wie die letzten Tage auch, und ich habe mir ja vorgenommen, normal weiter zu leben und nicht täglich nur noch zu hoffen und zu warten. Dein grosser Bruder und ich lebten in den Tag hinein. Am späten Nachmittag gingen wir noch einkaufen, und danach verbrachten wir noch ein wenig Zeit draussen, wo Dein grosser Bruder Traktor fuhr und ich ihm dabei zusah. Schon einige Nachmittage haben wir so zusammen verbracht, draussen vor dem Haus. Ich gemütlich sitzend, Dein Bruder aktiv. Um ca. 17.30 holte ich im Keller noch eine Büchse Rösti und traf die Nachbarin, welche sich nach dem errechneten Termin erkundigte. Ich sagte „morgen, aber es tut sich noch gar nichts“. Wir gingen wieder in die Wohnung und setzten uns gemütlich aufs Sofa, wo wir wieder mal Büechli zusammen anschauten. Um ca. 18.00 Uhr spürte ich einen heftigen Schmerz im Rücken und musste mit Büechli erzählen pausieren. Von da an kam dieser Rückenschmerz so ungefähr alle 20 Minuten. Während diesem Schmerz konnte ich nicht mehr gehen und nicht mehr reden, und ich erinnerte mich natürlich gleich daran, dass ich vor dem vorzeitigen Blasensprung bei Deinem grossen Bruder genau solche heftigen Rückenschmerzen hatte. Mein Mann kam um 18.50 nachhause, als ich gerade zum dritten Mal so einen starken Schmerz spürte, dass ich mich auf die Kommode aufstützen und veratmen musste. Ich erklärte ihm, dass ich starke Rückenschmerzen hätte und dies vielleicht der Anfang der Wehen sein könnte. Ich sei deshalb noch nicht dazu gekommen, das Znacht vorzubereiten. Er hat dann das Kochen übernommen, und ich begann schon mal, die Checkliste für die restlichen Sachen für meine Spitaltasche zu prüfen und ein paar Sachen einzuräumen. Auch wenn es heute nicht losgehen würde: morgen war ja schliesslich der errechnete Termin, also konnte ich schon langsam die Spitaltasche komplettieren. Das meiste hatte ich eh schon Ende Mai eingepackt. Es ging nur noch um ein paar (wichtige) Details wie Fotoapparat, Haarbürste etc. Viel wollte ich aber nicht mitnehmen, denn mein Wunsch war es, ambulant zu gebären.
Um 19.30 Uhr assen wir zum Znacht eine Speckrösti. Ich hatte nicht mehr so grossen Appetit. Dieses Rückenweh kam häufiger, und auch der Bauch war jetzt komisch. Ich spürte, dass ich wohl nicht zwei Wochen übertragen würde. In Gedanken stellte ich mich darauf ein, dass Dein grosser Bruder normal zu Bett gehen konnte, ich zuhause ein paar Stunden lang Wehen veratme und wir irgendwann im Verlauf der Nacht dann ins Spital losfahren würden. Dein grosser Bruder war aber seit dem Abend ganz komisch drauf. Er war völlig ausser sich, machte nur noch Blödsinn und holte sich sogar eine Beule. Ob er etwas ahnte? Zu Bett gehen war heute Abend bei ihm anscheinend ein Ding der Unmöglichkeit, obwohl wir die letzten Tage und Wochen eigentlich keine Probleme mehr damit hatten. Theoretisch hätte er um ca. 21.00 Uhr schlafen sollen, aber da war nichts zu wollen. Er lag wach in seinem Bett und redete immerzu mit uns. Er hat mitbekommen, dass ich etwas von einem Bad erzählt habe und fragte immer, ob ich nun baden gehen würde. Um 21.00 liess ich dann endlich das Badewasser ein, da es ja immer hiess, wenn die Schmerzen sich im Bad verstärken, seien es echte Wehen. Ich stieg also in die Wanne und spürte absolut nichts mehr. Da war ich schon etwas enttäuscht. Ich hätte gerne gehabt, wenn es diese Nacht jetzt endlich losgehen würde. Ich hatte keine Lust, den Frauenarzttermin mit CTG von morgen, 4. Juli, wahr zu nehmen. Ein klein wenig frustriert stieg ich um ca. 21.30 aus der Wanne. Dein grosser Bruder war immer noch wach. Also entschied ich mich, dass ich mich zu ihm ins Bett lege, damit er ruhig und friedlich einschlafen kann. Seit ich aus der Wanne kam, hatte ich so komische Bauchschmerzen. Ich wollte mich im Bett noch etwas entspannen. Ich lag also etwa 10-15 Minuten im Bett (Dein Bruder immer noch wach), als mir um 21.45 plötzlich bewusst war, dass diese Schmerzen Wehen sein müssen und jetzt schon sehr fleissig (ca. 5 Minuten) kommen. Ich fühlte mich mit einem Mal ganz geschwächt vor Schmerzen und schaffte es noch irgendwie, meinem Mann zu rufen, er solle die Schwiegereltern avisieren zu kommen. Er war ganz erstaunt, weil es mir ja vor 15 Minuten noch so gut ging. Trotzdem rief er sofort an und sie machten sich auf den Weg. Ich bat ihn, ins Spital anzurufen, doch er fand, er wisse nicht, was er denen genau am Telefon sagen solle (sonst ist er nicht so ungeschickt…). Also wählte er einfach für mich die Nummer und ich schaffte es in einer Wehenpause, die Lage der Dinge zu schildern. Wir würden dann nächstens mal losfahren.
Um 22.05 kamen die Schwiegereltern. Kurz vorher verabschiedete ich mich weinend von Deinem grossen Bruder. Ich wusste schon seit Wochen, dass der Abschied von Deinem Bruder für mich der schlimmste Moment sein würde. Wir haben so eine enge Bindung zueinander, und es war für mich extrem emotional, ihn in diesem Moment mit den Schwiegereltern zurück zu lassen im Wissen, dass unser Familienleben sich mit meiner Rückkehr komplett geändert haben würde. Die Schwiegereltern konnte ich nur notdürftig begrüssen und verabschieden. Wir sahen uns nur wenige Minuten (jetzt musste es schnell gehen), und ich war immer noch tränenüberströmt. Vor der Geburt hatte ich keine Angst, aber eben dieser Abschied von meinem grossen Sohn fiel mir in dem Moment unglaublich schwer.
Um 22.10 fuhren wir ab ins Spital. Da hatte ich die Schmerzen immer noch etwa im 5- oder sogar 4-Minutentakt. Mein Mann fuhr noch vorsichtiger als sonst, fuhr sehr sanft über Schwellen und in Kurven. Wir redeten kein Wort mehr zusammen, denn ich musste die Wehen veratmen und zwischendrin blieb mir keine Energie zum Reden. Wie ich spürte, war er auch sehr angespannt. Vor 45 Minuten hat er ja noch nicht mit so einer baldigen Abfahrt gerechnet. Ich war froh, dass es um diese Zeit kaum Verkehr hatte und wir so gut durchkamen. Ich war auch dankbar über jede Autobahnausfahrt, die wir dem Spital näher kamen. Und ich war dankbar, dass er so ein guter und (im Gegensatz zu mir!) ortskundiger Autofahrer war, der den Weg genau kannte. Als wir die Autobahn verliessen, kamen die Wehen schon etwa im 3-Minutentakt und ich musste ganz laut veratmen. Mir kamen Szenen in den Sinn, wo Kinder im Auto oder am Strassenrand geboren wurden. Die letzten Strassen bis zum Spital kamen mir wieder bekannt vor. Ich war unendlich froh, dass wir das Ziel in unmittelbarer Nähe wussten. Mein Mann parkierte auf dem Ärzteparkplatz gleich vor dem Spitaleingang. Ich hätte es nicht geschafft, den Weg vom normalen Parkplatz bis zum Eingang zu laufen.
Es war mittlerweile 22.25 Uhr. Ich stieg mühsam aus dem Auto aus, musste mich erst wieder an der Autotüre festhalten und eine Wehe veratmen. Dann ging es weiter zum Spitaleingang, wo ein Patient draussen eine Zigi rauchte. Es gibt kaum etwas, das ich mehr hasse, als Zigaretten!! So schnell wie es ging, lief ich an dem Typ vorbei zum Eingang. Dort wieder stehen bleiben und eine Wehe veratmen. Der Nachtwächter kam und führte uns schön langsam zum Lift. Wieder eine Wehe veratmen. Dann führte er uns den Gang entlang zum Gebärsaal. Kurz vorher musste ich wieder stehen bleiben, mich am Geländer fest halten und atmen. Mittlerweile erlebte ich alles nur noch wie durch einen Schleier. Ich hörte eine Hebamme mit sanfter Stimme uns begrüssen, sie stellte sich vor und gab mir die Hand. Ich sah sie aber nicht wirklich, hatte die Augen meist geschlossen. Sie sagte: „Oh, sie schwitzen aber schon ganz schön fest. Gut, sind Sie da. Wie das aussieht, geht das nicht mehr bis morgen früh.“ Sie führte uns in den Gebärsaal und fragte mich, ob ich noch zur Toilette müsste. Ich konnte noch schwach sprechen und sagte, das wäre wohl nicht so schlecht. Sie fragte, ob ich nur bislen müsste (vermutlich befürchtete sie schon, ich hätte Pressdrang). Ich bejahte. Sie erklärte, dass sie um 22.30 Schichtwechsel hätten. Ich könne schon mal aufs WC, sie und ihre Kollegin kämen nachher gleich zu uns. GG parkierte derweilen noch das Auto um. Wie er mir später erzählte, hat er sich beim Einparkieren noch besonders grosse Mühe gegeben, weil er dachte, wir würden jetzt sicher eine Zeitlang im Gebärsaal verbringen. Als ich auf dem WC sass, dachte ich noch, dass Gebären etwas ganz Unschönes sei. Dieser Schmerz! Den konnte ich nicht mehr mehrere Stunden aushalten, aber ich möchte doch wieder so gerne ohne PDA gebären Und es soll ja niemand wagen, mich da unten anzufassen oder gar zu untersuchen. Gleichzeitig fragte mich aber auf dem WC auch, wie ich hier je wieder aufstehen sollte. In einer kurzen Wehenpause ging es dann doch, dass ich mich aufzog, spülte, gründlich die Hände wusch, wieder langsam raus in den Gebärsaal ging und die Schuhe auszog. Mein Mann war inzwischen zurück und die Hebamme bat mich, mich hinzulegen, dass sie mich dem CTG anschliessen konnte. Sie war eine ganz sanfte mit angenehmem Berner Oberländer Dialekt. Wieder kam die nächste Wehe und ich musste fest und laut atmen. Sie sagte „ui, das war wieder ein Heftiges“. Und sie sagte mir in den wenigen Minuten ganz oft, wie gut ich das mache. Ich wusste zwar vom Geburtsvorbereitungskurs Deines grossen Bruders, dass frau nie mehr Lob und Komplimente bekommen würde wie während der Geburt. Trotzdem tat es mir in dem Moment gut zu hören, was sie sagte. Sie konnte noch zwei Fragen stellen, und zwar betreffend Allergien und ob die letzte Geburt schnell ging. Dann folgte der Schichtwechsel. Eine andere Hebamme kam und stellte sich vor. Ich vergass den Namen sofort wieder, konnte sie auch nicht sehen, da ich nur mit geschlossenen Augen da lag und mich alles andere als fit fühlte. Sie setzte mir ziemlich eilig an der linken Hand einen Zugang. Ausserdem fragte sie GG nach dem Blutgruppenausweis. Ich hatte nicht mehr die Kraft zu antworten, wo genau in der Tasche ich diesen verstaut hatte. Also musste mein Mann suchen und fand ihn auch ziemlich bald.
Plötzlich bekam der Schmerz bekam eine neue Intensität und ich hörte aus mir heraus ein animalisches Stöhnen. Die Hebamme frage „Druck gegen unten?“. Ich brachte ein schwaches „ja“ heraus. Als ich diese Art von Schmerz spürte, erinnerte ich mit einem Mal wieder genau, wie es sich damals bei der Geburt Deines grossen Bruders anfühlte. Einerseits fand ich diese Art von Wehen grässlich, andererseits wusste ich, dass dieser damals nicht lange so angedauert hat, und ich spürte, dass es jetzt schon bald in die Endphase ging, auch wenn es mir total unwirklich vorkam. Ich habe mich doch eben erst hingelegt.
Die Hebamme fragte mich, ob ich die Hose noch alleine ausziehen könnte. Ich konnte nur noch den Kopf schütteln. Also zog auf der einen Seite die Hebamme, auf der anderen Seite mein Mann. Auch die Unterhose zogen sie mir so zu zweit aus. Ich hatte keine Kraft mitzuhelfen, indem ich beispielsweise das Gesäss hochgehoben hätte. Die Hebamme zog mir dann auch noch die Socken aus, keine Ahnung wieso. Sie fragte mich, ob ich es schaffen würde, mich zur Seite zu drehen. Ich konnte nur „ä-äh“ antworten. „Kein Problem. Bleiben wir so.“ Beim nächsten Schmerz brannte mein Unterleib und ich hatte das Gefühl, es würde mich auseinander sprengen. Da sagte die Hebamme „ich sehe schon das Köpfchen“. Mir kam alles so unwirklich vor. Wir sind doch eben erst hier angekommen. Ich versuchte, tapfer zu sein und zum Schmerz zu atmen. Von der letzten Geburt hatte ich noch in Erinnerung, dass ich nicht pressen sollte. Die Hebamme sagte damals, das Baby müsse langsam zur Welt kommen. Auch im Hypnobirthing-Buch habe ich gelesen, man solle nicht pressen, sondern nur atmen. Die Hebamme sagte mir jetzt jedoch, ich solle „mithelfen“, was ich als pressen interpretierte, also machte ich das. Das Köpfli war draussen. Sie sagte „und jetzt noch einmal mithelfen“. Ich tat wieder und fühlte sogleich diese unglaubliche Erleichterung, als ich spüren konnte, wie Du ganz aus mir herausgeflutscht bist. Trotzdem konnte ich es immer noch kaum glauben, dass Du nach so kurzen Wehen schon da warst. Die Hebamme legte mir Dich auf den Bauch, und ich sagte sicher 5-6 Mal fassungslos „jesses Gott“, und am Schluss „Du bist schon da?!“ Dann fragte ich GG – obwohl ich ja theoretisch selber hätte schauen können, aber ich war gerade zu erschöpft – „Was ist es überhaupt?“ Ein Junge, wie ich vermutet hatte! Dann hatte ich noch ein wenig Angst vor der Geburt der Plazenta, weil ich Schmerzen – auch wenn sie nur so kurz andauerten – total satt hatte. Doch die Plazenta wurde auch sehr bald geboren und ab dem Moment spürte ich nur noch Erleichterung pur. Ich fragte meinen Mann plötzlich „Wie spät ist es eigentlich?“ Er nannte mir die Zeit und sagte, der Kleine sei um 22.47 geboren. Wow, wir waren etwa 15 Minuten im Gebärsaal! Heute – 12 Tage später – fasse ich es immer noch kaum, wie schnell das plötzlich ging. Ich durfte meine zweite Traumgeburt erleben und werde dieses einmalige Erlebnis nie im Leben vergessen.
Unser kleiner Prinz wog übrigens stattliche 3‘720 Gramm, war 51 cm gross und hatte einen Kopfumfang von 35.5 cm. Die Hebamme fand dann, dass es für das Buebli höchste Zeit gewesen war, auf die Welt zu kommen. Die Plazenta sei schon stark verkalt gewesen und das Fruchtwasser grün gefärbt und wenig. Aufgrund des grünen Fruchtwassers mussten wir 48 Stunden zur Überwachung im Spital bleiben, und somit wurde es nichts mit der ambulanten Geburt. Aber dieses Geburtserlebnis war so unglaublich schön, dass ich diesen „längeren“ Aufenthalt gut akzeptieren konnte.
schnelle Geburt (15 Minuten im Gebärsaal) unseres Prinzes
Moderator: Phönix
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Re: schnelle Geburt (15 Minuten im Gebärsaal) unseres Prinze
Herzlichen Glückwunsch!!!
Alles Liebe zu Viert!
Alles Liebe zu Viert!
Re: schnelle Geburt (15 Minuten im Gebärsaal) unseres Prinze
wuuuuunderschön <3
Märzmädchen 2014, Hausgeburt
Re: schnelle Geburt (15 Minuten im Gebärsaal) unseres Prinze
So ein schöner Geburtsvericht! Herzlichen Glückwunsch nochmals liebe Laura.
♀ 29. Juni 2006
♂ 12. Januar 2008
♀ 23. Juni 2010
Lieben bedeutet, füreinander zu leben
♂ 12. Januar 2008
♀ 23. Juni 2010
Lieben bedeutet, füreinander zu leben
Re: AW: schnelle Geburt (15 Minuten im Gebärsaal) unseres Pr
Der Titel deines Geburtsberichtes hat mich extrem angesprochen: die Geburt unserer Kleinen hat nach Spitaleintritt auch 15 Minuten gedauert 
Danke für den Bericht! Ganz schön geschrieben.

Danke für den Bericht! Ganz schön geschrieben.
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- Vielschreiberin
- Beiträge: 1146
- Registriert: Mo 4. Mai 2009, 08:16
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Re: schnelle Geburt (15 Minuten im Gebärsaal) unseres Prinze
Herzlichste Gratulation zur Geburt eures 2. Wunders!
Du hast das mega spannend und so schoen geschrieben, da wurde mir grad mehr als warm um's Herz und ich musste gerade ein Traenli abwischen (bloede SS Hormone hehe).
Euch alles alles Gute!
LG
Caro
Du hast das mega spannend und so schoen geschrieben, da wurde mir grad mehr als warm um's Herz und ich musste gerade ein Traenli abwischen (bloede SS Hormone hehe).
Euch alles alles Gute!
LG
Caro
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Baby Girl 23.9.2010
Baby-Boy 7.1.2014
Baby-Boy 13.6.2017
2 Sternli im Herze 7.2.2009 (7. SSW) & 1.8.2015 (10. SSW)
Baby Girl 23.9.2010
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Baby-Boy 13.6.2017
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Re: schnelle Geburt (15 Minuten im Gebärsaal) unseres Prinze
Ohhhhh, so schön geschrieben. Danke vielmals. Hab grad Hühnerhaut bekommen. Schreibe Dir noch ein Mail.
Bin so erleichtert gewesen, als ich Deine News bekommen habe!!!
Bin so erleichtert gewesen, als ich Deine News bekommen habe!!!