SS-Vergiftung, halber Not-KS - nichts für Erstgebärende-lang

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Sarry
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SS-Vergiftung, halber Not-KS - nichts für Erstgebärende-lang

Beitrag von Sarry »

Im März 2015 verletzte ich mich am Fuss und musste einiges an Schmerzmitteln nehmen um voll arbeiten zu können. Im April war mir dann den ganzen Tag lang schlecht. Ich dachte an Magen oder Leber aufgrund der Tabletten und liess beim HA einen Bluttest machen. Vermutlich hat er sich schon was gedacht, denn nach dem Wochenende teilte er mir telefonisch mit, dass ich schwanger bin... Schock! Ich nehme doch die Pille?!?! Mein Freund hat bei der Eröffnung schallend gelacht, stand aber dann zu mir.

4 Tage später zum FA und den ersten US gemacht. Nächster Schock: ich war schon in der 9. Woche! Man sah sogar schon einen Herzschlag. Das musste ich erstmal verdauen...
Die Übelkeit blieb mir ca bis zur 15. SSW erhalten. Ich hasse Übelkeit. Mit dem rauchen konnte ich dank Softlaserakkupunktur von jetzt auf gleich ohne Entzugserscheinungen aufhören. Ab dem 5. Monat tat mir das Steissbein weh wie blöd. Hätte man mir im 6. Monat angeboten jetzt sofort alles zu beenden, dann hätte ich ja gesagt. Mir ging es emotional sehr schlecht. Ab dem 7. Monat hatte ich durchgehend Wasser in den Beinen und Schmerzen beim sitzen. Ab der 32. SSW war ich krank geschrieben, da nach nur 2 Stunden leichter Bürotätigkeit nichts mehr ging vor Schmerzen. Dann haben wir noch standesamtlich geheiratet und die Feier bei uns daheim gemacht. Nie wieder! Diejenige, die die Wohnung geputzt hat, war nämlich ich. Mit riesigem Bauch, Wasser in Händen und Füssen und geplagtem Rücken. Die FÄ sagte 2 Wochen vor dem ET, dass wir einen Tag danach einleiten, falls meine Maus bis dahin nicht von allein käme. Das wollte ich nicht unbedingt.
Meine Wunschliste vom Geburtsvorgespräch:
-Wassergeburt
-Auspulsieren der Nabelschnur
-Sofortiges Bonding ohne waschen usw
-GG soll die Nabelschnur durchschneiden
NoGo: KS

Ich tat fast alles, was zum Wehen auslösen empfohlen wird. Nichts hat gewirkt. Vorwehen hatte ich jede Menge, aber die gingen auch immer wieder weg.

Horrormonat Nummer 9: alle Gelenke gelockert. Aufstehen war nur unter Schmerzen möglich. Immer mehr Wasser lagerte sich ein, inklusive unten am Bauch. Wasser lassen war ausschliesslich möglich, wenn ich meinen Bauch angehoben habe. Es waren am Ende 24 Kilo. Stehen ging ca 5 Minuten bis die Schmerzen anfingen. Treppen steigen dauerte ewig und tat weh. Ich konnte nicht im Bett schlafen, da die Matratze mich leicht einsingen liess und der Druck am Bauch weh tat. Am ausziehbaren Teil unserer Couch ist ein Brett drunter. Darauf ging es einigermassen. Stündliches Wasser lassen war normal. In der letzten Woche ging liegen nur noch auf der rechten Seite. Links bekam ich schlecht Luft. Ringe, Ketten, alles musste ich abnehmen, weil der Druck mir wehtat. Jegliche Aufzeichnungen bei der FÄ zeigten höchstens mal ein oder zwei Miniwehen an, sonst nichts.

Am 9.12.2015 rückten wir um 17 Uhr ins Spital ein zum einleiten mit Tablette. Da mein Schlafrhythmus eh nicht mehr vorhanden war, machten wir direkt durch und es wurde alle 4 Stunden eine Tablette gelegt. Am Morgen des 10.12. kam ein Arzt und erklärte mir recht barsch, dass das Kind heute kommen muss, egal wie. Ich war übermüdet, hatte 30 Minuten geschlafen und brach in Tränen aus.
Mein Mann war kurz weg und bekam erst mit was los war, als er mich tränenüberströmt fand, eine Hebamme, die mir die Hand hielt und versuchte mich zu beruhigen. Die Ärztin, die dann zur Ablöse kam, beruhigte mich dann erstmal, dass es gar nicht so schlimm wäre und wir abwarten könnten.
Was mir nicht bewusst war: ich war mitten in einer SS-Vergiftung. Mein Blutdruck stieg immer weiter. Gegen 18 Uhr begannen die Wehen. Von Anfang an gingen sie ca 2 Minuten lang, dann 1 Minute Pause und gleich die nächste. Ich wusste nicht damit umzugehen. Es tat einfach nur scheiss weh.
Dann kam die Ärztin und erklärte mir, dass wir nicht mehr warten können und ich jetzt bitte Ja sagen soll zum KS. Eine letzte Muttermunduntersuchung ergab 1 cm offen, GMH fast weg. Ich sagte unter Schmerzen und unter Tränen Ja und unterschrieb das Formular.
Nun ging alles sehr schnell. GG musste weg sich umziehen. Mir wurde nochmal Blut abgenommen, wobei aufgrund der Hektik der Hebamme die Vene platzte. Dann der Wehenhemmer. Ich hatte danach noch 2 Wehen. 6 Leute hieften mich auf die OP-Bahre, man legte einen zweiten Zugang, der Anästhesist legte die Spinalanästhesie. Irgendwer sagte meine Werte an: 200/130! Ich war wohl kurz vor einsetzenden Krampfanfällen... auch gegen den hohen Blutdruck spritzte man mir ein Mittel, worauf mir schlecht wurde. Gott sei Dank war eh nichts drin, also blieb es beim würgen. Platt auf dem Rücken ohne Gefühl ab dem Brustkorb nach unten ist das nicht lustig...
Um 19.50 Uhr hörte man einen kurzen Schrei und dann erstmal 10 lange Sekunden nichts mehr. Erst danach fing unsere Tochter erst richtig an zu schreien. Für mich war das alles sehr surreal. Ich sah dieses kleine klebrige, knallrote Ding mit der riesigen Falte auf der Nase und wunderte mich nur.
GG ging dann mit nach oben zum bonding und ich wurde zugenäht. Um 20.20 Uhr lag ich dann im Kreissaal und durfte meine Tochter wiedersehen.
4774 g und 56 cm. Das musste ich dann erstmal verdauen.

Mit der SS-Vergiftung ging es noch ein paar Tage weiter. Blutdruckmittel, die einem den Herzschlag hochtreiben. Mein Zwerchfell wurde gedehnt, woraufhin ich heftige Verspannungen in Nacken und Rücken bekam, gegen die selbst Morphiumtropfen nicht halfen. Mir blieb am 2. Tag die Milch weg. Mit viel abpumpen kam sie ab Tag 4 wieder. Ich litt darunter, dass ich nicht aufstehen konnte, unter den Schmerzen, den ganzen Schläuchen (bis zu 4 Infusionen gleichzeitig). Beim Babybad schaute ich vom Rollstuhl aus zu, wenn meine Tochter weinte musste ich der Schwester klingeln. Am 4. Tag wurde der Katheder gezogen. Am selben Tag stand ich das erste Mal wieder auf meinen Füssen. Nach 2 Minuten wäre ich fast umgekippt wegen Kreislauf. Die nächsten 2 Tage konnte ich mich auf einem Stuhl sitzend wenigstens endlich selbst waschen. Ich musste aufs WC. Dort wurde ich mit dem Rollstuhl hingefahren. Nur kam ich aufgrund der Naht gar nicht dazu mich selbst sauber zu machen. Entwürdigender ging es dann nicht, als dass mir die Schwester half.
An Tag 6 durfte ich mit GGs Hilfe duschen gehen. Es war saumässig anstrengend, aber irgendwie hab ich es geschafft nicht umzukippen. Am selben Tag schickte man mir eine Psychologin, die mit mir über die Geburt sprach. Mir ging es langsam aber sicher besser und am 18.12. wurden wir entlassen.

Daheim funktionierte die Sache mit dem schlafen bei meiner Maus leider nicht wirklich. Sie schlief immer nur kurz und nur auf mir. Selten genug konnte ich sie mal ein paar Minuten ablegen und dann natürlich nicht einschlafen...

Nun setzten die Koliken ein. Sie schrie am Anfang immer schön 2 Stunden am Stück und schlief dann wieder auf meiner Brust. Ich halb im liegen, halb im sitzen auf der Couch (ich bin natürlich kein Rückenschläfer...) Die Phasen mit weinen und schreien wurden länger. Zum Teil 6 Stunden am Stück, die ganze Nacht durch. Bis hin zu, dass sie nur noch schlief, wenn ich sie im Tragetuch rumgetragen habe.

Am 18.1. rief mein Mann mein Elternnotruf an, da ich nicht mehr aufhörte zu weinen und völlig entkräftet war. Wir gingen notfallmässig ins Spital, wo man meine Tochter betreute und mir nachts brachte, wenn sie Hunger hatte und mich sonst schlafen liess. Eine Woche später kam ich stationär in Behandlung wegen Wochenbettdepression.

Nach 6 Wochen Betreuung geht es mir deutlich besser. Meine Tochter schläft mittlerweile alleine in ihrem Bett und hat keine Koliken mehr. Ich habe gelernt sie zu lieben und liebe sie mit jedem Tag ein wenig mehr.

Bitte entschuldigt, dass es so lang geworden ist. Ich hätte noch deutlich mehr schreiben können. Jedoch hoffe ich trotzdem, dass ich die ganze Sache damit ein kleines bisschen mehr verarbeiten und hinter mir lassen kann.

Ach ja: es war meine 1. SS und vermutlich nach jetziger Sicht auch die letzte.

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getu5
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Re: SS-Vergiftung, halber Not-KS - nichts für Erstgebärende-

Beitrag von getu5 »

Hallo sarry
Tönt ähnlich wie bi mir. Han au uuh viel wasser gha +28 kg. Bluethochdruck au gha.. Geburt au ks gha, au nöd wölle... 54cm und 4040g
Han au lang gseit sicher kei zweits, hüt 9 mönet spöter chani säge, i würs nomol wooge, damit mis schätzeli nöd allei sii müesst.
Ziit heilt wunde.. [-]
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Mami2013
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Re: SS-Vergiftung, halber Not-KS - nichts für Erstgebärende-

Beitrag von Mami2013 »

Ich habe auch das ähnliche erlebt und es ist echt schwierig es zu verarbeiten... Ss-vergiftung, not-ks, schreibaby.
Aber glaube mir mit der zeit kann man besser damit umgehen.
Ich habe es gewagt ein 2. mal schwanger zu werden und hatte eine traumschwangerschaft mit natürlicher geburt! Auch das hat mir geholfen über das geschehene hinweg zu kommen. Wünsche dir viel kraft und beistand [-]

tasime
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Re: SS-Vergiftung, halber Not-KS - nichts für Erstgebärende-

Beitrag von tasime »

Und du hast das ganze einfach nur toll gemacht! Trotz euren Startschwierigkeiten bist du ein wunderbares Mami! Ich wünsch euch nur das allerbeste, möge euer gemeinsames Leben nur noch positives für euch bereithalten!
Drück dich unbekannterweise[-]️
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Nutella05
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Re: SS-Vergiftung, halber Not-KS - nichts für Erstgebärende-

Beitrag von Nutella05 »

klingt nicht sehr toll! hatte auch eine anstrengende geburt (not-ks) 3x fast gestorben usw. gib dir zeit, viellicht möchtest du in ein paar monaten/jahre trotzdem kein einzelkind [-]gute zeit

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Véronique
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Re: SS-Vergiftung, halber Not-KS - nichts für Erstgebärende-

Beitrag von Véronique »

WAHNSINN! Unglaublich toll wie du das gemeistert hast!! Du bist eine unglaublich starke Frau! Stärke liegt nicht darin, nicht verzweifelt zu sein, nicht zu weinen, sondern darin sich in neue schwere Situationen hineinzuleben. Und genau dabei bist du dran. Einfach Stark von dir.
Es ist nichts schlimmes dabei wenn man erst lernen muss sein Kind zu lieben, es ist nichts verwerfliches in eine Depression zu fallen. Und seien wir mal ehrlich, wer wäre das in deiner lage nicht? Ich find dich ganz toll. Du meisterst das, und eines Tages wirst du deinen Sonnenschein ansehen und dir wird klar sein, dass sie trotz allem die Liebe deines Lebens ist.
Ich wünsche euch eine tolle Kennenlernzeit, den wie es sich anhört, bist langsam bereit deine Süsse so richtig kennenzulernen! Viel spass dabei.
Gut wenn du deine Erfahrungen niederschreibst, mir hat das sehr geholfen. Hoffe du kommst etwas zur Ruhe!
Eine Mutter versteht auch, was ein Kind nicht ausspricht

Savannah Cornelia, 07.01.2015, 6.00Uhr, 3200g, 49cm

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