unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig"

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Moderator: Phönix

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maulwurf
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unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig"

Beitrag von maulwurf »

Morgen ist der 3. August, der Tag eures ersten Geburtstages.

Gestern, am Nationalfeiertag, sassen wir zu fünft im Schrebergarten mit einigen Leuten gemütlich beisammen. Die meisten von ihnen sahen euch zum ersten Mal, nachdem sie letztes Jahr meinen riesigen Kugelbauch bewundert hatten. Oh ja, er war wirklich gross und, wie ich immer sagte, voll mit Kind. Ihr wart gefühlt überall, seid gewachsen und gediehen bis nahe an den errechneten Geburtstermin. Nun möchte ich endlich das Geburtserlebnis niederschreiben, ein Vorhaben, das ich längst umsetzen wollte.

Ich spürte den Wunsch nach einer Spontangeburt, sobald ich von euch im Duo wusste. Ich trug die Erinnerung an eine schöne wenn auch lange Geburt eures grossen Bruders in mir. Euer Entscheid, es euch fortan quer übereinander gemütlich zu machen stellte mich noch vor so manche Momente der Herausforderung. Ich hatte eine problemlose Schwangerschaft und befand mich immer etwas Kampf gegen die Schublade der „Risikoschwangerschaft“. Ich musste mich damit abfinden, dass die meisten Fachleute um mich herum mir von einer Spontangeburt abrieten; dies hauptsächlich aufgrund der gegen Ende Beckenendlage und Querlage. Ich hörte von guten Erfahrungen im Paracelsusspital Richterswil und liess mich deshalb im letzten Trimenon dorthin überweisen. Ein guter Entscheid, wie sich rasch herausstellte. Ich spürte erstmals, dass Fachpersonen hinter mir standen, mich bestärkten und mein Vertrauen mittrugen. Die letzten vier Schwangerschaftswochen wurden immer beschwerlicher. Ich hatte fast ständig Vorwehen und begann zu zweifeln, ob mein Körper die Kraft aufbringen kann, die doch grosse Gebärmutter geburtswirksam zu kontrahieren. Hatte ich mich doch übernommen mit meinem eisernen Entschluss? Ich teilte meine Ängste im Spital mit und die Ärztin kommunizierte mit mir auf eine heilsame Weise. Sie schlug mir einen Kaiserschnitt für den Folgetag bei etwa 38 Schwangerschaftswochen vor und meinte, sie würde auch dies vollstens unterstützen. Ich musste mir einige Minuten Bedenkzeit nehmen, in denen ich wieder klar merkte, was ich wirklich wollte. In den folgenden Tagen wurde das allfällige Einleiten Thema, was ich nicht anzielte. Gleichzeitig merkte ich, dass mein Alltag nun wirklich beschwerlich wurde und ich willigte für einen Einleitungstermin am bei 40+0 ein. Doch es sollte nicht dazu kommen.

Bei 39 2/7 Schwangerschaftswochen, an einem von vielen prächtigen Sommertagen, kam meine Mutter mit unserem Sohn aus Basel zurück, wo er sich in den letzten Wochen einige Male aufhielt. Wir planten einen gemeinsamen Tag draussen. Ich empfand an diesem Vormittag noch weniger Energie als die Tage zuvor und konnte mich einfach nicht dazu aufraffen, nach draussen zu gehen. Was für ein Segen meine Mutter bei mir zu haben, die mein quirliges Kind auf den Spielplatz begleitete. Ich sass währenddessen ziemlich regungslos auf dem Sofa und schaute Ausschnitte aus den olympischen Spielen. Mein Bauch war auch in Ruheposition aktiv, ich spürte ein leichtes mensartiges Ziehen. Dies war wohl so um den Mittag herum. Als „Grandmi“ und „grosser Bruder“ Mitte Nachmittag nach Hause kamen und er wie gewohnt auf mir herumturnte merkte ich, dass ich dies irgendwie schlecht ertrug. Die nächsten Stunden befand ich mich im Kampf gegen mein schlechtes Gewissen, das sich gegen meinen Wunsch, die beiden wieder nach Basel loszuschicken sträubte. Was, wenn dieses Spielchen noch ewig weitergehen würde? Die lange Zeit mit Vorwehen verunmöglichte mir die Situationseinschätzung. Dennoch verabschiedete ich mich und begrüsste gleichzeitig meinen Mann, der von der Arbeit kam. Ich merkte bald, dass sich eine Regelmässigkeit in den Wehenabständen ergab. Man hatte mir eingeflösst, mich bei Geburtsbeginn rasch auf den Weg zu begeben, denn wir hatten noch eine 20-30-minütige Autofahrt vor uns. Die Wehen kamen in 5-Minuten-Abständen und ich packte noch kurz meine Sachen zusammen. Im Auto war ich überzeugt, dass sie mich wohl wieder nach Hause schicken würden, denn so wirklich heftig war der Wehenschmerz noch nicht. Mein Mann begann, mir einige Fragen zum Geburtsablauf zu stellen – immerhin lagen knapp zwei Jahre dazwischen. Ich konnte und wollte mich nicht mehr so recht darauf konzentrieren und würgte ab. Hm, irgendwas war da nun doch anders als gewohnt. Als wir gegen 20 Uhr im Spital ankamen wurden wir ruhig empfangen und ich zuerst mal auf die Toilette geschickt. Die Wehen waren jetzt intensiver und ich musste jeweils stehen bleiben und veratmen. Ich wurde ans CTG gehängt und untersucht - und mit leicht überraschten Augen angeschaut. Der Muttermund war 7cm eröffnet. Also doch nichts mehr mit nach Hause. Ich war erleichtert und voller Kraft, der Geburt nun endlich ins Auge zu blicken. Die Dienstärztin wurde dazugerufen und untersuchte mich ebenfalls. Ich hatte etwas Mühe damit, ständig am CTG angehängt zu sein. Zum Glück war „die Leine“ nicht allzu kurz und ich konnte mich dennoch etwas im Raum und auf dem grossen Bett bewegen. Ich merkte beim Ausprobieren, dass mir während den Wehen Druck im Kreuzbeinbereich sehr half und mein Mann erfüllte seine „Aufgabe“ mit Bravour und grossem Krafteinsatz. Er musste konsequent dranbleiben bis zur Pressphase, denn ich rief ihn immer sofort zur Stelle, sobald sich eine Kontraktion abzeichnete. Ich glaube, kein Schmerzmittel und keine PDA hätten diese Schmerzentlastung besser hinbekommen. Nach einer weiteren Stunde war mein Muttermund 9cm eröffnet und nun zwei Hebammen und zwei Ärztinnen zur Stelle. Ich war etwas irritiert über die „Steigbügel“, die am Bettende montiert wurden, wehrte mich aber nicht dagegen und war in einem tranceähnlichen Zustand. Bald verspürte ich Pressdrang und konnte kräftig drücken, da ich zu diesem Zeitpunkt noch zusätzlich Syntocinon erhielt, um die Wehen zu unterstützen. Um 23:12 durften wir unser erstes Kind in die Arme schliessen. Es war in kompletter Steisslage geboren worden und schrie sofort. Ich durfte es sofort auf die Brust nehmen und liess es nicht mehr los. Fast hätte ich vergessen können, dass mir eine zweite Geburt bevorstand. Nun wurde Ultraschall gemacht und ich bekam mit, dass die zweite Kindslage nicht optimal war. Die Ärztinnen sprachen ruhig und sicher und ich konnte voll vertrauen. Nun wurde ich klar angeleitet und mit starken Händen begleitet – von innen und von aussen. Das Baby wurde so geschient, dass es um 23:24 mit einem Bein voran, dann mit dem Körper und dem zweiten Bein geboren wurde. Was für ein kleiner Akrobat, der im Spagat die Welt betanzte. Und was für ein unsagbar zauberhaftes und wunderschönes Gefühl, gemeinsam mit meinem ersten Kind, fest in meine Arme geschlossen, mein zweites zu gebären. Ich war und bin sehr dankbar für diese Offenheit.
Nach der zweiten Geburt sahen wir sofort, dass dies ein Junge war. Nun haben wir einen Männerclub zu Hause, sagte ich zu meinem Mann. Das erste der beiden sah unserem Erstgeborenen zum Verwechseln ähnlich. Nun schauten wir doch mal kurz unter das warme Tuch und zu unserer riesigen Überraschung war es ein Mädchen. Was für ein grosses Glück, mit diesen zwei vollkommenen Wesen zu kuscheln, sie zum ersten Mal zu stillen und für mich zu wissen, dass es sich mehr als gelohnt hatte, mich für meinen Wunsch stark zu machen.Leider blutete ich in der folgenden Nacht relativ stark, wurde engmaschig überwacht und brauchte Eiseninfusionen. Auch bereitete mir das Aufstehen Mühe. Dennoch konnten wir dann nach einer weiteren Spitalnacht ins Geburtshaus Delphys umziehen und dort das Frühwochenbett verbringen. Es war für uns ein nach Hause Kommen, denn unser Ältester wurde dort geboren. Wir erlebten wiederum eine wunderbare Zeit und konnten uns keinen besseren Ort vorstellen, um uns zu erholen und unsere beiden Kleinen in Ruhe und Geborgenheit kennenlernen.

Ich bin unendlich dankbar für diesen Start ins Familienleben zu fünft. Vielleicht kann ich mit meinem Bericht anderen werdenden Müttern mit unüblichen Kindslagen oder Zwillingen Mut und Kraft vermitteln, ihrem Gefühl zu folgen, um dennoch eine selbstbestimmte Geburt erleben zu dürfen.

In Liebe zu meiner Familie

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flying_blondie
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig

Beitrag von flying_blondie »

Was für ein wunderschöner und mutmachender Bericht!

Euch alles Gute!

Lg

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Knuddu01
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig

Beitrag von Knuddu01 »

Ein wunderschöner Bericht! Schön hat alles so gut geklappt und hast du auf dein Gefühl gehört.


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Die Entscheidung, ein Kind zu haben ist von grosser Tragweite. Denn man beschliesst für alle Zeit, dass das Herz ausserhalb des Körpers herumläuft.

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ambura
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig

Beitrag von ambura »

Wow- ich habe bisher immer nur von Kaiserschnitten bei Zwillingen gehört..schön einen solchen Bericht zu lesen und super wie Du/Ihr das gemacht habt!
Alles Liebe

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Mira
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig

Beitrag von Mira »

Vielen Dank für den Bericht! Schön, von einer spontanen Zwillingsgeburt zu lesen.
Sohnemann (07/2009), Mäitschi (06/2012)

Gabriela
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig

Beitrag von Gabriela »

Gratuliere Dir ganz herzlich

so schön wurde Dir diese Geburt so ermöglicht.

Alles Gute und guter Start (auch wenn etwas verspätet)

maulwurf
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig

Beitrag von maulwurf »

danke an alle fürs feedback
@gabriela: die guten startwünsche kommen nicht zu spät, sind immer wieder in neustartphasen... :wink:

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grinsebacke79
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig"

Beitrag von grinsebacke79 »

Toller Bericht, das macht mir mut. Ich erwarte zwillinge und würde es gerne versuchen mit der natürlichen Geburt. Ob das mittlerweile auch andere Kliniken anbieten?!
Wir wohnen nähe Oerlikon..


Doppelpack an board... ET 14.12.2016 vermutlich aber früher.. [-]️
Glück im Doppelpack ist unterwegs.. ET 14.12.16

Leela
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig"

Beitrag von Leela »

Toller Bericht, hab ich noch gar nicht gelesen :-)

@grinsebacke: Oerlikon - Richterswil wären ca. 30 min. Fahrt, das ist doch ideal?

(Ich fuhr knapp 45 min. ins GH und wäre sicher auch weiter gefahren, um am für mich richtigen Ort gebären zu können).
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Snoopy2014
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig"

Beitrag von Snoopy2014 »

So ein schöner Bericht. Ich hatte auch zwei selbstbestimmte Geburten im Geburtshaus und würde mich bei Zwillingen definitiv such dafür einsetzen.

Wünsch Euch einen schönen 3.Geburtstag.

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Sunnebluemä
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig"

Beitrag von Sunnebluemä »

WOW! Einfach nur meeeeega!
Akrobatin ♥ März 2011
Schauspielerin ♥ Mai 2013

nixxi
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Re: unsere zwillinge - "steiss und quer und doch goldrichtig"

Beitrag von nixxi »

hallo zusammen,
vielen dank für die feedbacks. nun ist das ganze schon über vier jahre her und dennoch immer noch seeehr präsent.

bezüglich der frage, ob eine spontane zwillingsgeburt auch in anderen kliniken möglich ist: es kommt sehr auf die ausgangslage an.
liegt der erste und führende zwilling in schädellage wär in zürich sicher auch das triemlispital oder das usz eine option. bei zwei ungewöhnlichen ausgangslagen denke ich wäre die situation noch dieselbe. ich persönlich empfinde das paracelsus als am nächsten bei der haltung des geburtshauses (habe mein erstes kind im geburtshaus entbunden) und kann das team sehr empfehlen.

alles liebe den werdenden zwillingsmüttern und allen anderen mitlesenden,
nf

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